Pflanzen
Pflanzen
Angehörige des Pflanzenreiches, das ungefähr 260 000 bekannte Arten von Moosen, Farnen und Blütenpflanzen in zahlreichen verschiedenen Wuchs- und Gestaltformen umfasst. Pflanzen prägen die vielen verschiedenen Landschaftsbilder der Erde ganz wesentlich und machen neben den Tieren, Pilzen, Bakterien und anderen Einzellern den Hauptanteil der Biosphäre aus. Sie sind sehr verschieden groß und unterschiedlich kompliziert gebaut; das Spektrum reicht von den winzigen, gefäßlosen Moosen, die davon abhängig sind, dass ihre Oberfläche ständig mit Wasser benetzt ist, bis zu den riesigen Mammutbäumen, den größten lebenden Organismen, die bis über 100 Meter Höhe erreichen können.
Die von Menschen zur Herstellung von Nahrungsmitteln, Baumaterialien, Fasern, Stoffen und Geweben, Medikamenten und Drogen direkt genutzten Pflanzen machen nur einen sehr geringen Anteil an allen bekannten Pflanzenarten aus. Dennoch sind alle Menschen von diesen wenigen Pflanzenarten völlig und unmittelbar abhängig, zumindest was die Nahrungsmittel betrifft. Noch wichtiger ist jedoch der indirekte Nutzen der Pflanzen durch die seit mehr als drei Milliarden Jahren von ihnen durchgeführte Photosynthese, durch die erst der Sauerstoffgehalt der Erdatmosphäre entstand und aufrechterhalten wird – wenngleich die ersten, photosynthetisch aktiven Organismen Cyanobakterien waren.
Erst durch die Tätigkeit der Pflanzen und dieser Bakterien wurde auf der Erde tierisches – und damit auch menschliches – Leben möglich und unsere heutige Existenz denkbar. Heute besteht die Biomasse der Erde ganz überwiegend aus Pflanzen. Diese bilden nicht nur die Grundlage aller Nahrungsnetze, sondern beeinflussen auch das Klima der Erde und bilden die Grundlage für die Bildung von Boden, so dass sich überhaupt andere Lebensformen ansiedeln können. Pflanzen sind darüber hinaus die Grundstoffe der fossilen Brennstoffe wie Kohle und Erdöl, die derzeit noch weitgehend die Energieversorgung der Industriegesellschaften sicherstellen.
Abgrenzung von anderen Reichen
Pflanzen sind vielzellige Organismen mit eukaryontischen Zellen (Zellen mit einem Zellkern); ihre Zellen sind von mehr oder weniger festen und versteiften Zellwänden umgeben, die hauptsächlich aus Cellulose bestehen. Die Zellmembranen von tierischen und pilzlichen Zellen sind dagegen in der Regel weich und flexibel.
Das wichtigste Merkmal von Pflanzen ist ihre Fähigkeit zur Photosynthese, mit der sie die Energie des Sonnenlichtes in chemische Energie umwandeln – ein Vorgang, der in den grünen, Chlorophyll enthaltenden Zellorganellen stattfindet, die man als Chloroplasten bezeichnet. Pflanzen sind daher bei der Ernährung autotroph, also nur von anorganischen Bestandteilen der Umgebung wie mineralischen Nährstoffen und Wasser abhängig, im Gegensatz zu den sich heterotroph (von organischer Substanz) ernährenden Tieren und Pilzen. Einige wenige Pflanzen haben ihre Fähigkeit zur Photosynthese im Lauf der Evolution zwar verloren, da sie sich an spezielle Umweltbedingungen angepasst haben und zu Saprophyten (Pflanzen, die sich von toter organischer Materie ernähren) oder Parasiten (Pflanzen, die sich von lebender organischer Materie ernähren) geworden sind; in ihrem Aufbau zeigen sie allerdings deutlich, dass es sich dennoch um Pflanzen handelt.
Pilze sind eukaryonte Organismen; in ihrem Aussehen und der Morphologie sowie aufgrund ihrer Unbeweglichkeit hat man sie lange zu den Pflanzen gestellt. Heute werden sie jedoch in ein eigenes Reich gruppiert, da sie kein Chlorophyll und keine Plastiden aufweisen und weil ihre Zellwände keine Cellulose, sondern Chitin enthalten, ein Material, das bei Pflanzen nicht vorkommt. Pilze nehmen ihre Nahrung – tote oder lebende organische Materie – durch Absorption auf.
Als Speicherstoff dient ihnen Glycogen, wogegen Pflanzen Stärke zur Speicherung benützen.
Das Tierreich besteht ebenfalls aus eukaryontischen Vielzellern; sie ernähren sich wie die Pilze von organischen Stoffen, die sie jedoch durch Mundöffnungen aktiv aufnehmen; sie besitzen keine Zellwände, nehmen äußere Sinnesreize häufig mit definierten Organen wahr und können sich – zumindest in bestimmten Entwicklungsstadien – frei bewegen.
Ob die verschiedenen Algengruppen zum Pflanzenreich gehören oder nicht, oder nur gewisse Gruppen von Algen, wird von den Biologen unterschiedlich beurteilt. Rechnet man Algen zu den Pflanzen, so bezeichnet man sie zusammen mit den Moosen als Niedere Pflanzen oder Thallophyten (einfach gebaute Pflanzen ohne Ausbildung der echten, für die Höheren Pflanzen typischen Organe), im Gegensatz zu den Höheren Pflanzen oder Kormophyten (Gefäßpflanzen), unter denen man die Farne und Samen- bzw. Blütenpflanzen versteht. Die überwiegende Zahl der Algen ist wie die Pflanzen zur Photosynthese befähigt; im Gegensatz zu diesen gibt es bei den Algen jedoch mehrere, chemisch verschiedene Pigmenttypen.
Viele Algen haben einen echten Zellkern und sind daher eukaryonte Organismen; es gibt sowohl vielzellige als auch einzellige Algen, wobei die Vielfalt im Aufbau und damit die Zugehörigkeit zu höheren Verwandtschaftsgruppen vor allem bei den einzelligen Algen strittig ist. Wegen der Verschiedenartigkeit der Pigmenttypen, der Zellwandarten und ihrer äußeren Gestalt rechnet man die Algen heute jedoch zwei getrennten Reichen zu, zu denen im Übrigen eine Vielzahl pflanzenähnlicher und anderer Organismen gehören, die nicht unbedingt eng verwandt sind. Grünalgen werden allgemein als entwicklungsgeschichtliche Vorfahren der Höheren Pflanzen angesehen, da ihr Chlorophyll, ihre Art der Zellwände und andere Einzelheiten des Zellaufbaus denen der Pflanzen ähnlich sind.
