Die migration und navigation von
Die Migration und Navigation von
Fischen und Walen
Inhaltsverzeichnis
·Allgemeine Begriffsdefinitionen
·Beschreibungen von
a)Amerikanischem Aal und Europäischem Flussaal
b)Atlantischem Lachs und Pazifischen Lachsen
c)Gewöhnlichem Thunfisch
d)Grauwal
·Richtungsbestimmung & Orientierung
a)Der Sonnenkompass
b)Orientierung mit Hilfe polarisierten Lichts
b1)Die Polarisation des Himmelslichtes
b2)Die Wahrnehmung des E-Vektors
b3)Die Polarisation unter Wasser
c)Richtungsbestimmung mit Hilfe von Chemorezeptoren
d)Richtungsbestimmung mit Hilfe von Thermorezeptoren
d1)Temperaturpräferenzen
d2)Die Wanderung der Alse
e)Magnetfeldorientierung
f)Die innere Uhr
·Warum Tiere wandern
a)Adaption und Migration
a1)Reaktionen auf ungünstige Verhältnisse
a2)Lebenszyklen und Fortpflanzung
b)Gene und Migration
b1)Genetik, Umwelt und Migration über weite Strecken
Migration: periodische, zyklische Wanderungen innerhalb eines Habitats
® im typischen Fall jahreszeitlich auftretend und jährlich wiederkehrend
® eng mit Fortpflanzung, Entwicklung, Nahrungsaufnahme, Klima und
Wetter gekoppelt
® bei einigen Arten nur ein einziger Zyklus pro Generation
® ermöglicht es den Tieren erfolgreicher zu leben, als wenn sie nur an
einem Ort blieben
Navigation bei Tieren: die Fähigkeit „effektiv und sicher“ von einem Ort zu einem an-
deren zu finden
Systematik: Holobionten: Arten deren Wanderungen sich entweder auf den mari-
nen Raum (Thalassobionten) oder auf die Süßgewäs-
ser (Potamobionten) beschränken
Amphibionten: Arten die zur Erledigung des Fortpflanzungsgeschäfts
entweder vom Meer in die Flüsse aufsteigen (ana-
drom, potamotok) oder den entgegengesetzten Weg
einschlagen (catadrom, thalassotok).
gonodrome Wanderungen: stehen im Dienste der Fortpflanzung
agamodrome Wanderungen: andere Ziele
Amerikanischer Aal (Anguilla rostrata) und
Europäischer Flussaal (Anguilla anguilla)
Sind catadrome Amphibionten die gonodrome Wanderungen durchführen.
Sie laichen in der Sargassosee südlich der Bermuda-Inseln, in einer Tiefe von ca. 5000–6000 m ab. Die Laichgebiete der beiden Arten überlappen sich. Die jungen und adulten Amerikanischen Aale sind im Süßwasser von Grönland und Labrador bis südlich von Mexiko und in einigen nördlich gelegenen Gebieten Südamerikas verbreitet.
Das Vorkommen der jungen und erwachsenen Europäischen Aale erstreckt sich von den Flüssen auf Island und in Skandinavien bis zu denen in Europa, die ins Mittelmeer oder Schwarze Meer münden. Sie leben auch auf den Kanarischen Inseln und in Marokko.
Die Entwicklung der weidenblattförmigen Larven beginnt im Frühjahr. Sie sind durchsichtig da ihnen das Hämoglobin im Blut fehlt und ernähren sich von Plankton. Ihre Bewegung ist eher passiv und wird durch Strömungen bestimmt. Zu Beginn ihrer Wanderung werden sie von Strömungen im Florida- und Golfstrom erfasst.
Nach 1–2 Jahren erreichen die Larven der amerikanischen Art ihre Zielorte im Süßwasser im Osten Nordamerikas. Die der europäischen Art durchqueren in 2–3 Jahren den Atlantik von West nach Ost. Diese Strecke kann über 6000 km lang sein.
Bei der Ankunft in den Flussmündungen setzt die Umwandlung von der Larve zum Jungtier, dem sogenannten Glasaal, ein. Dieser ist auch noch durchsichtig und schwimmt aktiv die Flüsse hinauf. In dieser Zeit färben sich die Tiere dunkel und werden Steigaale genannt.
Sie können sogar kurze Landwege passieren.
Im Süßwasser verwandelt sich das Tier nun zum Gelbaal, der an der Oberseite graubraun und seitlich und am Bauch gelblich gefärbt ist, und einen weichen Körper hat. Durch unterschiedliche Ernährung bilden sich nun zwei Formen: der Spitzkopfaal (frisst Insektenlarven, Würmer u. a. Kleintiere) und der Breitkopfaal (jagt vorwiegend Fische). Die Tiere fressen so viel, dass das Fett bis zu 32% ihres Körpergewichtes ausmacht.
Die männlichen Aale bleiben meist im Unterlauf der Flüsse und erreichen eine Länge von bis zu 50 cm und ein Gewicht von ca. 200 g. Die weiblichen können bis zu 1,5 m lang und über 6 kg schwer werden.
Nach etwa 15-20 Jahren im Süßwasser erfolgt die letzte Metamorphose. Der Geruchsinn der Tiere entwickelt sich sehr gut, die Augen vergrößern sich und der Kopf wird spitz. Der Rücken wird schwarz und der restliche Aal färbt sich silber.
Er stellt nach und nach die Nahrungsaufnahme ein und der Verdauungstrakt degeneriert. Die jetzt erreichte Adultform wird Blank- oder Silberaal genannt. Diese Tiere wandern nun von August bis Oktober die Flüsse hinunter und treten die Wanderung zurück in die Sargassosee an. In dieser Zeit nehmen sie keine Nahrung auf. (Im Aquarium kommen Aale 4 Jahre ohne Nahrung aus.) Vermutlich erreichen sie die Sargassosee im nächsten Frühjahr, was bedeuten würde, dass sie pro Tag eine Strecke von etwa 30 km zurücklegen.
Die Aale legen einen direkteren Weg als bei ihrer Wanderung als Larve ein und wählen ganz unterschiedliche Routen, da sie aus ganz verschiedenen Gebieten kommen. An ihrem Ziel angekommen laichen sie ab und sterben danach.
Es wurde noch nie ein lebender Aal in der Sargassosee gefangen, der sich unmittelbar vor oder nach dem Ablaichen befand. Es wurden auch noch nie gerade abgelegte Eier gefunden. Weiters hat man auch noch nirgends im Meer Silberaale gefangen, nachdem sie die flachen Küstengewässer verlassen hatten. Man konnte sie bis jetzt nur mit Sonar verfolgen, wenn sie aus den Flüssen in den offenen Atlantik schwammen.
Hindert man Aale daran ins Meer abzuwandern erreichen sie ein Alter von bis zu 50 Jahren.
Atlantischer Lachs (Salmo salar) und
Pazifische Lachse (Oncorhynchus)
Sind anadrome Amphibionten die gonodrome Wanderungen durchführen.
