Hermann hesse - biographie des autors und betrachtung drei seiner bedeutendsten werke ( "der steppenwolf", "demian" und "siddharta" )
Julia Demmer HERMANN HESSE
Biographie des Autors und Betrachtung drei seiner bedeutendsten Werke:
„Der Steppenwolf“, „Demian“ und „Siddhartha“
BIOGRAPHIE:
Hermann Hesse wurde am 2. Juli 1877 in Calw, Baden-Württemberg, als Sohn des aus Estland stammenden Missionars Johannes Hesse und der in Indien geborenen Marie Gundert, der ältesten Tochter des namhaften Indologen und Missionars Hermann Gundert, geboren. Hesse verbrachte seine Kindheit teils in Basel und teils in Calw, wo sein Vater an theologischen Instituten tätig war. Ursprünglich war auch er zur theologischen Laufbahn bestimmt, entfloh aber bald der Klosterschule in Maulbronn, denn er wollte “entweder Dichter oder gar nichts werden“, sagte Hesse damals. Im Juni 1892 beging er einen Selbstmordversuch aufgrund einer unglücklichen Schwärmerei und wurde daraufhin in die Nervenheilanstalt Stetten eingewiesen. In dieser Zeit führte der junge Hesse erbitterte Auseinandersetzungen mit den Eltern, die sein unstetes Wesen zu bändigen bemüht waren, seinen Bedürfnissen und Begabungen jedoch nicht Rechnung trugen.
1893 besuchte er das Gymnasium in Cannstadt. Nach einer begonnenen Mechanikerlehre (15 Monate Praktikum in der Calwer Turmuhrenfabrik Perrot) ließ er sich 1899 zum Buchhändler in Tübingen ausbilden. Währen dieser Zeit erschienen erste Gedichte, wie zum Beispiel 1896 “Das deutsche Dichterheim" und 1898 seine erste Buchpublikation “Romantische Lieder". Im September 1899 übersiedelte er nach Basel, wo er 1900 als freier Mitarbeiter in verschiedenen Buchhandlungen der Stadt tätig war. 1903 gab Hesse seinen Beruf als Buchhändler auf und lebte fortan als freier Schriftsteller. 1904 erschien „Peter Camenzind“, Hesses erster durchschlagender Bucherfolg.
Er heiratete Maria Bernoulli und sie zogen um nach Gaienhofen am Bodensee, wo er regen Umgang mit Maler- und Musikerfreunden pflegte. 1905 erschien „Unterm Rad“ und sein erster Sohn Bruno wurde geboren. Im selben Jahr gründete er die liberale, gegen das Regiment Kaiser Wilhelm II. gerichtete Zeitschrift “März". In den folgenden Jahren wurden auch sein Sohn Heiner und Martin geboren. Zwischen 1910 und 1912 unternahm er mehrere Reisen nach Österreich, Italien und in die Schweiz.
1911 unternahm Hesse mit dem Maler Hans Sturzenegger sogar eine Indienreise, da er mit seiner bürgerlichen Existenz in Gaienhofen unzufrieden war; kehrte jedoch bald etwas enttäuscht vom wahren Eindruck dieses Landes zurück. 1912 übersiedelte er endgültig nach Bern. 1915 erschien Knulp und Hesse begann seine Arbeit in der Schweizer Kriegsgefangenenfürsorge, da er im Krieg für untauglich erklärt worden war. 1916 erlitt Hesse einen Nervenzusammenbruch wegen dem Tod seines Vaters im gleichen Jahr und der fortschreitenden Schizophrenie seiner Frau. Er begab sich in die psychotherapeutische Behandlung J. B.
Langs, einem Schüler C. G. Jungs. 1919 ließ er sich von seiner Frau scheiden. Hesse zog nach Montagnola (Tessin) und veröffentlichte ab nun einige Werke unter seinem neuen Pseudonym Emil Sinclair, da ihm nahegelegt wurde, seine zeitkritischen Publikationen zu unterlassen. Unter anderem erschienen „Demian“, „Klingsors letzter Sommer“, „Siddhartha“ und „Sinclairs Notizbuch“.
1923 erwarb Hesse die Schweizer Staatsbürgerschaft und ein Jahr später heiratete er die Schauspielerin und Sängerin Ruth Wenger, die Tochter der Schriftstellerin Lisa Wenger, von der er sich jedoch auf ihren Wunsch hin 1927 wieder scheiden ließ. 1927 erschien „Der Steppenwolf“ und 1930 „Narziß und Goldmund“. 1931 heiratete er wieder, und zwar die Kunsthistorikerin Ninon Dolbin. 1934 wurde Hesse Mitglied des Schweizerischen Schriftstellervereins, zwecks besserer Abschirmung von der NS-Kulturpolitik. Von 1939 - 1945 galten Hesses Werke als entartete Kunst, volksfeindlich und durften in Deutschland nicht veröffentlicht werden. Darunter waren seine Werke “Unterm Rad", “Der Steppenwolf", “Betrachtungen“ und “Narziß und Goldmund".
1944 verhaftete die Gestapo Peter Suhrkamp, Hesses bisherigen Verleger. 1943 erschien „Das Glasperlenspiel“, in dem er vor der Szenerie der politischen Situation in Deutschland ein Reich des Maßes, der Ehrfurcht und der geistigen Ordnung entwarf.
Ab 1946 konnten Hesses Werke, darunter “Das Glasperlenspiel", “Krieg und Frieden" auch in Deutschland wieder veröffentlicht werden. Er erhielt in diesem Jahr den Literaturnobelpreis. 1955 erhielt Hesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Paulskirche, den jedoch seine Frau Ninon entgegennahm und nur eine Grußadresse des Dichters verlaß. Am 9.
August 1962 starb Hermann Hesse in seinem Haus in Montagnola mit 85 Jahren an einem Gehirnschlag.
Hermann Hesses Werk ist nahezu in jeden Winkel der Erde vorgedrungen. Seine Werke wurden in 55 Sprachen, unter anderem in fünfzehn indische Sprachen, übersetzt. Hesses Leserschaft ist breit gefächert, die einen finden in seinen Dichtungen Ausdruck und Bestätigung, die anderen sehen in ihm einen Ratgeber und Seelsorger. Seine Dichtung ist zeitlos trotz aktuellster Gegenwartsbezüge wodurch vor allem jungen Menschen, ihn auch heute noch immer wieder neu entdeckt und begeistert lesen.