Abteilungen des Pflanzenreiches
Die Arten im Pflanzenreich werden systematisch in mehreren Abteilungen zusammengefasst; eine Abteilung ist das botanische Äquivalent der hierarchischen Ebene des Phylums, das bei den Tieren Stamm genannt wird (Systematik). Die Abteilung mit den am einfachsten gebauten Pflanzen stellen die Moose (Bryophyta) dar. Diese weisen keine echten Gefäße (Leitungsgewebe) wie die höher entwickelten Pflanzen auf; man rechnet sie daher nicht zu den Gefäßpflanzen.
Die Abteilung der Moose umfasst die einfacher gebauten Lebermoose sowie die Laubmoose als die beiden wichtigsten Klassen (Klasse ist die nächstniedrige Hierarchieebene unter der Abteilung). Daneben gibt es noch die kleine Klasse der Hornmoose (Anthocerotae).
Alle weiteren Gruppen des Pflanzenreiches werden unter der Bezeichnung Gefäßpflanzen (oder Kormophyten) zusammengefasst. Wichtigstes Kennzeichen dieser Pflanzen ist das Vorhandensein von Gefäßen, die dem Transport von Wasser, Mineralstoffen und organischen Nährstoffen durch die Pflanze dienen. Außer im Leitgewebe unterscheiden sich Gefäßpflanzen von den Moosen auch dadurch, dass bei ihnen der beblätterte Pflanzenkörper die asexuelle, also Sporen bildende Generation im Generationswechsel darstellt, den so genannten Sporophyten, während die geschlechtliche, die Keimzellen bildende Generation (der Gametophyt) in den Blüten verborgen bleibt und nicht als selbständiger Organismus in Erscheinung tritt. Dies steht im Gegensatz zu den Moosen, bei denen die Verhältnisse zwischen diesen Generationen genau umgekehrt liegen: hier stellt die sichtbare Moospflanze den Gametophyten dar, während der Sporophyt ein zwar winziges, aber doch eigenständiges Individuum bildet.
Im Zuge der Evolution der Pflanzen und insbesondere der Entwicklung der Gefäßpflanzen wurden die Sporophyten immer größer, komplexer und dominanter gegenüber dem Gametophyten. Erst diese Fähigkeit, größere und vielfältigere Sporophyten zu entwickeln, verbunden mit der Ausbildung eines ebenfalls immer besser ausgebildeten Gefäßsystems, das den Wassertransport bis in große Höhen gewährleistet, ermöglichte den Gefäßpflanzen die vollständige Eroberung praktisch aller – mit Ausnahme der vegetationsfreien arktischen und antarktischen Kältewüsten – Landlebensräume der Erde.
Bei der hierarchischen (systematischen) Einteilung der Gefäßpflanzen gibt es leichte Abweichungen unter den Botanikern: Teilweise betrachtet man alle Gefäßpflanzen als eine eigene Abteilung mit mehreren Unterabteilungen, teilweise stellen die Farnpflanzen (Pteridophyta) und die Samenpflanzen (Spermatophyta) jeweils eigene Abteilungen dar. Die Samenpflanzen umfassen wiederum die mit Abstand größte Zahl aller Pflanzen, die heute die Vegetation weltweit beherrschen, nämlich die Nacktsamer und die Bedecktsamer.
Aufbau und Funktion der Zellen
Die überwältigende Vielfalt der Pflanzenarten ist u. a.
auch eine Folge der vielen verschiedenen Zelltypen, aus denen die einzelnen Pflanzen aufgebaut sind. Jedoch gibt es zwischen all diesen Zelltypen grundlegende Ähnlichkeiten, aus denen sich die gemeinsame Abstammung und die Verwandtschaftsverhältnisse der verschiedenen Pflanzenarten erschließen lassen. Jede einzelne Pflanzenzelle ist bis zu einem gewissen Grad selbständig; von ihren Nachbarzellen ist sie durch eine Zellmembran (Plasmamembran) und eine Zellwand getrennt. Membran und Wand ermöglichen das Funktionieren der Zelle, indem sie ihre Grundform aufrechterhalten, während Plasmodesmen (fädige Plasmabrücken zwischen den Zellen) für die Kommunikation mit den Nachbarzellen sorgen. Zu den einzelnen Zellbestandteilen.
Die Zellwand
Durch das Vorhandensein einer Zellwand unterscheiden sich pflanzliche Zellen von tierischen am deutlichsten.
Die Zellwand schützt den Inhalt der Pflanzenzellen und begrenzt gleichzeitig die Größe der Zellen. Da sie auch beim Transport, der Aufnahme und der Ausscheidung eine Rolle spielt, erfüllt die Zellwand auch wichtige strukturelle und physiologische Aufgaben.
Die Zellwand einer Pflanze besteht aus mehreren chemischen Stoffen, deren wichtigster die Cellulose ist; chemisch stellt sie ein Polymer der Glucose, also eines Zuckers, dar. Die Cellulosemoleküle bilden feine Fibrillen, die das Gerüst der Zellwand ausmachen. Die Fibrillen liegen in einer amorphen Grundmatrix aus chemisch verschiedenen Substanzen, wobei der Anteil der Matrix mit dem Alter der Zellwand abnimmt. Pflanzenzellen produzieren in der Wachstumsphase eine Primärwand und nach Beendigung des Wachstums eine Sekundärwand, die innen an der Primärwand anliegt.
Plasmodesmen führen durch Primär- wie Sekundärwand und ermöglichen so den Transport von Substanzen zwischen den Zellen. Die Wände vieler Zellen sind durch Einlagerung von Lignin verstärkt, einem makromolekularen Stoff sehr komplexen Aufbaus, der aus verschiedenen, miteinander vernetzten organischen Alkoholen besteht. Man nennt den Prozess der Lignineinlagerung Verholzung, denn alle holzigen Pflanzenteile sind durch das Vorhandensein von Lignin gekennzeichnet. Weitere Stoffe, die in pflanzlichen Zellwänden zu finden sind und jeweils mit der spezifischen Funktion der Zellen zusammenhängen, sind Wachse, z. B. Cutin und Suberin, die den Wasserverlust der Zelle verringern und daher im Kork enthalten sind; Gerbstoffe, die das Wachstum von Pilzen und anderen Krankheitserregern verhindern sollen; sowie Kieselsäure, die in den Trieben der Schachtelhalme die Steifigkeit bewirkt.
