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  Fba zur matura 1997/98

Struktur, Wirkung und Anwendung des Lysergsäurediethylamid     Unter Berücksichtigung der Anwendung als Therapeutikum in der Psychotherapie Fachbereichsarbeit aus Biologie vorgelegt von: Gabriel MARESCH 8C, Schuljahr 1997/98 im August 2005 Betreut von: Mag. Günther MAUTZ Vorwort “Eine Droge ist eine Substanz, die, wenn man sie einer Ratte injiziert, ein wissenschaftliches Papier zur Folge hat.” Egerton Davis In der hier vorliegenden Arbeit behandle ich eine Substanz, die man sich bei oberflächlicher Betrachtung wohl nur kaum als Gegenstand einer (vor)wissenschaftlichen Arbeit vorstellen kann. Als Verfasser einer Arbeit über eine illegale Droge, begibt man sich a priori in die Gefahr mißverstanden zu werden. Zu leicht können Aussagen fehlinterpretiert und man in ein Eck gedrängt werden, dem man sich nun überhaupt nicht zugehörig fühlt. Deshalb möchte ich – noch vor dem eigentlichen Vorwort – klarstellen, daß weder ich, noch, soweit ich davon Kenntnis habe, irgendeine Person, die mir beim Fortgang meiner Arbeit behilflich gewesen ist, illegalen Umgang mit einer der hier beschriebenen Drogen, namentlich LSD, hatte.

Daß eine solche Klarstellung überhaupt notwendig ist, ist bezeichnend für das, einer gewissen Skurilität nicht entbehrende, heutige Verhältnis zu Drogen wie LSD. Daß das Wissen um Psychedelika nicht sehr groß ist, war mir bewußt (die Informationen die einem Gymnasiasten darüber im Chemie- und Biologieunterricht zugedacht sind, beschränken sich zusammen auf ca. eine halbe Lehrbuchseite – und nicht einmal diese ist frei von Fehlern); folgende Mitteilung ließ mir aber der Primarius einer großen österreichischen Klinik zukommen: Es wird ihnen wohl bekannt sein, daß es sich bei LSD um eine illegale Droge handelt, die zudem ein hohes Suchtpotential aufweist. Gerade in der Zeit der Designerdrogen, hielte ich es verantwortungslos eine Arbeit, wie die von ihnen geplante durchzuführen oder zu unterstützen. Zum einen ist es bedenklich, wie ein leitender Mediziner über eine Substanz mit potentiellen Einsatzmöglichkeiten in der Psychotherapie ein de facto Publikations- und Forschungsverbot ausspricht, ungeachtet dessen, daß die Begriffe Suchtpotential und Designerdrogen im Zusammenhang mit LSD vollkommen unsinnig sind; zum anderen verwundert es mich welche Bedeutung, der ich mich mir selbst offenbar gar nicht bewußt war, meiner Arbeit beigemessen wird, obgleich ich nicht recht weiß, ob ich dies als Ehre auffassen soll oder nicht Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt, wie schon aus der Zuordnung zum Fach Biologie ersichtlich ist, auf physiologischen, pharmakologischen, neurologischen Aspekten. Darauf bezieht sich auch das vorangestellte Zitat: daß die Aufarbeitung einer Substanz oft nur mit naturwissenschaftlichen Methoden geschieht und andere Gesichtspunkte außer acht gelassen werden.

Auch bei mir sind es die Ergebnisse, die durch die Verabreichung einer Droge an Ratten gewonnen, eine (vor)wissenschaftliche Arbeit zur Folge hatten. Doch glaube ich nicht, daß diese Ergebnisse den Blick auf das Ganze trüben sollten. Ich habe ihnen dennoch in vierten Kapitel und dem Anhang breiten Raum zugebilligt, gleichzeitig aber auch anderen Betrachtungsweisen Platz eingeräumt. Dem von mir gewählte Thema kann man mit den verschiedensten Perspektiven begegnen, sei es nun die Sichtweise eines Chemikers, Botanikers, Biologen, Physiologen, Psychologen, Psychiaters, Philosophen, Soziologen, Ethnologen oder Mystikers. Daraus folgt aber auch, daß man sich notwendigerweise einschränken muß, stets aber des über das Eigentlich über die Aufgabenstellung Hinausgehenden gewahr zu sein hat, um sicherzustellen, daß das Thema in seiner Gesamtheit mehr zu bieten hat, als die Summe seiner Teilgebiete erahnen läßt. Diese Überlegung habe ich auch dem formalen Aufbau meiner Arbeit zugrunde gelegt: Jedes Kapitel ist zwar auch eigenständig lesbar – darauf gründet sich meine Hoffnung, daß diese Arbeit auch anderen, etwa als Grundlage für ein Referat oder Spezialgebiet, nützlich sein könnte – fügt sich aber erst im Kontext mit den übrigen Abschnitten zu einem Ganzen.

Ein großer Mangel meiner Arbeit ist, daß sie hauptsächlich auf der Bearbeitung von Fachliteratur beruht und eigene Erkenntnisse nur in sehr geringem Maße beinhaltet. Daß Versuche und Experimente bei diesem Thema ausscheiden würden, war mir klar; leider ergaben sich aber auch keine Möglichkeiten Interviews zu führen. Man muß also stets bedenken, daß ich über Dinge schreibe, die ich selbst nicht erlebt, sondern quasi aus zweiter Hand erfahren habe. Das bedeutet zwangsläufig ein Defizit, welches auch durch eine noch so gewissenhafte Literatursammlung und -sichtung nicht wettgemacht werden kann, oder um es durch den ständigen Kritiker Thomas Bernhard auszudrücken: Die Wahrheit, denke ich, kennt nur der Betroffene, will er sie mitteilen, wird er automatisch zum Lügner. Alles Mitgeteilte kann nur Fälschung und Verfälschung sein, also sind immer nur Fälschungen und Verfälschungen mitgeteilt worden. Der Wille zur Wahrheit ist, wie jeder andere, der rascheste Weg zur Fälschung und Verfälschung eines Sachverhalts.


Doch trotz dieser vernichtenden Erkenntnis – und gerade das Eingestehen dieser Erkenntnis ist unabdingbar, um die Aufrichtigkeit vor sich selbst und dem potentiellen Leser zu wahren –ist vielleicht genau diese Distanz von den Dingen für eine wissenschaftliche Bearbeitung unerläßlich, denn: Was hier beschrieben ist, ist die Wahrheit und ist doch nicht die Wahrheit, weil es nicht die Wahrheit sein kann. Es kommt darauf an, ob wir lügen wollen oder die Wahrheit sagen und schreiben, auch wenn es niemals die Wahrheit sein kann, niemals die Wahrheit ist. Ich hoffe, daß dieser Wille zur Wahrheit in meiner Arbeit deutlich wird, auch wenn seine Konsequenzen, wie in den letzten beiden Kapiteln ausgeführt, vielleicht ungewöhnlich oder unangenehm erscheinen mögen. Obwohl ich mich nun in den vergangenen zwölf Monaten dem Thema LSD von den verschiedensten Richtungen genähert, dabei viele Hundert Seiten gelesen, teils Publikationen obskurer Autoren, teils englische Fachliteratur durchgearbeitet habe, bleibt mir doch nur zu bekennen: scio me nescire und, daß ich, obgleich ich die quantitativen Grenzen, die im Rahmen einer FBA möglich sind, voll ausgeschöpft habe, doch nur an der Oberfläche kratze und von einer wirklich umfassenden Aufarbeitung sehr weit entfernt bin. Aus dem Unvermögen, das ich stellenweise der Wissenschaft anlaste, wenn sie nur punktuell beschränkt agiert, darf ich mich selbst nicht ausnehmen, da ich doch in meinem eigenen Versuch, das Ganze zu erfassen ebenso gescheitert bin. Ich bin mir dessen jedenfalls bewußt und werde wohl auch über diese FBA hinausgehend versuchen, das Bekannte besser zu ergründen und das Neues zu erschließen.

Gabriel Maresch, 4. Februar 1998      Dank Bedanken möchte ich mich bei Dr. Günther Schaller und Prim. Dr. Franz Thalhammer für die Bereitstellung von Literatur, weiters bei meinem Betreuer Prof. Mag.

