Facharbeit für deutsch
Facharbeit für Deutsch von Peter Stuhlberger
Thema: Der Autor Carl Zuckmayer
Inhalt
¶ Werdegang des Autors
· Sein Verdienst für das Theater
¸ Preise und Ehrungen des Autors
¹ Seine Werke im Überblick
º Der Hauptmann von Köpenick
a) Quellen des Autors
b) Inhaltsangabe
c) Charakterbild der Hauptpersonen
d) Historischer und politischer Hintergrund
e) Die Sprache
f) Quellenangabe
¶ Werdegang des Autors
Carl Zuckmayer wurde am 27. Dezember 1896 in Nackenheim (Rheinhessen) als Sohn eines Fabrikanten geboren. 1900 kam Zuckmayer nach Mainz, wo er das Gymnasium von 1903-1914 besuchte. Mit 18 Jahren (1914-1918) nahm er als Freiwilliger am Weltkreig teil, den er allerdings kurze Zeit später verabscheute. Ab 1918 studierte er in Frankfurt/M. und Heidelberg zunächst Jura und Nationalökonomie, dann jedoch Literatur- und Kunstgeschichte.
Außerdem belegte er einige Semester in Philosophie, Soziologie und Biologie. Nach den verschiedenen Studiengängen arbeitete er als Dramaturg in Kiel, wurde aber entlassen und wechselte ans Schauspielhaus München. Von 1924 an arbeitete er zusammen mit Berthold Brecht als Dramaturg an Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. Sein erster großer Erfolg "Der fröhliche Weinberg" brachte ihm 1925 den Kleist-Preis ein. Nach seiner Entlassung wegen Erfolglosigkeit bei Reinhardts Deutschem Theater lebte Zuckmayer als freier Schriftsteller zunächst in Salzburg dann in Berlin. 1929 erhielt der Autor den Georg-Büchner-Preis.
1930 schrieb er das Drehbuch zu dem Film "Der blaue Engel" nach dem Buch von Heinrich Mann "Professor Unrat".
Sein öffentliches Auftreten gegenüber dem Nationalsozialismus und seine jüdische Abstammung mütterlicherseits führten 1933 zum Aufführungsverbot seiner Stücke. 1933-38 lebte er in Henndorf bei Salzburg, wo er bereits 1926 ein Haus gekauft hatte.
Nach dem »Anschluß« Österreichs entzog er sich der Verhaftung durch die Flucht in die Schweiz. Von dort emigrierte er über Kuba in die USA, wo er als Drehbuchautor und Dozent an Piscators »Dramatic Workshop« in New York arbeitete. Eine Art Reiseführer dieser Flucht erzählt seine Frau Alice in "Die Farm in den grünen Bergen".
1946 kehrte er als Zivilbeauftragter der amerikanischen Regierung für Kulturfragen nach Deutschland zurück, lebte aber seit 1951 nochmals in den USA. Später erhielt er den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt und 1957 den Dr. Phil. h.c. der Universität Bonn.
1958 siedelte er in die Schweiz über und lebte in Saas-Fee (Wallis), wo er 1960 den großen Österreichischen Staatspreis und 1967 den Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste erhielt.
Zuckmayer starb am 18. Januar 1977 in Saas-Fee.
· Zuckmayers Verdienst für das Theater
Sein Verdienst war es, daß das deutsche Theater nach einer Periode oft kraftloser spätexpressionistischer Dramen, wieder breite Publikumskreise ansprach. Dies gelang ihm, nachdem er selbst mit expressionistischen Dramen ("Der Kreuzweg", 1921; "Pankraz erwacht", 1925) nur Mißerfolg geerntet hatte, sofort mit seinem ersten Lustspiel "Der fröhliche Weinberg", das mit seiner naiven Sinnlichkeit und Derbheit die Erneuerung des Volksstücks anbahnte. Das Erlebnis des Dritten Reiches und der Emigration in die USA 1940 führten ihn zum Ideendrama.
Seine Stücke verdanken ihren Welterfolg jedoch hauptsächlich dem sicheren Gespür des Autors für vitales, atmosphärisch starkes Theater.