Protoplasma
Innerhalb der Zellwände befindet sich der lebende Zellinhalt, das Protoplasma. Er wird von einer einzelnen, dreischichtigen Zellmembran umgrenzt. Bestandteile des Protoplasmas sind zum einen das Cytoplasma als das Grundmedium der Zellen, zum anderen die verschiedenen, membranummantelten Organellen (z. B. Plastiden, Mitochondrien) sowie die Vakuole, die sich im Cytoplasma befinden. Zu den Zellorganellen zählt auch der Zellkern, der die Erbinformationen der Zelle enthält.
Vakuolen
Vakuolen sind membranumgrenzte Hohlräume, in denen sich der Zellsaft befindet. Dieser besteht überwiegend aus Wasser und verschiedenen darin gelösten Zuckern, Salzen und anderen chemischen Stoffen. In tierischen Zellen gibt es keine Vakuolen.
Plastiden
Plastiden sind von zwei Membranen umgrenzte Organellen. Es gibt drei Arten von Plastiden: Die Chloroplasten enthalten Chlorophyll sowie Carotinoide (rötliche oder gelbliche, fettlösliche Farbstoffe); sie sind also gefärbt und die für die Farbe der Blätter verantwortlichen Zellbestandteile. In den Chloroplasten findet die Photosynthese statt.
Leukoplasten enthalten keine Pigmente; sie spielen bei der Synthese von Stärke, Ölen und Proteinen eine Rolle und sind besonders in den weißlichen oder gelblichen Teilen gefleckter Blätter sowie in den Wurzeln zu finden. In den Chromoplasten werden nur Carotinoide und ähnliche Stoffe gebildet; in dieser Art der Plastiden findet daher keine Photosynthese statt. Die rot, orange oder gelb gefärbten Chromoplasten sind überwiegend für die derartig gefärbten Pflanzenteile verantwortlich und daher besonders in Blüten und Früchten zu finden.
Mitochondrien
Während Plastiden in verschiedener Weise zur Speicherung von Energie beitragen, dienen die Mitochondrien der Zellatmung. Im Zuge dieses Prozesses werden Kohlenstoffverbindungen zu Adenosintriphosphat (ATP) abgebaut, einer chemischen Verbindung, die die wichtigste Energiequelle für alle Zellen darstellt. Diese Umwandlung findet in drei Schritten statt: der Glykolyse (in der Kohlenhydrate zu Säuren umgewandelt werden), dem Krebs-Zyklus und dem Elektronentransport.
Alle drei Schritte vollziehen sich in den Mitochondrien. Wie die Plastiden sind auch die Mitochondrien von zwei Membranen umgrenzt, deren innere äußerst stark eingefaltet ist; an den Oberflächen dieser Falten finden die chemischen Reaktionen der Zellatmung statt.
Ribosomen, Golgi-Apparat und Endoplasmatisches Reticulum
Zwei weitere wichtige Zellbestandteile sind die Ribosomen, in denen die Aminosäuren so miteinander verbunden werden, dass Proteine entstehen, und der Golgi-Apparat, der bei der Bildung von Zellsekreten eine Rolle spielt. Ein komplexes Membransystem durchzieht weite Bereiche des Cytoplasmas und steht mit der Doppelmembran um den Zellkern in Verbindung: das Endoplasmatische Reticulum. Es fungiert sowohl als Kommunikationssystem, indem es die verschiedensten Zellsubstanzen innerhalb der Zelle transportiert, als auch zur räumlichen Abtrennung von Plasmabereichen innerhalb der Zelle. Häufig befinden sich Ribosomen besonders dicht konzentriert entlang der Membran des Endoplasmatischen Reticulums.
Zellkern
Der Zellkern steuert die fortlaufenden Funktionen der Zelle, indem er festlegt, welche Proteine produziert werden und – als Reaktion auf die in der Zelle stattfindenden Abläufe – wann dies geschieht. Vom Zellkern werden auch die Erbinformationen der Zelle gespeichert und an spätere Generationen weitergegeben.
Gewebearten
Der Pflanzenkörper ist aus verschiedenen Gewebearten aufgebaut, die wiederum aus strukturell und funktional verwandten Zellen bestehen. Neue Zellen (und damit auch neues Gewebe) entstehen nur an den Wachstumszonen der Pflanzen, den so genannten Meristemen. Dies sind dünne, lokal begrenzte Gewebepartien aus teilungsfähigen Zellen. Meristeme befinden sich einerseits in den so genannten Vegetationskegeln der Pflanze, die sowohl an den Spitzen der Sprosse als auch der Wurzeln sitzen und dort für das primäre Wachstum der Pflanze verantwortlich sind; man nennt diese Meristeme Apikalmeristeme (von lateinisch apex: Spitze).
Andererseits gibt es noch weitere Meristeme, die in Form von dünnen Zellschichten unterhalb der Rinde von Sprossen und Wurzeln liegen (die so genannten Folgemeristeme) und dort für das sekundäre Pflanzenwachstum sorgen. Unter primärem Wachstum versteht man dasjenige bis zur Ausbildung und Differenzierung aller Zellsorten einer Pflanze; daran schließt sich das sekundäre Wachstum an, das zur weiteren Erstarkung (Verdickung) und Verlängerung des Sprosssystems führt und was insbesondere bei den Holzgewächsen stark ausgeprägt ist. Bei den Gefäßpflanzen (Kormophyten) unterscheidet man drei grundsätzliche Gewebearten: Abschlussgewebe, Leitungsgewebe und Grundgewebe. Die weniger hoch entwickelten Thallophyten werden auch Lagerpflanzen genannt, da sie über kein eigenes Festigungsgewebe verfügen und daher dem Boden mehr oder weniger lose aufliegen, zeichnen sich durch einfacheren Gewebebau aus. Zwar gibt es bei den hoch entwickelten Laubmoosen (und den tangartigen Braunalgen, falls die Algen auch zu den Pflanzen gezählt werden) ebenfalls Ansätze zu einer Zelldifferenzierung, doch bleiben diese gegenüber den Höheren Pflanzen deutlich zurück.
Abschlussgewebe
Das Abschlussgewebe der Pflanzen wird als Epidermis bezeichnet.
