"disposition zur sucht"
Gliederung:
Darstellung der Behinderung
1."Disposition zur Sucht"
1.1. Wo hört "Genusstrinken" auf - wo fängt Missbrauch an?
1.2.Chemie und Wirkung des Alkohols
1.
3.Was ist chemisch eigentlich Alkohol?
1.4.Wie nimmt der menschliche Körper den Alkohol auf?
1.5.Wie wirkt der Alkohol im Gehirn?
1.
5.1.Trägheit:
1.5.2.Halluzination:
1.
5.3. Vergesslichkeit
1.5.4.Unruhe
1.
6.Wie wirkt der Alkohol im Körper?
2.Folgen (chronischen) Alkoholmissbrauchs
2.1 Alkoholvergiftung (akute Alkohoinltoxikation )
2.2. Entzugserscheinungen (Alkohol- Entzugssyndrom)
2.
3. Alkoholdelir (Delirium tremens)
2.4. Persönlichkeits- und Hirnleitungsveränderung (organisches Psychosyndrom)
2.5. Schädigung der Nervenbahnen (Alkohol-Polyneuropathie)
2.
6.Magenschleimhautentzündung (Gastritis)
2.7.Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (akute oder chronische Pankreatitis)
2.8. Speiseröhre
2.
9. Lebererkrankungen allgemein
2.9.1.Leberzirrhose
2.10.
Blutgefäße
2.11. Krampfanfälle
2.12. Korsakow-Syndrom
2.13.
Wundheilung
2.14. Fortpflanzung
2..15. Herz
2.
16. Krebsrisiko
3. Ausprägung und Phasen der Alkoholsucht bei einem Bewohner
4.Therapie und Förderung
4.2. Sicherheit und Orientierung durch tagesstrukturierende
und sinnstiftende Maßnahmen
4.
3. Die vier "K" als Eselsbrücke in der Arbeit mit Betroffenen:
4.3.1. Kurz
4.3.
2. Konkret
4.3.3. Konsequent
4.3.
4. Kontinuierlich
5. Biographie- und Angehörigenarbeit
Darstellung der Behinderung
Korsakow-Syndrom ist eine Folgeerscheinung der Alkoholsucht. Es ist beladen mit Schuldzuweisungen, Ungeduld. Was genau die Betroffenen empfinden in ihrer Situation ist schwer nachzuvollziehen. Orientierungslosigkeit, eine verwirrte Gefühlswelt, Angst haben, der Verlust der eigenen Biographie und damit der Gefühles der Kontinuität (ich war - ich bin - ich werde sein), Schuldgefühle und schlechtes Gewissen, Ausgeliefertsein an Stimmungen, und bei allem das (zutreffende) Gefühl, keinen Boden unter den Füßen zu haben - das meine ich mit Heimatlosigkeit, oder Wurzellosigkeit.
Entwurzelt aus dem eigenen Ich und vertrieben aus sich selbst. Nicht wissen das Ich, Ich ist. Menschen die am Korsakow-Syndrom leiden, sind heimatlos in sich selbst.
Es ist nicht mit wenigen Worten getan, die Behinderung zu verstehen, deshalb habe ich ein paar mehr geschrieben.
1."Disposition zur Sucht"
Es gibt Menschen, denen mangelt es an sozialen Fertigkeiten, wie beispielsweise Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung.
Diese können auf einer persönlichen Schwäche beruhen, aber auch durch seelische Verletzungen hervorgerufen werden. Diese Menschen kommen immer wieder mit sich selbst und anderen in Konflikt und leiden an sich selbst. Dadurch entstehen negative Gefühle, wie Minderwertigkeit und Selbstzweifel.
Diese Menschen verspüren den Drang, etwas gegen ihre negativen Gefühle zu unternehmen. Machen sie dann beispielsweise mit Alkohol die Erfahrung, dass sie sich dadurch besser fühlen, möchten sie das Gefühl immer wieder erleben. Irgendwann tritt durch die Wiederholung eine Gewöhnung ein, die der erste Schritt in die Sucht ist.
Besonders gefährlich ist es, wenn der betreffende Mensch in einem sozialen Umfeld lebt, in dem mit Suchtmitteln wie Alkohol relativ leichtfertig umgegangen wird. Ein solches Umfeld ist der ideale Nährboden für Suchtkrankheiten.
1.1. Wo hört "Genusstrinken" auf - wo fängt Missbrauch an?
Aus einem gesellschaftlichen Muss wird leicht ein gesellschaftliches Tabu. Fast überall gehört es dazu, Alkohol zu trinken, sei es bei einem Empfang, einer Familienfeierlichkeit oder bei der Feier mit Freunden.