Sie laichen in klaren Flüssen, Seen oder schnellfließenden Bächen ab. Die noch nicht geschlechtsreifen Tiere schwimmen den Geburtsstrom flussabwärts, verbringen 1-5 Jahre im Meer und kehren wieder als geschlechtsreife Fische in die Heimatgewässer zurück um abzulaichen.
Beim Pazifischen Lachs unterscheidet man 6 Arten: den Blaurücken-Lachs, den Buckel-Lachs, den Keta-Lachs, den Quinnat, den Kisutsch-Lachs und den Masu-Lachs. Der Atlantische Lachs, auch Salm, wird bis zu 1,5 m lang und bis zu 35 kg schwer.
Der Quinnat erreicht als größter Pazifischer Lachs eine Länge von bis zu 5 m.
Der vollständige Lebenszyklus der Lachse besteht aus 4 Phasen:
1. Phase: Wann die Lachse schlüpfen hängt von der Wassertemperatur ab. Es kann von 80 Tagen bei 4°C bis zu 19 Tagen bei 16°C dauern. Die durchsichtigen, nicht mehr als 1 cm lange Larven ernähren sich von einem Dottersack und leben die ersten 2 Monate im Kies. Erst danach kommen sie heraus und werden als Junglachse bezeichnet.
Sobald ihre Zeit gekommen ist schwimmen sie flussabwärts zur Mündung. Bevor sie nun ins Meer wandern wird ihr Körper silberfarben und passt sich struktur- und formmäßig an das Leben im Salzwasser an. Er wird nun Blanklachs genannt.
Während Buckel- und Keta-Lachs schon nach einigen Stunden, höchstens nach ein paar Tagen, ins Meer wandern, brauchen die anderen Pazifischen Lachse oft 1-2 Jahre. Der Atlantische Lachs bleibt mindestens 7 Jahre im Süßwasser.
2.
Phase: Die Blanklachse verlassen mit den Gezeiten die Flussmündungen. Der Atlantische Lachs und der Blaurücken-Lachs ziehen tausende Kilometer von der Flussmündung weg. Während den Jahren im Salzwasser fressen die Tiere viel und nehmen stark an Größe zu.
In dieser Phase vermischen sich die Populationen der verschiedenen Pazifischen Arten aus dem Westen (Japan, Russland), dem Norden (Alaska) und aus dem Osten (Kanada, USA) im Nordpazifik südlich von Alaska und den Aleuten.
3. Phase: Die vermischten Arten und Populationen trennen sich wieder.
Die nun fast geschlechtsreifen Adulttiere kehren zu den Mündungen ihrer Geburtsflüsse zurück und nehmen, sobald sie dort angekommen sind keine Nahrung mehr zu sich.
4. Phase: Die Lachse steigen zu ihren Laichgebieten hinauf, wobei sie zwischen 30 und 40% ihres Gewichts verlieren. Vor allem bei größeren Männchen färbt sich die Unterseite rötlich und ihr Kiefer biegt sich hakenförmig auf.
Lachse die den Yukon hinaufsteigen müssen in diesem eine Strecke von 3000 bis 4000 m zurücklegen.
An Flussgabelungen müssen sich die Tiere entscheiden.
Vermutlich wird ihnen der richtige Weg, auch schon zu den Flussmündungen durch bestimmte chemische Substanzen ihrer Heimatgewässer angegeben. Beim Finden der Flussmündungen sind eventuell auch geomagnetische Signale beteiligt.
Die Fische kehren genau an den Laichplatz zurück, wo sie geschlüpft sind. Pazifische Lachse sterben nach dem Ablaichen. Beim Atlantischen Lachs sind es auch nur 2-4% die ein zweites bzw. drittes Mal ablaichen.
Man kann dies an den Schuppen erkennen, die im Süßwasser nicht so gut wachsen und so Laichmale entstehen.
Gewöhnlicher Thunfisch (Thunnus thynnus)
Ist ein Thalassobiont der agamodrome Wanderungen durchführt.
Im Gegensatz zu allen anderen Knochenfischen sind Thunfischen Warmblütige Tiere. Dies wirkt sich auf ihre Möglichkeiten bei der Migration aus. Mit Hilfe eines Wärmeaustauschersystems können sie ihre Körpertemperatur erheblich über die Temperatur des umgebenden Wassers anheben. Das ermöglicht es ihnen, sowohl die Hochsee als auch die kältere Tiefsee sowie die mittleren und höheren nördlichen und südlichen Breiten zu durchstreifen.
Thunfische schwimmen gleichmäßig mit großer Geschwindigkeit: 10 Körperlängen pro Sekunde. Die erhöhte Körpertemperatur ermöglicht es ihnen, die hohe Stoffwechselrate, die für eine solche dauerhafte und kräftige Muskelarbeit nötig ist, aufrechtzuerhalten. Ablaichen müssen sie jedoch in warmen Gewässern, da die Eier, die Larven und auch die Jungfische die hohe Körpertemperatur der adulten Tiere noch nicht halten können.
Der Gewöhnliche Thunfisch kommt im gesamten Nordatlantik von den Gewässern vor der Nordküste Brasiliens bis zu denen um Norwegen vor. Für ihren Jahreszyklus benötigen diese Fische mindestens 3 Teillebensräume: Laichgebiet, Nahrungsgründe und Winterquartier. Die ganz großen Exemplare unternehmen die weitesten Wanderungen.
Sie schwimmen am effektivsten und können aufgrund ihrer Größe kaltes Wasser am besten vertragen. Je kleiner und jünger die Tiere aber sind, desto stärker werden sie durch höhere geographische Breiten und ausgeprägtere Jahreszeiten in ihrer Verbreitung eingeschränkt.
Das Hauptfortpflanzungsgebiet der großen Adulttiere, die über 1,90 m lang und älter als 9 Jahre sind, liegt im Golf von Mexiko. Dieser tropische und subtropische Bereich bietet das warme Wasser, das die Larven und Jungtiere benötigen. Für die ausgewachsenen Tiere gibt es dort jedoch wenig oder gar keine Nahrung. Deshalb folgen die vom Fortpflanzungsgeschäft „ausgepowerten“ schwachen und hungrigen Tiere nach dem Ablaichen im Mai und Juni dem Golfstrom und ziehen rasch nach Norden in die Küstengewässer Neuenglands und der atlantischen Provinzen Kanadas.
Dort fressen sie sich ausgiebig voll. Ein Teil der Thunfische schwimmt im Juni und August in Richtung Ost-Nordost durch den Atlantik, immer noch mit der Meeresströmung im Uhrzeigersinn. Auf der Suche nach Nahrung gelangen einige Exemplare bis vor die Küsten Skandinaviens, wieder andere durch den Ärmelkanal in die Nordsee. Die einfache Strecke vom Golf von Mexiko durch die Floridastraße bis Neuengland und zum Nordkap beträgt 7500 km und mehr.
Im September und Oktober beginnen diese riesigen Thunfische – jetzt wohlgenährt und fett – von der Nordsee und der norwegischen Küste aus nach Süden in das Winterquartier bei den Kanarischen Inseln zu wandern. Dort kann man sie im November und Dezember finden.
