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  I. "ein mann wie lessing"

  Gotthold Ephraim Lessing     Leben und Werk  von Christian Seitz Februar 1996       Autor: Christian Seitz Jahrgangsstufe: 11 / Schule: MLS Marburg / Kurs: Deutsch bei Herrn Henrich Fach: Deutsch / Thema: Lessing - Leben und Werk Note: ?   P.S: Über eine kleine Rückantwort (Kommentar, Verwendungszweck, “ich habe Dein Referat runtergeladen...”, etc.) würde ich mich sehr freuen!!!   e-mail an mich: Kryspus@gmx.

net   Oder schau doch einfach mal auf meiner Homepage vorbei: https://home.t-online.de/home/Seitz.Langen             © Christian Seitz 1996 INHALT   I. Der Charakter: Ein Mann wie Lessing   S. 3 II.

Lessings Leben a) Kindheit, Jugend und Studienzeit (1729-1752) b) Ersterlitterarischer Ruhm (1753-1755) c) Leipzig und Berlin (1755-1760) d) Breslau und wieder in Berlin (1760-1767) e) Der Hamburger Dramaturg (1767-1770) f) Bibliothekar zu Wolfenbüttel (1770-1776) g) Letzte Jahre (1776-1781) S. 4 III. Lessings bedeutendste Werke a) Miss. Sarah Sampson (1755) b) Laokoon (1766) c) Minna von Barnhelm (1767) d) Emilia Galotti (1772) e) Nathan der Weise (1779) S. 9 IV. Zeittafel   S.

11 V. Zeugnisse a) Friedrich Schiller b) Friedrich Hebbel c) Alfred Kerr d) Johann Frerking e) Otto Mann S. 12 VI.Quellenverzeichnis   S. 13 VII. Worterklärungen   S.

13 VIII. Zusammenfassung a) Charakter b) Leben und Werk S.14   I. Der Charakter: “Ein Mann wie Lessing”   An Lob für Lessing hat es nie gefehlt. Gleich nach seinem Tod schrieb Herder: “ Kein neuerer Schriftsteller hat, dünkt mich, in Sachen des Geschmacks und des feineren, gründlichen Urteils über literarische Gegenstände auf Deutschland mehr gewirkt als Lessing”. Hettner nannte Lessing 1850 sogar den “ Befreier der Deutschen”.

Die Liste solch preisender Charakterisierungen ließe sich leicht bis in die Gegenwart fortsetzen. Eckermann notierte 1825 Goethes Bemerkung: “ Ein Mann wie Lessing täte uns Not. Denn wodurch ist dieser so groß wie durch seinen Charakter, durch sein Festhalten! So kluge, so gebildete Menschen gibt es viele, aber wo ist ein solcher Charakter”. Klopfte er an die Tür, sagten die Freunde: Lessing kommt. Unverkennbar war die Gebärde, unverkennbar der Mann. Er bekundet sich in jedem Wort, das er schrieb, in jedem Gedanken, dem er nachsann, in jeder Gestalt, die er schuf.

Weiß ich nur, wer ich bin, heißt es in Lessings Sprache und die Rechtfertigung seines Stils lautet: Wie ich schreibe, will ich nun einmal schreiben! will ich nun einmal! Verlange ich denn, daß ein andrer auch so schreiben soll?” An Lessings eigenen Briefen und Zeugnissen seiner Freunde lässt sich ablesen, daß er es mit sich selbst nicht immer leicht hatte und daß er seiner Umwelt bisweilen Rätsel aufgab. Ein auffälliger Zug seines Charakters ist eine nervöse Unruhe, eine rastlose Unzufriedenheit, die nach Ortsveränderungen drängt. Lessings Unruhe zeigt sich schon im Alltäglichen. Es wird überliefert, er habe im Theater nie vermocht, einer ganzen Vorstellung seine Aufmerksamkeit zu widmen, ging ab und zu, sprach mit Bekannten, oder hing seinen Gedanken nach. Seine Vorliebe für den Aufenthalt in Kaffeehäusern und Weinkellern und seine Neigung zum Glücksspiel erklären sich offenbar aus Ablenkungs- und Kompensationsbedürfnissen.Die innere Unrast spiegelt sich auch in der Art von Lessings geistiger Produktivität.

Viele Zeugnisse sprechen von Ablenkbarkeit und Ungeduld, von einem Mangel an Konsequenz in der Durchführung begonnener Arbeiten. Nicolai berichtet bei Lessing von einer Lust am Wiederspruch, in der sich sein brillianter Verstand selbst genoß und seine Kräfte schulte. Dieser skeptische, spielerisch experimentierende Diskussionsstil konnte schlichtere Gemüter leicht verwirren. Daß Lessings Vorliebe für den Widerspruch nicht bloß ein dialektischer Kunstgriff, nicht nur eine Stimulans des Denkens und Redens war, sondern daß ihr eine gute Portion Lust am intelektuellen Streit, an der gezielten Attacke und am Niederzwingen des Gegners wirksam war, das zeigen die berühmten Kontroversen mit Gottsched, Gotthold, Lange, Klotz und Götze. Lessings Polemik ist wendig, witzig und glanzvoll, aber sie ist oft auch einseitig, ungerecht und persönlich verletzend. Lessings Prosa ist körnig und elegant, gelenkig und gescheit, volkstümlich und gelehrt, urdeutsch und weltläufig.

Lessings Werk ist Konfession, wie sein Leben. Er liefert eine Galerie von Selbstporträts, in kräftigen Farben gemalt als Gestalten, die ihm gleichen, leicht und spielerisch hingetupft, wie im Skizzenbuch zwischen den Zeilen beiläufig eingestreut, in knappen Konturen sicher umrissen. Sie “lessingieren” alle, sagt Friedrich Schlegel. “Seine Stücke sind er selbst; seine Wesenheit, Form geworden.”, sagt Hoffmannsthal.   II.