Günther Mautz, dem ich etliche wichtige Impulse verdanke. Besonderen Dank auch Dr. Torsten Passie für sein Interesse an meiner Arbeit und sein Schreiben, durch das er mich motivierte.   Inhalt   KAPITEL 1: ENTDECKUNG 6 Mutterkorn 6 Botanik 6 Geschichte 6 Alkaloide 7 Mutterkornalkaloide 7 Versuchsreihen der Sandoz AG 8 Entdeckung der psychedelischen Fähigkeiten 8 KAPITEL 2: STRUKTUR 11 Chemie 11 Formel und Aufbau 11 Synthese 12 Pharmakologie 13 Pharmakokinetik 13 Metabolisierung 14 Toleranz 14 Pflanzliche Verwandte des LSD 14 KAPITEL 3: KENNZEICHEN DER LSD-INTOXIKATION 16 Physische Aspekte 16 Motorische Störungen 16 Vegetative Symptome 17 Veränderungen der Wahrnehmung 17 Physiologische Abweichungen 18 Psychische Aspekte 19 Veränderung des Zeiterlebens 19 Veränderung des Ichbewußtseins 20 Flashbacks 20 Variablen und Verlauf 21 Set und Setting 21 Einteilung in Phasen 21 KAPITEL 4: MÖGLICHE WIRKMECHANISMEN 23 Bisherige Überlegungen 23 Praesynaptische Hypothese 24 Postsynaptische Hypothese 24 LSD und Traum 24 Aktueller Forschungsstand 26 Beteiligte Rezeptoren 26 Das Serotoninsyndrom 27 Diskriminationsexperimente 28 Agonist oder Antagonist 28 Modulierung der Wirkung 29 KAPITEL 5: DIE LSD-PSYCHOTHERAPIE 31 Formen 31 Grundlagen 32 Indikation 34 Rahmenbedingungen und Verlauf 35 KAPITEL 6: GESELLSCHAFTLICHE SITUATION 36 Begriffsbildung 36 Medizinische Anwendung 36 Nicht medizinische Anwendung 37 Mißbrauchspotential 38 Ausblick 39 ANHANG A: DAS SEROTONINSYSTEM 41 Strukturverwandtschaft mit LSD 41 Serotoninsynthese und -stoffwechsel 42 Das serotoninerge System des Menschen 42 Anatomie 42 Serotoninerge Bahnen 43 Natürliche Wirkung 44 Rezeptoren 45 Serotonin und Geisteskrankheit 47 Biochemische Aspekte der Depression 47 Serotoninmodulierende Psychopharmaka 48 ANHANG B: CHEMISCHE FORMELSAMMLUNG 50 Serotoninkreislauf - Synthese und Abbau 50 Indolkern in Serotonin und LSD 50 Alkaloide der Lysergsäure-Gruppe 50 Paritelle Synthese des d-LSD 51 Verwandte Psychedelika 51 ANHANG C: ZUR PHYSIOLOGIE DES GEHIRNS 51 Anatomie des ZNS 52 Rückenmark 53 Rautenhirn 53 Mittelhirn 54 Kleinhirn 54 Zwischenhirn 54 Großhirn 55 Das Neuron als funktionelle Einheit 56 Der Zellkörper 57 Das Axon 57 Synaptische Terminals 57 Die Dendriten 58 Die Gliazellen 58 Signalübertragung im Gehirn 58 Das Neuron im Ruhezustand 59 Entstehung eines Aktionspotentiales 59 Kommunikation via Neurotransmitter 59 ANHANG D: BEILAGEN 61 Erklärung 61 Quellennachweis 61 Index 62   Kapitel 1: Entdeckung Mutterkorn Die natürliche Komponente des halbsynthetischen LSD ist die Lysergsäure. Dieser Stoff kommt zusammen mit einigen seiner Derivate im sogenannten Mutterkorn vor. Das Mutterkorn ist ein parasitärer Pilz, dessen Existenz dem Menschen schon lange bekannt ist und dessen Wirkungen eng mit der Geschichte der menschlichen Zivilisation, bereits seit der Antike, verflochten sind.

Dieser Aspekt soll nur gestreift werden, hat er doch nur indirekt mit dem LSD zu tun. Dennoch scheint es mir wichtig, auf die mannigfaltige Bedeutung des Mutterkorns, sei es nun als Bestandteil von mystischen Tränken, als Auslöser schrecklicher Krankheiten oder als Ausgangsprodukt von Arzneimitteln, hinzuweisen. Botanik Abbildung 1: Mutterkorn Bereits seit dem klassischen Altertum sind schmarotzende Schlauchpilze bekannt, die verschiedene Gräser und Getreide befallen und welche meist als Gift betrachtet wurden. Diese Schmarotzerpilze gehören zur Claviceps-Gruppe, deren wichtigster von ca. sechs verschiedenen Vertretern der Mutterkornpilz Claviceps purpurea ist. Er befällt meist Roggen oder Wildgräser und bildet auf seiner Wirtspflanze durch die Aufzehrung des Fruchtknotengewebes ein Dauermycel, das sogenannte Sklerotium.

Es entwickeln sich anstatt der Getreidekörner schwarz-violette keulenförmige Gebilde, die etwas größer als diese sind. Bei einem Querschnitt zeigt sich ein Scheingewebe mit einer Vielzahl von stark verflochtenen Zellen (Pilzhyphen). Die Entwicklung der Pilze der Claviceps-Gruppe umfaßt zwei Lebenszyklen: eine Wachstumsperiode und eine Ruheperiode. Das Mutterkorn ist dabei ausschließlich die überwinternde Form des Sklerotiums in der Ruheperiode., Geschichte Der Mutterkornpilz ist in den gemäßigten Zonen Europas, Asiens, Nordafrikas und Nordamerikas verbreitet. Ausführlich dokumentiert ist aber nur sein Vorkommen in Mitteleuropa, meist im Zusammenhang mit Massenvergiftungen.

Es gibt aber auch Hinweise, daß Mutterkorn in der Kultur des Altertums bewußt als Halluzinogen eingesetzt wurde.* Im frühen Mittelalter traten in besonders feuchten und regenreichen Sommern, Bedingungen die die Entwicklung der Schmarotzerpilze fördern, oft epidemieartige Erscheinungen, infolge einer Verseuchung des Brotes durch Mutterkorn auf. Die Krankheit trat in zwei Formen auf: der Brandseuche (Ergotismus gangraenosus) und Krampfseuche (Ergotismus convulsivus). Die Erkrankung äußerte sich zunächst in Form von starker Hitze, Kribbeln, Ameisenlaufen, Pelzigkeit und Taubheitsgefühl an den Fingern und Zehen. […] Im weiteren Verlauf traten am ganzen Körper Blasen auf, die sich infizierten und zum trockenen Gewebstod (schwarzer Brand) der betroffenen Körperteile führten. Als Folge fielen Finger, Zehen, Nasenspitzen, Ohren und in schweren Fällen ganze Gliedmaßen ab.

[…] Häufige Symptome der Vergiftung, die oft tödlich verlief, waren Delirien und Halluzinationen. , Die Bezeichnungen “ignis sacer”, heiliges Feuer, und “Antoniusfeuer” verweisen auf die im Mittelalter weit verbreitete religiöse Einstellung zu Krankheiten als Strafe Gottes. Tatsächlich nahm sich nur der Orden des Heiligen Antonius der am Ergotismus Erkrankten an. Als im 17. Jahrhundert der Zusammenhang zwischen mutterkornhaltigem Brot und den Vergiftungserscheinungen erkannt wurde, konnte die Seuche rasch durch bessere Kontrolle der Getreideverarbeitung vermieden werden. Dennoch trat der letzte bekannte Fall von Ergotismus noch in den Jahren 1926/27 in Rußland auf.

Obwohl vorher schon von Hebammen angewandt, fand das Mutterkorn erst etwa zu Beginn des vorigen Jahrhunderts Eingang in die Schulmedizin. Auf die Verwendung in der Geburtshilfe deutet ja bereits der Name Mutterkorn hin. Anwendung fand es zuerst als Mittel zur Beschleunigung der Geburt, da es gebärmutterkontrahierend wirkt. Wegen der Gefahren die eine unzuverlässige Dosierung mit sich bringt, werden Mutterkornpräparate heute nur mehr zur Stillung von Blutungen herangezogen. Grund dafür sind die gefäßverengenden Wirkungen der Inhaltsstoffe des Mutterkorns, die bei zu hoher Dosierung zu Durchblutungsstörungen und Gewebstod, ähnlich wie beim Ergotismus, führen können., Alkaloide Die Wirksubstanzen einer Vielzahl von Pflanzen, so auch des Mutterkorns, gehören zur Gruppe der Alkaloide.