Sie stellt die äußerste Schicht des Pflanzenkörpers dar, die Haut der Pflanzen, die Triebe, Blätter, Blüten und Wurzeln bedeckt. Die Zellen der Epidermis können bei den einzelnen Pflanzenarten sehr unterschiedlich ausgebildet sein, weshalb man deren Struktur auch zur Unterscheidung sonst sehr ähnlicher Arten heranzieht.
Die Epidermis kann so genannte Spaltöffnungen oder Stomata enthalten, durch die ein Gasaustausch mit der Atmosphäre stattfindet. Diese Spaltöffnungen sind von so genannten Schließzellen umgeben, die durch aktive Veränderung ihrer Form und Größe die Spaltöffnungen vergrößern oder verkleinern und so den Gasaustausch regulieren können. Dies spielt eine wichtige Rolle für das Überleben der Pflanzen unter ungünstigen Bedingungen. Wüstenpflanzen verfügen z.
B. über eine sehr ausgeprägte Fähigkeit, die Spaltöffnungen zu regulieren; tagsüber halten sie sie fast ganz geschlossen und können daher den Wasserverlust, der zwangsläufig bei jedem Öffnen der Spalte auftritt, minimieren. Der abgegebene Wasserdampf dient aber auch dazu, den Pflanzenkörper zu kühlen und vor Überhitzung zu schützen, da durch die Verdunstung der Wassers an der Luft dem Blatt bzw. der Umgebung Wärme entzogen wird. Für den Ablauf der Photosynthese sind die Spaltöffnungen eine unbedingt notwendige Voraussetzung, da durch sie das Kohlendioxid der Luft – als Ausgangsstoff für diese Prozesse – eindringen kann. Die Epidermis ist von einer je nach Pflanzenteil mehr oder weniger dicken, Wachs tragenden Schicht, der Cuticula (Häutchen, von lateinisch cutis: Haut), überzogen.
Die Cuticula ist Wasser abweisend und verringert den Wasserverlust durch Verdunstung an der Pflanzenoberfläche. Beim sekundären Dickenwachstum wird die Epidermis durch das so genannte Periderm abgelöst, eine stark Wasser abweisende Schicht, die überwiegend aus Korkgewebe besteht. Deren Zellen sterben ab, sobald sie ausgereift sind, bleiben jedoch erhalten und bilden z. B. bei vielen Bäumen den größten Teil der dicken Borke.
Leitungsgewebe
Das Leitungsgewebe besteht aus zwei verschiedenen Gewebearten, die in Form von mehr oder weniger dicken röhrenartigen Gebilden den Pflanzenkörper durchziehen: dem Xylem, mit dem Wasser und gelöste Mineralstoffe nach oben – von den Wurzeln in die Triebe und Blätter – transportiert werden, und dem Phloem, das die in den Blättern produzierten organischen Produkte der Photosynthese und anderer Stoffwechselvorgänge in diejenigen Pflanzenteile befördert, die sie gerade zur Ernährung benötigen.
Xylem und Phloem liegen als so genanntes Leitbündel immer direkt beieinander. Meist ist dabei das Xylem nach innen und das Phloem nach außen orientiert, doch gibt es auch andere Formen der Anordnung, z. B. diejenige in Form konzentrischer Ringe. Man bezeichnet das Phloem auch als Siebteil und das Xylem als Holzteil. Zwischen Xylem und Phloem liegt die dünne Schicht des Kambiums, die teilungsfähige Zellen enthält.
Im Xylem verholzen die Zellen stark und bilden den Holzkörper der Pflanzen. Sie dienen dann neben der Wasserleitung auch der Stützung der Pflanze und sorgen für deren Stabilität, was insbesondere bei den Bäumen und Sträuchern wichtig ist. Eine weitere Funktion bestimmter Xylemteile liegt in der Speicherung von Nährstoffen im so genannten Xylemparenchym.
Xylem
Das Xylem besteht aus zwei verschiedenen leitfähigen Zellformen: den dünneren Tracheiden und den dickeren Tracheen oder Gefäßen. Tracheiden sind gewöhnlich schmal, stark verlängert und an den Enden abgeschrägt und dort mit vielfach durchbrochenen Zellwänden versehen, die den Wasserfluss ermöglichen. Tracheen bestehen häufig aus aneinandergereihten, kurz-zylindrischen Zellen, deren Querwände sich während der Gefäßbildung auflösen und die somit lange Röhren bilden.
Tracheen ermöglichen einen besonders effektiven und raschen Wassertransport. Sie stellen die höchst entwickelten Wasserleitungsbahnen dar und sind – bis auf wenige Ausnahmen – im Vorkommen auf die Gruppe der Bedecktsamer (die höchst entwickelten Pflanzen) beschränkt. Beide Zellarten sterben während der Gefäßbildung ab, sie weisen also kein Cytoplasma auf, was für die Leitungsfunktion auch hinderlich wäre. Ihre Wände sind durch spiralige, verholzte Strukturen verstärkt, um dem Wasserdruck standzuhalten. Es gibt aber auch fast durchgehend verholzte Tracheiden bzw. Tracheen, in denen kleine, fensterartige Lücken – die so genannten "Tüpfel" – unverholzt bleiben, über die der Stoffaustausch der Gefäßzellen untereinander und zu anderen Nachbarzellen erfolgt.
Phloem
Das Phloem ist aus noch lebenden Zellen aufgebaut, den so genannten Siebzellen bzw. Siebröhren und den Geleitzellen. Farne und Nacktsamer (z. B. alle Nadelbäume) verfügen über Siebzellen; dies sind lang gestreckte, kernhaltige Zellen mit teilweise durchbrochenen Querwänden (Siebfelder). Bei den Bedecktsamern übernehmen die stärker spezialisierten Siebröhren die Funktion der Stoffleitung.
Hierbei handelt es sich um Reihen direkt aneinandergrenzender, zylindrisch-röhrenartiger Zellglieder, den Siebröhrenzellen, deren (kernloses) Cytoplasma jeweils über stark durchlöcherte Querwände verbunden ist; die Siebröhrenzellen bilden somit insgesamt ein echtes Röhrensystem. Jeweils seitlich sitzen den Siebröhrenzellen so genannte Geleitzellen auf. Dies sind Schwesterzellen der Siebröhrenglieder, gehen also durch Teilung aus einer gemeinsamen Mutterzelle hervor. Sie enthalten einen Zellkern und stehen über zahlreiche Plasmabrücken mit den Siebröhrenzellen in Verbindung. Vermutlich beeinflussen sie deren Stoffwechselvorgänge; zumindest ist nachgewiesen, dass sie Stoffe an sie abgeben und außerdem deren Abfallprodukte entfernen.