Lessings Leben   a) Kindheit, Jugend und Studienzeit (1729-1752) Wie die meisten deutschen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts stammt Lessing aus einem evangelischen Pfarrhaus. Der Vater, Johann Gottfried Lessing, war 1734 zum Pastor primarius an der Hauptkirche St. Marien zu Kamenz in Sachsen berufen worden. Kamenz ist eine Stadt von zweitausend bis dreitausend Einwohnern. Seit langem die ärmste unter den sechs Städten der Oberlausiz, die bei wechselnder Herrschaft schwere Verluste erlitten haben.

Die Stellung war ansehnlich, doch das Gehalt kärglich. Im Hause des Pastors herrschten jahrzehntelang ökonomische Bedrängnisse, zumal sich im Laufe der Jahre zwölf Kinder einstellten. Wie ein Dorfbub wächst der Theologensohn mit dem frommen Namen Gotthold Ephraim in den schmalen, hügeligen Gassen heran.Wein rankt am Pfarrhaus, daneben steht die gotische Kirche, liegt der alte Friedhof. Der Geburtstag ist der 22. Januar 1729.

Von 1737 bis 1741 besuchte Lessing die Lateinschule seiner Vaterstadt, anschließend bis 1746 die Fürstenschule St. Afra zu Meißen, für die der Vater beim Kurfürsten Friedrich August von Sachsen ein Stipendium erwirkt hatte. In der Meißener Anstalt herrschte ein strenges Regiment: wöchentlich 32 Stunden (davon 15 Latein), darüber hinaus 25 Stunden Gottesdienst, alle 2 Jahre gab es 14 Tage Ferien. Lessing war ein hervorragendern Schüler. Im September 1746 bezog Lessing die Universität Leipzig, um dort das von den Eltern gewünschte Theologiestudium zu beginnen. Die akademischen Lehrer beeindruckten ihn wenig, er wechselte von einem zum anderen und bedachte sie mit Spott.

Lessing hatte kurz nach seiner Ankunft in Leipzig mit schriftstellerischen Arbeiten begonnen. Eine unwiderstehliche Neigung zog ihn zum Theater. Im Januar 1748 wurde das dreiaktige Lustspiel “Der junge Gelehrte” aufgeführt. Diese Umtriebe mußten die Eltern in höchste Unruhe versetzen: Der Freund windiger Komödianten und der Verfasser von Bühnenstücken, die das Gelächter des Pöbels zu erregen suchten, drohte die schöne Hoffnung zu ruinieren, er werde einstmals wie sein Vater die Kanzel des Pastor primarius ersteigen. Der Vater rief Lessing unter dem Vorwand seine Mutter läge im Sterben nach Hause, wo er ein halbes Jahr verbringen mußte, bevor man ihn wieder nach Leipzig gehen ließ. Die väterlichen Mahnungen bewirken aber nicht viel.

Er wandte sich nach Berlin, wo ihm Vetter Mylius die Mitarbeit an Journalien vermitteln konnte. Für einen jungen mittellosen Studenten mit literarischem Ehrgeiz waren die Aussichten im Berlin des Jahres 1748 wenig günstig. Er schrieb Rezesionen, verfaßte Übersetzungen und arbeitete an neuen Theaterstücken wie “Die Juden” und “Der Freygeist”. Er ließ einen Gedichtband unter dem Namen “Kleinigkeiten” erscheinen und gab zusammen mit Mylius die Zeitschrift “Beyträge zur Historie und Aufnahme des Theaters” heraus, von der allerdings nur die vier Stücke des Jahrgangs 1750 erschienen sind. Im Laufe des Jahres 1751 übernahm er den Rezesionsteil der “Berlinischen privilegierten Staats- und Gelehrtenzeitung”, später auch deren monatlich erscheinende Beilage “Das Neueste aus dem Reich des Witzes”. Durch seine Kritiken, etwa durch Ramler und Sulzer, gelang es ihm Aufsehen zu erregen.

Der größte Teil der lyrischen Arbeiten Lessings stammt aus dieser Periode.Lessing nahm die Mode der anakreontischen Dichtung auf, die in den vierziger Jahren in Halle aufgenommen war, und tändelte ähnlich wie Gleim und Uz mit den Motiven von Liebe, Wein und Tanz: Töne, frohe Leier, Töne Lust und Wein! Töne, sanfte Leier, Töne Liebe drein! Die andere lyrische Gattung, in der sich Lessing versuchte, ist das Epigramm. Auch hier ist in den Themen und in der Form die Anlehnung an die antike Tradition deutlich erkennbar. Gelegentlich finden sich sogar kaum variierte Nachahmungen wie im Falle von Lessings Sinngedicht “Auf den Sextus”, das sich auf Material stützt: Die, der ein Auge fehlt, die will sich Sextus wählen? Ein Auge fehlet ihr, ihm müssen beide fehlten. Die kurze, zur Prägnanz nötigende und auf eine schlagende Pointe angelegte Form des Epigramms hatte für Lessing offenbar besonderen Reiz. Sie entsprach seiner zupackenden Intelligenz, seinem Talent zu effektvoll-bündiger Formulierung und seiner Neigung zu schneidender Kritik.

Daraus erklärt sich , daß Lessing auch später noch, bis ans Ende der siebziger Jahre, Epigramme schrieb und eine Theorie der Gattung ausarbeitete, während er zu den anakreontischen Gedichten, die er schon 1751 gesammelt hatte drucken lassen, nicht mehr zurückkehrte. 1752 begab sich Lessing auf Drängen seines Vaters nach Wittenberg, um seine Studien in aller Form abzuschließen. Am 29. April wurde er zum Magister der Philosophie promoviert. Vor allem aber benutzte Lessing diese Wittenberger Jahr dazu, sich als kritischer Kopf in der gelehrten Welt benkannt und gefürchtet zu machen. So ließ er z.