Auf eine Geburt, auf eine Beförderung, ja sogar auch auf den bestandenen Führerschein wird mit Alkohol angestoßen. Wer nicht mitmacht wird leicht zum Außenseiter. Aber was passiert, wenn für den ein oder anderen das Trinken zum Problem wird? Aus dem akzeptierten Gesellschaftstrinker wird leicht der abgelehnte Suchttrinker.
Es wird für alle peinlich, man wendet sich von diesem Menschen ab, verheimlicht und vertuscht das Alkoholproblem.
In dem Moment, wo Alkohol als "Problemlöser" eingesetzt wird, kann die Sucht beginnen. Der Mensch kann ab einem gewissen Punkt seinen eigenen Alkoholkonsum nicht mehr steuern.
Er hat den sogenannten Kontrollverlust, auf den ich noch mal an anderer Stelle intensiver eingehen werde.
Es ist nicht entscheidend, was und wie viel man trinkt. Es gibt Alkoholkranke, die täglich "nur" ihre "5 Bierchen" trinken. Sie sind ebenso abhängig wie jemand, der täglich zwei Flaschen Schnaps benötigt. Denn in dem Moment, wo der "seelische Durst" mit Alkohol gestillt wird, handelt es sich um süchtiges Trinken
1.2.
Chemie und Wirkung des Alkohols
Wir werden öfters gefragt, wie der Alkohol konkret auf den Körper wirkt und was dabei eigentlich abläuft. Leider ist dieses Thema sehr schwer ohne Fachausdrücke zu erklären - dennoch werde ich es versuchen auf allgemein verständliche Weise zu vermitteln.
1.3.Was ist chemisch eigentlich Alkohol?
In der organischen Chemie sind Alkohole eine ganze Gruppe mit der Endung "OH" am Ende der Kohlenstoffkette. Alkohole (Alkanole) sind Kohlenwasserstoffverbindungen.
Sie enthalten eine oder mehrere Hydroexilgruppen (OH), durch die sie in ihrer Wertigkeit gekennzeichnet sind - z.b. zweiwertiger Alkohol bei zwei OH-Gruppen.
Der einfachste Alkohol ist Methanol (Methylalkohol CH3OH. )Ein anderer, vom Geruch her bekannter, ist Iso-Propylalkohol (C3H7OH.)Dieser ist zum Beispiel in Haarwasser enthalten.
Außerdem gibt es feste und mehrwertige Alkohole wie beispielsweise Glycerin. Wenn wir von Alkohol sprechen, meinen wir aber den sogenannten Trinkalkohol (Äthylalkohol C2H5OH) Auf natürliche Weise entstehen Alkohol durch die alkoholische Gärung von Bakterien oder Pilzen (z.b. Hefe) Dabei werden Monosaccheride, Disaccheride oder Polysaccheride (Zucker) unter Ausschluss von Sauerstoff zu Alkohol dissimiliert (umgewandelt)
Je nach Verwendungszweck und Geschmack werden dem Alkohol dann Fruchtessenzen, Geschmacksstoffe oder Fuselöle für eine besondere Note beigegeben. Da alle hochprozentigen Alkohollösungen der Branntweinsteuer unterliegen, muss Alkohol für gewerbliche oder wissenschaftliche Zwecke unter Zollaufsicht "vergällt" (ungenießbar gemacht) werden. Hierzu wird Methanol, Azeton, Petroläther oder Salizylsäure zugesetzt.
Die Vergällungsstoffe, die den Alkohol von der Branntweinsteuer befreien, sind leider nicht immer ungefährlich, denn nicht selten
kommt es vor, dass alkoholkranke Menschen in ihrer "Not" zu solchen Stoffen greifen.
1.4.Wie nimmt der menschliche Körper den Alkohol auf?
Alkohol wird im gesamten Verdauungstrakt, beginnend mit der Mundschleimhaut, sehr gut resorbiert (aufgenommen). Über die Mundschleimhaut werden besonders schnell hohe Alkoholblutwerte erreicht, da der Alkohol hier die Leber umgeht. Die Alkoholresorption wird durch warmen Alkohol (z.
b. Glühwein), durch Zuckerzusatz (z.b. Likör) und durch Kohlensäure (z.b. Sekt) wegen der verstärkten Magen-Darm-Durchblutung beschleunigt.
Hingegen vermindern Nahrungsaufnahme, insbesondere Fette und Proteine die Geschwindigkeit der Alkoholresorption.
Die Endgültige Aufnahme bleibt aber die gleiche, sie geschieht nur langsamer.
Der Alkohol wird nach seiner Aufnahme über das Pfortaderblut zur Leber transportiert und dort verstoffwechselt. In der Leber wird der Alkohol durch das Enzym Alkoholdehndrogenase zu Acetaldehyd (CH3-CHO) abgebaut. Acetaldehyd fürchten alle Trinker, denn das ist der Stoff, der den "Alkoholkater" macht. Acetaldehyd wird dann durch die Acetaldehydrogenase weiter abgebaut zu Acetat (CH3-COOH) bzw.