Zur gleichen Zeit begeben sich auch die kleineren Tiere, die im westlichen Nordatlantik zurückgeblieben sind, auf den Weg nach Süden in die Überwinterungsgebiete in der Karibik. Die größere Gruppe im östlichen Atlantik wandert zunächst von den Kanarischen Inseln aus in Richtung Südwesten und Westen durch den Atlantik bis vor die brasilianische Küste – aber immer verläuft die gesamte Jahreswanderung mit der allgemeinen Meeresströmung. Zwischen März und April ziehen die Fische mit der Strömung weiter in Richtung Karibik. Sie folgen damit den Tieren aus dem Westen, die nicht weiter bis nach Norwegen oder zu den Kanaren geschwommen sind, in den Golf von Mexiko. Beide Gruppen pflanzen sich dort während der folgenden zwei Monate fort, und der Zyklus beginnt von neuem.
Grauwal (Eschrichtius robustus)
Ist ein Thalassobiont der gonodrome Wanderungen durchführt.
Die Hauptnahrungsgründe der Grauwale befinden sich von der Beaufortsee bis zum Beringmeer. Von dort wandern sie früh im Winter an den Aleuten vorbei und folgen eng dem Küstenverlauf Alaskas. Sie schwimmen weiter dicht entlang der Küste von British Columbia, Vancouver, Washington, Oregon und der gesamten Küste Kaliforniens. Ziel sind einige seichte Lagunen auf der Pazifikseite von Baja California. Sie haben dann eine Strecke von mindestens 10 000 km zurückgelegt, was Langstreckenrekord unter den Säugetieren bedeutet.
Die ersten Grauwale erreichen die Lagunen bereits im Jänner, der Hauptteil trifft aber in der ersten Februarhälfte ein.
Einige Tiere kehren Jahr für Jahr an ganz bestimmte Stellen zurück. Hier, in den subtropischen Gewässern, paaren sich und kalben die Wale und säugen die Jungen. Solange sich die Regulation der Körpertemperatur noch nicht eingespielt hat sind die kalten Gewässer des sommerlichen Nahrungsgebietes und sogar das warme Wasser des Kalifornienstroms für die Walbabys zu kalt. Ein Grauwalweibchen bekommt in seinem etwa 20 bis 30jährigen Leben um die 12 Junge und pro Geburt eines.
Die Grauwale nehmen immer wieder die gleiche Route, wodurch ihre navigatorischen Fähigkeiten geschärft werden. Sie kommunizieren auch untereinander und bilden Gruppen gleichen Geschlechts und gleicher Größe, was bei den einzelnen Tieren das Lernen und die Ausführung der Navigationsaufgaben fördert.
So können nicht erbliche Informationen weitergegeben werden.
Im Februar und März wandern die Wale außer den Müttern mit Kälbern wieder in Richtung Norden. Sie schwimmen entlang der Küste von einem Küstenvorsprung oder einem Kap zum nächsten. Die Kühe und ihre Kälber folgen erst 2 Monate später, dabei können die Jungen von den Erfahrungen der Mütter profitieren.
Die Grauwale wandern hauptsächlich in Sichtweite des Festlandes oder von Inseln. Sie könnten also Landmarken als Leitlinien für die Navigation einsetzen.
Ein weiterer Hinweis dafür könnte das sogenannte „spy hopping“ sein, wie man das manchmalige Herausstrecken des Kopfes aus dem Wasser nennt.
Richtungsbestimmung und Orientierung
Die Wahl der richtigen Richtung ist für die Navigation äußerst wichtig
Damit ein Tier den richtigen Kurs in Richtung auf sein Ziel einschlägt, benötigt es einen Kompass. So kann es seine Bewegungsachse korrekt ausrichten.
Es gibt drei Möglichkeiten der Steuerung der Bewegungsrichtung. Die erste ist die Orientierung auf ein Ziel zu, die zweite die Orientierung von einem Ziel weg. Diese beiden könnte man auch als positive bzw.
negative Taxis bezeichnen. Bei ihnen tritt eine Steuerung durch das Ziel selbst auf. Bei der dritten Möglichkeit wird ein Kurs nicht direkt zum Bezugspunkt, sondern in einem bestimmten Winkel relativ dazu eingeschlagen. Die Bezugsposition ist nicht selbst das Ziel, sondern dient nur als Navigationshilfe, das Ziel zu finden.
Der Begriff „innerer Kompass der Tiere“ bezieht sich besonders auf diese Art der indirekten Richtungsbestimmung. Damit ein Tier mit Hilfe seines inneren Kompasses den richtigen Kurs einzustellen vermag, muss es den Winkel zwischen der Bezugs- und der Zielrichtung kennen und dazu in der Lage sein ihn zu messen.
Richtungsbestimmung
Was passiert, wenn ein Tier sich auf ein Ziel, z. B. sein zu Hause, zubewegt? Zuerst muss das Tier sein Ziel ausfindig machen und wahrnehmen, egal mit welchem Sinn. Es kann sein zu Hause an einem typischen Signal erkennen, z. B. an einem Farbmuster oder am Geruch.
Als Reize können diese Signale auf zwei Arten wirken. Die eine Möglichkeit ist der kinetische Effekt: Das Tier wird durch den Reiz erregt, so dass es sich schneller bewegt, öfter die Richtung wechselt oder ganz allgemein aufmerksamer wird, ohne jedoch irgendeine bestimmte Orientierung zu zeigen. Der Reiz kann aber auch eine Richtungskomponente enthalten. Hierfür braucht das Tier Signale, die sich mit den Sinnesorganen selbst aus einiger Entfernung wahrnehmen lassen und mit denen sich die Quelle der Signale orten lässt.
Orientierung nach Gradienten
In einer Umgebung mit einem Temperaturgradienten, der sich kontinuierlich von warm nach kalt erstreckt, halten sich frei bewegliche Tiere bevorzugt innerhalb eines bestimmten Temperaturbereiches auf. Die tatsächlich gewählte Temperatur hängt stark von der einzelnen Art und deren Lebensraum ab.
In derselben Weise wählen die Tiere eine Umgebung nach ihrer Lichtintensität oder ihrem Salzgehalt aus. So eine Wahl hängt oftmals einfach von einer kinetischen Reaktion auf einen kontinuierlichen Gradienten ab, in dem sich die Geschwindigkeit der zufälligen Orientierungsbewegung direkt mit der Differenz zwischen aktuellem Salzgehalt, Temperatur oder anderen wahrgenommenen Parametern und dem entsprechenden Optimalbereich ändert. Je näher die Umgebung dem Optimum eines Tieres kommt, desto langsamer wird es. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass es da bleibt wo es sich gerade aufhält. Temperatur und Salinitätsunterschied z. B.
entsprechen damit dem Signal für die Einstellung eines Kurses. So grob solche Reaktionen für die Navigation auch erscheinen mögen, sie führen innerhalb einer begrenzten Umgebung dazu, dass sich das Tier in einem bevorzugten Bereich aufhält und auch dort bleibt, wo die entsprechenden Bedingungen besonders günstig sind. Aus einer ungünstigen oder gar lebensfeindlichen Umgebung wird es sich entfernen.