Es sind dies stickstoffhaltige Naturstoffe, die teils komplexe Ringsysteme bilden, aufgrund derer man sie chemisch näher klassifizieren kann. Viele dieser Alkaloide können heute, da ihre Struktur geklärt ist, auch synthetisch hergestellt werden. Sie zeigen meist schon bei kleinen und kleinsten Dosen massive Wirkung, so daß es nicht verwundert, wenn auch viele Drogen zu den Alkaloiden gerechnet werden. Alkaloid Ringstruktur Verwendung Nikotin Pyridin Genußmittel Coniin Pyridin Gift des Schierlings Cocain Tropan Rauschgift, Lokalanästhetikum Atropin Tropan Gift der Tollkirsche Morphin, Codein Isochinol teils in der Medizin, jedoch Suchtgefahr Ergot-Gruppe Indol vorwiegend in der Geburtshilfe Chinin, Coffein – anregende Genußmittel Tabelle 1: Einige bekannte Alkaloide Mutterkornalkaloide Die Wirkung des Mutterkorns läßt sich nicht einem einzigen Stoff zuordnen, so daß es immer wieder gelang verschiedene Alkaloide zu beschreiben, die alle in der Ergot- bzw. Mutterkorn- Gruppe zusammengefaßt sind. Auch innerhalb der Mutterkorngruppe gibt es eine Unterscheidung in Lysergsäure-Alkaloide und Clavine-Alkaloide; in dieser Arbeit werden aber ausschließlich die verschieden Verbindungen der Lysergsäure besprochen.

Im Jahre 1875 wurde vom Franzosen Charles Tanret ein erstes Extrakt hergestellt, das er Ergotinin nannte. Es darf eigentlich noch nicht zu den Alkaloiden gezählt werden, da es eine nach heutigen Maßstäben ziemlich unreine Substanz war. Auch das 1907 entdeckte Ergotoxin ist kein einheitliches Präparat. Der Wortstamm toxin deutet bereits darauf hin, daß es mehr die giftigen, denn die erwünschten Wirkungen aufwies. Erst mit der Isolierung von Ergotamin, dem ersten reinen Mutterkornalkaloid durch Arthur Stoll 1918, begann der Höhepunkt der Mutterkornforschung. Dadurch konnte nämlich die Lysergsäure als gemeinsamer und zugrunde liegender struktureller Baustein der pharmakologisch wirksamen Mutterkornalkaloide identifiziert werden.

Innerhalb der nächsten 25 Jahre wurden alle weiteren bisher bekannten Alkaloide entdeckt., Name Zugehörigkeit Entdeckung Ergotamin/Ergotaminin Ergotamin-Gruppe 1918 Ergosin/Ergosinin dto. 1936 Ergometrin/Ergometrinin Ergometrin-Gruppe 1935 Ergokristin/Ergokristinin Ergotoxin-Gruppe 1937 [a,b] Ergokryptin/Ergokryptinin dto. 1943 Ergocornin/Ergocorninin dto. 1943 Ergostin/Ergostinin dto. — Tabelle 2: Natürlichen Mutterkornalkaloide der Lysergsäuregruppe Sämtliche Mutterkornalkaloide weisen eine tetracyclische (aus vier Ringen bestehende) Struktur auf, die man als Ergolin bezeichnet.

Diese komplex aufgebaute Gruppe besteht aus Lysergsäure-Tripeptiden, in denen stets Prolin vorhanden ist, das mit anderen Aminosäure (derivate)n wie (a-Hydroxy-)Valin verbunden ist.* Neben den Alkaloiden mit der Endung -in gibt es auch deren Isomere mit der Endung -inin, die in der Regel aber unwirksam sind. Ist z.B. von Ergocornin die Rede, ist der wirksame Bestandteil gemeint, während bei Ergocorninin sämtliche acht möglichen, aber ineffektiven Stereoisomere gemeint sind. Versuchsreihen der Sandoz AG 1935 begann in den Laboratorien des Schweizer Pharmakonzerns Sandoz ein Projekt, das sich ausführlich mit der Mutterkornchemie beschäftigte.

Der Leiter dieses Projektes war Dr. Albert Hofmann. Es gelang die Lysergsäure als gemeinsamen Baustein der Alkaloide zu identifizieren und isolieren. Ziel war es, durch die Verknüpfung der Lysergsäure mit basischen Resten, Substanzen zu synthetisieren, die gezielt therapeutische Wirkungen aufweisen sollten. Zu diesem Zweck wurde eine Vielzahl von Lysergsäureverbindungen hergestellt. Die Verbindung mit Propanolamin ergab eine mit dem natürlichen Mutterkornalkaloid Ergometrin (synonym die Bezeichnungen Ergobasin und Ergonovin) identische Verbindung, während die Verbindung mit Butanolamin eine noch wirksamere Substanz (Methergin) ergab.

Die insgesamt 25. Substanz in dieser Versuchsreihe war die Verknüpfung mit Diethylamid. Man erwartete sich davon eine kreislaufstärkende Wirkung, da das damals bekannte Analeptikum Coramin ebenfalls eine Diethylamidgruppe aufwies. 1938 erstmals synthetisiert, entsprach LSD-25, so die Laboratoriumsbezeichnung, aber nicht den pharmakologischen Erwartungen, so daß man dieser Substanz keine weitere Aufmerksamkeit schenkte. Entdeckung der psychedelischen Fähigkeiten Im Frühjahr 1943 führte Dr. Hofmann erneut eine Synthese des LSD durch.

Bei der Überführung des äußerst instabilen Stoffs in ein stabileres weinsaures Salz (Tartrat) muß ein Bruchteil der Substanz unbeabsichtigt über die Haut resorbiert oder eingeatmet worden sein. Dr. Hofmann bemerkte nach kurzer Zeit eigenartige Veränderungen, wie folgendem Bericht zu entnehmen ist: Vergangenen Freitag, 16. April 1943, mußte ich mitten am Nachmittag meine Arbeit im Laboratorium unterbrechen und mich nach Hause begeben, da ich von einer merkwürdigen Unruhe, verbunden mit einem leichten Schwindelgefühl, befallen wurde. Zu Hause legte ich mich nieder und versank in einen nicht unangenehmen rauschartigen Zustand, der sich durch eine äußerst angeregte Phantasie kennzeichnete. Im Dämmerzustand bei geschlossenen Augen – das Tageslicht empfand ich als unangenehm grell – drangen ununterbrochen phantastische Bilder von außerordentlicher Plastizität und mit intensivem, kaleidoskopartigem Farbenspiel auf mich ein.

Ob dieser Wirkung erstaunt, beschloß er drei Tage später einen gezielten Selbstversuch durchzuführen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Unerklärlich schien, wie eine Substanz, die nur in Mikrogramm hergestellt wurde, solche Auswirkungen haben konnte. Die verabreichte Dosis betrug 250 mg, was im Vergleich zu anderen Mutterkornpräparaten äußerst gering war, nach heutigem Wissen aber eine drei- bis fünffache Überdosierung darstellt. Der folgende Bericht Dr. Hofmanns ist sehr bekannt und wird in beinahe jeder im Literaturverzeichnis angegebenen Publikation wiedergegeben. Aus Gründen der inhaltlichen Geschlossenheit sei er auch hier nicht vorenthalten: 1620: 0,5 cc.

von ½-promilliger wäßriger Tartrat v. Diethylamid peroral = 0,25 mg Tartrat 1700: Beginnender Schwindel, Angstgefühl. Sehstörungen. Lähmungen, Lachreiz. […] siehe Spezialbericht Hier hören die Aufzeichnungen im Laborjournal auf. Die letzten Worte konnten nur noch mit Mühe niedergeschrieben werden.

Ich bat meine Laborantin, mich nach Hause zu begleiten, da ich glaubte, die Sache nehme den selben Verlauf wie die Störung am Freitag. Aber schon auf dem Heimweg per Rad zeigte es sich, daß alle Symptome stärker waren als das erste Mal. Ich hatte bereits größte Mühe klar zu sprechen und mein Gesichtsfeld schwankte und war verzerrt wie ein Bild in einem verkrümmten Spiegel. Auch hatte ich das Gefühl, nicht vom Fleck zu kommen, während mir nachher meine Laborantin sagte, daß wir ein scharfes Tempo gefahren seien. […] Aber schlimmer als diese Verwandlungen der Außenwelt ins Groteske waren die Veränderungen, die ich in mir selbst, an meinem Innersten Wesen spürte. Alle Anstrengungen meines Willens, den Zerfall der äußeren Welt und die Auflösung meines Ich aufzuhalten, schienen vergeblich.

