Edgar allan poe
Edgar Allan Poe
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Meister der phantastischen Erzählungen
von Sebastian F. Appler: Applepie@gmx.de https://www.applepie.de
Inhaltsangabe
Seite 1.
Deckblatt
Seite 2.
Inhaltsangabe
Seite 3.
Biographie Poes Familie und Eltern, Geburt 1809
Seite 4.
Tod der Mutter, Aufnahme durch Allan 1811
Seite 5.
Poes Kindheit und Jugend 1817, nach England 1815
Seite 6.
„Manor House Internat“ 1818, Vorschau: „William Wilson“ 1839
Seite 7.
Rückkehr nach Amerika 1820, Übersetzungsprobleme
Seite 8.
1823 Beziehung mit „Helen“, Tod „Helens“, Streit mit Allan 1824
Seite 9.
Beziehung zu „Myra“ 1825; Studium, Schulden, Alkohol 1826
Seite 10.
Studiumabbruch, Armee, erste Gedichte 1827; Frances Allans Tod 1829
Seite 11.
West Point 1830-31; „Metzengerstein“, Opiumsucht 1832
Seite 12.
Mary Devereaux 1832; Wettbewerb 1833
Seite 13.
Tod Allans kein Erbe, Armut 1834
Seite 14.
Vorschau: „The Tell-Tale Heart“ 1843,
Seite 15.
Redakteur beim „Southern Literay Messenger“, Kündigung 1835
Seite 16.
Liebe zu Virginia 1836
Seite 17.
Eheschließung mit Virginia 1836; Umzug nach New York 1837
Seite 18.
Umzug nach Philadelphia, Plagiatskandal, „Burtons-Magazine“ 1839
Seite 19.
eigene Zeitschrift 1840; „The Man in the Croud“ 1841
Seite 20.
Kryptographie 1841
Seite 21.
„The Murders in the Rue Morgue“ 1841, Tbc-Erkrankung Virginias 1842
Seite 22.
Kündigung, „The Stylus“scheitert, „The Goldbug“ 1843
Seite 23.
„The Black Cat“ 1843
Seite 24.
Umzug nach New York 1844
Seite 25.
Ballonjux, 1844; „The Raven“ 1845
Seite 26.
„The Raven“ und „Die Philosophie der Komposition“ 1845
Seite 27.
„The Facts in the Case of M.Valdemar“ 1845
Seite 28.
„The Facts in the Case of M.Valdemar“ , „Sternenschwestern“ 1845
Seite 29.
„The Cask of Amontillado“, Tbc Virginias schreitet fort 1846, Tod 1847
Seite 30.
Zusammenbruch, beinahe Duell 1847
Seite 31.
Mrs.Whitman, Heirat scheitert, Selbstmordversuch, 1848; „Hop-Frog“ 1849
Seite 32.
Geld für „The Stylus“; Zusammenbruch, Besuch bei „Myra“ 1849
Seite 33.
Geplante Hochzeit mit „Myra“, Überfall, Tod 1849
Seite 34.
Beerdigung
Seite 35.
Interpretation: „Das Faß von Amontillado“
Seite 36.
È
Seite 37.
È
Seite 38.
Quellenangabe
Biographie
Edgar Poe wurde am 19. Januar 1809 in Boston ( Massachussetts ) geboren.
Zwar war damals Boston die Hochburg des Puritanertums, doch dies hatte später keine großen Auswirkungen auf ihn und seine Werke.
Seine Eltern waren die Schauspieler David Poe jr. und Elizabeth Poe geborene Arnold.
David Poe jr. stammte von irischen Einwanderern ab und wuchs in Baltimore auf. Die Familie Poe war damals hoch angesehen, weil sich Edgars Großvater David Poe im Unabhängigkeitskrieg sehr verdient gemacht und nicht zuletzt eine bedeutende Rolle beim Sieg gespielt hatte.
Er kam zwar aus Irland, doch trotzdem wurde er zu einem opferbereiten Patriot. Teilweise griff er auf das eigene Familienvermögen zurück um seine Truppen zu finanzieren. Er erreichte den Rang eines Majors, aber nachdem er 1814 im stolzen Alter von 71 Jahren aktiv bei der Schlacht von North Point mitwirkte, die britischen Invasionstruppen aus Baltimore verjagte, und so Amerika befreite, wurde er eine Legende und ging als „General Poe“ in die Geschichte ein.
Elizabeth Poe
David Poe jr. entdeckte seine Leidenschaft für die Schauspielerei mit 19 Jahren und riß gegen den Willen seines Vaters aus um nach Charleston zu reisen und dort Theater zu spielen. Nach mehreren mißglückten Rückholversuchen seiner Familie begann er auch in größeren Theatern aufzutreten.
Bei seinem ersten Auftritt vor Publikum konnte er jedoch nicht besonders überzeugen, weil er eine für das Theater unbrauchbare Stimme hatte. David Poe jr. kämpfte sich durch, aber blieb nur ein durchschnittlicher Schauspieler. Sein großer Ehrgeiz nützte ihm meist nichts. Aus diesem Grund verfiel er, genau wie später auch sein Sohn, dem Alkohol und litt sehr oft an schweren Depressionen.
Seine Frau Elizabeth Arnold, Edgars Mutter, war in schauspielerischer Hinsicht viel erfolgreicher (siehe Bild).
Sie stammte aus einer britischen Schauspielerfamilie und war sozusagen auf der Bühne aufgewachsen und hatte im Gegensatz zu ihrem Mann eine vernünftige schauspielerische Ausbildung genossen. 1802 heiratete sie erst Charles Hopkins, der in Richmond ein bekannter Theaterproduzent war. Das Ehepaar Hopkins und David Poe jr. lernten sich bei einem Theaterauftritt kennen und befreundeten sich. Seitdem traten Elizabeth Hopkins und David Poe jr. meist zusammen auf.
Während einer Tournee in Washington starb Charles Hopkins unerwartet und ließ die gerade mal 19 jährige Elizabeth Hopkins zurück.
6 Monate nach seinem Tod im Jahr 1806 heiratete David Poe jr. sie. Die Hochzeit fand in ärmlichen Verhältnissen statt und der Bräutigam mußte sich von einem Freund Geld leihen um das magere Aufgebot bestreiten zu können. David Poe jr.s Vater hoffte immer noch auf eine Rückkehr, doch als er von der Heirat erfuhr, verstieß er seinen eigenen Sohn für immer aus seinem Haus und strich ihn aus seinem Testament.
Das Ehepaar wurde sehr berühmt. Trotzdem lebte die junge Familie in Armut. Die Kritiker lobten David Poe jr.s Frau in den höchsten Tönen, aber für ihn gab es wieder nur mittelmäßige Kritiken.
1807 kam William Henry Leonard Poe ( Edgars älterer Bruder ) auf die Welt. Man brachte William Henry zur Pflege zu den Großeltern nach Baltimore, damit er seinen mäßig erfolgreichen Eltern nicht im Wege stand.
John Allan
Frances Allan
Kurz nach der Geburt des zweiten Sohnes (Edgar Poe) am 19. Januar 1809, verließ der Familienvater am Ende der Theatersaison die Familie plötzlich und ohne erkennbaren Grund und wurde seit dem nicht mehr gesehen. Elizabeth Poe, die zu diesem Zeitpunkt schon schwanger war, ging ihrem Beruf trotz des Kindes weiter nach. Edgar Poe mußte als einjähriges Kind allein in der kleinen Wohnung bleiben wenn seine Mutter Theater spielte. Trotz des großen Erfolgs der jungen Schauspielerin verarmte die Familie immer mehr. Schließlich erkrankte Elizabeth Poe an Tuberkulose und konnte am Ende des Jahres 1811 das Bett nicht mehr verlassen.
Die Theatergruppe, der sie angehörte, veranstaltete eine Benefizveranstaltung um zumindest ihre materielle Not zu lindern. Im Sterben liegend suchte Elizabeth Poe Pflegeeltern für Edgar Poe, die sie im reichen Ehepaar Allan fand. Am 8. November 1811 ein Jahr nach der Geburt Edgars jüngerer Schwester Rosalie starb die 24jährige Mutter von drei Kindern qualvoll an Tuberkulose.
Der Tabakpflanzer John Allan und seine Frau Frances Keeling Allan (sieh oben) nahmen den 3 Jahre alten Vollwaisen auf. Der Grund für die inoffizielle (!) Adoption war wahrscheinlich nicht die Kinderlosigkeit des Paares.