Grundgewebe
Das Grundgewebe von Pflanzen besteht aus drei Gewebetypen.
Das Parenchym findet sich überall in der Pflanze und besteht aus lebenden Zellen, die sich auch im Reifezustand noch teilen können. In der Regel finden sich nur Primärzellwände (unverdickte und nicht verholzte und durch andere Einlagerungen veränderte Zellwände), die gleichmäßig und unverdickt sind. Die einzelnen Zellen des Parenchyms sind auf viele verschiedene physiologische Funktionen spezialisiert – beispielsweise auf die Photosynthese, auf Speicherfunktionen, Sekretion bestimmter Stoffe oder die Wundheilung. Auch im Xylem und im Phloem finden sich Parenchymzellen.
Das Kollenchym, die zweite Form des Grundgewebes, besteht ebenfalls aus im Reifezustand lebenden Zellen, deren Primärzellwände jedoch ungleichmäßig verdickt sind. Das Kollenchym ist wachstums- und dehnungsfähig und dient in jungen, noch wachsenden Pflanzenteilen als Stützgewebe.
Der dritte Typ des Grundgewebes ist das Sklerenchym, dessen Zellen im Reifezustand kein Protoplasma haben und stark verdickte Sekundärwände aufweisen, die in der Regel Lignin enthalten. Das Sklerenchym dient den bereits ausgewachsenen Pflanzenteilen zur Stützung und Festigung.
Organe der Pflanzen
Der Körper einer typischen Gefäßpflanze besteht aus drei Organarten: Wurzeln, Sprossachse und Blätter. Diese Organe sind jeweils aus den erwähnten drei Gewebearten gebildet, jedoch unterscheiden sie sich durch die jeweilige Spezialisierung ihrer Zellen, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen.
Wurzeln
Aufgabe der Wurzeln ist es, die Pflanze im Substrat (ihrem Nährboden) zu befestigen und Wasser und Mineralien daraus zu absorbieren. Wurzeln finden sich im Allgemeinen unterirdisch und wachsen abwärts, in Richtung der Schwerkraft.
Anders als die Sprossachse sind Wurzeln nicht in Knoten und Internodien gegliedert und haben keine Blätter. Manche unterirdische Speicherorgane besitzen jedoch zumindest Blattreste; daran kann man erkennen, dass es sich bei ihnen um modifizierte (umgewandelte) Sprossachsen handelt. Das Wachstum der Wurzel erfolgt jeweils nur an der Spitze, die durch eine Haube geschützt ist.
Im Inneren bestehen Wurzeln aus einem Zentralzylinder, in dem sich die Leitungsbahnen (Xylem und Phloem) befinden, die beide in ein Parenchym eingebettet sind, sowie einer dicken Rinde, die den Zentralzylinder umgibt. Umgeben wird die Wurzel von einer dünnhäutigen Epidermis, die die zahlreichen, ebenfalls dünnhäutigen Wurzelhaare trägt. Diese bilden sich nur in der Nähe der Wurzelspitze und sind Auswüchse der Epidermiszellen.
Sie vergrößern die Oberfläche der Wurzeln um ein Vielfaches und durch sie wie auch durch die Wurzelepidermis selbst erfolgt die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen aus dem Boden.
Bei vielen Pflanzen werden die Wurzeln umgebildet, um bestimmte, spezialisierte Aufgaben durchführen zu können; beispielsweise können Wurzeln wichtige Ernährungs- und Speicherorgane darstellen, etwa bei den Rüben, den Möhren oder dem Rettich. Solche Wurzeln bestehen zum großen Teil aus Parenchym-Gewebe. Viele tropische Bäume haben so genannte Brett- oder Stelzwurzeln sowie teilweise als Stützwurzeln ausgebildete Luftwurzeln (vor allem beim Banyan und anderen Feigenbaum-Arten), die alle vorwiegend dazu dienen, die Stabilität des Stammes zu verbessern; teilweise übernehmen sie vermutlich auch andere Funktionen, etwa als Nährstoffspeicher. Die Wurzeln der Epiphyten sind so modifiziert, dass sie das über die Rinde ihrer Wirtspflanzen laufende Wasser rasch aufnehmen können. Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Modifikationen wie etwa die Kletterwurzeln.
Das Längenwachstum der Wurzeln wird von Apikalmeristemen gesteuert, das Dickenwachstum von Folgemeristemen. Seitenwurzeln entstehen im Inneren der Wurzeln in einigem Abstand von der Wachstumsspitze, indem bestimmte Zellen meristematisch (teilungsfähig) werden. Wurzeln können auch am Spross entstehen, beispielsweise an den bodenliegenden Trieben (Ausläufern) der Erdbeere, die sich bei Erdkontakt an bestimmten Stellen bewurzeln; man spricht hier von sprossbürtigen Wurzeln. Große Pflanzengruppen unterscheiden sich wesentlich in der Art und Weise ihrer Wurzelbildung. Bei den Farnen sind alle Wurzeln sprossbürtig. Auch zwischen den ein- und zweikeimblättrigen Blütenpflanzen bestehen hier deutliche Unterschiede.
Bei den Einkeimblättrigen Pflanzen stirbt die Hauptwurzel sehr früh ab und wird durch viele sprossbürtige Nebenwurzeln ersetzt. Zweikeimblättrige Pflanzen verfügen dagegen über eine primäre Hauptwurzel und viele, ihr untergeordnete Nebenwurzeln.
Sprossachsen
Sprossachsen finden sich in der Regel oberirdisch, wachsen aufwärts und tragen Blätter, deren Ansatzstellen (Knoten oder Nodi) in regelmäßigen Abständen über die Sprossachse verteilt sind. Die Bereiche zwischen den Nodi werden als Internodien bezeichnet. Das Längenwachstum der Sprossachse geschieht durch ein Apikalmeristem an seiner Spitze. An diesem so genannten Vegetationskegel entstehen auch junge Blätter, welche die Sprossspitze oder Sprossknospe umfassen und schützen, bevor sie wachsen und sich entfalten.
Bei Laubbäumen, die ihre Blätter für eine bestimmte Zeit im Jahr verlieren, werden die Sprossknospen in der Regel von modifizierten Blättern geschützt, die man Knospenschuppen nennt.