Essigsäure. Die Essigsäure wird dann im ganzen Körper den Energiestoffwechsel zugeführt und über den Zitratzyklus und die Atmungskette zu Kohlendioxyd (CO2) und Wasser oxidiert. Hierbei entsteht Energie. Falls der Körper keinen Energiebedarf hat, kann die Essigsäure auch in die Lipogenese eingeschleust werden (d.h. als Fett eingelagert werden).
Der Alkoholabbau durch die Alkoholhydrogenese ist mengenmäßig durch die Anzahl der vorhandenen Enzyme begrenzt. Pro 10 kg Körpergewicht wird in einer Stunde 1 g Alkohol abgebaut. Die Enzymdichte der Alkoholhydrogenese kann nicht beeinflusst werden, so dass die Gewöhnung an große Alkoholmengen eine reine Gewöhnung des zentralen Nervensystems ist. Das bedeutet, der Alkoholiker, der zehnmal soviel trinken kann, hat auch die zehnfache Giftdosis im Körper. Die schon erwähnten Zusatzstoffe im Alkohol (Fuselöle) werden ebenfalls über die Alkoholhydrogenese abgebaut und verlangsamen die Alkoholentgiftung. Der Abbau von Acetaldehyd (der Stoff aus dem der Kater ist) wird durch Zucker gehemmt.
Deswegen ist der Kater beispielsweise nach Bowle besonders schlimm.
Ca. 5% des aufgenommenen Alkohols werden über Urin, Schweiß und Atemluft ausgeschieden.
1.5.Wie wirkt der Alkohol im Gehirn?
Alkohol verändert in erster Linie die Stimmung.
Dabei wirkt er in kleineren Dosen anregend, bei größeren Dosen eher hemmend. Der Trinkende fällt zunächst in einen euphorischen Zustand welcher bei
weiterer Alkoholzufuhr in Ermüdung endet. Es gibt verschiedene Theorien, wie der Rausch zustande kommt, jedoch gilt bislang noch keine als erwiesen.
1.5.1.
Trägheit:
GABA (Gamma AminoButterAcid) ist der wichtigste hemmende Überträgerstoff von Nerv zu Nerv (Synapsen). Seine Wirkung wird durch Alkohol verstärkt. Der Körper versucht gegenzusteuern, indem er die Rezeptoren vermindert.
Krämpfe: Glutamat ist ein aktivierender Botenstoff. Unter dem Einfluss von Alkohol lässt seine Wirkung nach. Gegenregulation - es wird mehr Rezeptoren gebildet.
Glutamat wird für Krampfanfälle im Entzugsdelirium verantwortlich gemacht.
1.5.2.Halluzination:
Dopamin ist unter anderem ein wichtiger Überträgerstoff des limbischen Systems, das für unser Gefühlsleben eine starke Bedeutung hat.
Es verliert seine Wirksamkeit unter dauerndem Alkoholeinfluss.
Bleibt der Alkohol aus (Entzug), scheint sich seine Wirkung aber zu überschlagen - es kommt zu Halluzinationen.
1.5.3. Vergesslichkeit
Acetylcholin, ein wichtiger Überträgerstoff im gesamten Körper. Seine Rezeptoren im Gehirn nehmen unter ständigem Alkoholeinfluss ab.
Das soll für "kognitive Defizite" verantwortlich sein - es kommt zu Fehleinschätzungen und Gedächtnisschwäche.
1.5.4.Unruhe
Der Sympathikusnerv, im autonomen Nervensystem, welches nicht willkürlich beeinflussbar ist, für alle Alarmreaktionen (Stress) zuständig, reagiert überempfindlich, weil Rezeptoren, die ihn normalerweise bremsen, untergehen.
1.
6.Wie wirkt der Alkohol im Körper?
Alkohol verteilt sich im gesamten Körperwasser. Er bewirkt eine verstärkte Magen-Darm-Durchblutung und eine vermehrte Sekretion von Salzsäure und Verdauungsenzymen. Diese Tatsache nutzt man beispielsweise mit einem Magenbitter nach einem fettreichen Essen.
Bei Herz- und Kreislauf wird die periphere Durchblutung angeregt, dadurch ist die Haut gerötet und warm. Es wird als angenehme Wirkung des Alkohols empfunden, wenn man friert.
Allerdings wird durch die vermehrte Hautdurchblutung auch vermehrt Wärme abgegeben. So besteht zum Beispiel für obdachlose Alkoholiker im Winter die Gefahr des Erfrierens.