Der Sonnenkompass
Bezugspunkte am Himmel ermöglichen es, über weite Strecken einem Kurs zu folgen.
Eine Fehlfunktion des Sonnenkompasses könnte erklären, warum Versuche misslangen, Lachse von der nördlichen auf die südliche Hemisphäre zu versetzen, so dass diese Lachspopulation wie üblich ins Meer wandert und sich fortpflanzt. Nur eine kleine Population von Quinnat-Lachsen konnte sich in bestimmten Flüssen auf der Südinsel Neuseelands etablieren.
Da die Wanderung der Sonne außerhalb der Tropen auf den beiden Hemisphären genau in umgekehrter Richtung verläuft, könnte ein Fisch aus der nördlichen Hemisphäre, der sich ausschließlich auf den Sonnenkompass entsprechend seiner Heimat verlässt, eventuell auf der Südhalbkugel nicht vernünftig navigieren.
Die Tiere müssen einen inneren Zeitsinn besitzen, damit sie den Sonnenkompass um die Bewegung der Sonne korrigieren können. Ein Versuch bei Staren belegt dies: Es wurden Tiere darauf dressiert bei klarem Himmel in einer bestimmten Richtung nach Futter zu suchen. Danach wurden sie im Labor einem künstlichen Tag ausgesetzt. Der Beginn von Tag und Nacht war jeweils um 6 Stunden verschoben. Die Stare stellten sich darauf ein.
Da die Sonne am Himmel in 6 Stunden um 90 Grad weiterwandert, suchten sie, als sie wieder freigelassen wurden um diese 90 Grad von der Dressurrichtung verschoben nach Futter.
Die Verwendung eines Sternenkompasses ist unter Wasser ziemlich unwahrscheinlich, da Licht in Wasser stark absorbiert, gestreut und auch von Wellen abgelenkt wird, sind Sterne im Wasser selten sichtbar.
Da man den Mond nur zu bestimmten und wechselnden Zeiten sehen kann, ist auch der Nutzen eines Mondkompasses für die Navigation eingeschränkt.
Orientierung mit Hilfe polarisierten Lichtes
Sie wurde von Karl von Frisch anhand von Bienen bewiesen. Doch auch andere Tiere verwenden sie. Der Vorteil hier ist, dass nur ein kleines Stück blauer Himmel notwendig ist.
Die Polarisation des Himmelslichtes
Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen, die senkrecht zu ihrer Ausbreitungsrichtung schwingen. In Sonnenstrahlen schwingen die Wellen in allen möglichen Ebenen, was bedeutet, dass ihr Licht nicht polarisiert ist. Polarisiertes Licht enthält nur eine Schwingungsebene – die Polarisationsebene oder den E-Vektor. Himmelslicht ist teilweise polarisiert, da hier mehr Wellen in einer bestimmten Ebene schwingen, als in irgendwelchen anderen. Sowohl das Himmelsblau als auch die Polarisation entstehen durch die Streuung des Sonnenlichtes an Molekülen in der Atmosphäre. Das gestreute Himmelslicht ist senkrecht zur ursprünglichen Ausbreitungsrichtung der Sonnenstrahlen polarisiert.
Somit hat das gesamte Himmelsblau ein E-Vektor-Muster, das wie die Breitengrade auf einer Himmelskugel angeordnet ist, mit der Sonne am einen Pol und der „Antisonne“ am anderen. Von einem Beobachter auf der Erdoberfläche aus gesehen reicht die Polarisation von null an beiden Polen bis zu einem Band mit einem Maximum von 70 bis 80% im Bereich des Äquators der Himmelssphäre.
Entsprechend dem Sonnenstand zwischen Auf- und Untergangspunkt dreht sich das ganze Polarisationsmuster des Himmels. Anhand von 2 auffälligen Tatsachen wird diese Bewegung deutlich: An den Polarisations-„Löchern“ in der Nähe der Sonne und der Antisonne so wie vor allem am Band der maximalen Polarisation, das sich im Winkel von 90 Grad zwischen den beiden Polen erstreckt. In Äquatornähe kann man beobachten, wie dieses Band, das zweifellos die Hauptinformation für einen Kompass enthält, bei Sonnenaufgang nördlich und südlich durch den Zenit verläuft, sich bis Mittag nach Westen und nach unten dreht, dann vom östlichen Horizont im Osten aufsteigt und schließlich wieder in den Zenit bei Sonnenuntergang kommt. In gemäßigten und polaren Breiten sind die Polarisationsveränderungen noch komplizierter und hängen wie die Sonnenbahn zusätzlich von den Jahreszeiten ab.
Kurz gesagt erweitert der Polarisationskompass den Nutzen der Sonne als Hilfsmittel bei der Richtungsbestimmung. Tiere die diesen Himmelskompass einsetzen, brauchen sich nicht auf das Bild der Sonne als Bezugspunkt zu verlassen, das weniger als ein Grad im Durchmesser ausmacht, sondern können die Richtungen aus der Verteilung der E-Vektoren ablesen, die sich über den größten Teil der Himmelssphäre erstrecken.
Die Wahrnehmung des E-Vektors
Bestimmte Fische können sich, wie in Experimenten nachgewiesen wurde, anhand der Polarisationsebene orientieren. Zuverlässige Belege für die Anwendung des polarisierten Lichtes fehlen jedoch noch weitgehend. Nur Verhaltensexperimente mit juvenilen Blaurücken-Lachsen untermauern diese Theorie. Auch der Wahrnehmungsmechanismus von polarisiertem Licht bei Wirbeltieren ist noch nicht geklärt.
Bei Versuchen mit Goldfischen wurde zwar herausgefunden, dass Nervenzellen im Sehfeld des Gehirns eine hohe Empfindlichkeit gegenüber der Richtung des E-Vektors aufweisen. Wie eine solche Unterscheidung im Auge selbst entsteht weiß man aber noch nicht.
Die Polarisation unter Wasser
Polarisationsmuster unter Wasser bilden sich hauptsächlich durch Streuung von Lichtstrahlen im Wasser. Die Streuung bestimmt sowohl die Richtung der Polarisationsebene als auch den Grad der Polarisation. Eine maximale Polarisation wird im rechten Winkel zur Ausbreitungsrichtung des Lichtes erreicht und kann in klaren, natürlichen Gewässern bis zu 60 Prozent betragen. Aus allen Blickrichtungen scheinen die entsprechenden E-Vektoren senkrecht zu der Richtung der Lichtstrahlen zu verlaufen.
Die Polarisation unter Wasser füllt das gesamte Blickfeld aus, nicht nur dessen obere Hälfte. Die Sonne und den ganzen Himmel (einschließlich seiner Polarisation) kann man von einem Bereich dicht unter der Wasseroberfläche aus gut sehen. Punkt, die am Horizont in der Luft um 180 Grad auseinander liegen, erscheinen unter Wasser aufgrund der Strahlenbrechung an der Wasseroberfläche auf einen Winkel von 97,2 Grad komprimiert. Den eingeschränkten Winkel des Gesichtsfeldes, den der ganze Horizont unter Wasser einnimmt, nennt man Snells Fenster. In dem übrigen Blickfeld unter Wasser werden die Polarisationsmuster von dem Medium Wasser bestimmt.