Es handelte sich eher um ein Symbol für das soziale Engagement des reichen Paares. In der damaligen High Society verhalf solch eine Aktion zu einem hohen Ansehen. Ich bin davon überzeugt, daß Poe dies merkte. Seine Erziehung war eine sachliche Ausbildung, die in der kalten Atmosphäre eines Internats stattfand. Von elterliche Wärme oder Zuneigung war wahrscheinlich nicht viel zu spüren. Dies hatte später einen bedeutenden Einfluß auf Poes menschenverachtenden Charakter.
Trotzdem nahm Poe später den Namen seines Pflegevaters in seinen eigenen Namen auf und hieß somit Edgar Allan Poe. Das Ehepaar Allan kaufte eine Sklavin, die sich um Poe kümmern sollte. Sie sollte sich um den kleinen Edgar kümmern und ein Auge auf ihn haben. Übrigens hatte John Allan zwei uneheliche Kinder für dessen Unterhalt er insgeheim aufkam. Seine Frau wußte anscheinend nichts von den Kindern. Die Allans ließen sich es nicht nehmen die Beerdigungskosten von Edgars Mutter zu tragen.
Trotzdem wurde sie nur auf einem Armenfriedhof in einem anonymen und unbeschriftetem Grab beerdigt.
Dieser Umstand inspirierte Poe wahrscheinlich später in einem Gedicht mit dem Titel: „The Valley of the Unrest“ („Das Tal der Unruhe“) folgendes zu schreiben:
„…Über Lilien, die so weich,
Wehend, weinend schaun herab,
Auf ein namenloses Grab!…“
1812 drohte dem Tabakkonzern der Allans der Bankrott als es nach Spannungen zwischen Britannien und den USA erneut zum Krieg kam. Plötzlich gab es keine Absatzmärkte für seine Waren mehr. Nachdem die britischen Truppen in Washington das Regierungsgebäude abfackelten, waren die USA 1814 zu einem Friedensvertrag auf der Grundlage des Status quo bereit. Nachdem der Handel wieder begann machte Poes Pflegevater ertragreiche Geschäfte. Sein Privatvermögen stieg immens.
Zu dieser Zeit ging der fünfjährige Edgar Poe in die Grundschule in Richmond. Um neue geschäftliche Kontakte zu knüpfen siedelten die Allans 1815 mit Edgar nach England um. Poe wurde nach Irland zur Schule geschickt. Dort kam er aber nicht mit den körperlichen Strafen und der strengen Disziplin zurecht und bat seinen Pflegevater in London zur Schule gehen zu können. Schließlich besuchte Poe dort die Schule der Dubourgs im Londoner Stadtteil Chelsea. Nach eigenen Angaben erwarb er dort kein für ihn verwertbares Wissen, doch durch die Ausbildung in London war er in der Nähe seiner Pflegemutter zu der er eine starke Zuneigung empfand.
Anscheinend prägte sich dadurch ein Frauenideal, daß seiner Pflegemutter entsprach und sich in seinen späteren Werken und Beziehungen niederschlug.
1817 wurde James Monroe Präsident der USA und mit ihm begann eine neue „Ära des Einvernehmens“, die der Wirtschaft sehr entgegenkam. Wieder machte John Allan beträchtliche Gewinne. Poes Pflegevater hielt sich eher von Poe fern, dafür verhätschelte seine Frau ihn umsomehr. Der kleine Poe wurde bei den zahlreichen Empfängen der Familie Allan den Besuchern stolz präsentiert und Poe selber setzte sich meist selber in den Mittelpunkt. Nachdem der Tisch abgeräumt und das Dessert eingenommen war kam es manchmal vor, daß Poe mit Erlaubnis seines Vaters zum Amüsement der Gäste auf dem Tisch tanzte.
Als Belohnung bekam er von seinem Vater schon als Kind regelmäßig verdünnten Wein zu trinken. Dadurch gewöhnte Allan seinen Sohn schon früh an den Alkohol, was Poe für seine späteren Alkoholexzesse vorbereitete. Schon damals hob sich Poes hervorragendes Gedächtnis hervor, das ihn dazu befähigte lange Passagen englischer und schottischer Literatur vorzutragen, die er vorgelesen bekommen hatte und dies bevor er lesen und schreiben konnte. Auch seine musikalischen Fähigkeiten waren sehr stark ausgeprägt, was dazu führte, daß er in seinen späteren Gedichten eine besonders komplexe Wortmelodik benutzte, die den Ausdruck der Gedichte unterstützte. Als er lesen gelernt hatte verschlang er alle Literatur (vor allem Englische), die er finden konnte und machte auf sein Umfeld ein sehr frühreifen Eindruck. Aus diesem Grund und dadurch, daß er sich selbst von seinen Schulkameraden abgrenzte, wurde er bald zum Außenseiter.
Während der Schulzeit befreundete er sich nur mit einigen wenigen Gleichaltrigen. 1818 wechselte er in das exklusive „Manor House“ Internat in Stoke Newington bei London auf dem er die Lehrer und Mitschüler mit seinem Intellekt erstaunte. Er lernte Latein und Französisch und beherrschte beide Sprachen schon mit zehn Jahren fast perfekt und war somit viel weiter als seine älteren Mitschüler. Der Direktor des Internats Reverend Bransby bezeichnete ihn als „intelligent, starrköpfig und eigensinnig“.
Für Poes Charakterentwicklung spielten die Jahre auf diesem Internat eine bedeutende Rolle. Es traten oft Konflikte mit seinen englischen Mitschülern auf, die Poe dazu veranlaßten sich zurückzuziehen.
In Briefen an seine Pflegemutter beklagte er seine geistige Isolation. Aus diesem Grund begann er damit, sich in seine eigene Phantasiewelt zu flüchten. Das burgartig aussehende Internat beflügelte seine Phantasie und ließ ihn immer weiter in diese Welt abrutschen. Später beschrieb er in seiner Erzählung „William Wilson“ das Internat und dessen Leiter Reverend Bransby mit autobiographischer Genauigkeit. Wie auch seine restlichen Werken schrieb er die Erzählung „William Wilson“ aus der Ich-Perspektive.
Kurz gesagt geht es in der Geschichte um einen Mann namens William Wilson, der schon in frühster Kindheit von einem nichtmateriellen Phantom gejagt wird.
Dieses Phantom verfolgt ihn während seiner gesamten Schulzeit und unbemerkt von den restlichen Schülern flüstert das Phantom ihm Ratschläge für einen Lebenswandel zum Besseren zu. Das Brisante an dieser Situation ist, daß das Phantom ein Doppelgänger William Wilsons ist. Am Anfang denkt Wilson es handele sich nur um eine Halluzination und das Phantom verschwindet nach der Kindheit so plötzlich wie es auftauchte. Nachdem William Wilson eine kriminelle Laufbahn einschlug wurde er in wichtigen Etappen seiner kriminellen Laufbahn von seinem Ebenbild heimgesucht. Wieder und Wieder versucht das Phantom erfolgreich William Wilson von kriminellen Handlungen abzuhalten und ihn zu bekehren. Als das Phantom ihn davon abhält Ehebruch mit einer Herzogin zu begehen packt Wilson sein Ebenbild wutentbrannt und duelliert sich mit ihm in einem imaginären Spiegel.
Als sein Doppelgänger blutüberströmt im Sterben liegt spricht das Spiegelbild mit Wilson eigener Stimme zu ihm und sagt:
„Du hast mich besiegt, und ich weiche. Doch von nun an bist auch du tot - tot für die Welt, den Himmel und die Hoffnung! In mir hast du gelebt - nun sieh in diesem Abbild, das dein eigenes ist, wie unwiderruflich du dich selbst ermordet hast.“
Mit diesen Worten endet die phantastische Erzählung, die an übermäßig vielen Stellen autobiographische Tatsachen enthält. Doch meiner Meinung wäre es nicht richtig William Wilson abgrundtief bösen Charakter als ein Abbild Poes auszulegen. In vielen anderen Werken kommen solche Gemeinsamkeiten zwischen den erzählenden Charakteren und Poe vor, doch es wäre falsch den teilweise verrückten und tief bösartigen Charakter der Erzähler mit Poes Charakter zu vergleichen. Ich glaube eher, daß Poe diese Gemeinsamkeiten als Stilelement benutzte um die Erzählungen intensiver wirken zu lassen.
In der Erzählung „William Wilson“ versuchte Poe wahrscheinlich mit dem Doppelgänger Wilsons das schuldige Gewissen, das nur im Unterbewußtsein agieren kann, zu personifizieren. Ich glaube er wollte auf diese Weise die moralischen Konflikte eines zwiegespaltenden Menschen aufzeigen.