¸ Preise und Ehrungen des Autors
-1925 Kleist-Preis für "Der fröhliche Weinberg"
-1929 Georg-Büchner-Preis
-1951 Goethe-Preis
-1957 Dr. Phil. H.c. der Universität Bonn
-1967 Orden Pour le mèrite für Wissenschaft und Künste
¹ Seine Werke im Überblick
Nach ersten -erfolglosen- expressionistischen Dramen wurde Zuckmayer vor allem durch seine Volksstücke zu einem der erfolgreichsten Bühnenautoren neben den von ihm sehr geschätzten Gerhard Hauptmann.
Die meisten seiner Stücke und mehrere Erzählwerke erfreuten sich auch als Filme großer Beliebtheit. Neben gelungenen Milieuschilderungen und lebensnaher Dialogführung liegt das vor allem an der Charakterzeichnung seiner Figuren. Zuckmayer liebt die Gestaltung volkstümlicher Helden, aus denen sich auch Gesellschaftskritik, Antimilitäristisches und soziales Verantwortungsgefühl vermitteln lassen.
1) Bühnenwirksame und Zeitprobleme behandelnde Stücke:
1925-Der fröhliche Weinberg, 1927-Katharina Knie, 1931-Der Hauptmann von Köpenick, 1937/38-Ulla Winblad od. Musik u. Leben des Carl M.
Bellmann, 1946-Des Teufels General, 1949-Barbara Blomberg, 1950-Der Gesang im Feuerofen, 1955-Das kalte Licht, 1961-Die Uhr schlägt eins, 1964-Das Leben des Horace A. W. Tabor.
Lyrik:
1926-“Der Baum”, 1960-“Gedichte”.
Erzähltes:
1927-Ein Bauer aus dem Taunus, 1938-Herr über Leben und Tod,
1945-Der Seelenbräu, 1959-Die Fastnachtsbeichte.
Das Volksstück "Der fröhliche Weinberg" gestaltet ein Stück Alltagswirklichkeit aus Zuckmayers rheinhessischer Heimat mit der von nun an für ihn typischen Treffsicherheit in Milieuzeichnung.
Auch der 1958 verfilmte "Schinderhannes" hat Volksstückcharakter. Zuckmayer verherrlicht den legendär gewordenen Räuberhauptmann Johann Bückler, der außerhalb der Legalität die Interessen des Volkes vertritt.
Ein ausgeprägtes Volksstück ist "Katharina Knie", das während der Inflationszeit spielt. Dieses Werk spiegelt die wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines kleinen Zirkus' wieder. Das Artistenkinde Katharina gibt Hof und ihre Liebe auf, um nach dem Tod ihres Vaters den Zirkus weiterzuführen. Auch hier nimmt Katharina die Rolle der Volksheldin ein.
"Des Teufels General", 1942 entstanden, 1955 verfilmt, versucht, das Problem des Widerstands im Krieg in Form einer Tragödie zu gestalten. Die Gestalt des draufgängerischen Fliegers Harras gerät zum volkstümlichen Helden. Das Stück wurde in der Nachkriegszeit heftig diskutiert. Bewundernswert bleibt die präzise Darstellung des Milieus und der Stimmung der Personen, da der Autor weit entfernt im Exil lebte.
Ebenfalls von Widerstand und Verrat handelt "Der Gesang im Feuerofen". Französische Widerstandskämpfer, treffen sich zur Weihnachtsfeier, werden aber an die Deutschen verraten und kommen in dem von der SS in Brand gesteckten Schloß um.
"Das kalte Licht" behandelt die Stellung eines Atomwissenschafters zwischen Forschung und den politischen Konsequenzen seiner Forschung und gestaltet die persönliche Problematik des Forschers, der sich für die Folgen seiner Erkenntnisse verantwortlich fühlt.