B. an einen Hallischen Professor durchblicken, daß er einen Verriß der soeben erschienen Horaz-Übersetzung Samuel Gotthold Langes mit dem Nachweis zahlreicher peinlicher Sprachschnitzer unter der Feder habe. Wie gerne wünsche ich mir diese Jahre zurück, die einzigen, in welchen ich glücklich gelebt habe (1754)   b) Erster literarischer Ruhm (1753-1755) Es gehört zu den ungewöhnlichen Zügen von Lessings Laufbahn als Schriftsteller, daß er schon als 24jähriger eine Sammlung seiner Schriften herausgab, die auf sechs Bände anwuchs: 1753 erschienen die Gedichte und in einem zweiten Teil die “Briefe” literaturkritischen Inhalts. Ein Jahr später folgte ein Band mit “Rettungen”, d.h. historisch-kritischen Unternehmungen.

Zu Beginn seiner “Rettungen des Horaz” erläutert Lessing seine Motive: Ich selbst kann mir keine angenehmere Beschäftigung machen, als die Namen berühmter Männer zu mustern, ihr Recht auf die Ewigkeit zu untersuchen, unverdiente Flecken von ihnen abzuwischen, die falschen Verkleisterungen ihrer Schwächen aufzulösen, kurz alles das im moralischen Verstande zu tun, was derjenige, dem die Aufsicht über einen Bildersaal anvertraut ist, physisch verrichtet. Die letzten drei Teile der “Schrifften” enthalten die dramatischen Arbeiten Lessings. Daneben stehen zahlreiche Übersetzungen, die Herausgabe der Schriften des früh verstorbenen Freundes Mylius (1755) und eine Theaterzeitschrift, die an die kurzlebigen “Beyträge” von 1750 anknüpfen sollte. Die neue “Theatralische Bibliothek” war von Lessing dazu bestimmt, im Lauf der Zeit auf unsystematische Weise “eine kritische Geschichte des Theaters zu allen Zeiten und bei allen Völkern” zu liefern. Aber auch dieses ehrgeizige Projekt brachte es nur auf vier Bände, die zwischen 1754 und 1758 erschienen. Der ungewöhnlichste literarische Plan dieser frühen Schaffensperiode deutet sich in dem 1753 veröffentlichten Fragment “Samuel Henzi” an.

Hier unternimmt es Lessing, einen soeben durch Zeitungen übermittelten Vorfall zum Stoff eines Trauerspiels zu machen. Seine erstaunlich vielfältigen Aktivitäten auf dem Felde der Publizistik und der Literatur machten Lessing rasch zu einer prominenten Figur im geistigen Leben Deutschlands. Eine anregende Bekanntschaft und bald schon eine enge persönliche Freundschaft verband Lessing mit dem jungen Schriftsteller und Verleger Christoph Friedrich Nicolai und mit Moses Mendelssohn, einem Juden, der sich als Autodidakt eine umfassende philosophische und literarische Bildung angeeignet hatte. Im Umgang mit diesen Freunden fand Lessing die Möglichkeit zu dem freien, anregenden, geistvollen Gespräch, dessen seine bewegliche und nie befriedigte Intelligenz bedurfte. c) Leipzig und Berlin (1755-1760) Trotz des wachsenden literarischen und gelehrten Renomees fand sich für Lessing kein Amt, das seinen Lebensunterhalte gesichert hätte. In der Bemühung, sich von seinen dauernden ökonomischen Bedrängnissen zu befreien, verfiel Lessing gelegentlich auf etwas abenteuerliche Projekte.

Dem besorgten Vater teilte er im April 1755 mit: “ Man hat es mir seit einiger Zeit nahe gelegt, nach Moskau zu gehen, wo, wie Sie aus Zeitungen gesehen haben, eine neue Universität angelegt wird. Dieses könnte vielleicht am ersten geschehen.” Gegen Ende des Jahres wandte sich Lessing wieder nach Leipzig. Er nahm den früher gepflegten Umgang mit den Theaterleuten wieder auf und beschäftigte sich intensiv mit Goldonis Komödien, von denen er einen ganzen Band in bearbeiteter Fassung herausbringen wollte. Doch dieser Band wurde nie fertiggestellt. Eine unvorhergesehene Wendung ergab sich, als Lessing den reichen Leipziger Kaufmann Christian Gottfried Winkler kennenlernte, der einen Begleiter für eine Europareise suchte.

Am 10.Mai 1756 brach man von Leipzig auf und begab sich über Braunschweig und Wolfenbüttel nach Hamburg, wo Lessing Klopstock und Konrad Ekhof, den berühmtesten Schauspieler der Zeit, kennenlernte. Ende Juli trafen Lessing und Winkler in Amsterdam ein, wo sie vom Ausbruch des Dritten Schlesischen Krieges überrascht wurden. Winkler mußte nach Leipzig zurückkehren, alle Reisepläne waren im Nu zerstoben. Als Lessing Ende August wieder in Leipzig eintraf, war die Stadt von preußischen Truppen besetzt. Bald entwickelte sich eine lebhafte Freundschaft mit dem preußischen Major Ewald von Kleist, der sich bereits als Dichter einen Namen gemacht hatte.

Seine Sympathien für die feindliche Seite trugen Lessing Schwierigkeiten mit den Leipzigern ein, die bekanntlicherweise auf Angreifer nicht gut zu sprechen waren. Die Bemühungen der Freunde Gleim und Kleist, für den immer noch unversorgten Lessing ein Amt als Schloßbibliothekar oder Sekretär zu finden, blieben fruchtlos. So wandte sich dieser wieder den literarischen Beschäftigungen zu, denen er sich durch seine Reise hatte entziehen wollen. Das wichtigste litterarischen Dokument aus diesen Leipziger Monaten ist der Briefwechsel mit den Berliner Freunden Mendelssohn und Nicolai, in denen es um eine theoretische Bestimmung der Tragödie geht. Im Mai 1758 kehrte Lessing nach Berlin zurück. Er blieb auch jetzt ohne feste Beschäftigung und steckte deshalb in ewigen Geldverlegenheiten.