Erst einmal zurück zum jungen Poe.
1820 begann wieder eine Wirtschaftskrise, die den Kaufmann Allan dazu zwang seine Investitionen in England aufzugeben und mit der Familie wieder in die USA zurückzukehren. Poe besuchte nun die Joseph Clark Schule in Richmond in der er wie auch schon in England zu den Klassenbesten gehörte. Einer seiner Lehrer schrieb in seinen Beurteilungen über ihn:
„Er war von ungewöhnlicher Selbstachtung, ohne Stolz, strikt gerecht, und korrekt in seinem Benehmen gegenüber seinen Kameraden.
Seine natürliche und hervorstechende Eigenschaft schien mir sein enthusiastischer Eifer in allem, was er unternahm. Seine imaginären Kräfte schienen allen anderen Fähigkeiten vorauszugehen.“
Auch seinem Lehrer fielen seine „imaginären Kräfte“ auf, die sich später noch stärker entwickelten. Seine ersten lyrischen Versuche sind aus dem Jahr 1822 bekannt. Mit dreizehn Jahren schrieb er seine ersten Verse, die jedoch noch keine Aussage hatten.
„Last night with many cares and toils opress´d
Weary…I laid me on a couch to rest“
-
„Letzte Nacht, von vielen Sorgen und Mühen bedrückt,
Erschöpft…legte ich mich auf einer Couch zur Ruhe“
Bei diesem Gedicht zeigt sich wieder der Einfluß der englischen Romantik auf Poe, die er schon in der Grundschule bevorzugte.
Ich habe hier auch den englischen Originaltext angegeben, weil es im Vergleich zu der Übersetzung zeigt wie unzureichend man fremdsprachige Lyrik und vor allem die von Poe übersetzten kann. Bei der deutschen Übersetzung kommt die spezielle Wortmelodik, auf die ich schon zu Anfang hinwies, nicht zur Geltung. Aus diesem Grund gibt es von Poes Werken oft ein dutzend Übersetzungen, die versuchen seine Melodik ins Deutsche zu übertragen. Leider gelingt es keinem Übersetzer diese nicht zu unterschätzenden Bestandteile von Poes Literatur sinnvoll zu übersetzen und so würde ich dazu raten vor Allem Poes Gedichte auch im englischen Original zu lesen. Ein gutes Beispiel für diese Problematik ist Poes populärstes Gedicht mit dem Namen „The Raven“ („ Der Rabe“ ) auf das ich später noch zurückkommen werde. Das wohl wichtigste Wort dieses Stückes, das die primäre Rolle einnimmt ist „Nevermore“.
Wortwörtlich übersetzt bedeutet dieses Wort „Nimmermehr“, doch viele Übersetzter meinen diese Übersetzung wäre nicht angemessen, weil es sich nicht der Klangassonanz anpaßt. Einige Übersetzter benutzen den Kunstbegriff „Nie du Tor“. Dieser Begriff paßt sich zwar der Klangassonanz des restlichen Gedichtes an, verwirrt dafür, weil die Bedeutung nicht die Gleiche ist. Ich persönlich würde zwar die Übersetzung „Nie du Tor“ wegen des Klanges vorziehen, aber die Übersetzung „Nimmermehr“ hat sich eingebürgert. Wie gesagt es gibt keine Universallösung und so muß man bei Poes Gedichten im Deutschen auf solche Besonderheiten verzichten oder das englische Original lesen mit dem Risiko, daß man das Gedicht nicht vollkommen versteht.
Doch erst wieder zurück zu Poes Jugend.
Zwar war der kleine Edgar sehr klug, aber trotzdem betrieb er dumme Jungenstreiche wie andere Jungen in seinem Alter auch. Einmal soll er sich als Gespenst verkleidet haben um die von John Allan geladene Gesellschaft zu erschrecken. Ein anderes Mal hatte er ein paar Hühner, die einem Friedensrichter gehörten, erschossen. Dafür wurde Poe von seinem Pflegevater kräftig durchgeprügelt, was seine Abneigung gegen John Allan noch bekräftigte. Mit 14 Jahren wechselte Poe auf die William Burke Schule. Dort wurden seine zahlreiche Talente besonders gefördert.
So nahm er sehr oft an Theateraufführungen und an Gedichtrezitationen teil. Poe brillierte aber auch in sportlichen Leistungen. Im Sommer 1823 schwamm er sechs Meilen lang der starken Strömung des James River entgegen. Noch Jahre später war er deshalb in Richmond berühmt. Poe war damals schon für seine offenkundige Neigung zu mehreren Mädchen und auch Frauen der Stadt bekannt. Schließlich verliebte er sich mit 14 in die wesentlich ältere Mutter eines Freundes.
Jane Craig Stanard hieß sie, aber Poe nannte sie nur „Helen“. Sie war Poes erste Liebe. Später schrieb er ein Gedicht mit dem Titel „To Helen“ („Für Helen“). Sie war der platonischen Verehrung durch Poe durchaus nicht abgeneigt und sie unterstützte den frühreifen Jungen gerne. Die Beiden verband der Drang nach Perfektion in einer unvollkommenen Welt. „Helen“ war zu dieser Zeit eine extrem starke Inspiration für Poe, die ihn in seinem Streben Künstler zu werden noch weiter bestärkte.
Poes literarisches Vorbild war der englische Lyriker Lord Byron, der als Dichter des „Weltschmerzes“ galt. Byron starb 1824 im Freiheitskrieg der Griechen gegen die türkische Herrschaft. Einen Monat später starb auch Poes verehrte „Helen“ bzw. Mrs. Stanard an einem Hirntumor. Der Tod seiner ersten großen Liebe stürzte den 15 jährigen in schwere Depressionen und er geriet in Konflikte mit seinem sozialen Umfeld.
Unter Anderem geriet er in einen intensiven Streit mit seinem Pflegevater. Poe entdeckte, daß John Allan seine gutmütige Frau betrog und schon mehrere uneheliche Kinder hatte. John Allan reagierte auf diese Anschuldigungen, die er verleugnete, äußerst heftig. John Allan schrieb nach dieser Auseinandersetzung einen Brief an Poes Bruder William Henry:
„In der Familie gilt er als nichtsnützig, mürrisch und unbeherrscht. Womit wir dies verschuldet haben, weiß ich nicht. Der Junge hat keinen Funken Zuneigung für uns, keine Spur von Dankbarkeit für alle meine Sorge und Liebe.
“
Hier zeigt sich wieder, daß John Allan Edgar nicht als seinen Sohn ansah sondern eher als ein „Haustier“, das seinem Herrchen huldigen muß.
1825 starb John Allans Onkel und vererbte John sein beträchtliches Vermögen. Damit waren die finanziellen Probleme der Allans aus dem Weg und so gehörten sie zu den reichsten Familien des Staates Virginia. Im gleichen Jahr verliebte sich Poe in die 15jährige Sarah Elmira Royster, die er nur „Myra“ nannte. Auch sie wurde Thema seiner Gedichte, doch sein Pflegevater lehnte diese Beziehung strikt ab, was die Kluft zwischen Poe und seinem Pflegevater noch weiter aufriß.
1826 wurde Poe in die Universität von Virginia in Charlottesville aufgenommen.
Damals gehörte diese Universität, die von dem ehemaligen Präsidenten der USA Thomas Jefferson gegründet wurde, zu den exklusivsten und teuersten Amerikas. Zwar handelte es sich um eine Universität, aber die meiste Zeit verbrachten die Studenten mit Einladungen, Umtrünken, Spielen und Scherzduellen. Die akademische Ausbildung wurde eher in den Hintergrund gestellt. Jährlich kostete der Besuch dieser Universität mindestens 350 $, was für damalige Verhältnisse extrem viel Geld war. Poes eigentlich reicher Pflegevater gab ihm nur 110 $ mit und so war Poe fast mittellos im Studium. Poes Studienfächer waren Französisch, Latein und Italienisch in denen er seine Lehrer beeindruckte.
Edgar, der nun in Finanznöten steckte, schrieb seinem Pflegevater einen Brief in dem er ihm seine Schulden genau vorrechnete und die Zahlung von 40 $ verlangte, damit er sein Studium beenden konnte. Allan schickte ihm widerwillig das Geld. Poe fing aus unerklärlichen Gründen an zu spielen und hatte Ende des Jahres 2.500 $ Schulden. Neben diesen finanziellen Sorgen kamen noch die nicht beantworteten Briefe an seine Freundin „Myra“ dazu. Ihre Eltern fingen die Briefe ab und so bekam sie nichts von ihm mit.