Sprossachsen sind in ihrem äußeren Erscheinungsbild und inneren Aufbau variabler als Wurzeln, bestehen aber ebenso aus den erwähnten drei Gewebearten und weisen eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf. Das Leitungsgewebe verläuft in so genannten Leitbündeln längs durch die Sprossachse und bildet mit dem Leitungsgewebe in den Blättern und den Wurzeln ein durchgehendes Netzwerk. Das Leitungsgewebe von Krautpflanzen ist von Parenchym umgeben, während die Stämme von Holzpflanzen überwiegend aus dem festen Xylem (Holzanteil) bestehen. Das Dickenwachstum der Sprossachsen erfolgt durch die Aktivität der Folgemeristeme (sekundäre Meristeme); bei Holzpflanzen produzieren diese nach außen die Rinde und nach innen das Holz. Die Rinde enthält das Phloem und dient darüber hinaus als äußere Schutzschicht, die die Pflanze vor Verletzungen und Wasserverlust bewahren soll.
Wenn man das ganze Pflanzenreich überblickt, kann man viele Modifikationen der typischen Sprossachse feststellen. Ein Beispiel sind die Dornen des Weißdornes, die keine Stacheln wie bei den Rosen darstellen, sondern umgewandelte Sprosse. Die Stacheln der Rosen – fälschlich oft als Dornen bezeichnet – entsprechen dagegen morphologisch den Haaren und sind Auswüchse der Epidermiszellen; man kann sie daher sehr leicht abbrechen, die "echten" Dornen des Weißdornes und anderer Pflanzen muss man jedoch wie einen Ast abreißen. Kletternde Sprossachsen, etwa die Ranken von Weinpflanzen, sind so umgebildet, dass sie aufwärts wachsen und sich dann an der Umgebung festhalten können. Viele Pflanzen haben als Anpassung an eine sehr trockene Umgebung, in der sie den Wasserverlust durch Verdunstung einschränken müssen, stark zurückgebildete oder überhaupt keine Blätter; bei ihnen findet die Photosynthese in der Sprossachse an deren Oberfläche statt. Es gibt auch Sprossachsen, die über die Erdoberfläche kriechen und dabei die Pflanzen vegetativ vermehren; diese so genannten Ausläufer dienen z.
B. bei vielen Gräsern der vegetativen Vermehrung. Andere Sprossachsen wachsen unterirdisch und dienen als Nahrungsspeicher oder zum Überdauern ungünstiger Witterungsperioden, etwa einer Trockenzeit oder dem Winter; solche Sprossachsen werden als Rhizome bezeichnet. Beispiele sind die Rhizome des Aronstabs, der Weißwurz oder des Maiglöckchens. Die Zwiebeln von Tulpen und Lilien entsprechen dagegen ganzen Sprossen, die in eine Hülle schützender verdickter Blätter zurückgezogen sind und bei günstigen Bedingungen aufgrund der in den Blättern gespeicherten Nährstoffe ein rasches Austreiben ermöglichen.
Blätter
Bei den meisten Pflanzen findet die Photosynthese in den Blättern statt.
In der Regel nimmt die so genannte Blattspreite den größten Teil des Blattes ein. Sie besteht überwiegend aus Parenchym, das hier als Mesophyll bezeichnet wird und aus locker verbundenen Zellen gebildet wird, zwischen denen sich Hohlräume befinden. Diese Hohlräume sind mit Luft gefüllt, aus der die Zellen Kohlendioxid aufnehmen und in die sie Sauerstoff abgeben. Bei Laubblättern sind die Ober- und die Unterseite des Mesophylls von der Epidermis begrenzt. Durch das Mesophyll zieht sich ein Netz von Adern, das die Zellwände mit Wasser versorgt und die Produkte der Photosynthese zu den anderen Teilen der Pflanze transportiert.
Der Teil des Blattes, der die Blattspreite mit der Sprossachse verbindet, wird Blattstiel oder Petiolus genannt.
Er besteht überwiegend aus Leitungs- und Festigungsgewebe. Am Ansatz des Blattstieles finden sich bei vielen Pflanzenfamilien wie den Hülsenfrüchtlern oder den Rosengewächsen so genannte Nebenblätter oder Stipeln.
Es gibt viele Blattformen, die speziellen Funktionen angepasst sind. Dornen und Stacheln sollen die Pflanzen vor Fressfeinden schützen. Einige Pflanzengruppen haben auch sehr stark umgebildete Blätter, mit denen sie Insekten fangen und verdauen können. Manche Blätter sind stark farbig und wirken wie Kronblätter, so dass sie für bestäubende Tiere anziehend wirken, während die Blüten nur klein sind und selbst nicht anziehend wirken.
Die vermutlich am stärksten umgebildeten Blätter sind die Blüten selbst. Alle einzelnen Blütenteile – Fruchtblätter, Staubblätter, Kronblätter und Kelchblätter – sind umgebildete Blätter, die Fortpflanzungsfunktionen übernommen haben.
Steuerung des Wachstums und der Differenzierung
Wachstum und Differenzierung der unterschiedlichen Pflanzengewebe und -organe werden von verschiedenen inneren und äußeren Faktoren gesteuert.
Hormone
Pflanzenhormone (Hormone) sind spezielle, von den Pflanzen selbst produzierte und teilweise kompliziert gebaute chemische Stoffe, die die wichtigsten der "inneren Faktoren" darstellen. Sie werden jeweils in einem Teil der Pflanze produziert und zu anderen Teilen transportiert, wo sie schon in sehr geringen Mengen wirken. Ein und dasselbe Hormon kann dabei in verschiedenen Geweben unterschiedliche Auswirkungen haben.
Man unterscheidet fünf Hormongruppen bei den Pflanzen. Diese kommen nicht nur bei den hoch entwickelten Blütenpflanzen vor, sondern treten (teilweise in identischer chemischer Struktur) auch in Farnen, Moosen und selbst Algen auf.
Die Auxine gehören zu den wichtigsten Pflanzenhormonen. Sie werden in der wachsenden Spitze der Sprossachse gebildet und in andere Teile der Pflanze transportiert, wo sie das Wachstum entweder anregen oder hemmen. Beispielsweise wird in der Sprossachse das Streckungswachstum der Zellen und die Entwicklung des Leitungsgewebes angeregt, während in den Wurzeln das Wachstum der Hauptwurzeln gehemmt, die Bildung von Seitenwurzeln jedoch angeregt wird. Auxine verzögern darüber hinaus die Abscission (das Abwerfen) von Blüten, Früchten und Blättern.