Die drei ausgewählten Romane „Der Steppenwolf“, „Demian“ und „Siddhartha“ enthalten autobiographische Züge, wie viele seiner Werke.
Es sind Entwicklungsromane, ähnlich, doch jeder von Grund auf verschieden.
„DER STEPPENWOLF“ (1927)
Hesses wohl erfolgreichster Roman „Der Steppenwolf“ entstand in einer schweren seelischen Krise, des damals fast 50jährigen Autors. Die Vorarbeiten dazu reichen bis in das Jahr 1922 zurück, wo es „Aus dem Tagebuch eines Entgleisten“ heißt: „Ich schmeiße alles hin, mein Leben ... , ich alternder Mann“.
Vor Beginn der Arbeit am Steppenwolf entwirft Hesse ein erschütterndes Bild seiner geistigen und seelischen Not: „Und nun,... nachdem mir alles, was das Leben mir an äußeren Gütern und Erfolgen gab, wieder zusammengebrochen ist,...
nach alledem bin ich – halb krank und halb irrsinnig vor Leid, zu mir selbst zurückgekommen, und muß vor allem das alles, was ich früher weggelogen oder doch verschwiegen hatte, anschauen und anerkennen, alles Chaotische, Wilde, Triebhafte, ‚Böse‘ in mir.“ Er sieht sich als „Outsider“ und genau das ist auch das zentrale Thema seines Romans: der Konflikt des Außenseiters mit der bürgerlichen Umwelt, Liebessehnsucht und enttäuschte Träume und die unentrinnbare Einsamkeit. Hesse zeigt hier jedoch nicht nur seine persönliche Krise auf, sondern spricht es auch als allgemeines Problem der damaligen Zeit an, welches in vielen zeitgenössischen Werken ebenfalls behandelt wurde: der Konflikt zwischen Bürger und Außenseiter.
Die Geschichte vom „Steppenwolf“ Harry Haller, sein unstetes verzweifeltes Leben, sein Zusammenbruch und mühevoller Neubeginn werden aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt: das tagebuchähnliche Manuskript des Schriftstellers Harry wird von den Lesern von einem fiktiven Herausgeber zur Kenntnis genommen, der es mit einem einleitenden Vorwort versieht. In Harrys Tagebuch wiederum ist der „Tractat vom Steppenwolf“ als eigenständige Aufzeichnung eingelegt. Das Vorwort skizziert Harrys Lebenssituation und seine Wirkung auf den „Herausgeber“, den Neffen der Zimmerwirtin, deren Dachkammer Haller bewohnt.
In dem Außenseiter Harry bricht nicht nur eine fremde Sichtweise in das wohlanständige bürgerlich Leben ein, sondern zugleich gewinnen verborgene Wünsche und Neigungen des Bürgers selber Gestalt. Der Neffe und Herausgeber bezeichnet sich selbst als Musterexemplar bürgerlichen Wesens, geprägt von Ordnung und erfüllender Pflicht. Der junge Mann bemerkt bald, daß sich hinter Hallers unsorgfältigem und befremdend wirkenden Äußeren, ein interessantes, höchst bewegtes und ungemein sensibles Seelenleben verbirgt und veröffentlicht Hallers Aufzeichnungen, denn er sieht darin mehr als nur die Phantasien eines Gemütskranken. Er sieht darin das Schicksal eines Menschen dieser Zeit, welcher herausgerissen aus aller Geborgenheit alle Fragwürdigkeiten des Lebens als persönliche Qual erleben muß.
Die Geschichte spielt in einer Kleinstadt in Deutschland, zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Harry Haller, ein knapp 50jähriger Schriftsteller, lebt zurückgezogen in der Mansarde eines hochanständigen, bürgerlichen Dreifamilienhauses, obwohl ihm das bürgerliche Leben im Grunde verhaßt ist.
Trotz allem benötigt er jedoch die Ordnung und Ruhe der Bürgerlichkeit, um sich zurückziehen zu können. Er nennt sich selbst einen Steppenwolf, da er der Meinung ist, in ihm lebe als Gegenpol zum Menschsein auch ein Wolf. Und genau dies war sein Problem, denn er lag innerlich im Zwiespalt und konnte diese zwei Seelen nicht in Harmonie und Ausgeglichenheit bringen. Auf der einen Seite stand der wilde, böse auf die niederen Werte und Triebe des Lebens bezogene Wolf und auf der anderen Seite der musikliebende, geistreiche und vernünftige Mensch.
Harry Haller, ist ein vollkommen ungeselliger Mensch, den der Herausgeber nur von zufälligen Begegnungen im Treppenhaus kennt. Er führt ein unregelmäßiges Leben, hat keine Arbeit und lebt von seiner Frau geschieden.
Die meiste Zeit verbringt er in seinem Zimmer, liest Bücher oder schreibt selbst etwas nieder, oder zieht durch die Straßen der Stadt, wobei er meist in einem kleinen Bierlokal bei einer Flasche Wein endet. Eines Nachts auf dem Heimweg erblickt er auf einer alten Mauer die Aufschrift „Magisches Theater – Eintritt nicht für Jedermann – nur für Verrückte“. Er beschließt, dieses Theater zu suchen, findet jedoch nur einen alten Mann, der ihm ein kleines Büchlein in die Hand drückt - den „Tractat vom Steppenwolf“. Als er nach Hause zurückkehrt beschließt er, das Büchlein sofort zu lesen, und muß feststellen, daß dieses “Tractat vom Steppenwolf“ nichts anderes ist, als die Beschreibung seiner selbst. Im Laufe der Jahre ist er beruflos, familienlos und heimatlos geworden, steht außerhalb aller sozialen Gruppen, allein, von niemandem geliebt, von vielen beargwöhnt im ständigen, bitteren Konflikt mit der öffentlichen Meinung und Moral. Auch wenn er im bürgerlichen Rahmen lebt, so ist er doch inmitten dieser Welt mit seinem ganzen Fühlen und Denken ein Fremder.
Er ist es leid, all diese Mühsal und Einsamkeit zu ertragen, immer wieder abzustürzen, wenn er wieder einmal Halt gefunden hat und beschließt somit wieder einmal, Selbstmord zu begehen.