Schließlich verheirateten Myras Eltern sie mit einem Richmonder Patrizier. Als keine Antworten auf Poes Briefe kamen, litt er unter staken Depressionen und griff das erste Mal ernsthaft zum Alkohol. Sein Kommilitone beschrieb Poes Trinkgewohnheiten:
„Er schluckte ohne das geringste Vergnügen den Inhalt des Glases, ohne Pause, bis der letzte Tropfen seine Lippen passiert hatte. Ein Glas jeweils war alles, was er vertrug, aber das reichte aus, um sein nervöses Naturell in den Zustand stärkster Erregung zu versetzen.“
Allan war über Poes Verhalten empört und bezahlte Poes Schulden und das Schulgeld für das nächste Jahr nicht. Aus diesem Grund mußte Poe die Universität am Ende des Jahres verlassen.
1827 lebte Poe wieder bei seiner Pflegefamilie in Richmond. Schließlich versuchte er von seinem Vater unabhängig zu werden und bemühte sich um eine Arbeitsstelle. Die Firmen benachrichtigten Allan und so bekam Poe keine Arbeit und war weiter von seinem Vater finanziell abhängig. Darauf entbrannte ein fürchterlicher Streit zwischen den Beiden mit extremer Heftigkeit in dem Allan seinem Pflegesohn Faulheit und Trunksucht vorwarf. Am 19. März 1827 verließ Poe das Haus der Allans ohne einen Dollar in der Tasche und behauptete später sein Vater hätte ihn verjagt.
Trotzdem bat Poe seinen Pflegevater in einem Brief ein letztes Mal um etwas Geld für einen Koffer und für eine Überfahrt nach Boston. Allan ignorierte diesen Brief und beantwortete ihn einfach nicht. Poe schlug sich bis Boston durch und versuchte dort erfolglos sein Geld mit Theater zu verdienen. Schließlich schrieb er anonym einige Gedichte, die zwar veröffentlicht wurden aber sich nicht verkauften und auch von den Kritikern nicht beachtet wurden. Poe, der kurz vor dem Verhungern stand, meldete sich schließlich freiwillig für fünf Jahre bei der Armee. Er sagte er wäre 22 Jahre alt ( in Wahrheit war er 18 ) und als Name gab er Edgar Allan Perry an.
Poe hatte auch schon früher Pseudonyme verwand. Einerseits, weil er so seinen Schulden entkam, andererseits um ein Spiel mit seiner Identität zu treiben, wie es in der englischen Romantik oft vorkam.
Nach seiner Grundausbildung wurde er nach Fort Moultrie auf Sullivans Island verlegt, wo er einer Batterie von Artillerie angehörte, die die Aufgabe hatten den Hafen von Charleston zu verteidigen. Diese wilde Insel inspirierte ihn später in „The Goldbug“ („Der Goldkäfer“) eine detaillierte Beschreibung dieser Insel zu verwenden.
Währen seiner Zeit in Charleston lernte er William Drayton kennen, der ihn mit neuer Poesie bekannt machte. Weiterhin befreundete er sich mit dem Naturforscher Dr.
Ravenel, der ihm zu einem sehr guten naturwissenschaftlichen Wissen verhalf.
Er fing an Gedichte zu schreiben wie zum Beispiel „Al Aaraaf“ und „Sonett an die Wissenschaft“. 1828 wurde er befördert und damit Versorgungsoffizier, doch trotz seines militärischen Aufstiegs versuchte er die Armee noch vor Ablauf der fünf Jahre zu verlassen um mehr Zeit für seine literarischen Neigungen zu haben. Er bat seinen Pflegevater um Hilfe, doch der antwortete nur, daß die Armee genau das Richtige für ihn sei. Später verbreitet Poe ein Gerücht, daß als „Poe-Legende“ in die Geschichte einging. Er behauptet er hätte am griechischen Unabhängigkeitskrieg teilgenommen und einige Zeit in Rußland verbracht.
Wie sich später herausstellte war dies auch nur wieder eines von Poes Spielchen, denn seinen militärische Laufbahn in der US-Armee wurde exakt dokumentiert. Im Dezember 1828 wurde Poes Batterie nach Fortress Monroe in Virginia verlegt. Dort wurde er 1829 zum „Seargent-Major“ (Wachtmeister) befördert. Er versuchte nun nicht mehr die Armee zu verlassen sondern bewarb sich bei der berühmten Militärakademie „West Point“ (siehe Bild unten). Nach langer Krankheit starb Poes geliebte Pflegemutter Frances. Ihr Mann mußte ihr versprechen, daß sie Poe weiter unterstützen würde.
Poe wurde währenddessen nicht in „West Point“ aufgenommen und verließ mit der zögerlichen Hilfe seines Pflegevaters die Armee.
West Point
Im Entlassungsgutachten lobte Poes Vorgesetzter Colonel Worth ihn sehr und hofft, daß Poe wiederkehren wird. Der Streit mit seinem Pflegevater entflammte von Neuem. Poe wollte sein Gedichtband „Al Aaraaf“ drucken lassen, doch sein Vorhaben scheiterte an der Knauserigkeit seines Pflegevaters. Poe lebte bei seiner Tante in Baltimore, wo er seine Geschwister und seine Großmutter wiedersah. Sein Bruder Henry litt nun auch an Alkoholismus.
Im Dezember 1829 schaffte es Poe doch noch einige seiner Gedichte zu veröffentlichen und diesmal nahmen sich auch die Kritiker seine Werke vor. Er wurde in den höchsten Tönen gelobt und man bezeichnete ihn als „Genius“. Doch wegen seines hohen Anspruches (er verwendete häufig Fremdwörter aus der römischen und griechischen Philosophie) verkaufte sich sein Band kaum. 1830 besuchte Poe die Allans und funkte seinem Vater wieder dazwischen, was ihn dazu veranlaßte Edgar bei „West Point“ einzuschreiben um ihn endlich loszuwerden. Poe wurde prompt aufgenommen und erlebte den extrem harten Drill in dieser Akademie. Fast alles war verboten und Poe blieb kaum noch Zeit um seinen literarischen Neigungen nachzugehen.
Verbotenerweise fing Poe wieder an zu trinken und stellte sich wo er nur konnte quer. Es schmiedete Spottverse auf seine Vorgesetzten und machte wieder Schulden. Nachdem er mehrere Befehle verweigerte, wurde er vor ein Kriegsgericht gestellt und 1831 unehrenhaft entlassen. Sofort führte er Verhandlungen mit einem Buchverleger um ein neues Gedichtband herauszugeben. Poes Pflegevater wurde wieder Vater von zwei unehelichen Kindern, heiratete aber eine Frau von der er noch keine Kinder hatte. Somit hatte er schon vier uneheliche Kinder.
Poe verstand sich absolut nicht mit seiner neuen Stiefmutter.
1831 herrschte in Europa und den USA eine Choleraepidemie, die ihn später dazu inspirierte die Horrorerzählungen „The Masque of the Red Death“ („Die Maske des roten Todes“) und „King Pest“ („König Pest“) zu schreiben. Poe zog nach New York und verfaßte dort sein zweites Gedichtband. Poe hatte sich während seiner Militärzeit von vielen Kadetten Subskribtionen eingeholt. Poe erwägte kurz in die polnische Armee einzutreten, aber ließ schon bald wieder von seinem Vorhaben ab und lebte wieder bei seiner Tante in Baltimore, wo er sich mit seinem Bruder Henry ein Zimmer teilte. Dieser erkrankte, wie schon seine Mutter und Pflegemutter, an Tuberkulose.
Edgar Allan Poe mußte den Todeskampf seines Bruders bis zum letzten Moment miterleben. Diese schrecklichen Geschehnisse verarbeitete er in der Erzählung „The Facts in the Case of M. Valdemar“ („Die wahren Begebenheiten im Fall M. Valdemar“), auf die ich noch eingehen werde. Unter Anderem beschrieb er in diesem Werk den Leidensweg eines Tuberkulosekranken. Man glaubte erst er hätte die Informationen über diese schreckliche Krankheit einem medizinischen Fachbuch entnommen, aber dies war nicht der Fall.