Seine Autobiographie "Als wär's ein Stück von mir" berichtet von den großen Begegnungen und Stationen seines Lebens, seinen Freundschaften mit Schriftstellern und Theaterleuten wie Hauptmann, Brecht, Frisch, den kulturellen Ereignissen und politischen Erfahrungen eines halben Jahrhunderts, mit »aller Unversöhnlichkeit« gegen die »Peiniger und Henker« des Volkes.
º Der Hauptmann von Köpenick
a) Die Quellen
Zuckmayer gestaltet das gesamte Werk aus recht knappen Vorlagen, Zeitungsartikeln, den Gerichtsakten und wohl aus den Memoiren Wilhelm Voigts. Diese Quellen sind sehr dürftig und eignen sich allenfalls als Grundlage. Aber was hat Zuckmayer in seinem "deutschen Märchen" daraus gemacht?
b) Inhaltsangabe
Adolf Wormser ist Inhaber eines Berliner Uniformgeschäftes und Königlich-Preußischer Heereslieferant in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Hauptmann von Schlettow, ein schneidiger, forscher Gardeoffizier läßt sich in seinem Laden gerade von dem kleinen, buckligen Zuschneider Wabschke einen neuangefertigten Uniformrock anpassen.
Die "Gesäßknöppe" sitzen nicht ganz so exakt, wie es das preußische Exerzierregement verlangt, und dem eifrig auf den Hauptmann einredenden Wormser gelingt es nicht, ihn zu bewegen, die Uniform dennoch zu nehmen, wie sie ist. "Sie denken, das is ne Kleinigkeit", sagt Schlettow, "Is auch ne Kleinigkeit. Aber an den Kleinigkeiten, daran erkennt man den Soldaten. Darauf is alles aufgebaut, da steckt`n tieferer Sinn drin, verstehense?" Also muß Wabschke sich an die Änderungen machen.
Während dieses Gespräches hat Wilhelm Voigt, in einem alten, aber nicht zerlumpten dunklen Anzug gekleidet, zweimal zur Tür hereingeschaut. Er ist auf der Arbeitsuche, wird jedoch, ohne daß man ihm eine Frage gestattet vor die Tür gewiesen.
Er taucht in einem Potsdamer Polizeibüro wieder auf, wo er um einen Paß oder Aufenthaltsgenehmigung bittet. Sie wird ihm, einem eben entlassenen Strafgefangenen, verweigert. Seine Tat bestand darin, daß er als "junger Dachs" die Reichspost um dreihundert Mark geschädigt hat. Dafür mußte er fünfzehn Jahre im Gefängnis absitzen. Nun wird ihm klargemacht, daß er eine Aufenthaltsgenehmigung erst dann bekommt, wenn er ein Arbeitsverhältnis nachweisen kann. Ein Arbeitsverhältnis kann er wiederum erst erhalten, wenn er eine Aufenthaltsgenehmigung hat.
So steckt er in einem Teufelskreis, und als er sich deswegen beschweren will, wird er sehr deutlich rausgewiesen.
Im Café National trifft er sich am nächsten Tag mit Kalle, seinem Kollegen und Pennbruder. Kalle ist dafür , “ ´n Ding zu drehn”, und das Ding soll ihm ein Stück weiter helfen. Wilhelm Voigt jedoch will sich nach legaler Arbeit umsehen. Während sie jedoch noch darüber unterhalten, taucht Hauptmann Schlettow mit Dr. Jellinek im Café auf.
Die beiden haben im Nebenzimmer eine Partie Billard gespielt und wollen sich nun stärken. Schlettow ist allerdings in Zivil; denn das Lokal gehört zu der zweifelhafteren Sorte seiner Art und ist deswegen für Militär verboten. Daß es Schlettow fertig gebracht hat, sein preußisch-militärisches Gewissen zu überreden, dennoch dieses Lokal zu betreten, ist erstaunlich. Er fühlt sich aber auch entsprechend unwohl, besonders als es zwischen einem betrunkenen Gardegrenadier, der auf der Bühne erscheint, und Kalle wegen eines in der Kneipe herumlungernden Frauenzimmers, der Plörösenmieze, zum Streit kommt. Die Auseinandersetzung nimmt heftigere Formen an, und nun kann sich Schlettow, Hauptmann im ersten Garderegiment, nicht mehr halten. Er springt auf und versucht, den Soldaten mit militärischen Kommandoworten zur Vernunft zu bringen.