Nach einem mißlungenen Besuch bei einem nationalistisch gesinnten spießigen Professor irrt der aufgewühlte, lebensüberdrüssige Steppenwolf in der Stadt umher. Er sehnt sich nach dem Tod und hat doch riesige Angst vor dem Sterben und damit zögert er den Heimweg hinaus und landet schlußendlich in einer ihm unbekannten Kneipe, wo er eine junge Frau namens Hermine kennenlernt, von der er sich zum ersten Mal verstanden fühlt. Sie nimmt sich des lebensuntüchtigen Sonderlings an, lehrt ihn die Annehmlichkeiten einer daseinszugewandten Lebensweise - das Tanzen, die erotische Liebe, die Geselligkeit, das Vergnügen. Durch sie erfährt der Steppenwolf die Vielfältigkeit des Lebens in seiner Banalität und seinem Zauber. Er lernt das Leben von Maria, Pablo und Hermine kennen.
Früher hat er über diese Art von Wesen und Leben sehr wenig gewußt, nur beim Theater hat er früher gelegentlich ähnliche Existenzen angetroffen, halb Künstler, halb Lebewelt. Er lernt die Welt der Liebe und Drogen kennen.
In diesem Prozeß erfährt er, daß die scheinbar von außen ihn bedrängenden Impulse im Grunde ihren Ursprung in seinem eigenen Innern haben. Das Magische Theater, in das ihn der Musiker Pablo schließlich einführt, bedeutet für Harry Haller den Höhepunkt der Selbstbegegnung. In traumähnlichen Sequenzen entdeckt Harry während eines Maskenballs beim Gang durch verschiedene Räume in der Begegnung mit den „Spielfiguren“ seines eigenen Ichs die Vielfalt seiner Persönlichkeit kennen.
Hier endlich kann er in eine andere Wirklichkeit eingehen, in eine Welt ohne Zeit, ohne Realität, ohne die eigene Persönlichkeit.
Es ist die Welt seiner eigenen Seele, der ungezählten in ihm ruhenden Lebensmöglichkeiten und Pablo hilft ihm somit, seine eigene Welt sichtbar zu machen.
Aber noch hat Harry das richtig befreiende Lachen nicht gelernt, und erst die Zeremonie der Hinrichtung seines alten Ichs, die darin besteht, daß er von Herzen ausgelacht wird, läßt ihn den tiefen Sinn ahnen, der hinter der Welt dieser Bilder des magischen Theaters liegt. Eine mögliche Lösung des Identitätskonflikts sieht der Traktat im Humor, der den Steppenwolf die Welt akzeptieren und begreifen ließe. „Lachen lernen“ wird im Magischen Theater gleichbedeutend mit „leben lernen“. Die Vorstellung des Menschen als Einheit wird verworfen mit dem Aufzeigen der vielen Tausenden kleinen Wesen aus denen ein jeder besteht.
Die intensivste Erfahrung macht Harry im Umgang mit Hermine, welche wie ein Spiegelbild zu ihm steht.
Sie lehrt ihn zusammen mit ihrer sinnlichen Freundin Maria, die unbekannten Freuden des Lebens und der Liebe, und zugleich lernt er sein eigenes Schicksal anzuschauen und anzunehmen. Sein letztes Ziel war die Vereinigung mit Hermine, um damit seine lebenszerstörenden Widersprüche endgültig überwinden zu können. Die letzte Loge des Magischen Theaters, die Harry betritt, hat die Aufschrift „Wie man durch Liebe tötet“. Dies erinnert ihn an Hermine, die ganz zu Beginn ihrer Freundschaft zu ihm sagte, ihr Wunsch sei es, einmal durch seine Hand zu sterben. Erschüttert betrachtet er noch einmal sein bisheriges Leben doch betritt deprimiert die letzte Loge. Dort findet er Pablo und Hermine erschöpft vom Liebesspiel, und ersticht Hermine.
Wie unter einem inneren Zwang tötet er so die Geliebte, in deren Liebe er die Selbstbefreiung zu erleben hoffte.
Der nun selbst todesbereite Harry wird vom Gericht des Magischen Theaters zum Leben verurteilt und als Strafe von den Unsterblichen ausgelacht, weil er das Theater mißbraucht habe, indem er den Bildersaal mit der Wirklichkeit verwechselt hatte. Seine Lebensaufgabe soll nun aus dem „lachen lernen“ bestehen. Das Theater hat ihn zwar mit seiner eigenen Vielfalt konfrontiert, seine Zerrissenheit hat er mit dem Humor jedoch noch nicht überwinden können. Haller begreift jedoch, was das Spiel des Lebens ausmacht und ist gewillt erneut von vorne zu beginnen und die Qualen seines Inneren erneut zu durchwandern.
Nicht Konfliktlösung ist so das Ziel des Romans, sondern die Hoffnung auf Veränderung durch Wandlung.
Im “Steppenwolf“ geht es, wie in manch anderen Werken Hesses um die Nachtseite der Natur des Menschen, wobei Hesse hier deutlich versuchte seine persönlichen Probleme aufzuarbeiten indem er sie niederschrieb. Die Ähnlichkeit Hallers und Hesses ist unverkennbar. Beide sind zu der Zeit etwa 50 Jahre alt, beide werden von Gicht geplagt, beide sind hochintelligent und belesen, sie fühlen sich als Außenseiter, sind Brillenträger, sind zutiefst depressiv, kommen mit dem bürgerlichen Leben nicht zurecht, doch fühlen sich trotzdem zu ihm hingezogen und werden beide vom Staat als Vaterlands-Verräter beschimpft.
Trotz dieses autobiographischen, also subjektiven Motivs bleibt der Roman objektiv und kann somit vielen Menschen ein Antrieb oder Hinweis sein, wie man mit Problemen umgehen kann.
CHARAKTERISTIK:
HARRY HALLER:
Der Steppenwolf Harry Haller ist durch langjährige körperliche und geistige Leiden schwer gekennzeichnet. Er ist ein hochgeistiger Mann, auch wenn er etwas heruntergekommen und unordentlich aussieht.
Er liest viel, schreibt jedoch auch selber Bücher und revolutionäre Berichte für Zeitungen. Es fällt ihm schwer die heutige Welt, in der er keinen Fuß fassen kann, zu verstehen. Er persönlich hätte wohl lieber zu Zeiten der Genies Goethe und Mozart, mit denen er sich auf geistiger Ebene verbunden fühlte, gelebt.
