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  Krebsprävention mit schmerzmitteln

  Krebsprävention mit Schmerzmitteln   Von Friedrich Marks und Gerhard Fürstenberger Aus: Spektrum der Wissenschaften 2/99   Da krebsauslösende Faktoren entweder noch unidentifiziert oder schwer umgehbar sind, wurde die Idee der Chemoprävention (Krebsvorbeugung durch Medikamente) geboren und seit ca. 25 Jahren (bisher recht erfolglos) diskutiert. Neue Ansätze bieten Medikamente wie Aspirin.     Die Denver-Studie Bei der Untersuchung von Polypose-Patienten beobachtete man nach der Verabreichung von Sulindac gegen gewisse Folgen einer Operation (gleicher Wirkstoff wie Aspirin: Acetylsalicylsäure) Zurückbildung und reduziertes Nachwachsen von Polypen. Das Präparat wirkte jedoch nicht bei bösartigen Tumoren; ferner hielt die Wirkung nur an, solange Sulindac weiterhin verabreicht wurde. (Polypose: eher seltene Erbkrankheit, bei der knorrige Wucherungen im Dickdarm auftreten, die zwar gutartig sind, jedoch oft entarten und deshalb operativ entfernt werden)   Die Melbourne-Studie: Befragung von 700 Leuten, davon die Hälfte an Darmkrebs erkrankt.

Beobachtung : Besonders viele der Gesunden nahmen regelmäßig Acetylsalicylsäure-Mittel ein Das Dickdarmkrebs- Risiko sank um 50% (trotz unoptimiertem Einnahmeschema und der Gefährlichkeit und Häufigkeit von Dickdarmkrebs)     Krebs   -Initiation: Durch latenten Genschaden wird die Neigung der Zelle zur Teilung angeregt, (aufgrund von Vererbung, Kanzerogenen, Strahlung, Viren): Die genreparierenden Suppressorgene sind beschädigt oder teilungssteuernde Gene mutieren zu hyperaktiven Onkogene. Die Wahrscheinlichkeit für jede einzelne Krebsvorläuferzelle, weiter zu mutieren ist fast Null.   -Promotion : Promovierende Faktoren, die oft selbst nicht krebserregend sind, entzünden das Gewebe(z.B. Alkohol, UV-Licht, Tabakrauch, körpereigene Stoffe wie Hormone). Die Zelle teilt sich noch schneller; ein gutartiges Geschwür (Papillom) entsteht.

Das Gleichgewicht zwischen Teilung und vom Körper programmierten Zelltod verschiebt sich, da die Zelle auf die „Todessignale“ schwächer, auf die Anregung zur Teilung stärker reagiert (Abb.1).   -maligne Progression: Durch wiederholte Mutation entartet der Tumor und wird bösartig. Er entzieht dem Nachbargewebe Nährstoffe und schickt Metastasen (Tochtergeschwüre) aus. Die Prozession kann spontan stattfinden oder eingeleitet werden durch äußere Faktoren     Aspirin..

.   ...hat den Wirkstoff Acetylsalicylsäure, welche als Prototyp einer ganzen Gruppe von entzündungshemmenden und schmerzlindernden Stoffen dient, den NSAID (nonsteroidal anti-inflammatory drugs , zur Unterscheidung von den ebenfalls entzündungshemmenden Steroiden). Diese greifen an, indem sie die Bildung von Gewebshormonen wie Prostaglandinen und Thromboxanen durch „Lahmlegen“ der verantwortlichen Enzyme verhindern.

                    Gewebshormone   Thromboxane: Sind verantwortlich für die Blutgerinnung, was vorteilhaft bei Verletzung aber schädlich bei Thrombose, Herzinfarkt oder Schlaganfällen ist.   Prostaglandine: Werden bei Bedarf für kurze Zeit von fast allen Zellen produziert; im Tumorgewebe sind sie jedoch ständig in hohen Dosen vorhanden. Sie sind verantwortlich für Wundheilung, Immunabwehr, Schutz vor Selbstverdauung, Nierenfunktion, Entzündungen, und sie erhöhen die Empfindlichkeit der Schmerzrezeptoren. Prostaglandine werden von den Syntheseenzymen Cyclo-Oxygenase I und II (auch COX I u. II) hergestellt. Die Behandlung mit einem COX-Inhibitor (Hemmer, Inaktivator) wie Aspirin normalisiert den Prostaglandin-Spiegel und stoppt das Tumorwachstum, solange dieser noch gutartig ist.

Der Spiegel ist zu hoch, weil COX II ständig produziert wird. Die Prostaglandine verschieben das Gleichgewicht von Teilung und Tod und fördern den Übergang von der Promotion zur Progression.     Cyclooxygenasen   COX I: Ist immer in gewisser Menge vorhanden, welche sich höchstens geringfügig ändert. Sie ist zum Beispiel verantwortlich für den Schutz der Magenschleimhaut vor Selbstverdauung.   COX II: Ist seit 1991 bekannt. Da es nachweislich die Immunabwehr von Zellen unterdrücken kann, dachte man früher, es würde so die Immunabwehr gegen Krebs verhindern und so die Entstehung von Tumoren begünstigen.

Neuerdings ist jedoch bekannt, daß bei seiner Tätigkeit genschädigende also krebsverursachende Stoffe entstehen (z.B. freie Radikale, Peroxide oder aggressive Formen des Sauerstoffs). Ferner fördert COX II das Wachstum der Blutgefäße, die der Tumor zu seiner Versorgung braucht. Für gewöhnlich wird seine Produktion vom APC-Gen (adenomatöse Polyposis coli) kontrolliert; fällt dieses jedoch aus, so steigt die Krebsanfälligkeit(Abb.2).


Warum übermäßig COX II produziert wird, ist noch unbekannt; man vermutet jedoch eine autokríne Fehlregulation, d.h., die Zelle produziert Stoffe, mit denen sie sich wiederum selbst stimuliert (z.B. zellteilungsfördernde Wachstumsfaktoren, COX II oder Arachidonsäure, welche der Ausgangsstoff für Prostaglandin ist)     Letztendlich..

.   ...läßt sich sagen, daß Acetylsalicylsäure-Präparate einen guten Ansatzpunkt zur Chemoprävention bieten, wobei das Medikament und die Darreichungsform gut gewählt sein müssen. Jedoch wirkt es nicht auf alle Krebsarten; erst recht nicht auf Tumore im fortgeschrittenen Stadium, da es Geschwüre nicht zur Zurückbildung veranlassen kann, sondern nur weitere Mutationen verhindert.

So ist die Einnahme auf Dauer vonnöten. Auch hat jedes Medikament, langfristig eingenommen, Nebenwirkungen; Schädliches zu meiden ist hingegen völlig ungefährlich. Eine weitere Möglichkeit zur Prävention bieten die Lipoxygenasen, welche ebenfalls eine von der Arachidonsäure ausgehende Stoffwechselkette katalysieren und deren Produkte gleichfalls erbgutschädigend und zelltodhemmend wirken, obendrein begünstigen sie noch die Aussaat von Tochtergeschwulsten.          

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