Poes Erzählung war sehr detailliert und beschrieb die Qualen eines Tuberkulosekranken sehr genau. Sein Bruder Henry vererbte ihm nur Schulden und Edgar Allan Poe drohte schon das Schuldgefängnis. Verzweifelt schrieb er seinem verhaßten Pflegevater einen Brief in dem er seinen Pflegevater mit Pa anredete und mit seinen literarischen Fähigkeiten bewegend versuchte sich noch ein letztes Mal Geld zu leihen. Allan zweifelte zwar an Poes Einstellung, aber schickte ihm trotzdem Geld und half ihm so für die nächste Zeit. Poe erkannte schließlich die Aussichtslosigkeit mit Lyrik Geld zu verdienen und wandte sich der Prosa zu. 1832 schickt Poe dem „Philadelphia Saturday Courier“ eine Horrorerzählung mit dem deutschen Originaltitel „Metzengerstein“.
Er benutzte einen deutschen Namen, weil er bei dieser Erzählung von gothischen (also deutschen) Schauermärchen beeinflußt wurde. Zwar war dies eines seiner frühen Prosa, doch nach Meinug der Kritiker übernahm er seine erfolgreichen Qualitäten der Lyrik in die Prosa. Darunter sind, die Einheit der Komposition und des Klangs also seine Klangmelodik, seine Andeutungen auf das Übernatürliche, die Erhaltung der Spannung bis zum Schluß und der äußerst überraschende Höhepunkt der Geschichte. Poes Werke wurden nur anonym veröffentlicht, was seiner miserablen finanziellen Lage nicht viel weiterhalf. Die Zeitung veröffentlichte weiter seine Erzählungen und schon bald gehörte er zu den erfolgreichen aber armen Schriftstellern, die es in den USA zur genüge gab. Während dieser Zeit lernte er wahrscheinlich das Opium kennen.
Damals war es noch frei erhältlich. Als „Laudanumtinktur“ wurde es gegen Magen und Kopfschmerzen verwendet. Poe benutzte diese Droge, von der er sehr bald stark abhängig wurde, um seine Vorstellungskraft anzuregen. Wie auch schon in seiner Kindheit betrieb er eine Flucht aus der Realität in eine Phantasiewelt. Nun half ihm das Opium als Vehikel in dieses Exil. Er selbst bezeichnete das Opium verharmlosend als Bewußtseinserweiterung, die seine literarischen Inspirationen in ungeahnte Sphären bringen würden.
In einem Großteil seiner Erzählungen finden sich seine Horrorvisionen wieder. In der Erzählung „The Domain of Arnheim“ ( „Das Gut zu Arnheim“ ) beschrieb er einen solchen Horrotrip sehr ausführlich. Viele Kritiker glauben, daß er auch während er schrieb unter dem Einfluß von Drogen stand. Dies ist meiner Meinung nach nicht der Fall. Poe nahm zwar oft Drogen doch stets trennte er dies von seiner Tätigkeit des Schreibens. Im selben Jahr also 1832 hatte Poe eine Affäre mit einer 17jährigen Nachbarstochter namens Mary Devereaux.
Die Beziehung dauerte nur einige Monate. Nachdem sich Poe mit einigen alten Kameraden aus „West Point“ betrank stritten sich die Beiden und trennten sich schließlich. Als Marys Onkel einen Brief an Poe schrieb, in dem er ihn beschimpfte und kritisierte, verprügelte Poe ihn auf schreckliche Weise mit einer Bullenpeitsche. Mary Devereaux schrieb später über ihn:
„Er verachtete unwissende Leute und mochte keine belanglose Plauderei. Er lehnte dunkelhäutige Menschen ab. Wenn er liebte, liebte er rasend.
Obwohl er sehr zärtlich und gefühlvoll war, hatte er ein rasches, leidenschaftliches Temperament und war sehr eifersüchtig. Seine Gefühle waren intensiv, und er konnte sie nur wenig kontrollieren.
Er war nicht besonders im Gleichgewicht: er hatte zuviel Hirn.“
Was Mary Devereaux beschrieb ist das typische Verhalten eines Drogensüchtigen. Zu ihrer letzten Bemerkung kann man nur sagen, daß Genie und Wahnsinn meist nicht sehr weit auseinander liegen. Die Jahre 1832-1833 waren besonders schlimm für Edgar Allan Poe und seine restliche Familie.
Das einzige Einkommen kam von Poes Großmutter, der Witwe von „General“ Poe. Poes Tante Marie Clemm arbeitete als Hauslehrerin konnte aber nur wenig zum Lebensunterhalt der Familie beitragen.
Erneut schrieb Poe einen Brief an seinen Pflegevater John Allan. Der Brief blieb unbeantwortet. Allan betrachtete Poes Briefe nur noch als lästig.
Poe nahm immer wieder an Literaturpreisen teil, doch meist verfehlte er den ersten Platz.
Schließlich gewann er bei einem Literaturausschreiben des „Baltimore Saturday Visitor“ den ersten Preis und mit ihm 75 $, die die materielle Not seiner Familie für eine Zeit linderten. Er gewann in den Kategorien bestes Gedicht und beste Kurzgeschichte. Die Begründung der Juroren lautete:
„Logik und Imagination sind in seltener Übereinstimmung. Komplizierte Tatsachen werden analysiert - eine Entwirrung durch Indizienbeweise findet statt, die die Preisrichter gewinnt - eine Darstellung genauer wissenschaftlicher Kenntnisse - eine reine klassische Ausdrucksweise.“
Wie man sieht hat Poe die zu anspruchsvolle Ausdrucksweise aufgegeben und löste sich somit leicht von der englischen Romantik.
Plötzlich brachte die Literaturzeitung, die auch schon den Wettbewerb veranstaltete, seine preisgekrönte Geschichte „MS-Found in a Bottle“ („Das Manuskript in der Flasche“) auf die Titelseite und von einen Tag auf den anderen war Poe
berühmt - berühmt aber arm.
Nun hatte er die Möglichkeit weitere Werke zu veröffentlichen. Zu dieser Zeit kam in ihm das erste Mal die Idee auf eine eigene Literaturzeitung zu gründen, doch im Moment hatte er noch nicht genug Geld um seinen Traum zu verwirklichen. 1834 erfuhr Poe, daß sein Pflegevater ernsthaft krank sei und vielleicht sterben würde. Als Poe das Haus der Allans betrat wurde er ohne es zu einem Gespräch kommen zu lassen wieder rausgeschmissen. Am 27. März 1834 starb Allan ohne seinen Pflegesohn noch ein letztes Mal gesehen zu haben.
In dem kurz vor seinem Tod verfaßten wirren Testament wurde Poe nicht mit einem Wort erwähnt. Zwar erbten Allans uneheliche Kinder einen großen Teil seines Vermögens, aber seinem Pflegesohn, den er aufgezogen hatte vermachte er nicht einmal eine Erklärung. Poe versuchte seine vom Gesetz gegebenen Erbansprüche geltend zu machen, doch Poe wurde nie formal adoptiert und so stand ihm kein Heller zu. Aus Zorn und Unverständnis geriet er noch mit der Witwe Allans in Streit und so brach der Kontakt zu der Familie, die ihn aufzog und in die er sich trotz Allem integriert hatte, für immer ab. Poe machte auch dieser Niederschlag schwer zu schaffen und es stürzte ihn noch weiter in die Drogensucht. Poe hatte schon früh erkannt, daß man nur von der Schriftstellerei allein nicht leben konnte und so bemühte er sich immer wieder um „normale“ Arbeit.
Doch er fand niemanden, der ihn einstellen wollte, denn Poe hatte nichts außer Schriftstellerei gelernt. Ein Preisrichter des Wettbewerbs, den er gewonnen hatte, und Poe wurden nach seinem Sieg gute Freunde. Der Preisrichter, der ihn wo es nur ging unterstützte, hieß John P. Kennedy. Mit seinen Kontakten beschaffte Kennedy ihm sogar eine Stelle als Lehrer an einem Internat, doch Poe hatte wieder keinen Erfolg und wurde gekündigt. Trotz seiner zahlreichen Freunde in den hohen Kreisen verarmte er immer mehr.
Auf eine Einladung seines Freundes John P. Kennedy hin antwortete Poe:
„Ihre freundliche Einladung zum Essen heute hat mich tief bewundert. Ich kann nicht kommen. Der Grund ist für mich sehr erniedrigend - meine Kleidung. Sie werden sich meine tiefe Demütigung vorstellen können, mit der ich dies enthülle - aber es war notwendig. Falls sie die Freundlichkeit besitzen, mir 20 $ zu leihen, kann ich Sie morgen besuchen.