DER WOLF:
Der Wolf ist Harrys Gegenspieler, der neben Harrys Seele in ihm wohnt. Beide Wesen beanspruchen den Platz und liegen so durchwegs im Streit, trotzdem wollen und können beide aber auch nicht ohne einander existieren. Der Wolf steht für das Animalische in jedem von uns, den weder hochgeistige Schriften noch klassische Musik interessieren, statt dessen sind niedere Instinkte wie morden, saufen und fressen seine Vorlieben.
HERMINE:
Hermine stellt Harrys Spiegelbild dar, denn sie hat keinen Ekel vor der realen, der bürgerlichen Welt. Da sie jedoch trotz alledem in der jetzigen Welt nicht bestehen kann, fällt es ihr leicht seine Probleme zu verstehen. Aus diesem Grund führt sie ihn dominant und Schritt für Schritt zum realen Leben hin und lehrt ihn tanzen, macht ihn mit Maria und Pablo bekannt und zeigt ihm was Leben noch bedeuten kann. Als letzten Gehorsam verlangt sie jedoch von Haller, daß er sie tötet und sie von dieser Welt mit all ihren Problemen erlöst.
PABLO:
Pablo, der Besitzer des „Magischen Theaters“ ist ein vermeintlich leichtlebiger Südamerikaner, dessen einzige Passion das Saxophon spielen ist. Er lebt im Gegensatz zu Harry, der eher den alten Künsten anhängt, im „Jetzt“.
Allein vom Äußeren stellt er schon das Gegenbild von Harry dar. Er beherrscht mehrere Sprachen, aber selbst spricht er nur wenig. Nach Hallers Meinung ist er ein ständig lächelnder, dennoch temperamentvoller Gigolo, der immer nett und höflich, aber alles andere als intellektuell ist. Auch wenn es nicht offensichtlich ist, so ist er neben Harry die wichtigste Person im Roman, denn er lenkt und beeinflußt den Steppenwolf schon von Anfang an (überreicht ihm das Tractat, etc.).
MARIA:
Maria ist eine Art Personifizierung des „oberflächlichen“ Lebens, denn die recht einfach aufgewachsene Schönheit ist in Hallers Augen ungebildet und interessiert sich nicht für ein geistiges Leben, sondern lebt in der realen Welt.
Trotzdem wirkt sie für Haller überaus anziehend und er verliebt sich in sie, welches eine vollkommen neue Erfahrung für ihn war. Er hätte es früher nämlich nie für möglich gehalten eine Frau zu lieben, die nicht gebildet war. Maria hat keine feste Beziehung, sondern läßt sich von den Männern aushalten, außer von Harry, von dem sie nur Geschenke annimmt. Sie bevorzugt die Abwechslung im Leben und lehrt auf Hermines Wunsch Haller das richtige Leben und die Liebe.
DER PROFESSOR:
Der Professor, ein langjähriger Bekannter Hallers, ist ein typischer konservativer, vaterlandstreuer Bürger. Er geht, im Gegensatz zu den anderen im Roman vorkommenden Figuren, einem geregelten Leben nach, was auch in seiner biederen Wohnungseinrichtung und seiner distanzierten Art deutlich wird.
„SIDDHARTHA“ (1922)
Hermann Hesse schrieb seinen „indischen“ Roman „Siddhartha“ in einer Zeit, in der fernöstliche Religion und Philosophie in Deutschland Einzug hielten. Jedoch war Hesses Begegnung mit der indischen Geisteswelt schon im Elternhaus lebendig und sogar er selbst war in Indien gewesen. Als Hesse 1919 mit seinen Vorstudien zu „Siddhartha“ begann, besann er sich auf den Kern buddhistischer Weltanschauung und nicht auf seine Reiseerfahrungen. Nachdem Hesse sein begonnenes Werk für zwei Jahre ruhen ließ, da es ihm sehr schwer fiel etwas nicht selbst erlebtes zu schreiben, stellte er seinen Roman erst 1922 fertig. Im gleichen Jahr wird „Siddhartha“ noch veröffentlicht.
Hermann Hesse erzählt in seinem Roman den Lebensweg des Brahmanensohnes Siddhartha.
Siddharthas Lebensgeschichte ist klar gegliedert und die Stationen seines Weges genau getrennt. Der Roman besteht aus zwei Teilen und berichten von Siddharthas Suche nach dem Selbst, seinen Irrtümern und Wandlungen und seiner schließlichen Erlösung. Im ersten Teil erfährt der junge Siddhartha die Vergeblichkeit der Selbstsuche auf dem traditionellen, frömmigen Weg im Hause seines Vaters, einem Bramahnen, und umgeben von Weisen, Gelehrten und seinem guten Freund Govinda, welcher nie von seiner Seite weicht. Die Bramahnen, die oberste hinduistische Kaste, galten als heilig und waren meist Priester, Gelehrte, Dichter oder Politiker. Dem jungen Siddhartha genügen diese traditionellen Wege jedoch nicht, er sucht den Zugang zum eigenen Ich, das eins ist mit der Weltenseele, Atman. Er weiß, Wissen allein wird ihn nicht befriedigen, so beschließt er eines Tages das Haus seines Vaters zu verlassen, um mit den Samanas mitzureisen, um von diesen Wandermönchen zu lernen.
Sein Vater ist jedoch strikt dagegen, doch als er merkt, daß er seinen Sohn durch nichts von seinem Verlangen abbringen kann, gibt er dem Wunsch nach, und läßt ihn ziehen. Govinda, Siddharthas treuer Freund, begleitet ihn auf seiner Reise. Bei den Samanas hofft Siddhartha, durch Askese sein weltliches Ich zu überwinden, um sein wahres Selbst zu finden. Streng gegen sich selbst, unterwirft er sich den Ritualen der Entselbstung durch Schmerz, Meditation und Entbehrung. Jedoch muß er erkennen, daß sein ganzes Bemühen nichts weiter ist als „Flucht aus dem Ich, ..
. ein kurzes Entrinnen aus der Qual des Ichseins, ... eine kurze Betäubung gegen den Schmerz und die Unsinnigkeit des Lebens“.
Siddhartha und Govinda setzen ihre Reise fort.