Seinen Lebensunterhalt suchte er durch vielseitige und rastlose literarische Tätigkeit zu sichern. Zusammen mit Karl Wilhelm Ramler gab er die “Sinngedichte” Logaus heraus, er ließ die “Preußischen Kriegslieder” Gleims erscheinen und übersetzte “Das Theater des Herrn Diderot”. Anfang 1760 widmete sich Lessing der Arbeit an einer großen Abhandlung über Sophokles. Schon für den Herbst des gleichen Jahres kündigte Lessing das Erscheinen zweier Bände (von vier geplanten) an. Der Abdruck hatte bereits begonnen, als Lessing die wichtige Arbeit wegen seiner Übersiedlung nach Breslau abbrach. Die Fragmente wurden erst 1790, nach Lessings Tod, veröffentlicht.

Im Jahre 1759 erschien das einaktige Trauerspiel “Philotas”. Sein Titelheld, ein in Gefangenschaft geratener junger Prinz, begeht in todessüchtigem Enthusiasmus Selbstmord, um seinen Vater bei einem Austausch der Gefangenen Zugeständnisse zu ersparen. Im gleichen Jahr wie den “Philotas” ließ Lessing seine Prosafabeln mit den dazugehörigen gattungstheoretischen Abhandlungen erscheinen, außerdem zahlreiche Beiträge zu den “Briefen, die neueste Literatur betreffend”.   d) Breslau und wieder in Berlin (1760-1767) Lessings Lage nahm eine übberraschende Wendung, als er sich im November 1760 entschloß, beim preußischen General Tauentzien eine Stelle als Sekretär anzunehmen. Offenbar wollte er sich dem hektischen literarisch-journalistischen Betrieb entziehen und endlich einmal ohne Geldsorgen leben. Erleichtert wurde seine Entscheidung dadurch, daß er neben seinen Pflichten auch genügend Freizeit besaß.

In dieser frönte er der Spielleidenschaft und gab sein Geld mit vollen Händen aus, allerdings nicht ohne seine Geschwister zu unterstützen. Er kaufte sich eine große Bibliothek zusammen und ging fast jeden Abend ins Theater. Offenbar wurde ihm schnell bewußt, daß dieses Amt und die Lebensweise, die es mit sich brachte, nicht zu ihm paßten. Im Mai kehrte Lessing nach Berlin zurück. Er erneuerte die alten Bekanntschaften und nahm das Gelehrten- und Literatenleben wieder auf. Im Mai 1766 erschien wieder eine größere Arbeit aus Lessings Feder, die ästhetisch-archäologische Abhandlung “Laokoon”.

Vom Herbst des Jahres 1766 an orientierte sich Lessing ganz auf die Mitarbeit an dem in Hamburg projektierten Nationaltheater. Er schloß die Arbeit an seinem neuen Stück “Minna von Barnhelm” ab, das im Frühjahr des folgenden Jahres im Rahmen einer zweibändigen Ausgabe seiner Lustspiele im Druck erschien.   e) der Hamburger Dramaturg: Hamburg und das Nationaltheater (1767-1770) Die Höflichkeit ist keine Pflicht, und nicht höflich sein, ist noch lange nicht grob sein. Hingegen zum besten der mehrern freimütig sein, ist Pflicht; sogar es mit Gefahr zu sein, darüber für ungesittet und bös- artig gehalten zu werden, ist Pflicht. Wenn ich Kunstrichter wäre, wenn ich mich getrau- te, das Kunstrichterschild aushängen zu können: so würde meine Tonart diese sein. Gelinde und schmei- chelnd gegen den Anfänger; mit Bewunderung zweifelnd, mit Zweifel bewundernd gegen den Mei- ster; abschreckend und positiv gegen den Stümper; höhnisch gegen den Prahler, und so bitter als mög- lich gegen den Kabalenmacher.

Der Kunstrichter, der gegen alle nur einen Ton hat, hätte besser gar keinen. Und besonders der, der gegen alle nur höflich ist, ist im Grunde gegen die er höflich sein sollte, grob. (Briefe antiquarischem Inhalts) Im 81. Literaturbrief hatte Lessing 1760 lapidar festgestellt: “ Wir haben kein Theater. Wir haben keine Schauspieler. Wir haben keine Zuschauer”.

Diesen Zustand zu ändern und aus dem Theater eine Institution der nationalen Kultur zu machen, ist im 18. Jahrhundert immer wieder versucht worden. Eine Gesellschaft Hamburger Kaufleute machte 1767 mit der Eröffnung eines Nationaltheaters einen neuen Anlauf. Für das ehrgeizige Hamburger Theaterprojekt von 1767 gewann man die Mitarbeit Lessings, was die Aufmerksamkeit und die Hoffnungen der Öffentlichkeit beträchtlich erhöhte.Er ist der Dramaturg, der hauseigene Kritiker des Nationaltheaters, veröffentlicht seine Dramaturgie, Tageskritik mit Zukunftsaspekten. Endlich fiel man darauf, selbst das, was mich zu einem so langsamen oder wie es meinen rüstigern Freunden scheint, so faulen Arbeiter macht, selbst das an mir nutzen zu wollen: Die Kritik.

Schon gegen Ende des Jahres 1767 war abzusehen, daß sich das Hamburger Nationaltheater ökonomisch nicht halten würde. Seine “Dramaturgie” trug Lessing beträchtlichen Ärger ein. Die Schauspieler protestierten gegen eine kritische Bewertugn ihrer Leistungen, und Lessing enthielt sich daher vom 25. Stück an aller einschlägigen Kommentare. In der Tat war die Vorstellung naiv gewesen, ein besoldeter Angehöriger des Theaters könnte dessen Kritiker gewesen sein. Ostern 1769 stellte das Nationaltheater nach nur zweijährigem Bestehen seine Aufführungen ein.