Die Polarisation unter Wasser könnte genauso wie die des Himmels als Kompass für die Navigation bei Tieren eingesetzt werden, denn auch hier lässt sich der Sonnenstand direkt aus dem Muster des E-Vektors bestimmen.
Im Gegensatz zur Sonnenscheibe selbst ist das Polarisationsmuster noch bis in größere Tiefen zu sehen. Die spezifische Ausrichtung des E-Vektors sollte in größeren Tiefen jedoch weiter abnehmen. Dennoch bleibt die Polarisation an sich noch bis in eine Tiefe bestehen, in die das sichtbare Licht vordringen kann (ungefähr 1200- 1500 m im klarsten Meerwasser). Der Sonnenkompass hingegen ist schon ab 400-500 m Tiefe nicht mehr einsatzfähig.
Wir wissen, dass zahlreiche Wassertiere wie Krebse, Weichtiere und Fische eine hohe Empfindlichkeit für Polarisation aufweisen, es ist jedoch noch viel Forschungsarbeit nötig, um zu belegen, dass vielen Tieren im Wasser die Fähigkeit zur Unterscheidung der Polarisationsebene bei der optischen Navigation hilft.
Richtungsbestimmung mit Hilfe von Chemorezeptoren
Das Heimfindevermögen der Lachse
Die Lachse bieten ein eindrucksvolles Beispiel für die chemische Navigation.
Dass sie wieder in ihre Geburtsgewässer zurückfinden beruht auf Substanzen in diesen, die sie über ihren Geruchssinn wahrnehmen. Doch man kann bisher noch nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich bei den Geruchsstoffen um Pheromone oder irgendwelche anderen chemischen Marken handelt.
In einem entscheidenden Experiment konnte man bereits vor langem zeigen, dass flussaufwärts wandernde Kisutsch-Lachse die Fähigkeit verlieren, die richtige Flussverzweigung zu wählen, wenn man ihre Nasenhöhlen mit Baumwollmull verschließt: Man fing Tiere (insgesamt 302) kurz nach einer Gabelung in einem Fluss. Jeder Fisch wurde markiert, je nachdem, ob er im östlichen oder im westlichen Flussarm gefangen worden war, und man verstopfte dann die Nasenhöhlen bei jeweils der Hälfte der Tiere. Die übrigen Fische jeder Gruppe wurden als Kontrollen nur markiert. Danach ließ man alle Lachse wieder unterhalb der Gabelung frei.
In den flussaufwärts in jedem Flussarm aufgestellten Reusen fing man 143 Tiere erneut ein. Unter den Kontrollen hatten alle Wiederfänge aus dem westlichen und 70% aus dem östlichen Flussarm die gleiche Strecke wie beim ersten Mal gewählt. Die Lachse, deren Geruchssinn man blockiert hatte, fand man jedoch wie zufällig verteilt überall wieder.
Welchen chemischen Schlüsselsubstanzen folgen die Lachse auf ihrem Weg flussaufwärts in die Heimatgewässer? Arthur Hasler und Warren Wisby stellten 1950 die Hypothese auf, dass es sich bei den entscheidenden Molekülen um natürliche, im Wasser gelöste Substanzen handelt, die von den frischgeschlüpften Fischen als erste wahrgenommen werden. Diese Gerüche, die typisch sein sollten für den gesamten Heimatfluss, müssten sie während der gesamten Wachstums- und Reifezeit im Meer in Erinnerung behalten. Sie würden den Adulttieren später helfen, zu den Mündungen ihrer Heimatflüsse zurückzukehren, flussaufwärts zu schwimmen und an ihre Laichplätze zurückzufinden.
Nach dieser Hypothese verursachen Moleküle aus abgeschwemmter Erde sowie von verschiedenen Land- und Wasserpflanzen den typischen Heimatgeruch. Während eines kurzen Zeitabschnitts können die kleinen Jungfische auf solche lokalen, charakteristischen Duftgemische geprägt werden. Wenn die heimkehrenden Tiere dann 1-5 Jahre später diesem Geruch folgen, sollten sie genau an ihren Geburtsort zurückfinden.
30 Jahre nachdem diese Hypothese aufgestellt worden war, führten Hasler und seine Kollegen ein Experiment, das diese belegen sollte, mit Kisutsch-Lachsen durch. Tausende junger Lachse wurden auf eine bestimmte Substanz geprägt, ausgesetzt und dann über einen Zeitraum von 3 Jahren beobachtet: 2 Gruppen prägte man in einer Zuchtanlage jeweils auf Morpholin bzw. auf Phenylalkohol, die dem Wasser in winzigen Mengen zugegeben wurden.
Eine dritte Gruppe, die Kontrollen, wurde keinem der beiden Stoffe ausgesetzt. An dieser groß angelegten Untersuchung waren im ersten Jahr in jeder Gruppe 5000 Fische und im zweiten Jahr jeweils 10 000 beteiligt. Alle Tiere wurden an den Flossen markiert, so dass man ihre Gruppenzugehörigkeit erkennen konnte. Dann ließ man sie frei, auf halbem Weg zwischen 2 Strömen, die man später mit den beiden Konditionierungssubstanzen versetzen wollte. 18 Monate später, als die Fische geschlechtsreif sein mussten und damit bereit zu ihrer Wanderung flussaufwärts, gab man in Fluss A tropfenweise Phenylalkohol und in den 9 km davon entfernten Fluss B Morpholin. Diese beiden Flüsse und 17 weitere (insgesamt eine Uferlinie von 200 km) beobachtete man dann intensiv.
Obwohl man nur etwa 3% der insgesamt 45 000 Tiere wieder einfing, lieferten sie doch überzeugende Belege dafür, dass Lachse ihren Heimweg über den Geruchssinn finden: Bei 75% aller Wiederfänge handelte es sich um Tiere, die man auf eine bestimmte Substanz geprägt hatte und die dann auch von dem Fluss „ihrer“ Substanz angelockt worden waren. Über 93% der Morpholin-exponierten Tiere fing man in Fluss B wieder, 92% der Phenylalkohol-exponierten Fische in Fluss A. Die Kontrollen hingegen fand man weit verstreut in 15 der beobachteten 19 Flüsse.
Kann man nun aber die Ergebnisse, die man mit künstlichen Substanzen erzielt hat, auf normalerweise natürlich vorkommende Stoffe übertragen? Aus Versuchen ist bekannt, dass Geruchsrezeptoren stark auf bestimmte organische Moleküle aus dem Schleim der Fischhaut ansprechen. Aus anderen Experimenten wissen wir, dass Fische zwischen bekannten und unbekannten natürlichen Gewässern unterscheiden können.
Doch weiß man nicht, ob es sich bei den Geruchsstoffen um Ionen und Mineralien, um organische Substanzen von anderen Organismen oder um chemische Substanzen handelt, die Mitglieder der gleichen Lachspopulation erzeugt haben.