Die chronische Gefäßerweiterung kann an Nase, Fingern und Zehen zu einer dauerhaften Aussackung der Gefäße führen und so zu der sogenannten "Schnapsnase".
In den Atemwegen kommt es zu einer Verstärkung der Atmung. Dies zeigt sich zum einen im vermehrten Japsen der Betrunkenen und zu lautem Schnarchen im betrunkenen Schlaf. Im prägfinalem ("Vorendstadium") Stadium der Alkoholvergiftung setzt allerdings eine zentrale Atemlähmung ein.
In der Niere fördert der Alkohol zum einem dem Grundumsatz der Nierentubuli und zum anderen selektiv die Nierendurchblutung, dies führt zu einer verstärkten Diurese (Harnbildung), was den verstärkten Harndrang erklärt. Trotz dieser nierenanregenden Wirkung ist die Bierempfehlung beim Nierensteinpatienten unter dem Aspekt des Alkoholismus nicht unumstritten.
Beim Mann kommt es durch den Alkohol zu einer Steigerung der Libido (sexuelles Verlangen), aber zu einer verminderten Erektionsfähigkeit.
In der Leber kommt es durch die Entgiftungsfunktion zum Teil zur Überlastung des Leberstoffwechsels und durch die hohe Alkoholkonzentration auch zur toxischen Zellschädigung.
Dies führt anfangs zur Leberzellverfettung, später dann zur Fettleber-Hepatitis und in der Folge durch Zerstörung der Läppchenstruktur der Leber zur Leberzirrhose. Die Folgen der Leberzirrhose bestehen dann im Ausfall der Leber als wichtigste Körperdrüse, und zwar sowohl für die Blutbildung (Transportproteine, Gerinnungsfaktoren, Energiestoffwechsel) und für die Verdauung (Gallensäuren) und Ausscheidung von Giftstoffen.
Aufgrund dieses Ausfalles kommt es zur Ascites (Bauchwassersucht) und zur langsamen Vergiftung des Körpers mit Stoffwechselschrott bis hin zum Leberkoma.
Am Magen-Darm-Trakt kommt es durch die dauerhafte Alkoholwirkung zu chronischen Entzündungen (Gastritis und Enteritis), was wiederum die normale Nahrungsverwertung einschränkt.
Der wichtigste Angriffspunkt ist das zentrale Nervensystem ZNS. Im ZNS kommt es je nach Alkoholdosis zu verschiedenen Wirkungen. In geringen Dosen werden eher hemmende Zentren des ZNS gehemmt, dadurch kommt es zur psychischen Auflockerung, zur Fröhlichkeit, Redseligkeit und auch zur Selbstüberschätzung. Diese Wirkungen, die schon bei geringen Alkoholdosen auftreten, sind ja manchmal ganz nett, aber unter dem Aspekt einer psychischen Krankheit oder des Straßenverkehrs schon gefährlich.
Körperlich sichtbare Folgen dieser "Enthemmung" sind auch schon erste Gangstörungen bei 0,3 Promille oder einer Einschränkung des Gesichtsfeldes bei 0,4 Promille.
In höheren Alkoholdosen kommt es zur Hemmung von erregenden Zentren der ZNS, wodurch es zu Koordinationsstörungen, Sprachstörungen, zur Verlängerung der Reaktionszeit, zu Störungen in der optischen und akustischen Wahrnehmung kommt. In diesem Rauschzustand sinkt die Muskelleistung und man findet eine fatale Diskrepanz zwischen der eigenen Einschätzung der Leistungsfähigkeit und der Realität. Bei 1,4 Promille liegt ein kräftiger Rauschzustand vor, bei 2,0 Promille ist das Bewusstsein stark eingetrübt und hier fehlt dann auch meist das Erinnerungsvermögen, was für den Betroffenen zum Teil peinlich sein kann. Bei 4,0 bis 5,0 Promille liegt die tödliche Grenzkonzentration, die beim "normalen Menschen" über die Atemdepression und das Koma zum Tode führt.
Der "trainierte" Alkoholiker kann durch die Gewöhnung des ZNS sehr viel höhere Promillewerte vertragen, wobei das Gehirn den hohen Alkoholwert scheinbar nicht wahrnimmt, aber die anderen Organe wie Leber, Nieren und Gefäße natürlich erheblich vergiftet werden.
Das Gehirn gewöhnt sich an die dauerhafte Blockade der erregenden Zentren, so dass der Alkoholkranke im nüchternen Zustand häufig über Koordinationsstörungen (Zittern), Übelkeit, Erbrechen, Unwohlsein, Konzentrationsstörungen oder Schlaflosigkeit leidet.
2.Folgen (chronischen) Alkoholmissbrauchs...
2.