Auch das zweite Unternehmen, auf das Lessing sich in Hamburg mit großen Hoffnungen eingelassen hatte, endete in einem Fiasko. Es handelte sich um die Beteiligung an einer Druckerei und einem Verlag, von der der sich Lessing und sein Partner Johann Joachim Bode ökonomische Vorteile für sich selber und einen Aufschwung für die deutsche Literatur versprachen. Aber auch hier zeigten sich bald unüberwindliche Schwierigkeiten, da es sowohl Lessing wie Bode an buchhändlerischer Erfahrung und an kaufmännischen Talenten mangelte. Kein Wunder, daß Lessing sich wieder von Hamburg zu lösen versuchte. Im Herbst 1768 schon faßte er den Vorsatz , im folgenden Frühjahr mit dem Schiff nach Livorno und von dort weiter nach Rom zu reisen.In den Zeitungen verbreitete sich alsbald das Gerücht, Lessing sollte in Rom Nachfolger des 1768 ermordeten Winckelmann werden.

Als man im Frühjahr 1769 in Wien ein neues Theater-Projekt betrieb, versuchte man Lessing zur Beteiligung zu bewegen. Man bot ihm ein beträchtliches Gehalt und wollte dafür nur die Zusage, daß er jährlich zwei Stücke schreiben werde. Aber Lessing lehnte dieses Angebot aufgrund seiner Hamburger Erfahrungen ab und hielt an seinem Reiseplan fest. Das Ende von Lessings Hamburger Aufenthalt wurde von bedrängenden wirtschaftlichen Nöten überschattet. Um die Kosten der geplanten Reise bestreiten zu können und um die Schulden aus dem mißglückten Druckerei- und Verlagsgeschäft mit Bode zu bezahlen, mußte Lessing seine große, in langen Jahren zusammengekaufte Bibliothek versteigern lassen. Seiner Familie konnte er mit Geld nicht mehr aushelfen.

Um seine Verhältnisse halbwegs zu ordnen und um einige litterarische Arbeiten abzuschließen, schob Lessing den Antritt seiner Reise vor sich her. Er vollendet das Trauerspiel Emilia Galloti. Da ergab sich im Herbst 1769 die Aussicht, daß der Braunschweiger Hof Lessing als Bibleothekar an die berühmte Wolfenbütterler Bibliothek berufen würde.  f) Bibleothekar zu Wolfenbüttel. Reise nach Italien (1770-1776) Lessing trat sein Amt als Bibliothekar des Herzogs von Braunschweig im April 1770 an, nachdem man bereits seit Januar auf ihn gewartet hatte. Die Bibliothek in Wolfenbüttel galt als eine der bedeutensten Europas.

Lessing wandte sich daher mit Neugier und Unternehmungslust seiner neuen Aufgabe zu, auch wenn das Gehalt von 600 Talern nicht als üppig bezeichnet werden konnte. Er machte Pläne zu einer Neuordnung der riesigen Buchbestände und zu einer Durchforschung und Erschließung ihrer unbekannten Reichtümer. Von 1773 an ließ er eine Publikationreihe erscheinen, die den Titel “Zur Geschichte und Literatur. Aus den Schätzen der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel” führte und es auf sechs Bände brachte. Im Herbst 1771 faßten Lessing und die Hamburger Kaufmannswitwe Eva König nach einer schon länger bestehenden Freundschaft den Entschluß zu heiraten. Lessing fühlte sich vom Hof vernachlässigt und schlecht behandelt.

Die Bedingungen seiner Anstellung besserten sich nicht, und die im Februar 1773 angekündigte Beförderung zum Hofrat wurde vom Erbprinzen nicht wieder zur Sprache gebracht. Aufschlußreich sind Lessings Reaktionen auf die in diesen Jahren hervortretende Sturm-und-Drang-Generation. Zu Herder hatte sich seit seiner persönlichen Bekanntschaft ein gutes, von gegenseitigem Respekt getragenes Verhältnis eingestellt. Die anderen Vertreter dieser Periode fanden jedoch vor Lessings Augen keine Gnade. Zu Beginn des Jahres 1775 bekam Lessing die Erlaubnis zu einer Reise, die ihn zunächst nach Berlin und Dresden, dann weiter nach Wien führte, wo er seine Braut Eva König traf. In Wien erscheint ihm der Braunschweiger Prinz Leopold, der die beliebte Kavalierstour des 18.

Jahrhunderts antritt. Lessing schließt sich der Bildungsfahrt an. Die Reise dauert acht Monate, führt nach Mailand, Venedig, Livorno, Korsika, Genua, Turin, Parma, Bologna, Rom, Neapel, in Museen und Theater, in Buchhandlungen und Ateliers, zu Professoren und Malern, in die Peterskirche, zum heiligen Vater, und meistens in Archive und Bibliotheken.   g) Letzte Wolfenbütteler Jahre. Theologische Kontroversen (1776-1781) Bei der Rückkehr von seiner großen Reise im Frühjahr 1776 sah Lessing die Notwendigkeit vor sich, wieder in die von ihm als eng und drückend empfundenen Wolfenbüttelner Amtes hineinzufinden. Als er sich in einem letzten Versuch an den Erbprinzen wandte, seine Stellung erträglicher zu machen, zeigte sich dieser zu einem Entgegenkommen bereit: Lessing wurde eine Erhöhung seines Gehaltes, eine Verbesserung der Wohnung und der Titel eines Hofrats zugesagt.