[…] Soweit ich mich erinnern kann, waren während dem Höhepunkt der Krise, der bereits überschritten war, als der Arzt ankam, folgende Symptome am ausgeprägtesten: Schwindel, Sehstörungen; die Gesichter der Anwesenden erschienen mir wie farbige Fratzen, starke motorische Unruhe, wechselnd mit Lähmungen, … abwechselnd betäubt, dann wieder klares Erkennen der Lage, wobei ich zeitweise als außenstehender neutraler Beobachter feststellte, wie ich halb wahnsinnig schrie oder unklares Zeug schwatzte … Sechs Stunden nach der Einnahme hatte sich mein Zustand weitgehend gebessert. Ausgeprägt waren noch die Sehstörungen. […] Bei geschlossenen Augen drangen ständig farbige, sehr plastische und phantastische Gebilde auf mich ein. Besonders merkwürdig war, wie alle akustischen Wahrnehmungen, etwa das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos, in optische Empfindungen transponiert wurden, so daß durch jeden Ton und jedes Geräusch ein entsprechendes farbiges Bild, in Form und Farbe kaleidoskopartig wechselnd, ausgelöst wurde. Erschöpft schlief ich dann ein und erwachte am nächsten Morgen erfrischt mit klarem Kopf, wenn auch körperlich noch etwas müde. Diese Beschreibung der ersten LSD-Intoxikation am 19.

April 1943 beschreibt die auftretenden Symptome schon äußerst klar. Dieser Bericht bildete die Grundlage für die weiteren Untersuchungen, die zuerst innerhalb des Sandoz-Konzerns durchgeführt wurden, ehe die Entdeckung von LSD-25 bekanntgegeben wurde. 1947 wurde eine Beschreibung der ersten Versuche des Psychiaters W. Stoll, auf die in Kapitel 3: Kennzeichen der LSD-Intoxikation noch näher eingegangen wird, veröffentlicht, der noch weitere Untersuchungen anderer Forschergruppen folgten. Zusammenfassung Die natürliche Komponente des LSD ist die Lysergsäure; Sie ist Hauptinhaltsstoff vieler Alkaloide des schmarotzenden Mutterkornpilzes. Mutterkornvergiftungen sind geschichtlich belegt, stehen aber mit Ausnahme des eleusischen Trankes nicht in Verbindung mit bewußter Hervorrufung von Halluzinationen.

Die Aufklärung der chemischen Struktur dieser Alkaloide führte zu vermehrter Forschung auf diesem Gebiet. Die Synthese des Lysergsäure-Diethylamids war Teil eines von Dr. Albert Hofmann geleiteten Projektes der Schweizerischen Sandoz AG. Die psychedelischen Eigenschaften des LSD wurden erst fünf Jahre später durch eine versehentliche Intoxikation entdeckt und durch Selbstversuche verifiziert. Erst ab diesem Zeitpunkt kann man von einer wissenschaftlichen Untersuchung dieser Substanz sprechen. Datum Ereignis 1500 v.

Chr. Eleusischer Kult 600 v. Chr. Aufzeichnungen über von Mutterkorn befallenen Roggen 590 Auftreten der “St. Antonius Krankheit” (Mutterkornvergiftung) 1582 Erste Erwägung der medizinischen Anwendbarkeit von Mutterkornpräparaten in Kräuterbüchern 1676 Erkennen des Zusammenhangs zwischen Mutterkorn und dem Auftreten von Ergotismus 19 Jhdt. Wissenschaftliche Abhandlungen über Einsatz in der Medizin 1918 Isolierung des ersten reinen Mutterkornalkaloids 1938 Erstmalige Synthese von Lysergsäure und Diethylamid zu LSD 1943 Entdeckung der psychedelischen Fähigkeiten des LSD Tabelle 3: Zeittafel der Geschichte des Mutterkorns und seiner Alkaloide Literaturverzeichnis Die Pflanzen der Götter, Albert Hofmann/Richard E.

Schultes AT Verlag Aarau. Schweiz 1996 Giftpflanzen, Fröhne/Pfänder Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart 1981 LSD – Mein Sorgenkind, Albert Hofmann Klett-Cotta/dt Verlag. München 1979 Gifte in unserer Umwelt, Otfried Strubelt Deutsche Verlags Anstalt. Stuttgart 1989 Introduction – Early History of LSD, in: LSD a Total Study, D.V.

Sivar Sankar PJD Publications Westbury. New York 1975 Römpps Chemie Lexikon, Otto-Albrecht Neumüller Frank’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1983 Kapitel 2: Struktur Chemie Die Struktur des LSD, auch die räumliche, ist weitgehend gesichert. Obwohl heute die Formel dieser Substanz in jedem Lexikon zu finden ist, beruhte der Weg zu dieser Erkenntnis vor allem auf komplizierten Experimenten. Dieser Abschnitt sollte darauf hinweisen, ohne Anspruch auf vollständige Erläuterung, und die wichtigsten dabei angewandten Methoden nennen. Die im Literaturverzeichnis angeführten Publikationen sind allerdings wahrscheinlich nur für Chemiker ganz verständlich.* Formel und Aufbau LSD ist ein komplexes organisches Molekül, so daß die Anwendung einer Summenformel** nicht sinnvoll ist.

Statt dessen findet man in der Literatur fast ausschließlich die vereinfachte Strukturformel. Gebräuchlich ist dabei die Einteilung in vier Ringsysteme und vier Reste. Ring A und C sind homocylische, Ring B und D heterocylische Verbindungen, wobei das Heteroatom stets Stickstoff ist. An den Positionen (15,16) des Benzolringes A geht dieser eine Bindung mit Ring B ein, einem stickstoffhaltigen 5-Ring. Ring B entspricht dem Pyrrol, weist aber nur eine Doppelbindung auf (Dihydropyrrol). Ring C ist ein Cyclohexan, also ein Benzolring ohne Doppelbindungen, und steht über Position (11,16) mit Ring A bzw.

mit (3,16) mit Ring B in Verbindung. Ring D ist wieder heterocyclisch, ähnelt dem Pyridin besitzt aber wie Ring B nur eine Doppelbindung (Tetrahydropyridin). Ring D ist nur mit einem Ring, nämlich Ring B über die Positionen (5,10) verbunden. Die Reste R1 und R2 an Ring B bestehen im Falle des LSD nur aus H-Atomen, R3 am heterogenen Stickstoffatom in Ring D aus Methyl (CH3) und R4 besteht aus der für die Bezeichnung charakteristischen Diethylamidgruppe (CH2CH3)2. Beim LSD-Molekül existieren zwei Asymmetriezentren, nämlich an den Atomen C5 und C8. Jedes Asymmetriezentrum steht für zwei mögliche stereoisomere Formen, so daß insgesamt vier Möglichkeiten zur Verfügung stehen: zwei rechtsdrehende Formen (d-LSD und d-Iso-LSD) und zwei linksdrehende (l-LSD und l-Iso-LSD).

Die einzige pharmakologisch signifikant wirksame Substanz ist das korrekt so bezeichnete d[exter]-L[yserg]S[äure] D[iethylamid]. Wenn verkürzt von LSD die Rede ist, meint man dabei immer diese Form. Durch gezielte Verändern des Moleküls können Derivate hergestellt und Zusammenhänge zwischen Struktur und Wirkung gewonnen werden. Diese Veränderungen beziehen sich meist auf den Amidrest R4, das Überführen der Doppel- in Dreierbindungen und Substitution an verschiedenen Positionen der Ringsysteme. Solche Überlegungen sind allerdings nur von theoretischem Interesse, höchst spezifisch und nur schwer verständlich, da sie hohes Wissen speziell auf dem Gebiet der organischen Chemie voraussetzen.* Von Bedeutung ist auch die dreidimensionalen Struktur des LSD, die nur auf experimentellem Wege ermittelt werden konnte.

Die dabei angewandte Methode ist die Röntgen-Kristall-Strukturanalyse, bei der das Lysergsäurediethylamid durch Neutralisiation in ein Salz übergeführt wird. Anschließend können anhand der Beugungsmuster die Atomschwerpunkte ausgemacht und ein räumliches Modell erstellt werden. Daneben gibt es noch die Möglichkeit mittels Orbital- bzw. Hybridmethoden (PCILO, EHT, INDO) Energieniveaukarten anzulegen, um so auf die Lage und Beziehung der Atome zueinander im Raum schließen zu können. Diese Methoden sind aber ebenfalls zu speziell und komplex, um sie hier behandeln zu können. Interessant ist aber das Ergebnis, daß nämlich unter allen vorhandenen möglichen Varianten, die Winkel des LSD-Moleküls so gewählt sind, daß sie dem Serotoninmolekül am nächsten kommen.

Außerdem existiert das sogenannte Synder-Modell, das besagt, daß unter der Annahme, daß LSD das höchst wirksame Halluzinogen ist, alle anderen Halluzinogene Ähnlichkeiten mit dessen Struktur aufweisen müßten. Tatsächlich läßt sich zeigen, daß Stoffe die zur Gruppe der Indolalkylamine oder Phenylethylamine (z.B. Mescalin) gehören, mit der räumlichen Struktur des B und C Rings des LSD übereinstimmen. Synthese** Die klassische Synthese, nach der auch Albert Hofmann LSD erzeugte, basiert auf der Curtius’schen Reaktion. Dabei werden Carbonsäuren durch Einwirkung von stickstoffhaltigen Säuren zu Amiden abgebaut.