Nach Meinung einiger Biologen sind möglicherweise Pheromone am Heimfindevermögen beteiligt. Aber auch Schleimstoffe oder Kotreste von Tieren späterer Generationen, die noch in den Heimatgewässern leben, könnten die richtungsweisenden Schlüsselsubstanzen für die laichbereiten Rückkehrer sein. Unabhängig davon, welches die spezifischen Moleküle sein mögen, können Lachse – und möglicherweise auch viele anderen wandernden Fische – auf jeden Fall einer chemischen Spur im Wasser folgen. Blaurücken-Lachse können offensichtlich Flusswasser im Meer in einer Entfernung von 300 km zur Mündung erkennen. Man hat auch beobachtet, wie Lachse an einer Flussgabelung über den Bereich der höchsten Duftkonzentration hinaus- und wieder zurückschwammen. Entscheiden sie sich für den falschen Flussarm, dann stoppen die Tiere und lassen sich zurücktreiben, bis sie erneut auf ihren Heimatgeruch treffen.
Richtungsbestimmung mit Hilfe von Thermorezeptoren
Im Stoffwechsel wird Wärme freigesetzt. Säuger halten über ihren Stoffwechsel eine konstante Körpertemperatur aufrecht.
Die meisten Fische geben Wärme ab. Ihre Körpertemperatur gleicht sich der Umgebung an oder liegt nur wenig darüber. Die verschiedenen Beziehungen zwischen Wärmeproduktion, -übertragung und –abgabe bilden das Umfeld, in dem die Thermorezeptoren der Tiere funktionieren. Diese Prozesse ermöglichen es den Sinnesorganen, bei der Richtungsbestimmung mitzuwirken.
Temperaturpräferenzen
Nur wenige Tiere können aus abgestrahlter Wärme genau deren Herkunftsrichtung ablesen. Doch viele nutzen ihre Wahrnehmungsfähigkeit anderweitig zur Richtungsbestimmung.
Tiere können Temperatur wahrnehmen, und zwar über den Kontakt mit dem umgebenden Medium (Wasser). Tiere, die ihre Umgebungstemperatur frei wählen können, suchen normalerweise einen Bereich mit bestimmter Vorzugstemperatur auf und meiden andere. Diese Temperatur unterscheidet sich von Art zu Art und ändert sich auch innerhalb einer Spezies je nach den Lebensbedingungen: Wasser nahe am Gefrierpunkt eignet sich für arktische Fische, wäre jedoch für tropische tödlich. Die weltweite Verbreitung der Organismen weist eine starke Übereinstimmung mit dem globalen Temperaturmuster auf und dessen täglichen, jahreszeitlichen und langfristigen Änderungen.
So kann man beispielsweise die Entwicklung und die saisonalen Wanderungen des Gewöhnlichen Thunfisches, (zumindest in groben Zügen) in Verbindung sehen mit der sich ändernden Verteilung der Wassertemperatur über das Jahr hinweg. So eine Beziehung zeigt sich bei der Wanderung der Alse besonders deutlich.
Temperaturgradienten oder warme bzw. kalte Wasserströmungen enthalten für jedes Tier, das sie wahrnehmen kann, eine Information über die Richtung. Jahreszeitliche Temperaturänderungen sind in vielen Fällen ohne Zweifel ein Hauptparameter, der den Aufbruch zu Wanderungen einleitet, aber stellen sie auch eine Hilfe bei der Richtungsbestimmung dar? Biologen haben Vermutungen darüber angestellt, in welchem Maße Tiere Temperaturunterschiede im Raum zu ihrer Orientierung einsetzen könnten. So treten etwa bei relativ schnell fließenden Meeresströmungen oder bei einzelnen warmen oder kalten Wasserwirbeln an ihren Rändern oftmals ziemlich steile Temperaturgradienten auf.
Können Fische und Wale auf ihren Wanderungen solche Gradienten als Seemarken oder Unterwasserpfade nutzen, und können sie ihnen mit Hilfe der Thermorezeption folgen? Im Meer ziehende Tiere erstellen sich aufgrund solcher Hinweise möglicherweise eine Art Kompass oder eine Art thermische Karte. Ein Wissenschaftler, der die Route von Europäischen Aalen und Atlantischen Lachsen verfolgt hatte, zog daraus den Schluss, dass diese Fische auf spezifische Temperaturmuster reagieren und danach ihren Weg finden. Alle Tiere besitzen sicherlich die für ein solches Verhalten nötigen Sensoren.
Die Wanderungen der Alse
Die Wanderungen der westatlantischen Population der Amerikanischen Alse (Alosa sapidissima) stehen mit thermischen Reizen in engem Zusammenhang. Wie der Lachs ist die Alse ein anadromer Fisch: Im Meer gelangt sie im Laufe von 3-6 Jahren zur Geschlechtsreife und kehrt dann exakt in ihre jeweiligen Geburtsflüsse in Nordamerika zurück, um dort abzulaichen. Die Laichgebiete dieser Art erstrecken sich vom nördlichen Florida bis zu den atlantischen Provinzen von Kanada.
Im Frühjahr schwimmen die Jungtiere flussabwärts und weiter ins Meer in den Schelfbereich. Im Winter sammeln sie sich aus Norden und Süden in einer Bucht im Mittelatlantik zwischen 39 und 41 Grad nördlicher Breite. Dort hält sich die Alse bevorzugt in einem schmalen Korridor auf, in dem die Temperatur am Boden zwischen 3 und 15°C liegt.
Im Frühjahr erwärmt sich das Wasser im Schelfbereich bis auf eine Temperatur, die den Heimatflüssen entspricht. Dann kehren die verschiedenen Populationen in ihre jeweiligen Laichgebiete zurück, und zwar zuerst jene Tiere aus dem Südwesten, als letzte jene aus dem Nordwesten – so wie sich das Wasser entlang der Küste erwärmt. Die Alse erreicht bereits im Jänner die am weitesten südlich gelegenen Laichgebiete im Saint Johns River in Florida.
In den nördlichsten Gründen im Sankt-Lorenz-Strom, die von jenen 2200 km entfernt liegen, trifft sie erst im Juli ein.
Die Verbreitung und die Wanderung dieser Art sind zu einem bemerkenswerten Grad an die Meer- und Flusstemperatur gebunden. Man weiß jedoch noch nicht, ob die Temperaturgradienten und ihre jahreszeitlichen Änderungen die hierfür nötige Richtungsinformation enthalten. Es gilt als beinahe sicher, dass außer thermischen Reizen auch chemische Besonderheiten des Heimatflusses, Reaktionen auf Strömungen des Süßwasserflusses und die Verfügbarkeit von Nahrung beim Heimfinden eine Rolle spielen.
Magnetfeldorientierung
Biologen fragen sich ob Fische, die wie Lachs, Thunfisch oder Aal sehr weite Strecken im Meer zurücklegen, vielleicht das Erdmagnetfeld direkt wahrnehmen können. Trotz intensiver Forschung an mehreren Lachsarten ist ein Hinweis auf Magnetrezeptoren noch unvollständig und in mancher Hinsicht widersprüchlich:
u Juvenile Blaurücken-Lachse vermögen sich beispielsweise an schwachen Magnetfeldern zu orientieren.