Seiner Heirat stand nichts mehr im Wege. Am 8. Oktober 1776 wurde die Ehe ohne große Förmlichkeiten auf dem Landgut York geschlossen, das einer befreundeten Hamburger Familie gehörte. Es gehörte zu den trübsten Erfahrungen von Lessings letzten Jahren, daß ihm das Glück dieser Ehe schon bald wieder genommen wurde. Weihnachten 1777 wurde ein Sohn geboren, der schon nach 24 Stunden starb und dem die Mutter, von der Geburt erschöpft, am 10. Januar 1778 ins Grab folgte.

1776 hatte er die Ernennung zum ordentlichen Mitglied der kurfürstlichen Akademie in Mannheim angenommen. Er ließ sich auch bewegen, Anfang 1777 anzureisen und Verhandlungen aufzunehmen. Man machte Lessing ein Angebot für die Leitung der Nationalbühne, das er allerdings ablehnte. In den letzten Jahren seines Lebens hat Lessing noch einige bedeutsame geschichtsphilosophische und theologische Schriften veröffentlicht. Zu ihnen gehört der Dialog “Ernst und Falk. Gespräche für Freimäurer”, dessen erste drei Teile 1778 erschienen.

, während die beiden letzten 1780 vermutlich von einem Dritten ohne Lessings Willen herausgegeben wurden. Aus der Zeit um 1780 häufen sich die Berichte, daß er in Gesellschaft teilnahmslos blieb und bei Tisch einschlief. Im Oktober dieses Jahres unternahm er eine Reise nach Hamburg, die ihm vorübergehend wieder das Gefühl der Lebensfreude vermittelte. Bei einem Besuch in Braunschweig starb Lessing am 15. Februar 1782 im Alter von 52 Jahren. Totsein hat nichts Schreckliches; und insofern Ster- ben nichts als der Schritt zum Totsein ist, kann auch das Sterben nichts Schreckliches haben.

(Wie die Alten den Tod gebildet)     III. Lessings bedeutendste Werke   a) Miss. Sarah Sampson (1755) Es geht um die Schuld einer Tochter, die gegen den Willen ihres Vaters mit ihrem Geliebten geflohen ist , und es geht um die Vergebung dieser Schuld und die Wiederherstellung der familiären Gemeinschaft. Diese Wendung aufs Private, auf die Spähre der Familie, spiegelt die Mentalität des Bürgertums, dem die gefühlsgetragenen häuslichen Lebensbeziehungen als Zentrum der Existenz erscheinen. Mit Miss. Sarah Sampson, dem ersten “bürgerlichen Trauerspiel” Deutschlands überwand er Gotscheds, dem französichen Theater entnommenen Regeln, den steifen Alexandriner durch eine lebensnähere Prosa ersetzend.

  b) Laokoon (1766) Lessings umfangreichste ästhetische Abhandlung , der “Laokoon” setzt sich mit dem Problem einer begrifflich scharfen Unterscheidung der Künste auseinander. Als Literatur- und Kunstkritiker schuf Lessing mit “Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und der Poesie” einem der großartigsten und nachhaltigsten kunsttheoretischen Werke deutscher Sprache, die Grundlagen für die Herausbildung einer realistischen Ästhetik.   c) Minna von Barnhelm (1767) Der aus Kurland stammende Major von Tellheim, der im Siebenjährigen Krieg an der Seite Preußens gekämpft hat, wird nach dem Friedensschluß von Hubertusburg wegen ehrenrühriger Verdächtigungen verabschiedet. Er hatte nach dem Sieg in Sachsen den Landstädten auch menschlicher Großzügigkeit lediglich die Mindestkontributionen abverlangt und die Summe aus dem eigenen Vermögen vorgeschossen. Den dafür erhaltenen Wechsel reichte er bei der Kriegskasse ein, wo die Beamten vermuten, Tellheim habe sich von den Ständen bestechen lassen, um nur das festgesetzte Minimum der Kriegssteuern einzutreiben. Nun lebt der Major mittellos in einem Berliner Gasthof.

Hierzu wurde er verpflichtet bis die Untersuchungen gegen ihn abgeschlossen sind. In Sachsen hatte er sich mit Minna von Barnhelm verlobt. Da Minna von dem verzweifelten Tellheim nichts mehr hört, reist sie nach Berlin, um ihn zu suchen. Minna muß erleben, daß der Major den Verlobungsring versetzt hat, um seine Mietschulden zahlen zu können. Ihre Freude über das Wiedersehen setzt Tellheim seine gekränkte Ehre entgegen, die es ihm verbindet, die Ehe mit Minna aufrecht zu erhalten. Doch zuletzt nimmt alles doch noch ein gutes Ende.

  d) Emilia Galotti (1772) Der Stoff zu seinem Trauerspiel hatte Lessing aus einer berühmten, von Livius überlieferten Episode der römischen Geschichte bezogen. Ihn reizte offenbar das sensationelle Motiv, daß ein Vater die eigene Tochter tötet, um sich dem begehrlichen Zugriff durch den politischen Machthaber zu entziehen. Die “ Tat zu den Gedanken der Dramaturgie” nannte F. Mehring das Stück, das Goethe als “ entscheidenden Schritt zur sittlich erregten Opposition gegen die tyrannische Willkürherrschaft” bezeichnet hat.   e) Nathan der Weise (1779) Lessings “Nathan” gilt als literarisches Manifest der Aufklärung und ihrer Forderung nach Toleranz in religiösen Dingen. These des Stückes sei es, “ das es nicht erst von gestern her unter allerlei Volke Leute gegeben, die sich über alle geoffenbarte Religion hinweggesetzt hätten, und doch gute Leute gewesen wären.