1.Alkoholvergiftung (akute Alkoholintoxikation)
Bei einer Blutalkoholkonzentration von etwa 3 Promille und mehr bieten die meisten Menschen das Bild einer schweren Alkoholintoxikation. Allerdings kann die Verträglichkeit von Alkohol je nach Toleranzlage schwanken. Ab 5 Promille ist in der Regel mit einem tödlichen Ausgang zu rechnen, sofern nicht unverzüglich kompetente Behandlung einsetzt.
2.2.
Entzugserscheinungen (Alkohol- Entzugssyndrom)
Entzugserscheinungen treten auf, wenn der "nasse Alkoholiker" seine Alkoholzufuhr unterbricht oder einschränkt. Sie zeigen sich in unterschiedlichen Schweregraden. Folgende Symptome können auftreten: Magen-Darm-Störungen (Brechreiz, Durchfälle), Schlafstörungen, starkes Schwitzen, Neurologische Störungen (Zittern, Sprachstörungen, epileptische Anfälle, starke Nervosität), Psychische Störungen (Unruhe, depressive Verstimmungen, Angstzustände, Halluzinationen, Bewusstseinsstörungen), Delirium.
2.3.Alkoholdelir (Delirium tremens)
Das Delirium ist die schlimmste Alkoholentzugserscheinung.
Es kann aber auch bestehendem hohen Blutalkoholspiegel auftreten. Das Alkoholdelir stellt eine lebensbedrohliche Krankheit dar und bedarf sofortiger stationärer Behandlung! Anzeichen eines Delirs: Bewusstseinsstörungen, Angstzustände, Starkes Zittern, epileptische Anfälle und Halluzinationen (die berühmten weißen Mäuse).
2.4.Persönlichkeits- und Hirnleitungsveränderung (organisches Psychosyndrom)
Zeigt sich durch Störungen des Gedächtnisses, der Feinmotorik, der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit. In schweren Fällen können Störungen der Antriebsleistung und Depressionen auftreten.
Bei strikter Abstinenz kann sich dieses Krankheitsbild wieder zurückbilden. Denkstörungen, Vergesslichkeit, gestörte Realitätswahrnehmung, Psychosen.
2.5. Schädigung der Nervenbahnen (Alkohol-Polyneuropathie)
Diese Störungen treten bei ca. 20% der Alkoholiker auf.
Erkennbar beispielsweise durch Taubheitsgefühle und "Ameisenkribbeln" vor allem in den Beinen, Empfindungsstörungen, Muskelschwäche- und Krämpfe sowie Nervenschmerzen.
Auch der bei Alkoholikern oft zu beobachtende tapsige unsichere Gang ist darauf zurückzuführen.
2.6.Magenschleimhautentzündung (Gastritis)
Durch die ständige Reizung der Magenschleimhaut, besonders durch hochprozentige Getränke, kann es zur Gastritis kommen. Sie zeigt sich durch Oberbauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Erbrechen von dunkelrotem Blut, Teerstuhl.
Bei dauernder Schädigung kann es dadurch zu Magengeschwüren kommen.
2.7.Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (akute oder chronische Pankreatitis)
Gürtelförmige Oberbauchschmerzen, Darmverschluss, Kreislaufversagen, Nierenversagen und auf Dauer gesehene Gewichtsabnahme kennzeichnen dieses Krankheitsbild. Diese Entzündungen enden meistens tödlich.
2.
8. Speiseröhre
Venen in der Speiseröhrenwand erweitern sich zu Krampfadern (Varizen) und können platzen. Der Betroffene kann verbluten.
2.9. Lebererkrankungen allgemein
Die alkoholbedingte Fettleber stellt das frühe Stadium alkoholbedingter Lebererkrankungen dar.
Zunächst verursacht die Fettleber keine Schmerzen oder Beschwerden. Bei einem stärker ausgebildeten Krankheitsbild entstehen Druckgefühl und Schmerzen im Oberbauch sowie Völlegefühl. Heilung ist jetzt noch durch absolute Alkoholabstinenz möglich. Bei der Leberentzündung (Hepatitis) sterben im Rahmen eines entzündlichen Prozesses Leberzellen ab. Es gibt allerdings
verschieden verlaufende Formen der Hepatitis. So beispielsweise die akute Alkohol-Hepatitis, bei der sich innerhalb weniger Tage ein Leberkoma entwickeln kann.
2.9.1.Leberzirrhose
Diese Erkrankung ist unheilbar. Die alkoholbedingte Leberzirrhose kann besonders im Frühstadium beschwerdefrei verlaufen. Bei dieser Krankheit sterben Leberzellen ab und werden durch einfaches Gewebe ersetzt.
Die Krankheitszeichen im fortgeschrittenen Stadium sind vielseitig (Vergrößerung von Milz und Leber, Gelbsucht, Weißfleckung der Haut, Bauchwassersucht etc.). Durch rechtzeitige Abstinenz und Diätmaßnahmen kann das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt werden.