Sie hören während ihrer Reise ständig den Namen „Gautama“, der Name eines Mönches, der mit seinen Lehren durchs Land zieht. Es wird behauptet, dieser Mann sei Buddha, der das Nirvana, die Vollendung erreicht habe. Govinda, der sich von der Euphorie des Volkes anstecken läßt, bittet Siddhartha, Gautama aufzusuchen. In der Stadt Savathi begegnen sie ihm; sie erkennen ihn sofort unter Tausenden von Pilgern und Mönchen aufgrund seiner „Vollkommenheit“, „Ruhe“ und „Stille“. In der Begegnung mit Gautama Buddha sieht Siddhartha ein, daß Erlösung nicht gelehrt, sondern nur selber gesucht und erfahren werden kann, und so löst er sich aus der Gemeinschaft der Samanas und der Nachfolge Buddhas, währen sein Freund Govinda von der Lehre Gautamas derart beeindruckt ist, daß er beschließt Gautama um Aufnahme in dessen Gemeinschaft zu bitten und einer seiner Jünger zu werden. Mit Govinda aber bleibt sein bisheriges Leben zurück, das bloß Flucht vor dem Ich war, Angst vor der Selbstbegegnung.
Er beschließt, der Welt nicht mehr zu entfliehen, sondern in ihr sich selber zu begegnen. Mit diesem Vorsatz nicht mehr nach Hause und zu seinem Vater zurückzukehren schließt der erste Teil der Lebensgeschichte.
Der zweite Teil führt Siddhartha mitten hinein ins Leben, in die Erfahrung der Liebe und des äußeren Erfolgs. Das erste Kapitel schildert seine Begegnung mit der schönen Kurtisane Kamala, die ihm die sinnliche Liebe lehrt. Um Kamala jedoch zu gefallen sucht Siddhartha Erfolg und Reichtum, denn Kamala verlangte Siddhartha müsse wenigstens drei Dinge besitzen: Schuhe, Gewand und Geld, um im Schloß aufgenommen werden zu können. Siddhartha, der zuvor nur von Fasten, Warten und Denken lebte, beschafft sich die ihm aufgetragenen Dinge und lebte von nun an bei Kamala.
Er wird ein wohlhabender Mann, wobei er in seinem Herzen immer noch seinen alten Idealen folgt.
Sein nächster Aufenthalt ist bei dem Kaufmann Kamaswami. Es fällt ihm leicht die Kunst des Handelns zu lernen, weil sein Herz nicht am Erfolg hängt. Zwar bemüht er sich ernsthaft um Kamaswamis Geschäfte, aber Verlust oder Gewinn bedeuten ihm wenig. Doch Siddhartha fällt immer weiter in das Leben des Reichtums hinein, so daß ihm bald vor sich selbst ekelt, denn Spielsucht und Habgier hatten Besitz von ihm ergriffen. Nachdem ein Traum ihm sein wertloses gegenwärtiges Leben vor Augen geführt hat, folgt er seiner inneren Stimme und verläßt Kamaswami und Kamala ohne Abschied, obwohl Kamala ein Kind von ihm erwartet.
Siddhartha, der nicht weiß, wohin er gehen soll, gelangt an einen großen Fluß. Er wünscht sich nichts sehnlichster als den Tod, doch als er gerade seinem Leben ein Ende machen wollte, hört er aus seiner tiefsten Seele kommend ein Wort, eine Silbe, die ihn vom Tode bewahrt. Es ist das alte Anfangs- und Schlußwort aller brahmischen Gebete, das „Om“, das soviel bedeutet wie „das Vollkommene“ oder die „Vollendung“. Er ist nun zu neuen Wandlungen bereit, denn er hat sein altes, stolzes Ich abgelegt. Als Siddhartha unter einem Baum am Fluß liegt, begegnet ihm Govinda, sein alter Jugendfreund. Als Schüler des Fährmanns Vesuveda lernt er nun, dem Fluß zu lauschen und die Einheit allen Lebens zu begreifen.
Bei Vesuveda am Fluß lernt Siddhartha Zuhören. Von diesem Zeitpunkt an, findet Siddhartha auf jede Frage eine Antwort vom Fluß. Jahre vergehen, und die Nachricht, daß Gautama im sterben liegt, geht durch das ganze Land. Auch Kamala will ein letztes mal den Buddha sehen, sie reist mit ihrem Sohn durch den Wald und wird von einer Schlange gebissen. Vesuveda findet sie und bringt sie zu seiner Hütte - doch die Hilfe kommt zu spät und Kamala stirbt. Kamalas Sohn bleibt bei seinem Vater.
Der kleine Siddhartha ist jedoch an die ärmlich Verhältnisse seines Vaters nicht gewöhnt, ist ungehorsam und unhöflich. Er kann nicht verstehen, warum sein Vater ihm immer nur mit Milde und Geduld, trotz aller Missetaten, begegnet. Schließlich beschließt er zu fliehen und wieder in die Stadt zurückzukehren. Siddhartha will seinen Sohn zurückholen, erkennt aber bald, daß es sinnlos ist, denn sein Sohn muß schließlich seinen eigenen Weg suchen. Siddhartha ist mit Schmerz und Sehnsucht erfüllt, doch lernt daraus, auch andere Menschen als seinesgleichen zu verstehen und zu lieben. Dieses Mal gibt ihm der Fluß viel mehr, als er ihm je gegeben hat.
Er gibt ihm die Antwort auf all seine Fragen. Siddhartha hört im Fluß das Om, die Vollendung und in seinem Gesicht blüht Heiterkeit, da er aufgehört hat sein Schicksal zu bekämpfen.
Vesuveda der inzwischen sehr alt geworden ist, hat nur mehr auf diesen Augenblick gewartet. Er erkennt, daß seine Aufgabe erfüllt ist und stirbt. Nach Vesuvedas Tod bleibt Siddhartha als Fährmann am Fluß. Der Fährmann Siddhartha ist in der Stadt bereits bekannt, man spricht dort von einem weisen, alten Mann, der die Vollendung gefunden hat.
So macht sich auch der ewig suchende Govinda auf den Weg, um diesem Mann aufzusuchen. In einem langen Gespräch mit seinem Jugendfreund erkennt Govinda, daß aus Siddhartha, dem einst Suchenden ein Weiser geworden ist, einer der das erstrebenswerteste gefunden hat - Siddhartha hat die Vollendung erlangt und Govinda erkennt in Siddharthas Erscheinung die Einheit des Seienden.