Das gelingt ihm aber nicht: denn ohne Uniform ist er nur "n ganz deemlicher Zivilist". Die nun entstehende Schlägerei zwischen Schlettow und dem Grenadier trennt ein Polizist, der beide abführt.
Voigt sucht nun Arbeit in der Schuhfabrik "Axolotl". Aber der Prokurist der Firma nimmt nur Leute, die auch gedient haben. Voigt kann lediglich nachweisen, daß er als Spezialist in Maschinenarbeit ausgebildet ist. Der Prokurist tarnt sich damit, daß Voigt keine Aufenthaltserlaubnis hat, und es nützt Voigt gar nichts, daß er auch diese Situation treffend charakterisiert, indem er sagt: "Ick hab jedacht, hier wär ne Fabrik.
Ick hab nich jewußt, daß det hier ne Kaserne is".
Inzwischen muß Schlettow aufgrund der Schlägerei den Dienst quittieren. Es geht ihm sehr zu Herzen, und auch die menschlichen Worte, die Wabschke als Trost versucht, während er ihm die nun geänderte Uniform bringt, helfen ihm nicht darüber hinweg, daß er den Abschied einreichen mußte. Die Uniform wandert wieder zurück in Wormsers Laden und wartet dort auf ihre weitere Bestimmung.
Wilhelm Voigt hat andere, im Grunde größere Sorgen als Schlettow. Er steckt in seiner Teufelsmühle und kommt nicht mehr heraus.
Er muß einfach einen Paß haben, und so überredet er abends beim Einschlafen in einer Tippelbruderherberge, in der er Unterschlupf gefunden hat, seinen Kollegen Kalle zu einem Einbruch ins Potsdamer Polizeirevier. Kalle darf die Kasse mitgehen lassen, während sich Voigt einen Paß ausschreiben und sein Vorleben aus den Akten streichen will.
Aber der Anschlag mißlingt. Wormser liest am nächsten Tag in der Zeitung, daß die beiden geschnappt worden sind. Während er noch seine Bemerkungen über diese und andere Zeitungsmeldungen macht, betritt Bürgermeister Dr. Obermüller aus Köpenick, den Laden.
Er ist gerade zum Lieutnant befördert worden und verlangt nun stolz eine Offiziersuniform. Wormser nimmt die Gelegenheit wahr, die alte Uniform Schlettows, mit einigen Änderungen natürlich, an den Mann zu bringen.
Die Geschichte macht jetzt einen zehnjährigen Zeitsprung.
Voigt hat sie in der preußischen Strafanstalt Sonnenburg verbracht. Am Tag vor seiner Entlassung haben sich die Strafgefangenen zur Feier des Sedantages in der Kapelle des Hauses versammelt. Der Direktor begeht mit ihnen das Fest auf seine Weise, indem er eine vaterländische Ansprache hält und anschließend die Schlacht in militärischer Weise nachspielen läßt.
Voigt beweist dabei, daß er sich in der Strafanstalt umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet des preußischen Militärwesens erworben hat, was ihm die folgende Bemerkung des Direktors einbringt: "Voigt! Sie sind der geborene Soldat, trotz ihrer O-Beine." Womit ihm eine der damals in Preußen schönsten und ehrenvollsten Belobigungen zuteil wird.
Aber geholfen ist ihm damit auch nicht. Er sieht sich nach seiner Entlassung wieder zwischen den Mühlsteinen Arbeit und Aufenthaltserlaubnis und weiß keinen Ausweg. Einen Paß zur Auswanderung kann er auch nicht bekommen. Zunächst findet er bei seiner Schwester und ihrem Mann, den Hoprechts, Aufnahme.
Die beiden sind einfache, gute Menschen, die Wilhelm helfen wollen. Aber gegen der Übermacht der Behörde und der preußischen Gesetze kann und will der Schwager, weil er Beamter ist, nichts ausrichten.