Die Gibberelline bilden die zweite wichtige Gruppe pflanzlicher Wachstumshormone; über 50 Gibberelline sind bisher bekannt. Sie steuern das Streckungswachstum der Sprossachse; bei einer Reihe von Grassamen sind sie für die Keimung verantwortlich, indem sie die Produktion von Enzymen veranlassen, die Stärke in verschiedene, der Ernährung des Pflanzenembryos dienende Zuckerarten umwandeln können.
Cytokinine regen das Wachstum von Seitenknospen an, wobei sie den Auxinen entgegenwirken; auch die Bildung von Sprossknospen wird von Cytokininen angeregt. Die vierte Gruppe bilden die Abscisinsäure und verwandte Verbindungen. Sie wirkt überwiegend hemmend auf den gesamten Stoffwechsel, löst Ruhezustände aus und bewirkt den Blatt- und Fruchtfall (wissenschaftlich Abscission, daher Abscisinsäure).
Das chemisch am einfachsten gebaute Pflanzenhormon ist das Gas Ethylen, das ähnlich wie die Abscisinsäure u.
a. die Fruchtreifung fördert. Ethylen wird auch künstlich eingesetzt, um auf längeren Obsttransporten (mit dem Schiff) die Reife der Früchte zunächst zu verzögern und dann, bei der Auslieferung, gezielt zu beschleunigen.
Tropismen und Blührhythmen
Auch verschiedene äußere Faktoren sind für das Wachstum und die Entwicklung der Pflanzen wichtig – häufig im Zusammenwirken mit den Hormonen. Eine wichtige Gruppe von Reaktionen auf äußere Reize wird unter der Bezeichnung Tropismen zusammengefasst – es handelt sich dabei um Reaktionen, die eine Veränderung der Wuchsrichtung der Pflanze veranlassen. Beispiele wären der Phototropismus (die Ausrichtung einer Sprossachse zum Licht hin) und der Geotropismus (die Reaktion einer Sprossachse oder Wurzel auf die Schwerkraft).
Sprossachsen wachsen nach oben und werden als negativ geotrop (entgegen der Schwerkraft wachsend) bezeichnet, während die nach unten wachsenden Wurzeln positiv geotrop sind.
Als "Photoperiodismus" bezeichnet man die Tatsache, dass Pflanzen auf Zyklen von Dunkel und Hell reagieren. Dies ist besonders für den Beginn des Blühens bedeutsam. Einige Pflanzen sind z. B. Kurztagspflanzen und blühen nur dann, wenn die Helligkeitsphasen eine bestimmte Tageslänge nicht überschreiten.
Eine der bekanntesten Kurztagspflanzen ist der zu den Wolfsmilchgewächsen zählende Weihnachtsstern (Euphorbia pulcherrima). Tabak und andere Pflanzenarten sind dagegen Langtagspflanzen, deren Blühen erst ab einer bestimmten Länge der Belichtung erfolgt und die im Kurztag nicht blühen. Die so genannte kritische Tageslänge, die über Kurz- und Langtag entscheidet, ist dabei bei jeder Art etwas verschieden. Der Beginn des Blühens ist jedoch ein sehr komplexer Prozess, zu dem auch andere Variablen beitragen – innere, wie das Alter und der Ernährungszustand der Pflanze, und äußere, wie die Temperatur.
Ökologie
Da die meisten uns vertrauten Pflanzen im Boden wurzeln, hat man von Pflanzen leicht das Bild, dass sie ein recht passives Leben führen. Wirft man jedoch einen Blick auf die raffiniert entwickelten Interaktionen (Wechselbeziehungen) zwischen Pflanzen und ihrer biologischen Umwelt, wird man schnell eines Besseren belehrt.
Kooperation und Konkurrenz
Pflanzen leben nicht als isolierter Bestandteil ihrer Umgebung, sondern befinden sich in intensivem Austausch mit ihr. Während der seit Jahrmillionen andauernden Evolution haben sich Wechselbeziehungen ähnlich den Verhaltensweisen der Tiere herausgebildet, die den Pflanzen das Überleben ermöglichen und bei genauerer Betrachtung deutlich machen, wie stark teilweise die Abhängigkeit anderer Lebewesen von den Pflanzen ist. Das Überleben ist nur durch ein subtiles Zusammenspiel von Konkurrenz und Kooperation möglich; beide spielen sich sowohl zwischen Pflanzen der gleichen Art als auch zwischen verschiedenen Arten sowie den Tieren, Pilzen und Mikroorganismen des gleichen Lebensraumes ab. Hierbei gibt es ein weites Spektrum. Hat die Kooperation die Überhand, handelt es sich um eine Art von Symbiose, wird die Konkurrenz übermächtig, gewinnen nur wenige, besonders wuchsstarke Arten und/oder Individuen, die dann den Lebensraum beherrschen.
Viele Beispiele solcher Zusammenspiele finden sich bei der Bestäubung der Blüten.
Für die Pflanzen ist dies ein Vorgang, der ihnen das Überleben sichert, da sich erst dadurch Samen und damit Jungpflanzen entwickeln können. Von der Selbstbestäubung abgesehen, sind alle Pflanzen dabei auf externe Hilfen angewiesen, die sehr unterschiedlicher Art sein können. Bei manchen Pflanzen findet die Bestäubung durch den Wind statt, in den meisten Fällen jedoch durch Tiere – Insekten, Fledermäuse, Vögel oder Säugetiere. Als "Gegenleistung" für die Bestäubung bieten die Pflanzen den Tieren verschiedene "Belohnungen" dar. Meist handelt es sich dabei schlichtweg um Nahrung – Nektar oder Pollen –; es gibt jedoch auch hoch spezialisierte Beziehungen wie etwa bei den männlichen Prachtbienen (Euglossinae) aus den Regenwäldern Südamerikas, die aus den Blüten Stoffe sammeln, die sie als Sexuallockstoffe verwenden.
Auch zum Verbreiten der Früchte sind Pflanzen häufig auf tierische Vermittler angewiesen, die für die Verbreitung und damit die Erschließung neuer Lebensräume sorgen.
Für die blütenlosen Pflanzen – Farne und Moose – gilt all dies nur sehr eingeschränkt, denn hier erfolgt die Übertragung der Sporen fast ausschließlich durch den Wind oder das Wasser und spezielle Bildungen, die dies erleichtern, sind weit weniger deutlich ausgeprägt.