Die Sprache dieses Romans ist die rhythmische Prosa, welche dem Roman eine gleichförmige, meditative Art verleihen. Dies unterstreicht auch den legendenhaften Charakter des Romans, seine Gleichnishaftigkeit. Der Fluß, als zentrales Symbol in diesem Roman, verkörpert jene Einheit von Gleichzeitigkeit und Wechsel, den Kreislauf der Verwandlungen, in den die Vision am Ende des Romans mündet. Die Botschaft der Liebe, der tiefe Gedanke der Einheit und seine Gestaltung im Text, ließen Hesses Zeitgenossen in diesem Roman die Synthese fernöstlicher und abendländisch-christlicher Überzeugung finden.
Hermann Hesses „Siddhartha“ fand begeisterte Aufnahme und Zustimmung bei der Bevölkerung. Siddhartha gewann dem Dichter neue Leser, vor allem bei der Jugend fand er großen Anklang. Berühmte deutschsprachige, aber auch und vor allem englische Schriftsteller waren von Hesses Werk begeistert. Geradezu sensationell war der Erfolg unter den Anhängern der amerikanischen Hippiebewegung. Die jungen Menschen glaubten in diesem Werk das Vorbild für eine Bewusstseinserweiterung durch subjektive Wandlung gefunden zu haben. Bis heute gilt „Siddhartha“ als der Roman der Selbstbefreiung.
CHARAKTERISTIK:
SIDDHARTHA:
Siddhartha bedeutet übersetzt: “der, der sein Ziel erreicht hat“ und war ursprünglich der Name des Buddha um 560-480 v. Chr.. Entsprechend der Sitte indischer Adelsgeschlechter trägt auch Siddhartha den Namen eines Heiligen.
Siddhartha, der zu Beginn noch der Bramahne war, der alles duldete und in Askese lebte, wird zum Ende hin zum Sieger, Jasager und Bezwinger seines Lebens. Seine Entwicklung verläuft zielgerichtet, so daß es ihm am Ende auch tatsächlich gelingt zur Erleuchtung zu gelangen.
GOVINDA:
Der treue Freund, der Siddhartha auf vielen seiner Wege begleitet, lebt streng nach den religiösen Gesetzen, während Siddhartha die Tradition in Frage stellt. Bei Gautama Buddha verläßt Govinda sogar seinen geliebten Freund, um einmal seinen eigenen Interessen folgen zu können. Doch das Schicksal läßt sie sich immer wieder Begegnen und Erfahrungen austauschen, so daß sie am Ende wieder vereint Siddharthas Vollendung erleben können.
KAMALA:
Schon mit dem Namen spielt Hesse auf den indischen Liebesgott „Kama“ an. Kamala beherrscht die Kunst der Liebe wie Siddhartha die Kunst religiöser Übungen, aber sie fühlt auch ihr Ungenügen wie Siddhartha das seine. Ihre Ähnlichkeit liegt in ihrer Unbeirrbarkeit und diese innere Festigkeit führt Siddhartha wieder zu seinem Ziel.
KAMASWAMI:
Bei dem Kaufmann Kamaswami lernt Siddhartha die Kunst des Handeln und Feilschen. Der reiche Geschäftsmann macht sich viele Sorgen um Gewinn und Verlust, welches Siddhartha jedoch nicht verstehen kann. Kamaswami schätzt Siddhartha sehr und Siddhartha dankt ihm für das praktische Wissen, doch Siddhartha ist nicht zufrieden, sodaß er ihn letztendlich wieder verlassen hat.
VESUVEDA:
Von ihm lernt Siddhartha wohl die wichtigsten Dinge. Er lernt dem Fluß zu lauschen, und den kleinen Dingen des Lebens Aufmerksamkeit zu schenken und sie schätzen und verstehen zu lernen, ohne jedoch den Blick auf das Gesamte zu verlieren. Er lernt die Stimme des Lebens zu hören, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eins sind.
„DEMIAN“ (1917)
Hermann Hesses Erzählung „Demian“, entstand 1917, wurde jedoch erst zwei Jahre später unter dem Pseudonym Emil Sinclair veröffentlicht. Doch Hesse wurde als Verfasser identifiziert, sodaß er sein Pseudonym preisgeben mußte und den, dem literarischen Anfänger Sinclair zugedachten Fontanepreis, zurückgeben. Das Pseudonym Sinclair hatte Hesse bereits während dem Krieg verwendet, um ungehindert sein politisches Engagement auch schriftlich fortzusetzen. Doch nun sah Hesse darin eine Chance, künstlerisch und persönlich einen neuen Anfang zu setzten. Zusätzlich zum Krieg fiel in die gleiche Zeit auch der Tod seines Vaters und ein schweres Gemütsleiden seiner Frau, so daß er sich zu dieser Zeit in psychotherapeutischer Behandlung befand, und viele Elemente dieser neuen Erfahrungen in sein Werk „Demian“ einflossen.
Der Roman beginnt mit einem an den Leser gerichteten Vorspann des Erzählers, der bereits auf die Grundrichtung des Romans hinweist.
Die folgende Geschichte wird als Autobiographie eines sich selbst Suchenden charakterisiert und der Leser wird schon zu Beginn in den Bann der geschlossenen Welt dieses Romans gezogen. Im Unterschied zu den üblichen allwissenden Dichtern, will der Erzähler des „Demian“ seine eigene Geschichte erzählen „.....
denn sie ist meine eigene, und sie ist die Geschichte eines Menschen - nicht eines erfundenen, eines möglichen, eines idealen oder sonstwie nicht vorhandenen, sondern eines wirklichen, einmalig lebenden Menschen.“ Er distanziert sich somit von der Dichtung und stellt die Geschichte als eine Wirklichkeit dar. Im Vorwort gibt er dem Leser auch schon einige Anhaltspunkte für die richtige Aufnahme seiner Erzählung: Er weist darauf hin, daß die geschilderten Begebenheiten zwar von ihm selbst erlebt und insofern authentisch sind, aber nicht im Sinne der Wirklichkeit gewisser äußerer Lebenstatsachen, sondern im Sinne der Echtheit innerer Erlebnisse. Man weiß nun, daß es sich im Roman nicht um die äußere Lebenskarriere Emil Sinclairs handelt, sondern um sein innerstes Seelenleben.