Im ersten Schritt muß dabei ein Lysergsäureradikal vom Ausgangsstoff, meist einem Mutterkornalkaloid, abgespalten und anschließend stabilisiert werden. Danach wird die so gewonnene Verbindung gemäß der Curtius-Reaktion in eine Diethylamid-Verbindung umgewandelt und im dritten Teil in gelöster Form in ein Tartrat übergeführt. Dies geschieht vereinfacht nach folgendem Schema. Ein Alkaloid wird mittels Hydrazid gespalten. Es kommt dabei durch Erhitzen zur Isomerisation und Entstehung einer Lösung aus Isolysergsäurehydrazid. Dann werden sie in Salze der rechts- bzw.

linksdrehenden Weinsäure übergeführt und danach in die entsprechende Form der Lysergsäure konvertiert. Das Gemisch aus Lysergsäurehydrazid bzw. Iso-Lysergsäurehydrazid wird wiederum gelöst und Diethylether beigegeben. Dabei bindet ein Ethylrest an das erste Stickstoffatom, der andere durch Absprengen der restlichen Aminogruppe (NH2). Nach Extrahieren und Filtrieren können d-LSD und d-Iso-LSD getrennt werden. Nach dem Mischen des äußerst instabilen reinen d-LSD mit Weinsäure und Methanol* setzen sich große, weiße nadelförmige Kristalle ab.

Diese stabile Form wird gelegentlich die Laborbezeichnung LSD-25 zum Ausdruck gebracht. Später wurden auch andere Verfahren zur Synthese entwickelt, unter ihnen eines, bei dem selbst die an sich natürliche Lysergsäure im Labor synthetisiert wird. Pharmakologie Pharmakologische Untersuchungen mit LSD wurden an einer Vielzahl von Tierarten und, soweit dies möglich war auch am Menschen durchgeführt. Da die pharmakologisch wirksame Menge von LSD sehr gering ist, sind alle Angabe nur von bedingter Genauigkeit, zumal sie von Individuum zu Individuum variieren können. Pharmakodynamische Aspekte, also die Wechselwirkung zwischen Ligand und Rezeptor betreffend, werden hier nicht behandelt, sondern werden, in einem eigenen Kapitel (siehe Seite 23 pp.) gesondert besprochen.

** Pharmakokinetik LSD wird üblicherweise oral appliziert und über den Magen resorbiert. Bei dieser Verabreichung liegt die Latenzzeit, also jene Zeit, die verstreicht bis erste Symptome bemerkbar sind, bei ca. 20-30 Minuten. Will man die Resorption im Magen-Darm-Trakt umgehen und injiziert LSD intravenös, tritt die Wirkung sofort bzw. maximal nach etwa 10 Minuten ein. LSD ist sehr gut fettlöslich und überwindet rasch die Blut-Hirn Schranke.

Obwohl das ZNS rasch mit LSD-Molekülen überflutet wird, verlagert sich nach kurzer Zeit (etwa 10 Minuten) die höchste Konzentration zur Leber hin. Das bedeutet, daß schon nach weniger als einer Viertelstunde nach Erreichen das Gehirn kein neues LSD mehr erhält und nur eine verhältnismäßig noch viel geringere Menge der ursprünglichen Substanz die psychischen Veränderungen auslöst. Die Dosierung liegt beim Menschen unter normalen Umständen bei ca. 50 - 500 mg.*** Geht man von einer letalen Dosis von 15.000 mg aus, dann ergibt sich eine “therapeutische Breite” von 300, das heißt erst eine 300fache Überdosierung hätte eine tödliche Wirkung zur Folge.

Vergleicht man diesen Wert (bei Antidepressiva etwa im Bereich von 30 bis 50), so ist LSD eine sehr sichere Substanz.* Metabolisierung Die Eliminationshalbwertszeit, also jene Zeitspanne, in der die Hälfte eines Stoffes abgebaut wird, beträgt beim Menschen etwa 175 Minuten. Der Abbau findet hauptsächlich in Leber und Galle statt, wo sich auch die höchste Konzentration im Körper findet. Die Wirkung hält etwa acht Stunden an, der Abbau ist aber erst nach acht Halbwertszeiten abgeschlossen, was ungefähr 24 Stunden entspricht. Etwa bis zu diesem Zeitpunkt kann man den LSD-Konsum auch noch mittels hochempfindlichen Radio-Immun-Assay nachweisen. Nur ca.

1% des LSD wird unverändert wieder ausgeschieden, der Rest wird metabolisiert und über Urin (ca. 15%) und Fäzes (ca. 80%) abgegeben. Es gibt vermutlich drei wasserlösliche Hauptmetaboliten: 2- ,12- und 13-Hydroxy-LSD.** Außerdem müssen noch Abbauprodukte vorhanden sein, die C-Atome abspalten, da bei Experimenten mit radioaktivem LSD in geringen Spuren 14 CO2 in der Atemluft gefunden wurde. Toleranz In der Fachliteratur wird übereinstimmend die Meinung vertreten, daß die Verabreichung von LSD nicht zu körperlicher Abhängigkeit führt.

Dafür spricht zum einen das Fehlen von Entzugserscheinungen und zum anderen die nicht vorhandene Selbstverabreichung bei Labortieren., Wohl aber kann man eine starke Gewöhnung gegenüber der Substanz feststellen. Eine Toleranz kann innerhalb weniger Tage, in Extremfällen auch schon nach einer Verabreichung, auftreten. Ein mögliches Maß dafür ist die Zunahme von anorganischen Phosphaten im Serum, die nach jeder LSD-Applikation auftritt. Je öfter die Verabreichung, desto geringer die Zunahme, und der Effekt. Die Art dieses Zusammenhangs ist aber ebenso wie die tatsächlichen Vorgänge an den Rezeptoren noch unbekannt.

Die Rückbildung der Toleranz geht ebenso rasch vor sich wie ihre Entstehung. Daneben gilt auch die Kreuztoleranz. Ist ein Individuum gegen LSD resistent, bleibt auch bei Verabreichung von Mescalin eine Wirkung aus, da gegen LSD aber offensichtlich eine höhere Toleranz notwendig ist, verhindert im umgekehrten Fall eine Toleranz gegenüber Mescalin nicht die Wirkungen des LSD. Grundsätzlich gilt zwischen LSD und anderen Psychedelika, insbesondere serotoninergen, Kreuztoleranz. Definitiv ausgeschlossen ist diese wechselseitige Toleranz aber gegenüber Amphetaminen und Cannabinoiden. Pflanzliche Verwandte des LSD Obwohl LSD eine künstliche Substanz ist, gibt es Pflanzen, die Stoffe produzieren, die ihm in Struktur oder Wirkung so ähnlich sind, daß man sie als “natürliche Verwandte” bezeichnen kann.

Zwei möchte ich hier anführen, ansonsten sei auf das Literaturverzeichnis verwiesen. Ololiqui: Die Wirkstoffe der Samen dieser Windengewächse (Convolvulaceae) sind Lysergsäureamid und Lysergsäurehydroxyethylamid und damit der Struktur des LSD sehr ähnlich. Dennoch sind sie etwa um ein Zehntel weniger wirksam. Ololiqui ist hauptsächlich in indianischen Kulturen verbreitet und war schon in vorkolumbianischer Zeit bekannt. Eingesetzt wird es vor allem in Form verschiedener Zauber- bzw. Heiltränke.

Psilocybe-Pilze: Eine Reihe verschiedener, teilweise auch in unseren Breiten heimischer, Pilze bildet die psychoaktiven Substanzen Psilocybin bzw. dessen Abbauprodukt Psilocin. Wie LSD und Ololiqui gehören sie zu den serotoninergen Psychedelika und weisen strukturelle Gemeinsamkeiten auf. Eingenommen werden die Pilze in frischem oder getrockneten Zustand, was Einfluß auf den Wirkstoffgehalt hat. Substanz effektive Dosis tödliche Dosis Breite Potenz LysergsäureDiethlyamid 0,05 mg 15 mg x 300 100 % LysergsäureAmid 0,50 mg — — 10 % Psilocybin/Psilocin 5,00 mg 1.500 - 2.

000 mg x 400 1 % Tabelle 4: Pharmakologische Daten von LSD und verwandten Substanzen Zusammenfassung LSD ist ein komplexes organisches Molekül, dessen räumliche Struktur nur langwierig auf experimentellem Wege ermittelt werden konnte. Die Synthese basiert auf der Curtius’schen Reaktion und geht von Mutterkornalkaloiden aus. Die beim Menschen wirksame Dosis beträgt etwa 1/20.000 Gramm. Obwohl sich rasch eine Toleranz bildet, kommt es zu keiner Abhängigkeit. Die Halbwertszeit ist mit knapp drei Stunden relativ lange.