2.10. Blutgefäße
Bei regelmäßigen starken Alkoholkonsum werden die Blutgefäße geschädigt.
Es bilden sich unangenehme Hämorrhoiden. Außerdem kommt es zu verstärkter Krampfaderbildung. Krampfadern in der Speiseröhre gelten als besonders gefährlich, weil diese beim Aufbrechen zur inneren Verblutung führen können. Außerdem fördert Alkoholkonsum die verfrühte Arterienverkalkung.
2.11.
Krampfanfälle
Die Anfälle gleichen denen der Epilepsie. Sie treten häufig bei plötzlichem Alkoholentzug auf (allein oder als Begleiterscheinung eines Deliers). Es gibt auch "nasse" Krämpfe während der Trinkphase. Ist einmal ein Krampanfall aufgetreten, bleibt die Neigung dazu chronisch. Bei jedem epileptischen Anfall kommt es zu einem Massensterben von Gehirnzellen.
2.
12. Korsakow-Syndrom
Damit bezeichnet man die schwerste Form der Gehirnschädigung durch Alkohol. Benannt wurde diese Krankheit nach dem russischen Psychiater Sergei Korsakow, der diesen Zustand erstmals 1854 beschrieb. Durch das Absterben bestimmter Gehirnregionen erleidet der Betroffene einen weitgehenden Gedächtnis- und Orientierungsverlust. Dieser Zustand ist auch durch Abstinenz kaum noch heilbar.
2.
13. Wundheilung
Häufige Verletzungen durch Unfälle und Gewalttätigkeiten. Die Wundheilung ist stark beeinträchtigt. Das gilt auch für Operationen, bei denen die Komplikationsrate stark erhöht ist.
2.14.
Fortpflanzung
Schäden an Hoden und Eierstöcken. Reduzierte Fruchtbarkeit bei Mann und Frau. Kinder von alkoholkranken Frauen können schon bei der Geburt körperlich und geistig behindert sein.
2.15. Herz
Herzmuskelentzündungen (Kardiomyopathie) werden wegen des schleichenden Beginns meist erst spät entdeckt.
Pumpschwäche (Herzinsuffizienz), Rhythmusstörungen.
2.16. Krebsrisiko
Alkohol schädigt die Reparaturmechanismen der Chromosomen. Besonders gefährdet sind Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre, Magen Darm. Allgemeines Krebsrisiko ist verdoppelt.
3. Ausprägung und Phasen der Alkoholsucht bei einem Bewohner
Die individuellen Ausprägungen lassen sich oft nur schwer unterteilen und den unterschiedlichen Fähigkeiten zu ordnen. Die Behinderung der Alkoholabhängigkeit läuft grob eingeteilt in 4 Phasen ab.
I. Die voralkoholische symptomatische Phase
II. Die Vorläufer-Phase (Prodomale Phase)
III.
Die kritische Phase
IV. Die chronische Phase
Eine konkrete individuelle Ausprägung bei einem Bewohner ist das Korsakow-Syndrom, oder das Wernicke-Korsakow-Syndrom.
Die Bezeichnung "Korsakow-Syndrom" leitet sich vom Namen des russischen Psychiaters Sergej Sergejewitsch Korsakow ab, der es im Jahre 1887 als erster beschrieben hat.
Dieses Krankheitsbild kann auch andere Ursachen als den Alkoholismus haben. Es soll hier jedoch nur das alkoholische Korsakow-Syndrom berücksichtigt werden, da die Betroffenen einer besonderen Betreuung bedürfen.
Korsakow- und Wernicke-Syndrom werden oft im Zusammenhang genannt, wobei das Wernicke-Syndrom die akute Krankheitsphase und das Korsakow-Syndrom nach Abklingen der akuten Symptome den chronischen Zustand derselben Erkrankung darstellt.
Früher hielt man beide für verschiedene Krankheiten. Der vom Korsakow-Syndrom Betroffene ist durch seine Geschichte als Alkoholkranker geprägt. Da er nur schlecht für sich selbst sorgen kann, ist er auf die ständige Hilfe von anderen angewiesen.
Die Verwahrlosungstendenzen immer weiter zu. Infolge des schlechten Kurzzeitgedächtnisses vergisst er, was sich vor kurzem ereignet hat.
Auch an länger Zurückliegenden kann er sich nur manchmal und dann nur dunkel erinnern.
Neues zu lernen, ist ausgesprochen schwierig. Auf Fragen reagiert der Bewohner ausweichend und versucht zu verbergen, dass er die Antwort nicht kennt. Paradoxerweise ist er nie um eine Antwort verlegen. Er wird nicht zugeben, dass er etwas nicht weiß, sondern er gibt oft Erstaunliches - vorher von ihm nie gehörtes - zum Besten.