Es sieht aber nicht so aus, als besäßen sie Magnetitpartikel, die den Mechanismus für einen gut verstandenen biologischen Kompass bilden könnten.
u Dagegen fand man im vorderen Schädelknorpel des nahe verwandten Quinnat für diesen Zweck geeignete, hintereinander angeordnete Magnetitteilchen. Die notwendigen Verhaltensuntersuchungen sind bei dieser Art allerdings noch nicht durchgeführt worden.
u Auch die Larven des Keta-Lachses zeigten teilweise Reaktionen auf eine Drehung der horizontalen Komponente des Erdmagnetfeldes um 90 Grad. Man hat bei diesen Untersuchungen aber nicht auf Magnetitteilchen geachtet.
u Man führte auch ein Experiment durch, bei dem man juvenilen Keta-Lachsen magnetisierbare Drähte in die Kopfhaut einpflanzte.
Sie verhielten sich in einem veränderten Magnetfeld jedoch nicht anders als die Kontrolltiere im normalen Feld.
Somit lässt sich die heutige Information über die Orientierung der Pazifischen Lachse im Erdmagnetfeld nur schwer verallgemeinern.
In ähnlicher Weise erschweren unvollständige und teilweise widersprüchliche Berichte über die Auswirkungen eines Magnetfeldes auf den Atlantischen Aal den Nachweis, welche Bedeutung die magnetischen Kräfte für die Navigation der Fische haben.
Wie Konditionierungsexperimente mit jungen Gelbflossen-Thunfischen gezeigt haben, können sie zwischen dem normalen und einem veränderten Erdmagnetfeld unterscheiden. Weitere Erkenntnisse liegen jedoch nicht vor.
Neuere Untersuchungen über gestrandete Wale lassen vermuten, dass sich diese auf die Magnetfeldorientierung verlassen, indem sie dem Magnetmuster folgen, das sich durch geologische Prozesse auf dem Meeresboden ausgebildet hat.
Wenn sie diesen Leitlinien zu weit folgen, könnte das zum Stranden führen
Welchen Rezeptortyp könnten Tiere besitzen um, Magnetfelder wahrzunehmen? Haben sich Rezeptororgane entwickelt, die direkt auf eine oder mehrere Größen des Erd- oder lokalen Magnetfeldes reagieren können? Bis heute erachten Wissenschaftler die Suche nach solchen Sinnesorganen bei Tieren als äußerst schwierig. Manche zweifeln sogar, dass spezielle Magnetrezeptoren überhaupt existieren.
Die innere Uhr
Wie stimmen Tiere zeitlich die Zyklen ab, die ein Jahr oder länger dauern? Das endokrine System der Wirbeltiere hilft bei der Regulation solcher langsamen Rhythmen. Mehrere Teile dieses komplizierten Netzwerkes mit Hypophyse Pinealorgan und Hypothalamus programmieren und kontrollieren das Wanderverhalten. Die Hormone Prolactin und Corticosteron z. B.
beeinflussen das Wanderverhalten von Lachsen, weil sie eine wichtige Rolle im Mineral- und Wasserhaushalt bei Fischen spielen. Sie sind damit z. B. für den Übergang vom Süßwasser ins Meer von Bedeutung. Eine erhöhte Schilddrüsenaktivität induziert die Geschlechtsreife der Lachse. Sie setzt ein, bevor die Fische stromabwärts wandern.
Die zum Meer gerichtete Wanderung des im Nordatlantik vorkommenden Aales fällt mit seiner Geschlechtsreife und der Metamorphose zum Silberaal zusammen. Laboruntersuchungen an Aalen, die man künstlich mittels Hypophysenextrakten und gonadotropen Hormonen zur Reife gebracht hat, könnten helfen, die Kontrollsysteme zu verstehen, welche die spektakulären Wanderungen dieser Art zeitlich regulieren.
Auf die Population bezogen treten bei verschiedenen Fischen Entwicklungsprozesse, die mehrere Jahre dauern, als jahreszeitliche Ereignisse wohl jedes Jahr auf – dagegen erstrecken sie sich bei dem Individuum auf mehrere Jahre. Die Pazifischen Lachse und Aale aus dem Atlantik z. B. durchlaufen im Leben nur einen einzigen vollständigen Migrationszyklus.
Und obwohl zwischen Anfang und Ende dieser Wanderung 2-5 oder sogar noch mehr Jahre liegen können, ist sie zeitlich für gewöhnlich so abgestimmt, dass sie mit lokalen, täglichen oder jahreszeitlichen Umweltereignissen übereinstimmt.
Warum Tiere wandern
Adaption und Migration
Der Lebensraum eines Tieres muss alle primären Bedürfnisse befriedigen. Er muss geeignete physikalische und chemische Eigenschaften bezüglich Temperatur-, Wasser-, Mineralien- und Sauerstoffhaushalt aufweisen. Des weiteren muss die richtige Sorte und Menge an Futter zur Verfügung stehen, um die nötige Energie für ein Überleben, für Wachstum und Fortpflanzung zu liefern. Um sich geschlechtlich fortpflanzen zu können, müssen Geschlechtspartner erreichbar sein. Doch kommt das alles nicht gleichmäßig verteilt über den gesamten Lebensraum vor, daher braucht ein Tier Lokomotion und Navigation auch dafür, um entsprechende Parameter in seiner Umgebung zu finden oder zu vermeiden.
So bestimmen die zeitliche und räumliche Vielfalt der Erde und die komplexen Bedürfnisse einzelner Tiere den möglichen Nutzen von Migration und damit der Navigation.
Reaktionen auf ungünstige Verhältnisse
Verschiedene Alternativen stehen den Tieren offen, um schädliche Auswirkungen einer ungünstigen Jahreszeit so gering wie möglich zu halten. Eine Möglichkeit, die sich bietet, ist die Migration an einen Ort mit günstigeren Lebensbedingungen.
Die Lebensweise vieler Tiere besteht in periodischen Wanderungen von einem Teil ihres Lebensraumes in einen anderen. Eine solche Gewohnheit könnte durch Erkundung, die zu einer günstigen Entdeckung geführt hat, oder durch den Versuch entstanden sein, zeitweilig auftretenden, widrigen Umweltbedingungen zu entkommen. Verbessert das Tier durch Migration seinen Lebensraum erheblich, könnte sich dies in erfolgreicher Fortpflanzung bezahlt machen.
Dass die Mehrzahl kommerziell wichtiger Fischarten ein ausgeprägtes Wanderverhalten zeigt, unterstützt diese Hypothese. Es liegt auf der Hand, dass der Wechsel von einem produktiven Nahrungsgebiet in das nächste zu ihren riesigen Populationszahlen beiträgt.
Lebenszyklen und Fortpflanzung
Es überrascht nicht, dass endokrine und andere Stoffe, die die jahreszeitlichen Wanderungen regulieren, auch Fortpflanzung und Entwicklung steuern. Tatsächlich kann man die Migration eines Tieres als Teil seines Lebenszyklus betrachten, wie bei den Grauwalen, die in den Süden ziehen um zu kalben.