Mit anderen Organismen haben Pflanzen viele Beziehungsformen entwickelt, von denen beide Seiten profitieren. Beispiele sind diejenigen mit stickstoffbindenden Bakterien, die in den Wurzelknöllchen von Hülsenfrüchtlern leben, oder mit zahlreichen Pilzen in Form der Mykorrhiza. Andere derartige Beziehungen sind subtilerer Art. So gedeihen etwa viele Gräser nur in offenem Gelände; insofern hängen sie von dem Vorkommen verschiedener Pflanzenfresser ab, die einerseits verhindern, dass sich der Wald zu stark ausdehnt und den Gräsern das Licht nimmt, für die andererseits die Gräser als essentielle Nahrung lebenswichtig sind, so dass sich die Pflanzenfresser – sofern sie nicht überhandnehmen – ihre Lebensgrundlage selbst aufrechterhalten.
Die Konkurrenz um Licht hat viele Anpassungen des Pflanzenkörpers erzwungen.
Pflanzen der Wälder etwa entwickelten einen gestaffelten Höhenwuchs, der in der Struktur der Wälder deutlich wird und den Zweck hat, die Lichtausnutzung für die einzelnen Arten zu optimieren. Es entwickelten sich spezielle Formen der Blätter oder Baumkronen, um möglichst viel Licht aufnehmen zu können. Darüber hinaus produzieren viele Pflanzen chemische Substanzen, welche die Keimung der Samen oder die Entwicklung von Jungpflanzen anderer Arten – oder auch von Individuen der gleichen Art – in ihrer Nähe verhindern, um die Konkurrenz zu mindern. Eukalyptus-Arten sowie bestimmte Walnussgewächse nutzen beispielsweise eine solche chemische Hemmung, die man allgemein als Allelopathie (chemische Wechselwirkung zwischen Pflanzen) bezeichnet.
Das Nahrungsnetz
Da Pflanzen ihre Nahrung selbst produzieren können – sie sind autotroph –, bilden sie die Grundlage jedes Nahrungsnetzes. Heterotrophe Organismen – Organismen also, die ihre Nahrung nicht selbst herstellen können – sind zwar in der Regel mobiler als Pflanzen, aber letztlich immer auf autotrophe Organismen als Nahrungsquelle angewiesen.
Pflanzen werden zunächst von den Primärkonsumenten gefressen, den Pflanzenfressern, die wiederum von den Sekundärkonsumenten, den Fleischfressern, verzehrt werden. Zersetzer sind auf allen Ebenen des Nahrungsnetzes aktiv. Bei jedem Schritt im Nahrungsnetz geht ein großer Energieanteil verloren; nur rund zehn Prozent der Energie einer Ebene wird auf der nächsthöheren Ebene gespeichert. Daher umfassen die meisten Nahrungsnetze nur wenige Schritte, da deren Anzahl durch die vorhandene Energie begrenzt wird.
Pflanzen und Menschen
Von den Anfängen der Landwirtschaft in prähistorischer Zeit bis heute wurde nur ein geringer Anteil aller bekannten Pflanzenarten (etwa 15 000 Arten) kultiviert. Diese relativ wenigen Arten stellen für den Menschen jedoch die Hauptquellen dar für Nahrung, pflanzliche Fasern, die für Kleidung, Flechtwaren, Seile und ähnliches verwendet werden, Hausbau und Dachdeckmaterialien, sowie für Medikamente und Drogen.
Der Prozess der Kultivierung von Pflanzen begann überwiegend zufällig. Vermutlich geschah dies, indem die damaligen Menschen Samen und Früchte von Wildpflanzen, die in der Nähe menschlicher Behausungen gehäuft vorkamen, sammelten, sie keimen ließen oder bewusst aussäten und anschließend in die Erde pflanzten. Allmählich entwickelten unsere Vorfahren einen Blick dafür, dass bestimmte Exemplare der ausgesäten Pflanzen besonders wüchsig waren oder besonders schmackhafte Früchte oder größere Mengen davon lieferten; der entscheidende Schritt lag nun darin, diese Einzelindividuen gezielt weiterzuvermehren. Damit blieb deren spezifisches Erbgut erhalten und konnte nun weitergegeben werden. Erst sehr viel später wurden dafür spezielle Techniken wie die Pfropfung entwickelt.
Dieser Auswahlprozess fand ohne ein bereits vorhandenes Wissen der Grundlagen der Pflanzenzucht statt; er wurde vielmehr von der ständigen und engen Vertrautheit des vorindustriellen Menschen mit den Pflanzen geleitet.
Ein Beispiel dafür ist der Weizen, dessen Vorfahren bereits vor mindestens 7 800 Jahren im östlichen Mittelmeerraum kultiviert wurden. Noch heute kann man manche Nutzpflanzen auf eine Wildform zurückführen oder feststellen, aus welchen Pflanzengesellschaften sie ursprünglich stammten, während dies bei anderen, durch die langjährige menschliche Züchtung und Kultivierung stark veränderten Arten, wie etwa dem Mais oder der Banane, kaum mehr möglich ist.
Heute hängt die menschliche Ernährung im Gegensatz zu früheren Zeiten von nur noch einer Handvoll Pflanzenarten ab, wovon Weizen, Mais, Reis, Gerste und Mohrenhirse die wichtigsten sind. Der Prozess der Pflanzenzucht beschleunigt sich in den letzten Jahren dank der Fortschritte in der modernen Genetik und insbesondere der Gentechnologie erheblich. Pflanzengenetiker können heute in nur wenigen Jahren beispielsweise windunempfindlichen Mais entwickeln und damit die Erträge massiv erhöhen.
Gleichzeitig hat sich die menschliche Nachfrage nach Nahrung und Energie so stark erhöht, dass zunehmend Pflanzenarten ausgerottet und ihre Lebensräume zerstört werden, bevor sie überhaupt wissenschaftlich erfasst und beschrieben wurden und ehe ihr möglicher Nutzen für den Menschen erkannt ist.
Da insbesondere in den Tropen die Lebensraumvernichtung am schnellsten fortschreitet, dort andererseits aber weltweit die größte Zahl an Pflanzenarten – darunter die meisten noch unentdeckten – vorkommt, ist rasches Handeln notwendig, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten und das genetische Potential der noch wenig bekannten oder nicht entdeckten Pflanzenarten für die gesamte Menschheit zu bewahren.
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