Um nicht in Verlegenheit zu geraten kornfabuliert er, d.h.
er verbindet verbliebene Gedächtnisinseln mit erfundenen Geschichten, so dass sich daraus ein Sinn ergibt. Der Betroffene lügt also nicht, er will lediglich nicht unangenehm auffallen. Durch sein eingeschränktes Kurzzeitgedächtnis ist er auch örtlich und zeitlich desorientiert. Er kann sich dadurch nicht an Verabredungen halten und befindet sich jeden Tag erneut auf unbekanntem Gebiet. Jeden Tag stellt er sich ihm erneut dieselben Fragen: "wo ist mein Zimmer?", "wann und wo gibt es Essen?" , "wie komme ich nach Hause?" Unsicherheit und Versagensangst sind eine Folge davon: So kann passieren, dass er es ablehnt, sich helfen zu lassen.
Um nicht aufzufallen, verhält er sich so, als sei alles in Ordnung und bleibt, wenn er sich verirrt hat, unter Umständen tagelang der Einrichtung fern.
Durch seine Vergesslichkeit sammelt er fremde Gegenstände an und gerät dadurch in ein falsches Licht. Oft wird er deshalb von Mitbewohnern des Diebstahls bezichtigt. Oder er verwechselt wieder einmal die Zimmertür. Auch daraus können sich konfliktreiche Verwicklungen ergeben.
Ebenso, wenn ihm von Mitbewohnern unterstellt wird, er stelle sich bewusst "blöd" an, um nicht an bestimmten Aktivitäten teilnehmen zu müssen. Trotzdem kann der Bewohner zugänglich und hilfsbereit sein, wenn freundlich aber bestimmt mit ihm umgegangen wird.
4.Therapie und Förderung
4.1.Die Betreuung
Ich persönlich glaube das der Bewohner in unserer Einrichtung nicht gut untergebracht ist. Ein Alten- oder Pflegeheim wäre m.e.
die richtige Einrichtung für ihn. Obwohl das Korsakow-Syndrom keine altersspezifische Erkrankung ist, gibt es Gründe, den Betroffenen in gerontopsychiatrisch orientierte Heime aufzunehmen. Zum einen sind sie von ihrer Grundstruktur her geeignet: sie gewährleisten eine ständige, regelmäßige, und systematische Versorgung. Zum andern weisen demente Heimbewohner und Bewohner mit Korsakow-Syndrom an der
Oberfläche häufig ähnliche Verhaltensweisen auf. Das Personal kennt die Probleme von Bewohnern mit Gedächtnis- und Orientierungsstörungen und ist darauf eingestellt.
4.
2. Sicherheit und Orientierung durch tagesstrukturierende und sinnstiftende Maßnahmen
Die betroffenen Bewohner bleiben in der Regel bis ans Lebensende in der Einrichtung. Ihre Betreuung muss deshalb langfristig ausgerichtet sein. Mobilisierende und motivierende Pflege ist das Mittel - die Sicherung größtmöglicher Selbstständigkeit das langfristige Ziel.
Ein strukturierter Rahmen ist dazu hilfreich und vermittelt dem Betroffenen Sicherheit: Halt und Orientierung können durch feste äußere Markierungen, wie Uhren, Hinweisschilder, immer gleiche Sitzordnungen, markierten Stühlen, eigene Gegenstände, schriftliche Gedächtnisstützen (Notizbuch, Zettel) usw. gewährleistet werden.
Soziale Strukturierung wird durch ein festes Team, festen Regeln, feste Zeiten und Aktivitäten, häufige Erklärungen und Wiederholungen erreicht.
Sinnstiftend können einfache Arbeiten mit entsprechender Belohnung und entspannende Aktivitäten sein. Durch spielerisches Gedächtnistraining wird die Leistungsfähigkeit ermittelt, Orientierung vermittelt und trainiert, einmal davon abgesehen, dass es Spaß macht.
Nach dem Einzug sollte dem Betroffenen genug Zeit gegeben werden, sich mit der neuen Umgebung vertraut zu machen, zunächst immer mit Begleitung an wichtige Orte wie Toilette und Speiseraum
Erst allmählich sollte an Aufgaben und Aktivitäten der Gruppe herangeführt werden.
Direkte Fragen sollen vermieden werden. Wenn ein Betroffener die Wahl hat, entscheidet er sich in der Regel fürs Nichtstun.
Selbst wenn er gerne badet, wird die Frage "wollen Sie zum Baden?" wahrscheinlich mit einem klaren "Nein" beantwortet. Auf die indirekte Variante reagiert er dagegen positiv: "kommen Sie, wir suchen jetzt Wäsche und Handtücher und gehen dann ins Bad."