Andernfalls ist es unmöglich, und ich habe mich meinem Schicksal zu fügen.“
In diesem Brief zeigt sich wie peinlich Poe seine Armut war, wenn er wegen seiner zerlumpten Kleidung einer Einladung nicht nachkommen konnte. Es hatte ihm mit Sicherheit viel Mühe bereitet einen guten Freund darum zu bitten ihm Geld zu leihen, doch ihm blieb nichts Anderes übrig. Kennedy half Poe natürlich finanziell, aber er stand ihm auch in der Bewältigung seiner künstlerischen Probleme bei. So empfahl Kennedy ihm wieder einige Werke im „Southern Literary Messenger“ zu veröffentlichen. Dies schafft er auch problemlos, aber der Herausgeber der Zeitung merkte an:
„Es ist in diesem Stoff, wir müssen es gestehen, zu viel von deutschen Horror.
Die Eindringlichkeit und Eleganz des Stils wird aber niemand bezweifeln. Hier zeigt sich
eine große Begabung mit einer hochentwickelten Formkraft.“
Wie man sieht kritisiert er Poes Hang zum „deutschen Horror“ also zu Gothik, denn für damalige Verhältnisse waren Poes Erzählungen extreme Gruselgeschichten. Diese Sensibilität für Schrecken lag daran, daß die Prosagattungen Horrorerzählung oder Horrorroman in der Form nicht existierten. Heutzutage jagen Poes Geschichten nicht jeden mehr Angst ein. Ich will nicht wissen was man damals von Stephen Kings Geschichten halten würde.
Wahrscheinlich würde man ihm nachsagen er wäre vom Teufel besessen oder etwas Ähnliches. Doch ich möchte Poes „Horrorerzählungen“ nicht mit heutigen „Horrorgeschichtchen“ vergleichen. Er erzeugte anhaltende Spannung und Angst durch die extrem detaillierte Darstellung von menschlichen Ängsten und dessen Auswirkungen auf Geist und Körper. Poe brauchte keine Vampire oder andere Gruselmonster um Spannung zu erzeugen. Er vertraute auf die Unvollkommenheit des menschlichen Geistes. Seine Erzählungen sind meist logisch, rationell und nachvollziehbar aufgebaut, doch den Charakteren in Poes Erzählungen, die aus einer subjektiven Perspektive ihre Erlebnisse beschreiben, geschehen unerklärbare Dinge, die man durchaus in den Bereich des Paraphänomenalen also Übernatürlichen einordnen könnte.
Ein sehr gutes Beispiel ist die Erzählung „ The Tell-Tale Heart“ („Das verräterische Herz“).
Ein Mann begeht einen extrem gut geplanten, systematisch und kaltblütig ausgeführten, aber sinnlosen Mord an einem alten Greis. Alles fängt damit an, daß der hochintelligente Mann nur aus Spaß mit dem Gedanken spielt jemanden zu töten. Schließlich steigert sich seine Selbstsicherheit in eine rasende Wut, die ihn dazu veranlaßt seinen Plan auszuführen. Nur ein Schrei ist zu hören. Die Leiche versteckt er unter dem Fußboden.
Der Mörder gerät geradezu in Ekstase wenn er darüber nachdenkt, daß er einen perfekten Mord begangen hat und daß man ihm absolut nichts nachweisen kann. Als am nächsten Morgen zwei Polizisten in das Haus kommen, die wegen des Schreies alarmiert worden sind, sagt der Mörder selbstsicher er hätte schlecht geträumt und im Schlaf geschrien. Die Polizisten schöpfen keinen Verdacht, aber kontrollieren trotzdem das Zimmer des Alten. Als die beiden Polizisten etwas mit dem Mörder plaudern, vernimmt der Mörder plötzlich ein dumpfes Pochen. Zuerst glaubt er es handele sich um sein eigens Herz, was durch die leichte Anspannung laut schlägt. Doch nach einiger Zeit wird das Geräusch immer lauter.
Der Mörder kann sich die Herkunft des Geräusches nicht erklären und spricht immer lauter damit die Polizisten das Geräusch nicht hören. Das Pochen wird immer lauter und droht ihm den Verstand zu rauben. Und jetzt kann er auch den Ursprungsort erkennen. Genau von der Stelle, wo er die Leiche des Mannes unter dem Fußboden versteckt hat, stammt das Geräusch. Schließlich wird es unerträglich laut, aber die Polizisten hören es noch immer nicht. Für ihn gibt es keinen Zweifel der Alte lebt noch und wird ihn verraten.
Sein Herz schlägt so laut, daß es die Polizisten bemerken müssen.
Plötzlich springt der Mörder auf schleudert einen Stuhl durch den Raum und schreit wie von Sinnen:
„Schurken! Verstellt euch nicht länger! Ich gestehe die Tat! Reißt die Dielen auf !
Hier! Hier! Es ist das grauenhafte Klopfen seines Herzens!“
Die Frage, die offen bleibt, ist ob der Alte wirklich noch lebt und ob sein Herz wirklich
so laut schlagen kann oder ob es das Geräusch nur Einbildung ist. Eine Einbildung die vom geplagten Gewissen, das sich im Unterbewußtsein versteckt, dem Mörder das Geräusch nur suggestiv assoziiert.
Mit Phänomenen wie diesen, die man dem menschlichem Geist zuschreiben könnte, erzeugt Poe eine besondere Spannung in seinen Erzählungen. Meiner Meinung nach gibt es heute keinen Schriftsteller, der noch auf diese einfache, aber höchst effektive Weise Angst erzeugen kann. Poe war natürlich nicht der einzige Schriftsteller, der sich damals mit Horrorerzählungen beschäftigte, aber er entwickelte eine besondere Mischung aus den gothischen Gruselmärchen und der englischen Romantik, die bis heute einzigartig ist.
„Muddy“
Nachdem der Chefredakteur des „Southern Literary Messenger“ Poes Potential erkannt hatte, stellte er Poe eine Arbeitsplatz als Kritiker in Aussicht. Doch um die Stelle antreten zu können müßte er wieder nach Richmond umsiedeln. Poe nimmt das ertragreiche Angebot an, das ihn aus seinen finanziellen Nöten befreien würde. Er hatte vor, zuerst alleine nach Richmond zu ziehen um dort später seine Familie, die aus seiner Großmutter, seiner Tante Mrs. Clemm (siehe Foto) und seiner Cousine Virginia besteht, zu ihm zu holen. Kurz vor seiner Abreise starb seine Großmutter an Altersschwäche im für damalige Verhältnisse hohen Alter von 79 Jahren.
Nun hatte die Familie kein Einkommen mehr, denn Poes Großmutter bekam nur noch eine kleine Rente, die die Familie über Wasser hielt. Aber nun war die Familie auf Edgars Erfolg angewiesen. Im Juli 1835 zog Poe also alleine nach Richmond wo er nun dem Beruf eines Redakteurs nachging. Dort traf er auch seine alte Liebe „Myra“, mit dem bürgerlichen Namen Elmira Roster, wieder. Sie hatte zwar schon vor einigen Jahren geheiratet und Poe wußte dies auch, aber trotzdem betrübte ihn das Bild. Im Sommer des Jahres 1835 verfiel er immer wieder in Melancholie und seine alten Feinde, der Alkohol und das Opium ergriffen ihn wieder.
Als sich Poe schon Morgens beim Frühstück regelmäßig betrank und deshalb betrunken zu Arbeit erschien schmiß ihn sein Arbeitgeber nach mehreren Verwarnungen raus. Währenddessen versuchte Edgars Verwandter Neilson Poe Edgars Cousine Virginia bei sich aufzunehmen, damit seine Tante Clemm entlastet wird. Doch plötzlich schrieb Poe einen Brief an seine Tante in dem er seine Liebe zu seiner Cousine gestand:
„Ich liebe, Du weißt es, ich liebe Virginia voll leidenschaftlicher Hingebung. Ich kann in Worten die glühende Verehrung nicht ausdrücken, die ich für meine teure kleine Cousine empfinde - meinen einzigen Liebling. Doch was kann ich sagen; oh denke für mich denn ich bin unfähig zu denken! All meine Gedanken sind wie gelähmt von der Vorstellung, daß ihr Beide, Du und sie, es vorziehen werdet, mit Neilson Poe zu gehen; ich will’s wohl ehrlich glauben, daß eure Bequemlichkeit fürs erste gesichert sein wird - ob Euer Friede aber auch, Euer Glück, kann ich nicht sagen.“
Man beachte Edgar Allan Poe und Virginia waren reguläre Cousins und lebten schon seit drei Jahren zusammen.