Nun blendet die Handlung um in die Wohnung des Bürgermeisters und jetzigen Hauptmanns Dr. Obermüller. Hier herrscht helle Aufregung. Es ist halb vier, und der Herr Hauptmann muß um Punkt vier Uhr im Kaisermanöver sein.
Dazu fehlt ihm aber noch seine neue Uniform, die er bei Wormser bestellt hat und die bis spätestens Mitternacht geliefert werden sollte. Jetzt ist sie immer noch nicht da! Frau Obermüller, in Nachthemd und Nachtjacke, telefoniert verzweifelt, ohne Antwort zu bekommen, und befiehlt schließlich dem Dienstmädchen, die alte Uniform zu holen, eben jene, die der Herr Bürgermeister vor zehn Jahren bei Wormser gekauft hat. Er schlüpft in die Jacke, seine Frau versucht, sie zu schließen, da reißt etwas, und sie hält einen Knopf mit einem Stoffetzen in der Hand. Die Verzweiflung hat jetzt ihren Siedepunkt erreicht und droht, sich zum ehelichen Krach auszuweiten, als es plötzlich schellt und Wabschke mit der neuen Uniform erscheint. Wabschke darf die alte Uniform "als Anzahlung" mitnehmen, meint aber, daß sie bestenfalls noch für einen Maskenball taugt.
Wilhelm Voigt ruht einige Tage bei seiner Schwester aus und lernt das normale Leben außerhalb der Gefängnismauern kennen.
Die Hoprechts haben ein lungenkrankes Mädchen zur Untermiete, mit der es deutlich zu Ende geht. Als ihr Voigt eines Abends aus Grimms Märchen vorliest, bringt ihm der Postbote ein amtliches Schreiben - seine Ausweisung. Wenige Tage später stirbt das kranke Mädchen. Nach ihrem Begräbnis deckt Voigt in einem Gespräch mit seinem Schwager die ganze Leere und Banalität des preußisch-deutschen Staats- und Militärsystems auf, dem Hoprecht dient. Voigt läßt auch durchblicken, daß er einen ganz bestimmten Plan hat, und verabschiedet sich bei den Hoprechts.
In der Ausführung seines Planes treffen wir Wilhelm Voigt in einem jüdischen Trödlerladen wieder, wo er die alte Hauptmannsuniform von von Schlettow und Obermüller kauft.
In einem WC im Schlesischen Bahnhof kleidet er sich um und hat auch gleich Gelegenheit, ihre Wirkung an einem verdutzten Dienstmann auszuprobieren. Sie ist durchschlagend !!!
Hier beginnt die Geschichte des Hauptmanns von Köpenick.
Das zeigt sich auch in der folgenden Szene im Köpenicker Rathaus. Hier erscheint Voigt mit einem Trupp ostpreußischer Grenadiere, deren Kommando er unterwegs übernommen hat, und verhaftet kurzerhand den Bürgermeister Obermüller. Dem Polizeiinspektor von Köpenick gibt er den Befehl, den Gefangenen auf die Neue Wache in Berlin zu bringen. Frau Obermüller darf ihren Mann begleiten.
Beiläufig fragt Voigt nach der Paßstelle, muß aber zu seiner Enttäuschung feststellen, daß diese auf dem Kreisamt in Teltow zu finden ist. Also entläßt er die Soldaten, steckt noch die Kasse ein und zieht unverrichteter Dinge aus dem Rathaus ab.
Im Vernehmungszimmer des Berliner Polizeipräsidiums herrscht große Aufregung. Seit Tagen sucht man den falschen Hauptmann, ohne den geringsten Anhaltspunkt zu haben. Da erscheint plötzlich der Paßkommissar und erklärt, er habe den Hauptmann von Köpenick. Er bringt Wilhelm Voigt, der sich gegen das Versprechen, später einen Paß zu bekommen, selbst gestellt und auch das Versteck der Uniform, die gleich geholt wird, angegeben hat.