Emil Sinclair, der Held dieses Romans, schildert etwa 10 Jahre seines Schüler- und Studentenlebens bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges und bis zu seiner schweren Verwundung. Die Erzählung kann als Rückblick des sterbenden Soldaten gelesen werden, aber auch als spätere Rückschau des Genesenden.
Die biographisch-chronologische Lebensgeschichte ist in drei große Phasen gegliedert: die Kindheit mit ihrer Bedrohung durch Franz Kromer und der rettenden Begegnung mit Max Demian; trotzige Weltverachtung und die Bekehrung zu sich selber in der Auseinandersetzung mit Pastorius; die Begegnung mit Frau Eva und der Ausbruch des Krieges.
Sinclairs Jugend ist geprägt von der Unvereinbarkeit zweier Polaritäten. Bereits der Zehnjährige erfährt die Gegensätze zwischen der „hellen“ Welt des geordneten, behaglichen Elternhauses und der „dunklen“ Welt der unheimlichen Gassen mit ihren lockenden Abenteuern und ihrer Gewalttätigkeit. Das beide Welten einander so nah sind, daß die Grenze zu verwischen droht, beunruhigt den Jungen, den die „verbotene Welt“ lockt, obwohl er sich der „hellen“ Welt zugehörig weiß. In der Begegnung mit Franz Kromer, einem älteren Schüler aus einer zerrütteten Familie, bekommt die „dunkle“ Welt eine bedrohliche Nähe. Eine harmlose Prahlerei, bei der sich Sinclair als unerschrockener Apfeldieb dargestellt hat, nimmt Franz Kromer zum Vorwand, Emil zu bedrohen und zu erpressen.
Damit beginnt nun Emils heile Kinderwelt zusammenzubrechen, obwohl er selbst im Grunde noch nicht den Schritt in die Selbstständigkeit getan hat. Durch den Kontakt mit der „dunklen“ Welt der Gesetztesübertretung und Lügen wird Emil gezwungen, sich mit den ungezähmten Wünschen in seinem Inneren auseinanderzusetzen und sein eigenes Widerstandspotential gegen die Autorität zu erkennen. Franz Kromer übernimmt immer mehr die Oberhand in seinem Leben. Aus diesem Zustand der Selbstentfremdung erlöst ihn jedoch zunächst die Begegnung mit dem neuen und älteren Mitschüler Max Demian. Demian, ein selbstbewußter, überlegener Schüler, der durch Einfühlung die geheimen Wünsche und Ängste anderer Menschen versteht, nimmt sich des verzweifelten Emil an, sucht seine Freundschaft und verwickelt ihn in Gespräche, die Sinclair zugleich faszinieren und verunsichern. An der Deutung der biblischen Geschichte von Kain und Abel beweist Demian sein für Emil erschreckende Selbstständigkeit in geistigen und moralischen Fragen.
Demian sieht im Brudermörder Kain den Gezeichneten, dessen Überlegenheit seine Umwelt nicht ertragen konnte. Sie erklärte ihn deshalb zum Ausgestoßenen. Auch Emil Sinclair empfindet sich als Außenseiter, wobei er das Gefühl der Überlegenheit mit Demian teilt. So wird die Kainsgeschichte für Emil als Jugendlichen für lange Zeit der Punkt, von dem seine Kritik und Erkenntnis ausgeht.
Demian befreit ihn schließlich von Kromers Unterdrückung und Emil flüchtet erleichtert in die Harmonie der Kindheit zurück. Doch die „dunkle“ Seite, die für ihn nun Demian repräsentiert, begegnet ihm immer wieder.
Mit seinem Eintritt ins Gymnasium und seiner Trennung von Max Demian beginnt für ihn eine Zeit der vergeblichen Suche nach der eigenen Identität. Als Kneipenheld und Spötter versucht er in der „dunklen“ Welt des Rausches und der erwachenden Sinnlichkeit sein werdendes Ich zu erleben, doch fällt er nur immer tiefer in einen äußerst depressiven Lebenswandel hinein. Mit seiner Liebe zu der nur von fern verehrten Beatrice beginnt für ihn jedoch eine neue Phase der Selbstsuche, deren Inbegriff die Malerei wird. In Wunsch- und Traumbildern entwirft Sinclair „Seelenbilder“ seines Ichs und findet in einer Mischung aus einem Portraits Demians und Beatrices sich selbst als Gestalt und sein eigenes Schicksal. Dieser Prozeß der Selbstbefreiung wird initiiert durch Sinclairs Bild des Sperbers, der sich aus seiner Eischale befreit. Nachdem Sinclair in traumhaften Ahnen das Bild gemalt hat, schickt er es Demian, der es ihm deutet : „Der Vogel kämpft sich aus dem Ei.
Das Ei ist die Welt. Wer geboren werden will, muß eine Welt zerstören. Der Vogel fliegt zu Gott. Der Gott heißt Abraxas.“ Emil geht der für ihn vorerst rätselhaften Deutung nach und kommt somit weiter auf dem Weg zur Aufhebung der Gegensätze. Vorübergehend wird der in Mysterienkulten erfahrene Organist Pistorius sein Lehrer.
Er weiht ihn in das gnostische Denken ein, wo die Göttergestalt Abraxas Gott und Teufel als eine verbundene Einheit darstellt. Er lehrt ihn, jeden Dualismus anzunehmen und zu leben, als Ausdruck des vielgestaltigen inneren Selbst.
Die letzte Stufe in Sinclairs Selbstwerdung beginnt mit der Wiederbegegnung mit Max Demian. Er führt ihn in die kleine Gemeinschaft Gleichgesinnter ein, die sich um seine Mutter, Frau Eva schart. In ihr, die Emil Mutter und Geliebte bedeutet, findet er das „Sinnbild“ seines eigenen Innern. Schon bevor er sie persönlich kennenlernt, hat er in Träumen die Begegnung mit ihr erlebt, als verbotene Verlockung und selige Erfüllung.
Diese Begegnung erscheint ihm ebenso notwendig für seinen weiteren Erfahrungsweg wie die Anrufung des Gottes Abraxas. Auch die Ähnlichkeit Frau Evas mit Emils Portraitbild, in dem seine innersten Regungen Gestalt gewinnen, bestätigt ihre überragende Bedeutung für Sinclair. In Demians Mutter tritt ihm das Traumbild seines „Dämons“ vor Augen. Auch sie weist ihn weiter auf dem Wege zu sich selber. Die auserwählten um Eva sehen sich als Sendboten einer künftigen Menschheit, die der „Verödung des Geistes“ im alten Europa die offene Bereitschaft jedes einzelnen für den „Anruf des Schicksals“ entgegenstellen. Das Schicksal vollzieht sich hier im Ausbruch des Ersten Weltkrieges.