Anscheinend entwickelte sich aus Poes Sympathie für seine Cousine mit der Zeit ein Liebe. Wahrscheinlich spielten bei dieser Beziehung nicht nur Virginias körperliche Reize sondern auch der bewußte Inzest eine Rolle für Edgar Allan Poe. In der im gleichen Jahr herausgegebenen Erzählung mit dem Titel „Berenic“ beschreibt Poe eine äußerst intensive inzestiöse Beziehung. Es lassen sich wie bei allen anderen von Poes Werken gewissen Parallelen zu seiner Person ziehen. Anscheinend faszinierte ihn die Vorstellung einer Inzestbeziehung, doch woher diese Faszination kam, ist nicht erklärbar. Im September 1835 reiste Poe nach Baltimore, um dort die Hochzeit zu bestellen, aber es gibt keine Beweise dafür, daß diese Heirat schon zu diesem Zeitpunkt stattgefunden hat.
Poes Ex-Chef White, der ihn wegen dem Alkohol rausgeschmissen hatte, gab Poe noch eine Chance unter der Bedingung, daß er die Finger vom Alkohol läßt. Poe versuchte es also noch einmal und zog mit seiner Verlobten und seiner Tante Clemm erneut nach Richmond. Poe riß sich zusammen und hatte sich binnen weniger Monaten zum wichtigsten Redakteur des „Southern Literary Messenger“ hochgearbeitet. Er blühte in seiner Arbeit auf. Er hatte die Aufgabe alle eingegangenen Werke zu begutachten und falls sie ihm gut erschienen in der Zeitung zu veröffentlichen. Jeden Monat mußte er aus den unzähligen Werken 20.
000 Wörter für die Zeitung herauspicken. Doch trotz seiner Arbeit, die ihn eigentlich voll in Anspruch nahm schaffte er es eigene Erzählungen und Dramen zu schreiben. Durch seine aufopferungsvolle Arbeit wurde er bekannt und geachtet. Einer seiner Kollegen William Jacobs sagte über ihn:
„Für Poe war Schreiben eine Leidenschaft. Es war aber auch eine bittere Notwendigkeit.“
Die bittere Notwendigkeit von der Jacobs redet war das Finanzielle.
Poe verdiente 70 $ im Monat und konnte seiner Familie ein bequemes Leben ermöglichen. Das Problem war, daß es genau so schnell wie es Berg auf gegangen war auch wieder Berg ab gehen konnte und deshalb arbeitete Poe wie ein Besessener.
Im Jahr 1836 hatte er nur die Zeit einige wenige Erzählungen zu schreiben. Er schrieb nun auch Kritiken für den „Southern Literary Messenger“. Sie wurden sehr hoch eingeschätzt, denn gegenüber manch anderer Kollegen verließ er sich nicht nur auf seine emotionale Meinung sondern er legte den Schwerpunkt auf den Inhalt und die Aussage eines Textes. Er analysierte den Text scharfsinnig und ließ sich nicht von moralischen Gesichtspunkten beeinflussen.
Diese Art der Kritik war damals noch neu und zuerst gab es einige Stimmen die wiederum seine Kritikmethode kritisierten. Doch letztendlich äußerte sich die Befürwortung seiner sachlichen Methode indem sich die Auflage der Zeitung verdoppelte. Durch den intensiven Kontakt mit der zeitgenössischen Literatur und Kultur wurde er natürlich sehr beeinflußt. Doch anstatt die Stile der teilweise etwas inflexiblen Schriftsteller zu adaptieren mischte er aus den verschiedenen Richtung seine individuelle Note. Leider gab es wie immer auch einige kritische Stimmen, die ihn in einer Karikatur als „Kritiker Bulldogge“ verspotteten. Dies legte sich mit der Zeit aber wieder.
Am 16. Mai 1836 heiratete Poe seine Cousine (damals war eine inzestiöse Ehe in den USA erlaubt). Um Komplikationen zu vermeiden gab Virginia ihr Alter mit 21 an wobei sie nur 13 Jahre alt war.
Nach der Hochzeit fuhr das Ehepaar in die Flitterwochen nach Petersburg. Es gilt als biographisch bewiesen, daß die Beiden nie eine sexuelle Beziehung hatten.
Während der zehnjährigen Ehe, lebte Edgar Allan Poe im strikten Zölibat.
Er tat dies wahrscheinlich aus Respekt vor Virginias Jugend. Es gibt Spekulationen, die besagen, daß Poe durch den extremen Opiumkonsum impotent geworden war. Manche Psychoanalytiker glauben auch, daß Poe krankhaft auf seine Pflegemutter Frances Keeling Allan fixiert war. Poe entwickelte, wie ich schon schrieb, in seiner frühen Jugend ein Idealbild von Frau, dem auch seine Cousine Virginia entsprach. Doch wie alle anderen Spekulationen gibt es keine schlüssigen Beweise für diese Vermutungen.
Poe bewies auch schon mit der nichtsexuellen Liebe zu seiner verehrten „Helen“, daß er zu einer engen Beziehungen nur auf platonischer Ebene fähig war.
Poe formte seine Frau nach seinem Idealbild. Zum Beispiel ließ Poe sie Harfe spielen lernen und bewegte sie dazu Gedichte zu rezitieren. Die Ehe verlief relativ gut, soweit das bei Poes Drogenkonsum möglich war.
Im Januar 1837 kündigt Poe seine Stelle beim „Southern Literary Messenger“ und verließ Richmond im Februar Richtung New York.
Poe wollte dort beim angesehen Magazin „New York Review“ arbeiten und so seine Existenz sichern. Trotz seiner Popularität schaffte er es nicht eine Stelle zu bekommen.
Erst wohnten das Ehepaar Poe und Edgars Tante Clemm bei einem befreundeten Buchhändler. Um etwas Geld zu verdienen eröffnete Poes Tante Clemm eine Familienpension. Während seiner Zeit in New York schrieb er an seinem nächsten Werk mit dem Titel „The Narrative of Arthur Gordon Pym“ („Die seltsamen Erlebnisse des Arthur Gordon Pym“). Poe spielte hier wieder mit der Identität seines Hauptcharakters. Es ist bestimmt kein Zufall, daß der Sprachryhtmus bei seinem Namen Edgar Allan Poe und Arthur Gordon Pym identisch sind .
Im Januar 1838 erschien die Erzählung schließlich.
Wieder handelt es sich um eine Horrorerzählung nach deutschem Vorbild. Aber in „The Narrative of Arthur Gordon Pym“ flossen das erste Mal Stilmittel des klassischen Seeromans und des Entdeckungsreisenreport ein. Anscheinend hatte er sich von seinem Freund
J.N. Reynolds inspirieren lassen, der schon mehrere Antarktisexpeditionen durchgeführt hatte. Poe verwendete sehr viele detaillierte Schilderungen und Beschreibungen wie sie normalerweise nur in wissenschaftlichen Reporten vorkommen.
Er versah die Erzählung mit akademischen Fußnoten mit denen er den Eindruck von Authentizität noch verstärkte. Poe liebte es mit der Gutgläubigkeit seines Publikums zu spielen. Viele glaubten, daß es sich um einen authentischen Forschungsbericht handelte, doch dies war absolut nicht der Fall. Trotzdem hatte die Erzählung nur wenig Erfolg. Poe hatte sich ein höheren Gewinn vorgestellt, aber leider wurden seine Erwartungen nicht erfüllt und so zog er auf Empfehlung eines Freundes nach Philadelphia. Diese Stadt war damals das Zentrum für Literatur und dort herrschten ideale Bedingungen für erfolgreiche Veröffentlichungen.
Bild mit Frau in Tür
Im Jahr 1839 gab es dort den ersten literarischen Skandal um Poe. Er hatte das Vorwort und einige andere wichtige Texte in einem Schulbuch verfaßt. Nun behauptete ein anderer Verlag es handele sich nur um eine Abschrift eines anderen Buches. Poe widersprach dem zwar energisch doch der Plagiatsvorwurf war durchaus berechtigt. Normalerweise hätte Poe bei einem solch offensichtlichen Plagiat niemals teilgenommen, aber er war wieder mal in Finanznöten und so konnte er sich seine Projekte nicht aussuchen. Nach vielen Bemühungen bekam Poe eine Stelle beim „Burton´s Gentleman´s Magazin“.