Manchmal hat er bei anderen gehört, dass diese nicht gerne baden und sich verweigern. Das erscheint dann für ihn als die Norm, an der er sich orientieren muss.
Betreuende und Mitbewohner brauchen viel Geduld, hören immer wieder die gleichen Fragen und müssen ständig die gleichen Anweisungen wiederholen. Aufträge müssen kurz und konkret sein und regelmäßig wiederholt werden.
Wenn der Betroffene etwas richtig macht, sollte er gelobt werden. Da er sehr langsam lernt, darf er nicht überfordert werden. Die Aufgaben, die erledigt werden sollen, müssen in einzelne Schritte aufgegliedert werden und man gehe erst weiter, wenn der vorangegangene Schritt begriffen worden ist.
4.3. Die vier "K" als Eselsbrücke in der Arbeit mit Betroffenen:
4.
3.1. Kurz: der Betroffene behält nur kleine Infobrocken für kurze Zeit. Infos nur kurz, sachlich und deutlich. Z.B.
"Guten Morgen Herr Müller, bitte stehen sie auf." Erst wenn Herr Müller neben dem Bett steht, sagen, dass er sich waschen soll. Nicht offene Fragen stellen, nach dem Motto "möchten Sie etwas trinken?", Sondern "Tee oder Kaffee, Herr Müller?", damit er die Wahl hat, sich zwischen zwei Möglichkeiten zu entscheiden.
Der Ton macht die Musik. Kurze Aufträge kommen leicht wie Befehle daher. Ein freundlicher Ton und Gesicht mildern vieles ab.
4.3.2. Konkret: Korsakow-Betroffenen fällt es schwer, sich etwas vorzustellen oder im Voraus zu planen. Klare und einfache Anweisungen in der konkreten Situation. Beim Essen, beim Baden, beim Bettmachen usw.
kann er sinnlich wahrnehmen d.h. hören, fühlen, riechen, sehen und schmecken, was er tun soll.
4.3.3.
Konsequent: Immer die gleiche Information auf gleiche Weise geben. Der Korsakow-Patient lernt sehr langsam und erst nach endlosen Wiederholungen, also immer mündlich, durch eine Notiz, durch eine Geste. Wichtig: alle Mitarbeiter müssen sich daran halten.
4.3.4.
Kontinuierlich: Vergesslich ist der Betroffene den ganzen Tag über, deshalb muss er über den gesamten Tag betreut werden. Z.B.: einfache Anweisungen auf einem Schild hat er den gesamten Tag vor Augen. Regelmäßigkeit ist auch Kontinuität, also nicht alle drei Tage oder zwei Wochen duschen, sondern täglich.
(Nach Bert Kors und Wim Seumke, in: Gerontopsychiatrische Pflege, Berlin/Wiesbaden 1997).
5. Biographie- und Angehörigenarbeit
Um sich ein besseres Bild vom Bewohner zu machen und ihm durch Gedächtnisanregung ein Bild von sich selbst und damit eine Identität und Sicherheit zu vermitteln, sind wiederholte Interviews mit immer wiederkehrenden Fragen zur Lebensgeschichte hilfreich. Oft bestehen keinerlei Erinnerungen über die unmittelbare aber auch länger zurückliegende Vergangenheit. Persönliche Papiere, Briefe und Unterlagen fehlen häufig ebenso.
Es ist wahrscheinlich, dass wiederholte Äußerungen in den Interviews, auf wirkliche Begebenheiten in der Vergangenheit schließen lassen und als echte Informationen anzusehen sind.
Oft bestehen keine Kontakte mehr zu Angehörigen, die Informationen geben könnten, denn die Beziehung des Korsakow-Kranken zur Familie ist stark vorbelastet.
Wenn die Kontakte nicht völlig abgebrochen sind, wird manchmal empört auf die "Schuld" des Betroffenen verwiesen.
Die Familie denkt bei Konfabulationen, dass er lügt.
Er vergisst vieles, also wird Unzuverlässigkeit unterstellt. Durch zunehmende Verwahrlosung wird es immer weniger attraktiv, sich mit ihm abzugeben. Schließlich wendet man sich von ihm ab, weil es unmöglich ist, ihn vom Trinken abzubringen oder mit ihm zusammenzuleben. Hinzukommende Schuldgefühle machen die Sache noch komplizierter
Mir als Heilerziehungspfleger kommt die Aufgabe zu, Informationen über das Krankheitsbild zu vermitteln und abzuschätzen, ob Kontakte überhaupt erwünscht sind.
Oft ist ein Erfahrungsaustausch verschiedener Angehöriger in der Gruppe sinnvoll. Dieses zu organisieren kann auch ein wichtiger Bestandteil der Förderung sein.
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