So trifft Sinclair, gerade als er sich in der Liebe zu Frau Eva seiner selbst gewiß glaubt, unerwartet die Nachricht vom Ausbruch des Krieges. In der Überzeugung, einem gemeinsamen schicksalsgewollten Ideal zu dienen, ziehen die Freunde als Freiwillige an die Front. Schwer verwundet begegnen sich Sinclair und Demian ein letztes Mal. Demian weist dem Freund noch einmal den Weg ins eigene Innere. In der symbolischen Vereinigung mit Demian, indem Demian Sinclair den Kuß seiner Mutter überbringt, nähert sich Sinclair dem Ziel seiner Entwicklung und damit seiner nun entfalteten Persönlichkeit.
CHARAKTERISTIK:
EMIL SINCLAIR:
Emil ist die zentrale Figur in dem Roman.
Seine gesamte jugendliche Entwicklung mit all seinen Problemen, welche für ihn eine besonders schwierige und harte Zeit ist, werden dargestellt. Emil fühlt sich als Außenseiter, doch ist vielmehr als Sonderling anzusehen, der erkannt und begriffen hat, die Welt und alle Dinge zu hinterfragen und nicht so hinzunehmen, wie sie sind. Im Grunde stellt seine Entwicklung jedoch die typische Entwicklung des Menschen aus einer Kindheit hin zum Erwachsenen dar - bei Sinclair verlief sie jedoch besonders schwer. Er hegte heftige Auseinandersetzungen mit sich selbst und der Umwelt, Familie, Religion und Autorität, und dem Leben, dessen Sinn und Schicksal, welche jedoch fast alle Menschen in gewisser Weise einmal führen.
Jede Figurenbegegnung in diesem Roman birgt Faszination und Angst, Anziehung und inneres Widerstreben in sich. Erst in der Begegnung mit Frau Eva gelangen dieses Gegensätze zur Synthese - in der Selbstbegegnung.
FRANZ KROMER:
Kromer, der Erpresser und Peiniger Sinclairs, ist ein armer Gassenjunge, der die Chance sofort nutzte, als Emil ihm ein gelogenes Geständnis über den Apfelraub gab, und Kromer ihn gegen Belohnung verraten wollte. Dies konnte Emil natürlich nicht zulassen und so versprach Emil Kromer das Geld selber zu geben. Doch auch nachdem Emil seine Schulden beglichen hatte, benutze Kromer Emil noch immer um seine Machtspiele mit ihm zu treiben. Es war eine schreckliche Zeit für Emil und erst Demian konnte ihn von Kromer befreien.
DEMIAN:
Der Name Demian kam Hesse angeblich in einem Traum und da er ihn so stark beeindruckt hatte, benannte er sein Buch danach. Demian verkörpert in der Erzählung im Grunde keinen Menschen, sondern ein Prinzip.
Er stellt die Inkarnation einer Wahrheit und Lehre dar. Demian ist wie ein Teil Sinclairs, der ihn immer wieder zu neuen Gedanken anregt, ihn in gewisse Richtungen lenkt, zuletzt jedoch nur seine Selbstfindung und Ich-Werdung im Auge behält. Demian und seine sonderbare, vollkommene Mutter haben Sinclair schon als Kind als ihresgleichen erkannt und in ihm das Zeichen gesehen, welches die besonderen Menschen, die anders sind als die gewöhnlichen, eingefügten Herdenmenschen, kennzeichnet. Auch wenn Demian und Sinclair sich oft für mehrere Jahre nicht sahen, so bestand dennoch ein immerwährender Kontakt zwischen ihnen. Sie spürten einander und wurden von Zeit zu Zeit zueinandergezogen aber auch wieder voneinander weggetrieben.
PISTORIUS:
Den Organist Pistorius lernte Emil zufällig kennen, indem er ihn beim Orgelspiel in einer Kirche entdeckt hatte.
Der anfangs schroff und ablehnend wirkende Musiker, bemerkt bald die Besonderheit um Emil und sie verbringen viel Zeit miteinander. Pistorius kann ihm viele wichtige Dinge beibringen und Emil kommt seinem Ziel immer näher.
FRAU EVA:
Frau Eva, Demians Mutter, lernt Emil erst ganz zum Schluß persönlich kennen, obwohl er im Grunde schon lange Kontakt mit ihr hat. Sie stellt für ihn gleichzeitig Mutter, Geliebte, Göttin, Teufel, Lust, Frieden, Gut und Böse dar. Emil spürt in ihrer Gegenwart die pure Vollkommenheit und Zufriedenheit, als ob er das Erste Mal wirklich heimgekehrt wäre. Durch sie erfährt er seine letzten Lektionen und gelangt damit zum Ziel.
Es eröffnete sich hier erstmals durch den Versuch einer psychoanalytischen Symbolsprache eine neue Art des Erzählens. So erscheint im Bild des Sperbers, geformt aus Träumen und Assoziationen, ein Sinnbild, das sich im Roman nach und nach mit Bedeutung auflädt, bis es zum zentralen Symbol im Prozeß des sich entfaltenden Ichs und damit Sinclairs Selbstwerdung wird.
Hesses Roman wurde nach dem Kriegsende und dessen Veröffentlichung enthusiastisch aufgenommen. Die enttäuschten Jungen Menschen, welche aus dem Krieg heimkehrten und nach einem neuen Lebenssinn sannen, fanden in Hesses Roman ihre eigenen Zweifel, Bedürfnisse und Hoffnungen zum Ausdruck gebracht. Der Aufruf zur Selbstbefreiung, die vehemente Abkehr von Vätern, den Autoritäten, die die Katastrophe des Krieges herbeigeführt hatten, entsprach einem drängenden Bedürfnis der Zeit. Auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg stellte Hesses Werk „Demian“ wieder eine Orientierungshilfe für die Heimgekehrten dar.
Besonders in Krisenzeiten hat dieses Werk immer wieder Aufmerksamkeit auf sich lenken können und wurde vor allem von Jungen Lesern sehr geschätzt.
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