Schon nach drei Monaten wurde er zum Mitherausgeber der Zeitung und übernahm wieder ein Großteil der redaktionellen Arbeit. Poe schriebt nicht nur Kritiken für Romane und Gedichte sondern er zeigte auch seine allgemeines Interesse für wissenschaftliche und technische Errungenschaften. In dieser Zeit veröffentlichte er eine sehr erfolgreiche Erzählungen. Es war „The Fall of the House of Usher“ („Der Untergang des Hauses Usher“). In dieser grauenhaften Erzählung wird die Vorgeschichte zur Zerstörung des Hauses Usher erzählt. Unter Anderem verarbeitete er in dem Text auch seine Vorstellung einer inzestiösen Beziehung.
Der Hauptcharakter der Erzählung ist Roderick Usher. Viele Biographen sind der Überzeugung, daß es sich bei diesem Charakter um ein Selbstportrait Poes handelt. Tatsächlich gibt es viele Parallelen, aber wie ich schon sagte sind diese Übereinstimmungen nur ein kleines Spielchen von Poe mit dem er seine mystische Aura erhalten wollte. Eine zeitgenössische Abbildung (siehe rechts) zeigt eine Szene aus „The Fall of the House of Usher“.
Im Oktober des Jahres 1839 erschien seine zweite erfolgreiche Erzählung des Jahres mit dem Titel „William Wilson“, die ich schon wegen ihrer autobiographischer Hintergründe anführte. 1840 kommt es zum Streit zwischen William E.
Burton, dem Herausgeber des „Burton´s Gentleman´s Magazine“ und Poe dem Zweitherausgeber. Es ging um den unangemessen kleinen Lohn für Poe. Als er auf seine energische Art und Weise ein höheres Gehalt forderte verkrachte er sich mit seinem Arbeitgeber und kündigte. Poes Traum eine eigene Zeitschrift herauszugeben gewann an Materie und er fing ernsthaft an eine solche Zeitschrift zu planen. In der Vorankündigung seiner Zeitschrift, die er „Penn“ nennen wollte schrieb er:
„Der erste und hauptsächliche Zweck des geplanten Magazins wird es sein, jederzeit und über alle Gegenstände eine ehrenhafte und furchtlose Meinung zu haben. Es wird in Theorie und Praxis das Recht auf eine völlig unabhängige Kritik geltend machen; Kritik die sich nur an die reinen der Kunst hält, die diese Gesetze analysiert und darlegt, die sich von jeglichen persönlichen Vorurteil fernhält, die keinerlei Furcht zeigt außer der das Recht zu verletzen… Das Penn Magazin wird es unternehmen, die allgemeinen Interessen der Gelehrtenrepublik wahrzunehmen, ohne sich auf bestimmte Religionen festzulegen.
Es wird die ganze Welt als Publikum des Autors betrachten. Den Bericht über Vorfälle jenseits des literarischen Bereichs wird es allerdings Berufener überlassen. Sein Ziel ist es, hauptsächlich zu gefallen - dies durch Vielseitigkeit, Originalität und Schärfe.“
Aus dem Text kann man entnehmen, daß Poe eine andere Art von literarischen Magazin machen wollte. Zum Beispiel hatte er vor das Magazin auf internationaler Ebene zu veröffentlichen. Er legte sehr viel Wert darauf, daß Literatur nicht nach moralischen und starren Regeln bewertet wird sondern er wollte, daß man eine unabhängige vorurteilslose Kritik schrieb.
Die erste Ausgabe des „Penn“ sollte im Frühjahr 1841 veröffentlicht werden. Inzwischen schrieb er weitere Erzählung wie zum Beispiel
Kubins „Der Mann in der Menge“
„The Man of the Croud“ ( „Der Mann in der Menge“).
In dieser Erzählung betrachtet ein Cafébesucher den lebendigen Platz vor dem Café mit analytischen Gesichtspunkten. Schließlich sieht er einen Mann, der sich keiner sozialen Schicht und keinem Typus von Menschen zuordnen läßt. Alfred Kubin erzeugt diesen Effekt durch die überdimensionale Größe des Mannes (siehe rechts oben). Der Betrachter, der gewohnt ist Alles und Jeden identifizieren zu können, verfolgt den Mann in der Menge den ganzen Tag lang und kommt am späten Abend zu der Überzeugung, daß eine Verfolgung zwecklos ist:
„Dieser alte Mann, sagte ich endlich zu mir selbst ist die Verkörperung, ist der Geist des Verbrechens.
Er kann nicht allein sein. Er ist der Mann in der Menge. Es wäre vergebens, ihm noch weiter nachzugehen, denn ich würde doch nichts von ihm, nichts von seinen Taten erfahren. Das schlechteste Herz der Welt ist ein abschreckenderes Buch als der Hortulus Animae; und vielleicht ist es eine der großen Barmherzigkeit
Gottes,>daß es sich nicht lesen läßt<!? “
Poe war ein analysierender interpretierender Mensch genau wie der Beobachter in „The Man of the Croud“. Poe zeigte dann aber direkt die Unvollkommenheit des menschlichen Geistes. Er beschreibt wie kläglich der Beobachter am Mann in der Menge scheitert.
Er kann den alten Mann nicht zuordnen. Er vergleicht dies mit einem göttlichen Buch, das sich nicht lesen läßt. In der Erzählung zeigt sich wie Poe von dem gegenwärtigen Geschehen in der Welt beeinflußt wurde. In den Jahren nach dem Unabhängigkeitskrieg blühte die Wirtschaft in Amerika auf und so wuchsen die Städte. Diese Urbanisierung ließ viele verschiedene soziale Schichten entstehen und dies hatte auch schon vorher in Europa viele Romantiker beeinflußt. Nun konnte man diese Entwicklung auch in amerikanischen Städten beobachten und Poe entschied, sich diesem Thema anzunehmen.
Poe hatte herausragende sprachliche Fähigkeiten, die ihn mit der Zeit zum Kryptographen werden ließen. Er wollte seine kryptographischen Fähigkeiten unter Beweis stellen und forderte ein Wissenschaftsmagazin auf, ihm verschlüsselte Texte also Kryptogramme zu senden. Poe entschlüsselte fast drei Dutzend verschiedener Texte in verschiedenen Sprachen. Nur einen einzigen Text konnte er nicht entschlüsseln, aber selbst die besten Kryptographen der USA vermochten nicht an Poes Leistung heranzukommen. Poe schilderte in seiner berühmtesten Erzählung „The Goldbug“ („Der Goldkäfer“) wie ein Charakter ein kniffliges Kryptogramm Stück für Stück enträtselt. Er beschrieb detailliert wie man aus einer ununterbrochenen Fülle von Zeichen, Symbolen und Zahlen mit einem analytischem Vorgehen den Text innerhalb einiger Stunden komplett lösen kann.
Poe schrieb auch einige theoretische Aufsätze über die Kryptographie, die in der Fachwelt hoch eingeschätzt wurden. Wie schon gesagt hatte Poe ein universelles Interesse, daß auch über das Literarische hinwegreichte.
Sein beruflicher Erfolg färbte sich auch auf sein Privatleben ab. Zu dieser Zeit lebte Poe glücklich mit seiner Frau Virginia, seiner Tante Clemm und der Katze Catherina in einem kleinen idyllischen Haus am Ufer des Shuylkill River.
Sein Magazin „Penn“ sollte eigentlich im Januar 1841 veröffentlicht werden, doch dank der allgemeinen Wirtschaftskrise bekam Poe keinen Bankkredit und verschob den Termin in den März. Doch auch dieser Termin konnte wegen finanzieller Hürden nicht mehr eingehalten werden.
Poe wurde schließlich von William H. Graham dazu überredet in seiner Zeitung „Graham´s Lady´s and Gentleman´s Magazine“ als Redakteur zu arbeiten. Poes Jahresgehalt lag bei 800 $. Das hört sich vielleicht viel an, aber seine Kollegen bekamen beträchtlich mehr. Beispielsweise bekam Fenimore Cooper, der Autor des „Lederstrumpf“, mehr als 1.800 $ im Jahr.
Durch Poes Einwirken erhöhte sich die Auflage des „Graham´s Lady´s and Gentleman´s Magazine“ von 5.000 auf satte 37.000 Exemplare. Der Jahresgewinn betrug ca. 15.000 $ und Poe bekam davon gerade mal 800 $.
Poes Ex-Chef Burton verbreitete das Gerücht Poe sei immer noch unrettbar alkoholabhängig. Dieses Gerücht schädigte Poes Image sehr, aber nach einigen Verleumdungsklagen von Seiten Poes gab Burton auf. Die Wahrscheinlichkeit, daß Poe immer noch alkoholsüchtig war, ist hoch, aber ma
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