” Nathan, der Titelheld des Stücks, wird zum souveränen Vertreter einer humanen Haltung, die jenseits der religiösen Unterschiede die Gemeinsamkeit der Menschen erkennt und zu praktischer Toleranz findet. IV. Zeittafel   1729 22. Januar Gotthold Ephraim Lessing in Kamenz in der kursächsischen Oberlausitz geboren 1737-1741   Lessing besucht die lateinische Schule in Kamenz 1741-1746   Besuch der Fürstenschule St.Afra zu Meißen 1748 Januar Der junge Gelehrte Wittenberg, danach Berlin 1749   Die Juden, Der Freygeist 1751 18.Febuar Lessing wird als Nachfolger von Mylius Redakteur an der “privilegierten Zeitung”; er übernimmt die Rubrik “Von gelehrten Sachen”   April Lessing ist verantwortlich für die Monatsbeilage “Das neueste aus dem Reich des Witzes)   4.

Dezember Erste Gedichtsammlung: Kleinigkeiten 1752 29.April In Wittenberg: Magister der Philosophie 1753-1755   Sechsteilige Sammlung von Lessings Schriften 1755   Miss. Sarah Sampson 1755-1758   Leipzig 1759-1760   Briefe, die neuste Literatur betreffend Übersetzung: Das Theater des Herrn Diderot. 1760 Februar Philotas 1760-1765   Sekretär des Generals Tauentzien in Breslau 1765-1767   Berlin 1766   Laokoon 1768-1769   Briefe antiquarischen Inhalts Wie die Alten den Tod gebildet 1770-1781   Bibleothekar in Wolfenbüttel 1772 13. März Uraufführung: Emilia Galotti 1776 8. Oktober Eheschließung mit Eva König 1777 25.

Dezember Geburt eines Sohnes (Traugott), der schon nach 24 Stunden stirbt 1778 10. Januar Tod seiner Frau Anti-Goeze 1779   Nathan der Weise 1781 15. Februar Tod Lessings in Braunschweig V. Zeugnisse a) Friedrich Schiller: Brief an Goethe. 4. Juni 1799 Ich lese jetzt, in den Stunden, wo wir sonst zusammenkamen, Lessings Dramaturgie, die in der Tat eine sehr geistreiche und belebte Unterhaltung gibt.

Es ist doch gar keine Frage, daß Lessing unter allen Deutschen seinerzeit über das, was die Kunst betrifft, am klarsten gewesen, am schärfsten und zugleich am lieberalsten darüber gedacht und das Wesentliche, worauf es ankommt, am unverrücktesten ins Auge gefaßt hat.   b) Friedrich Hebbel: “Emilia Galotti” 1852 Es ist nicht das Werk eines dichterischen Genius und wird doch viel lieber gesehen als die beste Novität. Woher rührt das? Unseres Erachtens liegt der Grund in der unendlichen Harmonie von Stoff und Form, die es in unserer Literatur, wo diese Harmonie so selten ist, zu einer wahrhaft einzigen Erscheinung macht. Hinter jeder Szene, ja hinter jeder Rede steht Lessing selbst mit seinem klaren Auge, seinem hellen Blick, und weist die Ausstellungen, die wir machen möchten, lächelnd ab, bevor wir den Mund noch öffnen können.   c) Alfred Kerr: “Nathan der Weise” 1911 Lessing bleibt im äußeren Sinn ein hoher Zivilist. Ich habe den heiligen Eindruck wieder, wenn ich diesen Eindruck wieder, wenn ich diese Dichtung sehe: hier sind ein paar anständige Menschen; und rings um sie die Sintflut.

G. E. Lessing ist ein unglaublicher Vorläufer ... .

.. Ja, nicht Eleganz des sittlichen Fühlens gibt seiner eigenen Zeit (und fernen Zeiten) dieser absonderlich wundersame Lausitzer; sondern jene still strahlende ... Anständigkeit.

Einen Punkt, wo die mit dem letzten lächelnden Ernst festgehaltene Zuverlässigkeit zum Genie wird.   d) Johann Frerking: Lessings letztes Gesicht. 1925 Lessings letztes Gesicht bezeugt klar, mit ergreifender Eindringlichkeit, daß der Mann mehr war als alle seine Gaben, daß sein Beispiel noch über seinen Taten und Werken ist, daß große Beispiel eines den hellen Mächten Wahrheit, Klarheit, Menschlichkeit in reiner Leidenschaft dargebrachten Lebens --, jenes mächtige Beispiel, das die beiden Weimarer Xenien-Dichter fünfzehn Jahre später noch veranlaßt hat, mitten im Hick und Hack beißender Distichen in Ehrfurcht des Toten zu gedenken: “Vormals im Leben ehrten wir Dich wie einen der Götter, Nun Du tot bist, so herrscht über die Geister dein Geist.”   e) Otto Mann: Lessing. Sein und Leistung. 1961 Doch ist die höhere, urban ästhetische Bildung nicht gleichgültig.

Lessing spricht weniger von ihr, als daß er sie verwirklicht und vorbildlich macht. Er ist der gebildete Schriftsteller höchsten Ranges, der Meister der Prosa, der wahre Schöpfer einer überfachlich geistigen Sprache ohne Preisgabe von Genauigkeit und Gehalt, und er betont in seinem Kampf gegen Goeze, daß er dies weiß. In seinen Dramen gibt er nicht nur einem Menschen, sondern auch einem so hoch gebildeten Menschen Ausdruck, wie ihn unsere Dichtung seit dem mittelhochdeutschen Gipfel nicht mehr gekannt hat. Der Mensch ist hier als Bewußtsein und Form erst ganz bei sich selbst, ist seiner selbst Meister, nimmt alle Wirklichkeit in sich auf und bringt sie in sich zum Erklingen und Aufleuchten. Hierfür hatte die deutsche Dramatik noch kein Vorbild; hier sind nur die großen klassischen Muster, von der Antike bis zu den Franzosen, heranzuziehen. Gryphius bringt, hieran gemessen, nur die gebildete Rede; Lessing bringt uns das gebildete Sein.