LSD wird zu 99% metabolisiert, vor allem in Hydroxy-LSD. Neben LSD existieren auch verwandte natürliche Substanzen. Am ähnlichsten ist der Wirkstoff des Ololiqui, das Lysergsäureamid (LA-111). Literaturverzeichnis The Chemistry of LSD (A. Hofmann), in: LSD a Total Study, D.V.

Sivar Sankar PJD Publications Westbury. New York 1975 Stereoelectronic Characteristics of LSD (C. Johnson), in: LSD a Total Study, D.V. Sivar Sankar PJD Publications Westbury. New York 1975 Metabolism of LSD, in: LSD a Total Study, D.

V. Sivar Sankar PJD Publications Westbury. New York 1975 Pharmacological Aspects, in: LSD a Total Study, D.V. Sivar Sankar PJD Publications Westbury. New York 1975 Drogen und Psychopharmaka, Robert M.

Julien Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, Berlin, Oxford 1997 Die Pflanzen der Götter, Albert Hofmann/Richard E. Schultes AT Verlag Aarau. Schweiz 1996   Kapitel 3: Kennzeichen der LSD-Intoxikation Vorbedingung für eine LSD-Intoxikation ist logischerweise die Einnahme der Droge. Um mit den außerordentlich kleinen Dosierungen, die im Mikrogrammbereich liegen, besser umgehen zu können, bedient man sich der Einnahme per os, meist in Form einer wäßrigen Lösung. Die Reaktionen können von Individuum zu Individuum stark schwanken.

So können bei einer Person schon geringe Mengen dramatische Wirkungen zur Folge haben, während bei einer anderen selbst eine massive Überdosierung nahezu wirkungslos ist.* Außerdem spielen zahlreiche außerpharmakolgische Faktoren, wie etwa die Einstellung zur Droge, die Erwartungen und die Umgebung eine entscheidende Rolle. Sie werden an anderer Stelle noch genauer behandelt. Der Begriff Kennzeichen in der Überschrift soll zum Ausdruck bringen, daß der Verlauf einer LSD-Intoxikation nicht als konstanter Ablauf drogenspezifischer Wirkungen (wie z.B. die Analgesie bei Morphinen) verstanden werden darf.

Es gibt jedoch eine Zahl verschiedener Symptome, die von LSD besonders massiv hervorgerufen zu werden scheinen und hier, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, besprochen werden. Physische Aspekte Der LSD-Rausch ist zwar in erster Linie von psychischen Veränderungen bestimmt, dennoch treten meist auch bestimmte körperliche Symptome auf. Sie sind zwar mit einer gewissen Häufigkeit, jedoch nicht zwangsläufig vorhanden. Man kann also von keinen konstanten Symptomen sprechen, die unabhängig von anderen Einflüssen nur durch pharmakologische Werte beeinflußt werden. Der Psychiater S. Grof kommt dabei gar zu folgender Erkenntnis: Bei der Auswertung von fast fünftausend Protokollen von LSD-Sitzungen fand ich nicht ein einziges Symptom, das in allen Fällen absolut konstant aufgetreten wäre und damit als tatsächlich invariant hätte betrachtet werden können Außerdem ist festzuhalten, daß zwischen verabreichter Dosis, sofern sie im üblichen Bereich liegt** , und Häufigkeit bzw.

Stärke der Symptome kein nachweisbarer Zusammenhang besteht. Es muß daher auch in Betracht gezogen werden, daß einige körperliche Symptome vielleicht nur Reaktionen auf psychische Veränderungen darstellen. Nichts desto trotz gilt beispielsweise die Veränderung der Pupillen als zuverlässiges Anzeichen für noch bestehenden Drogeneinfluß. Auch darf die Ähnlichkeit von LSD zu Serotonin, das ja muskelkontrahierend wirkt, bei Veränderungen besonders im vegetativen Bereich nicht außer Acht gelassen werden. Motorische Störungen Veränderungen der Muskel von völliger Lockerung und Entspannung bis hin zu starken Krämpfen und Verspannungen wurden beobachtet. Komplizierte Verrenkungen sind möglich, aber selten.

Meist sind die Symptome auf leichtes Zittern und Beeinträchtigungen verschiedener Bewegungen beschränkt. Der Gang wird breit und ausgreifend. Zeige- und Greifversuche mißlingen, wie überhaupt die Koordinationsfähigkeit und Feinmotorik herabgesetzt scheinen. Die Sprache wird undeutlich, auch das Schriftbild verändert sich und wird fahrig.,links: nach 45 Minuten mitte: nach 125 Minuten rechts: normale Handschrift Abbildung 2: Veränderung der Handschrift unter LSD-Einfluß   Vegetative Symptome Vegetative Beschwerden treten vornehmlich kurz nach Einnahme des LSD auf und äußern sich zumeist in Übelkeit und allgemeinem Unwohlsein. Diese Anzeichen können entweder dem sympathetischen oder parasympathetischen System zugeordnet werden.

Sympathetische Symptome: beschleunigter Puls, erhöhter Blutdruck, starkes Schwitzen, Kältegefühl, Sträuben der Körperhaare, Speichelabsonderung, Verschwimmen der Seheindrücke. Parasympathetische Symptome: verlangsamter Puls, abgesenkter Blutdruck, Tränenfluß, teils heftiges Erbrechen, abwechselndes Frieren und Hitzegefühl, Erschöpfung. Veränderungen der Wahrnehmung Änderungen die sinnliche Wahrnehmung betreffend gehören zu den häufigsten Symptomen während einer LSD-Intoxikation. Am stärksten sind dabei visuelle Erscheinungen, wobei man zwischen dem Zustand, in dem die Versuchspersonen die Augen geschlossen halten oder sich in dunklen Räumen aufhalten, und dem in welchem sie die Augen geöffnet haben und Gegenstände fixieren. Bei Dunkelversuchen treten vor allem Elemantarhalluzinationen auf. Charakteristisch ist eine Vielzahl bunter, sich ständig wiederholender und in Bewegung befindlicher Objekte, die oft geometrisch gegliedert sind.

Folgende Bilder nennt W. Stoll: Flackern, Flirren, Glitzern, Sprühen, Regnen, schnelles und langsames Fließen, wandernde Punkte; Grüne und rote Nebel, gelbe Streifen, Strahlen, Schlieren, Schleier, Bögen, Ringe, bunte Kreise, Ellipsen, rasende Strudel, Spiralen, Gitter, Netze, glänzende Vakuolen* , Ornamente; Buchstaben, Spinnetze, Schneeflocken, Muscheln, Uhrfedern, sich teilende Chromosomen; Benzolringe, Schmetterlinge, Pfauengefieder, Fensterreihen, Dünenlandschaften, Dächermeere, Fratzen, Buddhas, Blütenkelche. Kennzeichnend sind Bewegung, Farbe und Mehrzahl der Gebilde, so daß häufig der Vergleich mit einem Kaleidoskop gezogen wird. Eine Änderung des intraokulären Drucks vermag Form und Farbe** der Halluzinationen zu verändern, etwa durch Druck auf die Augäpfel oder längeres Anhalten des Atems.Beim Wechsel von offenen zu geschlossenen Augen können Nachbilder auftreten, die mehrere Minuten lang anhalten können und dann verwischen. Auch bei Erscheinungen im Hellen treten Elementarhalluzinationen auf, allerdings nur beim Betrachten gleichmäßiger bzw.

diffuser Flächen und Gegenstände und ungleich schwächer als im Dunkeln. Ansonsten erfolgt auch hier eine starke Geometrisierung und Ornamentalisierung des Gesichtsfeldes. Menschen und Dinge erscheinen wie kubistische oder impressionistische Gemälde, auch erscheinen Farben und Kontraste ungleich stärker. Die Wahrnehmung ist infolge der ständig auftretenden Nachbilder verschwommen, so daß verschiedene Stadien ein und derselben Bewegung gleichzeitig gesehen werden können. Wird der Blick auf unbelebte oder weiter entfernte Gegenstände gelenkt, werden diese illusorisch verkannt. So können Flecken am Boden als Tiere oder Gesichter gesehen werden, Gruben zu Bergen.

Durch perspektivische Fehlleistungen erscheinen Raum und eigener Körper bizarr verzerrt und unproportioniert. Am häufigsten sind Mikropsie bzw. Makropsie, bei denen die Umwelt als riesen- oder zwergenhaft wahrgenommen wird., Viel weniger spezifisch sind die Veränderungen bei anderen sensorischen Reizen. Geräusche werden mitunter mißgedeutet und als subjektiv lauter empfunden. Monotones Rauschen kann als Musik wahrgenommen werden.