Die meisten Tiere, die weite Strecken zurücklegen, zeigen ein auf die jeweilige Jahreszeit gut abgestimmtes Programm zur Kontrolle ihrer Ruhe- und Wanderphasen. So gehen oftmals Wochen oder Monate an physiologischer Vorbereitungszeit der Wanderung voraus, besonders als Anlage von Fettpolstern als Energiequelle.
Nach einer Hypothese schließen sich Reifung und Wanderung bei juvenilen Lachsen gegenseitig aus. Das Verhalten tendiert je nach Umweltbedingungen in die eine oder andere Richtung. Ist genügend Futter vorhanden, stellt der junge Lachs die Wanderung flussabwärts und die Adaption an das Salzwasser zurück. In diesem Fall erfolgt anschließend schnell die Geschlechtsreife. Die frühreifen, nicht wandernden Lachse sind bei der Fortpflanzung kleiner als jene Tiere, die ins Meer wandern und noch über einen längeren Zeitraum Nahrung zu sich genommen haben. Diese Hypothese vermag zu erklären, warum im Sankt-Lorenz-Strom, dessen Bestand an Atlantischen Lachsen durch Überfischen und Wasserverschmutzung dezimiert worden ist, kürzlich viele kleine, geschlechtsreife und sesshafte Tiere gefunden wurden.
Nimmt eine natürliche Lachspopulation beispielsweise durch starke Überfischung im Meer ab, dann könnte sich durch natürliche Selektion eine Verschiebung in den genetisch festgelegten Verhaltensweisen ergeben. Dann wären Gene, die einen starken Trieb, ins Meer zu wandern, vermitteln, selbstmörderisch. Viele Fische mit diesen Genen würden eliminiert werden. Fische dagegen, deren Gene sie schnell reifen lassen, hätten eine höhere Chance zu überleben und würden bald einen größeren Teil der Population ausmachen.
Ein Vergleich des Lebenszyklus des anadromen Lachses mit dem des catadromen Aales erinnert uns daran, dass das Wanderverhalten einer Art zum Teil von seiner Entwicklungsgeschichte bestimmt wurde. Der Lachs muss normalerweise ins Meer wandern, um dort zu fressen, heranzuwachsen und die Geschlechtsreife zu erlangen.
Der Aal dagegen ernährt sich überwiegend im Süßwasser, wo er auch den größten Teil des Wachstumsprozesses durchmacht. Er wandert erst als großer, fast geschlechtsreifer Silberaal ins Meer, der aber keine Nahrung mehr zu sich nimmt. Wie kann man diesen scheinbaren Widerspruch erklären? Die Entwicklungsgeschichte der verschiedenen Populationen, Arten und übergeordneten Gruppen muss dabei natürlich eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Möglichkeiten und Hindernisse während der Evolution sowie die Fähigkeit, mit diesen umzugehen, waren zweifellos für jede Spezies einzigartig. So haben sich Aale vermutlich in Gebieten mit tropischem Klima zu Zeiten entwickelt, als Flüsse bessere Ernährungs- und Wachstumsbedingungen boten als das Meer, welches aber bessere Laichgründe hatte. Durch natürliche Selektion individueller genetischer Unterschiede hat der Gesamterfolg bzw.
–misserfolg bestimmter Verhaltensweisen dazu geführt, dass die Arten heute deutlich voneinander verschieden sind.
Gene und Migration
Die ererbte genetische Ausstattung eines Tieres ist die grundlegende Informationsquelle für die Navigation. Die von den Eltern ererbten Gene bestimmen weitgehend das Wesen eines Tieres und damit, wozu es fähig ist und wozu nicht. Diese genetisch festgelegten Eigenschaften und Fähigkeiten der Tiere prägen sich auf ihre ererbten navigatorischen und migratorischen Fähigkeiten aus. Zusätzlich können verschiedene Verhaltenskomponenten selbst unter einer direkten genetischen Kontrolle stehen. Doch gibt es bis jetzt, außer für Lachse, kaum Daten über die genetische Kontrolle der Migration.
Genetik, Umwelt und Migration über weite Strecken
Wildpopulationen von Atlantischen und Pazifischen Lachsen, die aus verschiedenen Flüssen stammen, unterscheiden sich recht deutlich in ihren genetisch bestimmten biochemischen Merkmalen und in ihrem Verhalten. Da die einzelnen Gruppen vom Meer aus ziemlich genau ihre jeweiligen Laichgründe finden, kreuzen sie sich normalerweise nicht untereinander. Aus diesem Grund lässt sich an ihrer Erbmasse eine genetische Drift beobachten. Die für jede Gruppe charakteristische genetische Ausstattung bestimmt zweifelsohne einige Merkmale im Wanderverhalten und auch andere Eigenarten. Daher können sich in der Regel keine Lachse, die man in einen anderen Fluss umgesetzt hat, dort von alleine halten. Das Wanderverhalten wird demnach zum Teil durch genetische Faktoren bestimmt, zum Teil durch Prägung und Chemotaxis.
Bei Versuchen, den Zustand einer gefährdeten Population zu verbessern, befruchtete man aus anderen Gebieten eingeführte Weibchen mit Spermien der in dieser Region noch vorhandenen Tiere. Das Verhalten der gemeinsamen Nachkommenschaft ähnelte in bezug auf Überlebensfähigkeit und Rückkehr in die Küstengewässer dem der Kontrollgruppe. Aber entschieden weniger Tiere wanderten wieder die heimischen Flüsse hinauf.
Hinsichtlich der genetischen Ausstattung der Lachse und Lachsverwandten (Salmonidae) gibt es einen recht ungewöhnlichen Gesichtspunkt: Vor Jahrtausenden verdoppelte sich offensichtlich der Chromosomensatz ihrer Vorfahren und blieb seitdem in der ganzen Gruppe erhalten. Damit enthält eine Körperzelle dieser Familie statt dem sonst üblichen diploiden Chromosomensatz jeweils einen tetraploiden. Solche Vervielfachungen der Erbsubstanz werden als mögliche Erklärung dafür angesehen, dass diese Fische sich außerordentlich gut sowohl an Salzwasser wie auch an Süßwasser anpassen können und damit ein beachtenswertes anadromes Verhalten zeigen.
Unter den Aalarten aus dem Nordatlantik – die einen diploiden Chromosomensatz besitzen – gibt es weder beim Europäischen noch beim Amerikanischen Aal Populationen mit genetischen Abweichungen. Im Gegensatz zu den Lachsen, die jeweils auf bestimmte Flüsse beschränkt sind, gibt es bei Aalen große homogene Laichpopulationen, und die Larven verteilen sich über weite Gebiete. Dies führt zu der beobachteten Einheitlichkeit innerhalb jeder Aalart auf beiden Seiten des Nordatlantik. Doch zwischen den Amerikanischen und den Europäischen Aalen bestehen deutliche Unterschiede, vermutlich auch hinsichtlich gewisser Erbfaktoren, die das Wanderverhalten steuern.
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