VI. Quellenverzeichnis Lessing: Wolfgang Drews, rororo bildmonographien, ISBN 3 499 50075 2 Lessing: Jürgen Jacobs, Artemis Einführungen, Artemis Verlag München und Zürich, ISBN 3-7608-1327-5 Lexikon deutschsprachiger Schrifsteller, Band 3 L-Sa: Scriptor Verlag Kronberg ISBN 3-589-00063-5 Erläuterungen zu Minna von Barnhelm: Königs Erläuterungen und Materialien ISBN 3-8044-019-2 Lessings Leben und Werk in Daten und Bildern: Kurt Wölfel, Insel Verlag  VII. Worterklärungen Polemik: [grch.] die, (wissensch.) Streit; Streitkunst Anakreon: grch. Dichter, + um 500 v.

Chr.; schrieb Trink- und Liebeslieder Epigramm: [grch. “Aufschrift”] das, kurzes, geistreiches oder witziges Gedicht; bei den Griechen zuerst Aufschrift auf Denkmälern, seit dem Humanismus in der dt. Dichtung “Sinngedicht”, oft mit satir. Spitze. Blütezeit in der Klassik: Kästner, Lessing, Herder, Goethe, Schiller Autodidakt: [grch.

] der, durch Selbstunterricht Gebildeter Manifest: [lat.] das, 1) öffentl. Erklärung, Programm 2.) Seerecht: Verzeichnis der verladenen Güter Distichon: [grch.] das, Strophe au 2 versch. Versen; meist Hexameter und Pentameter, z.

B.: Im Hexameter steigt des Sprinquells flüssige Säule, / Im Pentamter drauf fällt sie melodisch ab   VIII. Zusammenfassung a) CharakterAn Lessings eigenen Briefen und Zeugnissen seiner Freunde läßt sich ablesen, daß er es mit sich selbst nicht immer leicht hatte und daß er seiner Umwelt bisweilen Rätsel aufgab. Ein auffälliger Zug seines Charakters ist eine nervöse Unruhe, eine rastlose Unzufriedenheit, die nach Ortsveränderungen drängt. Lessings Unruhe zeigt sich schon im Alltäglichen. Es wird überliefert, er habe im Theater nie vermocht, einer ganzen Vorstellung seine Aufmerksamkeit zu widmen, ging ab und zu, sprach mit Bekannten, oder hing seinen Gedanken nach.

Seine Vorliebe für den Aufenthalt in Kaffeehäusern und Weinkellern und seine Neigung zum Glücksspiel erklären sich offenbar aus Ablenkungs- und Kompensationsbedürfnissen. Die innere Unrast spiegelt sich auch in der Art von Lessings geistiger Produktivität. Viele Zeugnisse sprechen von Ablenkbarkeit und Ungeduld, von einem Mangel an Konsequenz in der Durchführung begonnener Arbeiten. Nicolai berichtet bei Lessing von einer Lust am Widerspruch, in der sich sein brillianter Verstand selbst genoß und seine Kräfte schulte. Dieser skeptische, spielerisch experimentierende Diskussionsstil konnte schlichtere Gemüter leicht verwirren. Daß Lessings Vorliebe für den Widerspruch nicht bloß ein dialektischer Kunstgriff, nicht nur eine Stimulans des Denkens und Redens war, sondern daß ihr eine gute Portion Lust am intellektuellen Streit, an der gezielten Attacke und am Niederzwingen des Gegners wirksam war, das zeigen die berühmten Kontroversen mit Gottsched, Gotthold, Lange, Klotz und Götze.

Lessings Polemik ist wendig, witzig und glanzvoll, aber sie ist oft auch einseitig, ungerecht und persönlich verletzend. Lessings Prosa ist körnig und elegant, gelenkig und gescheit, volkstümlich und gelehrt, urdeutsch und weltläufig. Lessings Werk ist Konfession, wie sein Leben. Er liefert eine Galerie von Selbstporträts, in kräftigen Farben gemalt als Gestalten, die ihm gleichen, leicht und spielerisch hingetupft, wie im Skizzenbuch zwischen den Zeilen beiläufig eingestreut, in knappen Konturen sicher umrissen. Sie “lessingieren” alle, sagt Friedrich Schlegel. “Seine Stücke sind er selbst; seine Wesenheit, Form geworden.

”, sagt Hoffmannsthal.   b) Leben und Werk 1729 22. Januar Gotthold Ephraim Lessing in Kamenz in der kursächsischen Oberlausitz geboren 1737-1741   Lessing besucht die lateinische Schule in Kamenz 1741-1746   Besuch der Fürstenschule St.Afra zu Meißen 1748 Januar Der junge Gelehrte Wittenberg, danach Berlin 1749   Die Juden, Der Freygeist 1751 18. Februar Lessing wird als Nachfolger von Mylius Redakteur an der “privilegierten Zeitung”; er übernimmt die Rubrik “Von gelehrten Sachen”   April Lessing ist verantwortlich für die Monatsbeilage “Das neueste aus dem Reich des Witzes)   4. Dezember Erste Gedichtsammlung: Kleinigkeiten 1752 29.

April In Wittenberg: Magister der Philosophie 1753-1755   Sechsteilige Sammlung von Lessings Schriften 1755   Miss. Sarah Sampson 1755-1758   Leipzig 1759-1760   Briefe, die neuste Literatur betreffend Übersetzung: Das Theater des Herrn Diderot. 1760 Februar Philotas 1760-1765   Sekretär des Generals Tauentzien in Breslau 1765-1767   Berlin 1766   Laokoon 1768-1769   Briefe antiquarischen Inhalts Wie die Alten den Tod gebildet 1770-1781   Bibliothekar in Wolfenbüttel 1772 13. März Uraufführung: Emilia Galotti 1776 8. Oktober Eheschließung mit Eva König 1777 25. Dezember Geburt eines Sohnes (Traugott), der schon nach 24 Stunden stirbt 1778 10.

Januar Tod seiner Frau Anti-Goeze 1779   Nathan der Weise 1781 15. Februar Tod Lessings in Braunschweig

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