Viel stärker als die perzeptuelle Veränderung von Tönen ist aber die emotionelle, so daß manche Versuchspersonen von einem tieferen Verständnis für Musik im Zustand der LSD-Wirkung sprechen. Dieses Phänomen ist aber eindeutig nicht physischen Aspekten zuzuordnen. Gelegentlich treten auch Störungen im Bereich des Geschmacks- oder Geruchssinnes auf, wobei meist eine herabgesetzte Unterscheidungsfähigkeit oder das Vorherrschen eines bestimmten Geruches auftritt. Im Bereich des Tastsinns kann mitunter eine teilweise Gefühllosigkeit vorhanden sein. Viel häufiger werden sogenannte Synästhesien beobachtet, d.h.

ein eingehender sensorischer Reiz wird mit der Reaktion eines anderen Sinnesorgans beantwortet. Schon Albert Hofmann fiel auf, daß akustische Reize in optische Empfindungen umgewandelt werden konnten (siehe Seite 8). Die Art der Synästhesien kann verschiedene Formen annehmen und ist nicht festgelegt, so daß es nicht nur möglich ist Töne zu sehen, sondern auch Farben zu schmecken oder Schmerzen zu hören. Auf welche Weise LSD und andere Psychedelika wie Mescalin diese Phänomene genau erzeugen, kann jedoch noch nicht schlüssig gezeigt werden. Die Zuordnung von Wahrnehmungsveränderungen zu den physischen Aspekten ist zwar grundsätzlich problematisch, da man zurecht einwenden kann, daß insbesondere bei der Wahrnehmung psychische Faktoren eine gewichtige Rolle spielen.*, Ich habe mich dennoch dazu entschlossen, da elementare Trugbilder auch durch mechanischen Druck auf die Bulbi, durch Einatmen eines Gemischs aus Sauerstoff und Kohlensäure oder durch stroboskopisches Licht hervorgerufen werden können.

Des weiteren kann nicht von eigentlichen Visionen oder Halluzinationen gesprochen werden, da die Versuchspersonen in dieser Phase fast immer um die Unwirklichkeit der Erscheinungen wissen. Aus den bunten, zufälligen Tischflecken wurden springende, flüchtende Salamander auf dunklem Grund und prachtvoll schillernde Schmetterlinge. Ich fand es nicht einmal grotesk, obwohl ich wußte, daß es nur eine armselige Tischplatte mit Flecken war. Solche Pseudohalluzinationen lassen sich zumeist durch chemische Reizung der jeweiligen Sinnesorgane erklären und beruhen auf deren besonderen physiologischen Eigenschaften. Für gewöhnlich sind unter ihnen optische Erscheinungen vorherrschend. Physiologische Abweichungen Manchmal wird die Vermutung geäußert, LSD könne zu Änderungen im Chromosomenbestand, insbesondere zum Chromosomenbruch und zu Mutationen führen, wenn es über einen längeren Zeitraum eingenommen werde.

LSD würde die Phosphationen neutralisieren und so die DNA-Helix zerstören. Tatsächlich ergaben Experimente, daß für das Binden von LSD an DNA bzw. RNA eine Temperatur von mindestens 100° F oder 38° C notwendig ist. Mutationen wurden erst bei einer Konzentration von 2-10 mg LSD pro ml Blut beobachtet. Das entspricht einer Gesamtdosis von 12-60 g pro Person, was etwa der 1.000fachen tödlichen Dosis gleichkommt.

Wenn dennoch Chromosomenanomalien beobachtet werden können, liegt das vermutlich an der Zusammensetzung des verwendeten LSD, welches am illegalen Markt oft stark, mit zum Teil hochgiftigen Substanzen wie Strychnin, verunreinigt ist, so daß L.L. Judd et.al. zu folgendem Schluß kommen: They could not find significant differences in chromosome breakage rates among heavy users of LSD who discontinued the drug, heavy users of LSD who have continued to use it, and drugfree control subjects. Einen gewissen Einfluß übt LSD auch auf die Schlafphasen aus.

So wird zwar das Einsetzten von Träumen verzögert, die Gesamtdauer der REM-Phasen aber über einen Zeitraum von einigen Tagen nach Einnahme des LSD verlängert. Auch kann in nicht paradoxen Schlafphasen kurzzeitig REM-Aktivität auftreten. Veränderungen im Schlafmuster sind jedoch individuell zu unterschiedlich, um sie als einheitliches Symptom auffassen zu können. Psychische Aspekte Eine Beschreibung der psychischen Faktoren muß zwangsläufig Einschränkungen vornehmen, da jeder unter LSD-Einfluß erlebte Zustand, stärker noch als die körperlichen Wirkungen, individuell variiert. Grundsätzlich treten diese Phänomene bei höherer Dosierung vermehrt auf. Geht man davon aus, daß Wahrnehmungsveränderungen nur die oberste Schicht des unter LSD-Einwirkung Erlebten ausmachen, sind Veränderungen die Zeit bzw.

die Persönlichkeit betreffend die nächsten Stufen. Ein geeignetes System zur Klassifizierung und Erklärung der auftretenden Erscheinungen kann aber nur die Theorie der LSD-Psychotherapie, wie sie etwa von S. Grof vertreten wird, bringen. Veränderung des Zeiterlebens Eine der tiefgreifendsten Erfahrungen, die während einer LSD-Intoxikation auftreten können ist ein verändertes Erleben der Zeit, das bis hin zu deren Verschwinden gehen kann. Meist erfolgt eine Dehnung der Zeit, so daß Sekunden subjektiv als Minuten oder Stunden erlebt werden können. Eine mögliche Erklärung ist, daß durch die Überfülle der eingehenden Reize das psychische Moment verringert wird, um alle Empfindungen noch verarbeiten zu können.

Damit geht eine subjektive Verlängerung der Zeitspanne einher. Psychologische Testverfahren ergaben aber, daß solcherart eine maximale Veränderung nur etwa um den Faktor 4 möglich ist. Andererseits finden sich in Versuchsprotokollen Situationen beschrieben, in denen die Zeit vollkommen aufgehört hat zu existieren. Es wird so still! – aber anders als sonst – so unheimlich still. Die Zeit steht still … die Zeit ist weg. Es gibt keine Bewegung.

Die Ewigkeit – nein – das ist etwas Grauenhaftes! Man muß ein Ende sehen. Da diese extremen Phänomene auch auftreten, wenn etwa durch Augenschirme und Ohrenschützer äußere Reize vermieden werden, kann eine Veränderung des psychischen Moments hier nicht mehr ausschließlich als Erklärung herangezogen werden. Solche Erlebnisse entziehen sich weitgehend einer zufriedenstellenden psychologischen Ableitung. Sie werden meist mit Stillstand und Apathie in Zusammenhang gebracht, in welchen eine Überschreitung der Zeitlichkeit möglich ist. Ich habe gar nicht das Gefühl, es komme ein nächster Moment … wie wenn alles zu gleicher Zeit in einem Punkt wäre. So anspruchslos … es dünkt mich, der letzte Moment sei anderswo.

Nein, Angst habe ich nicht. Angst hat man vor etwas das kommt … aber es ist kein Moment hinter dem andern. Dennoch treten auch Veränderungen in die entgegengesetzte Richtung auf, wenn also eine Zeitspanne kürzer als objektiv gemessen erlebt wird. Im Vergleich zur Zeitdilatation tritt die Zeitkontraktion aber seltener auf. Auch fallen diese Abweichungen nicht so stark aus und bewegen sich in einem mit oben angeführter Theorie vereinbaren Rahmen. Veränderung des Ichbewußtseins Eine Veränderung der Persönlichkeit wird meist als äußerst unangenehm erlebt.

Versuchspersonen berichten von einem Verlust sowohl der Körperlichkeit als auch der Seele. Oft ist dieser Zustand auch verbunden mit Störungen des Körperschemas. Begriffe wie Leblosigkeit, Entfremdung oder Leere werden assoziiert, die Umwelt und Mitmenschen als automatenhaft und wie von selbst ablaufend angesehen. Ich kann mich wie in einem Spiegel ständig kontrollieren, sehe meine Fehler und die Störungen ein, habe aber nicht die Möglichkeit zu korrigieren. Grenzenlose Gleichgültigkeit und Leere … Gefühl als ob ich nicht selber redete, sondern eine andere Person. Ich bin zwei und schaue mir selbst zu – ich höre eine Stimme, aber sie ist fremd.