Das hat niemand in der Kriminalabteilung erwartet. Voigt wird bewirtet und so gut behandelt wie noch nie in seinem Leben auf einer Behörde. Er erzählt seine Geschichte, liefert das Geld bis auf einen kleinen als Geschäftsunkosten ausgebuchten Betrag ab und erklärt, daß er nun endlich nach Verbüßung einer Strafe, seinen Paß bekommt. Die Uniform trifft auch ein. Wilhelm Voigt zieht sie sich auf Verlangen über und betrachtet sich im Spiegel. Wie er sich sieht befreit sich aus ihm ein zunächst leises, dann immer lauter werdendes, wahrhaft humoriges Lachen, das sich schließlich in dem einem Wort "unmöglich" entlädt.
Es ist das Gelächter eines Menschen, der ein seelenloses System mit dessen eigenen Mitteln geschlagen hat!
c) Charakterbild der Hauptpersonen
Auf den ersten Blick bemerkt man an dem Titelhelden, Wilhelm Voigt, gar nichts. Er ist ein großer unscheinbarer Handwerksgeselle, wie es im Kaiserreich unzählige gab, von denen er sich mit seinem Berliner Dialekt kaum unterscheidet. Zuckmayer nennt ihn eine "schmächtige Gestalt, mager und etwas gebückt, leicht angedeutete O-Beine, hohles Gesicht mit starken Backenknochen, grauer Schnurrbart, fahle Hautfarbe. Er trägt einen alten, aber nicht zerlumpten dunklen Anzug". Sein Äußeres gibt den Zeitgenossen oft Gelegenheit, ihn als Asozialen hinzustellen. So tappt er durch die beiden ersten Akte, ein entlassener Strafgefangener, der hilflos im Räderwerk der Behörden gefangen ist.
Er steckt in einer Zwickmühle: "Nee, nee, det is nu n Karusell, det is nu ne Kaffeemihle.
Wenn ick nich jemeldet bin, kreig ick keene Arbeet, und wenn ick keene Arbeet habe, da darf ick mir nich melden. Es ist kein Wunder und nur ganz natürlich, daß ihn diese Lage zu Kurzschlußreaktionen verleitet, das erstmals, als er seinen Paß fälscht, worauf er erwischt und wieder eingesperrt wird, und das zweitemal, als er mit Kalle in das Potsdamer Polizeirevier einbricht, worauf er wieder für Jahre hinter Gefängnismauern verschwindet.
Als es rauskommt wagt er sich an eine wohldurchdachte Unternehmung, an seinen Streich mit der Hauptmannsuniform.
Alle anderen Personen des Dramas stehen um die Hauptperson.
Kalle ist wirklich ein Verbrechertyp, mit allen Wassern gewaschen.
Ihn interessiert an dem Einbruch im Potsdamer Polizeirevier einzig die Frage, ob man auch eine Kasse mitgehen lassen kann.
Das Gegenteil der zerlumpten Gestalt Voigts ist der gestriegelte von Schlettow. Für Schlettow gibt es nur ein einziges Interessensgebiet, das Militär. "Na ja," sagt er, "in Uniform, da geht's ja, da macht man Figur, das gibt n kolossalen Halt, da is man n ganz anderer Kerl." Alles in allem ist Schlettow ein arroganter Kerl, der, wenn es darauf ankommt, sich durch Selbstzucht zu bewähren kläglich versagt.
Friedrich Hoprecht und seine Frau, Marie Hoprecht, Voigts Schwester, sind zwei brave Bürgersleute.
Auch für Friedrich bildet das Militärische einen Hauptinhalt seines Daseins, aber keineswegs den einzigen. Mit Voigt findet er genau den richtigen kameradschaftlichen Ton. Hinzu kommt seine unbedingte Treue, die er als Beamter dem Staat schuldet.
Seine Frau hat viel mit ihm gemeinsam. Allerdings fällt es ihr etwas schwerer als ihrem Mann, ihrem Bruder mit warmen Vertrauen zu begegnen.
In Bürgermeister Obermüller und seiner Frau zeigt sich das Bürgertum von einer ganz anderen Seite.