Gleichzeitig wird von einem Schwinden des Kontaktes zur Außenwelt und einer emotionalen Entleerung, die bis zum völlig Verlust der Persönlichkeit geht, berichtet. Oft geäußerte Bilder sind leblose Körper, Hampelmänner, Marionetten und Pappfiguren, welche an die Stelle von Menschen getreten sind. Der Zustand des Vegetieren und Siechens scheint unabänderlich, wie auch ein Weiterleben als sinnlos erachtet wird. In dieser Situation können Selbstmordgedanken entstehen, die insbesondere dann gefährlich werden, wenn der Proband nicht mehr gewahr ist, daß er noch unter LSD-Einfluß steht.* Ich habe nicht mehr das Gefühl, unter Lysergwirkung zu stehen … das ist nicht das LSD, das bleibt so, das ändert sich nicht. Der Suicid eines Schizophrenen in der Depersonalisation ist ohne weiteres einfühlbar, insbesondere, wenn der Zustand Vergleiche mit der früheren Persönlichkeit erlaubt.

Auffallend während einer LSD-Intoxikation sind auch die dabei auftretenden teilweise beträchtlichen Stimmungsschwankungen. So können klar depressive Phasen plötzlich in von Hochgefühlen geprägte Stimmungen umschlagen, wenngleich Wechsel von einem Extrem ins andere eher selten sind. Euphorie im Zusammenhang mit Persönlichkeitswandel und Depersonalisation tritt dann in mystischen Dimensionen auf, etwa als Manifestation der Vereinigung von Individuum und dem Weltganzen oder als Wiedergeburtserlebnis. Solche Erlebnisse werden aufgrund ihrer therapeutischen Wirksamkeit zum Teil in der LSD-Psychotherapie angestrebt. Wie bereits erwähnt, ist es aber wahrscheinlich nur mit Hilfe psychotherapeutischer bzw. psychoanalytischer Methoden möglich, solche Phänomene zu erklären.

Flashbacks In einigen Fällen können Wochen oder Monate, mitunter sogar noch Jahre nach der eigentlichen Intoxikation sogenannte Rückblenden auftreten, in denen das Erlebte meist in negativer Form wiedererlebt wird. Erklärbar ist dieses Phänomen nur mittels psychischer Abwehrmechanismen, die zwar oberflächlich stark genug sind um ein Erlebnis im Unbewußten zu halten, bei einer Schwächung aber die Episode wieder ins Bewußtsein dringen läßt. Das Erleben setzt sich nun fort, nicht aufgrund einer anhaltenden pharmakologischen Wirkung des LSD, sondern wegen der emotionalen Besetztheit des freigewordenen unbewußten Materials. Faktoren, die Flashbacks provozieren sind neben der Einnahme anderer psychoaktiver Stoffe wie Alkohol, Marihuana oder Antidepressiva Zustände körperlicher Schwächung wie z.B. anhaltender Schlaf- oder Nahrungsentzug.

Stadien physischer Ermüdung, besonders die Perioden zwischen Wachen und Schlafen begünstigen weniger dramatische Flashbacks. Besonders aber Alltagssituationen, in denen ähnliche Elemente vorkommen, wie sie während des LSD-Erlebens aufgetaucht sind (z.B. das Betreten dunkler Räume) können Rückblenden hervorrufen. Variablen und Verlauf Art und Verlauf einer LSD-Intoxikation hängen neben der Dosierung noch von anderen Faktoren ab, die im wesentlichen in der Persönlichkeit des Probanden begründet liegen. Dennoch kann man die LSD-Intoxikation in gewisse Phasen einteilen.

Set und Setting Bestimmende außerpharmakologische Faktoren sind die Persönlichkeitsstruktur und geistige Gesundheit. So ist das LSD-Erleben von Psychiatriepatienten deutlich von deren unterbewußten Konflikten geprägt. Während bei Menschen mit hysterischer Persönlichkeit sehr schnell Halluzinationen auftreten, erweisen sich etwa Neurotiker als extrem resistent. Weiters sind die Einstellung zu LSD und die daran geknüpften Erwartungen entscheidend. Ebenso spielen Zielsetzung (etwa im Rahmen einer Therapie oder eines nichtmedizinischen Selbstversuches) und Kenntnis um die Situation* und nicht zuletzt Fachwissen eine Rolle. All diese Aspekte faßt man unter dem Begriff Erwartungsrahmen oder set zusammen.

Als Einnahmesituation oder setting versteht man die unmittelbare Umgebung und die konkreten Umstände, wie sie zur Zeit der Verabreichung vorherrschen. Dazu gehören vor allem äußere Umweltreize akustischer und visueller Natur, da sie zum Ausgangsmaterial der Illusionen und Halluzinationen werden. Einteilung in Phasen Unter Wahrung individueller Unterschiede erscheint folgendes Schema den zeitlichen Verlauf einer LSD-Intoxikation zu beschreiben am zweckmäßigsten: Somatische Phase: Sie beginnt mit der Verabreichung des LSD. Sie ist gekennzeichnet von vegetativen Symptome und dauert bis zum Einsetzen der vollen Wirkung an. Perzeptuelle Phase: Pseudohalluzinationen und Wahrnehmungsveränderungen treten auf. Psychische Phase: Sie umfaßt den Höhepunkt der Wirkung und dauert zusammen mit der perzeptuellen Phase bis zu acht Stunden.

Sie schließt Stimmungsschwankungen von Depression zu Euphorie, echte Halluzinationen und Auflösung von Zeit und Persönlichkeit ein. Rekurrente Phase: Das normale Erleben dringt wieder ins Bewußtsein vor., Zusammenfassung Der Einfluß von LSD äußert sich in massiven Veränderungen von Psyche, aber auch Physis. Zu eindeutig körperlichen Symptomen gehören neben motorischen Fehlleistungen vor allem vegetative Störungen. Wahrnehmungsveränderungen oder Pseudohalluzinationen, die insbesondere im visuellen Bereich auftreten, nehmen eine Mittelstellung ein, da sie zwar physiologisch bedingt, aber von psychischen Faktoren abhängig sind. Psychische Aspekte des LSD-Erlebens differieren bei jedem Individuum.

Kennzeichnend sind allerdings dramatische Veränderung im Bereich der Zeit und Persönlichkeit, die bis hin zu deren Verschwinden gehen können. Negative Nachwirkungen eines bad trip können Rückblenden darstellen, in welchen mitunter Monate später, das ursprünglich Erlebte wieder unvermittelt ins Bewußtsein rückt. Schließlich können noch außerpharmakologische Variablen den Charakter der LSD-Wirkung vor allem über den Erwartungsrahmen und die Einnahmesituation entscheiden beeinflussen. Literaturverzeichnis Topographie des Unbewußten, Stanislav Grof Klett-Cotta. Stuttgart 1993 LSD-Psychotherapie, Stanislav Grof Klett-Cotta. Stuttgart 1983 Drogen und Psychopharmaka, Robert M.

Julien Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, Berlin, Oxford 1997 LSD - Ein Phantastikum aus der Mutterkorngruppe, W.A. Stoll in: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie, Nummer 60 Physiological and Genetic Investigations, in: LSD a Total Study, D.V. Sivar Sankar PJD Publications Westbury.

New York 1975 General Effects of the Use of LSD, in: LSD a Total Study, D.V. Sivar Sankar PJD Publications Westbury. New York 1975 Manipulation of Time and Space (R. Fischer), in: LSD a Total Study, D.V.

Sivar Sankar PJD Publications Westbury. New York 1975 Zur Psychopathologie der Lysergsäurediethylamidwirkung, A.M. Becker in: Wiener Zeitschrift der Nervenheilkunde, Nummer 2   Kapitel 4: Mögliche Wirkmechanismen Schon relativ bald nach Veröffentlichung der endgültigen Strukturformel des LSD fiel die Ähnlichkeit dieser Droge mit dem gerade erst als Neurotransmitter identifizierten Hormon Serotonin auf. Forscher in England und Amerika* sahen einen Zusammenhang zwischen der Wirkung des Serotonins, oder besser gesagt dessen Fehlens, und den für LSD typischen Symptomen, was zur Aufstellung erster Vermutungen und zu einer näheren Untersuchung der LSD-Serotonin Wechselwirkung führte. Da heute nach allgemein anerkannter Auffassung die kritische Wirkung über die Serotoninrezeptoren ausgeübt wird, werden auch in den meisten neueren Veröffentlichungen auf die Serotoninwirkung beschränkte Hypothesen besprochen.

Wie später gezeigt werden soll, ist diese Reduktion auf die serotoninerge Komponente der Wirkung von Psychedelika zwar immer noch nicht frei von Ungereimtheiten, aber dennoch ein durchaus brauchbarer Ansatz, um die Drogenwirkung zu erklären In den über fünfzig Jahren, in denen LSD nun Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen ist, ist es nicht gelungen, schlüssig zu erklären wie es seine Wirkung entfaltet. Es wurden zwar unzählige Vermu

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