Zuckmayer sagt über Obermüller: "Er ist etwa 30 Jahre alt, gut gewachsen mit sichtbarer Anlage zur Korpulenz. Zwicker und blondes Schnurrbärtchen geben seinem Gesicht einen etwas besorgten Ausdruck, der auch seine Sprache und seinen Tonfall färbt. Trotzdem hat alles, was er sagt, den ernsten Klang einer wohlfundierten idealistischen Überzeugung." Selbstverständlich spielt auch bei ihm das Militärwesen eine sehr große Rolle.
In Wormser, seinem Sohn Willy und dem Trödler Krakauer stellt uns Zuckmayer die Geschäftswelt der preußischen Hauptstadt vor. Wormser versteht es, sich immer den Wünschen und Launen seiner Kundschaft anzupassen.
Er teilt die allgemeine Meinung seiner Mitmenschen, ganz besonders im Hinblick auf das Militärwesen. Willy teilt mit vielen Söhnen seiner Zeit den heimlichen Aufstand gegen den Vater, was sich aber nur in seinem Herumdrücken zeigt. Daß Wormser Jude ist, unterscheidet ihn nicht nennenswert von den übrigen Geschäftsleuten. Deutlicher hebt sich schon der Jude Krakauer mit seiner übereifrigen Geschäftstüchtigkeit aus der Geschäftswelt hervor. Er hat wesentlich mehr menschliche Substanz als etwa Wormser.
d) Historischer und politischer Hintergrund / 1918 - 1945
In einer Generation werden schwerwiegende Erschütterungen der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse erlebt: zwei Weltkriege und der Zusammenbruch mehrerer Systeme - des Kaiserreiches 1918, der Weimarer Republik 1933 und der nationalsozialistischer Diktatur 1945.
Inflation und Weltwirtschaftskrise bereiten im Kleinbürgertum den Boden für den Führerstaat. Der Kampf zwischen linken und rechten Extremen führt zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und einer Verachtung des "versagenden" Parteienstaates.
Nach 1933 emigrierten viele wegen der antihumanen Politik und der rassistischen Verfolgung aus Deutschland.
Bei den Bücherverbrennungen am 10.05.1933 wurden Bücher von Bertolt Brecht, Heinrich und Thomas Mann, Arthur Schnitzler, Erich Maria Remarque Arnold, Arnold und Stefan Zweig, Carl Zuckmayer u.
a. verbrannt.
Die Schuld am Zweiten Weltkrieg, die Verantwortung der Mitwissenden, das Versagen einer idealistischen Kultur werden zentrale Themen der Literatur.
e) Die Sprache
Die Gestalten leben in ihrer eigenen Sprache, die Zuckmayer meisterlich beherrscht. Das Erfassen einer bedrohlichen Situation und ihre Überwindung durch eine einfache Logik kann natürlich im Dialekt am besten wiedergegeben werden. Aber dieses Berlinerische eignet sich nicht nur zur Darstellung des Menschlichen.
Mit hochdeutschem Einschlag benutzen es etwa Wormser und Schlettow um ihre “Deutschheit” zu dokumentieren.
f) Quellen
Carl Zuckmayer: Der Hauptmann von Köpenick, Frankfurt / M., © Bermann-Fischer- Verlag, 1939
Hartmut Scheible: Erläuterungen und Dokumente zu "Der Hauptmann von Köpenick", Stuttgart, © Philipp Reclam jun. Verlag, 1977
Klaus Bahners: Königs Erläuterungen und Materialien, Hollfeld, © C. Bange Verlag, 1988, 13. Auflage
Meyer: Enzyklopädie 2000, Stuttgart, Zürich, © Wissen Verlag, 1969, Bänder 12, 7
Discovery online Lexikon, © Bertelsmann Verlag 1995, 1996
Kindler - Neues Literaturlexikon, München, © Kindler Verlag, 1992
Knaurs Schauspielführer, München/Zürich, © Süddeutsche Verlagsanstalt, 1957
ã 1998 Peter Stuhlberger
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