Kunststoffe/polymere in der medizin
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1.
Geschichte des Kunststoffes in der Medizin
-
klinische Einsatz von Polymeren
Beginn in 60er Jahren
-
nicht nur ökonomische, sondern
auch hygienische Gründe :
Infektionen bedeutsam reduziert durch Einsatz von sterilen Einwegartikeln
(vorher wieder
verwendbare Artikel aus Glas und metallischen Werkstoffen)
-
einfache und preisgünstige
Verarbeitbarkeit in eine Vielzahl von Formen und Geometrien, breites
Eigenschaftsspektrum
-
steigende
Anzahl synthetische Polymere + zunehmender Bedarf an ärztlicher Versorgung à
Anwendung von Polymeren in Medizin: günstigen Einwegartikeln bis zu Implantaten
-
in fast allen medizinischen
Bereichen genutzt:
2.
Anwendungsgebiete für Polymere in der Medizintechnik
Therapie
Ø
Implantate (z.B. künstliche
Blutgefäße, Herzklappen oder Hüftgelenk-, Gesäßprothesen)
Ø
Einwegartikel (z.B.
Katheter,
Schlauchsysteme)
Ø
abbaubare Strukturen (z.B.
Nahtmaterial)
Ø
neue Technologien für
Gewebekulturen (tissue engineering *1)
Ø
Medikamentfreisetzung (controlled
drug delivery systems) à
Diagnostik
Ø
Diagnostik-Hilfsmittel für die
klinische Labortestung
3.
Grundanforderungen an Materialien für die Medizintechnik
·
Biokompatibilität:
-
Biomaterialien = Werkstoffe die in
direkten Kontakt mit menschlichem Körper kommen
Ä
dürfen keine schädigende Wirkung auf Organismus sondern
vom Körper toleriert oder
günstigster Fall: wie körpereigenes Material akzeptiert
-
ob ausreichende Biokompatibilität
à
abhängig Einsatzort und Einsatzdauer
«
Materialien, die mit Blut oder
Bestandteilen à
müssen hohe Blutverträglichkeit (Hämokompatibilität) ODER Gewebeverträglichkeit
-
Biokompatibilität
=
Körperverträglichkeit
=
geringste mögliche Auslösung von Fremdkörper-
Abwehrreaktion
·
immer Grundanforderung: keine
toxische Wirkung auf den Organismus à
Test auf mögliche Zelltoxizität (Zytotoxizität) à
geht allen weiteren Untersuchungen voran, um Grundtauglichkeit als Biomaterial
zu testen
·
keine Mutagenität
·
je nach Anwendung möglichst frei
von Additiven, wie z.B. Weichmacher, Antioxidantien oder Stabilisatoren
·
Prozessierbarkeit mit
konventionellen Herstellungsmethoden
·
Sterilisierbarkeit
·
geeignete Funktionseigenschaften
(Langzeitstabilität oder Abbaubarkeit; genügend hohe mechanische
Eigenschaften - Härte, Elastizität, Permeabilität [Durchlässigkeit])
·
Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit
·
Recyclebarkeit
·
Intelligenz (was Biomaterialien
leisten -> abbauen)
-
viele
Polymere, heute klinisch eingesetzt à
ursprünglich für andere Anwendungen
-
z.
B. Polymere aus Textilindustrie à
heute in der Medizin als künstliche Blutgefäße eingesetzt
4.
Übersicht über polymere Bioverbindungen und ihre Anwendung
hier
eine ziemlich große, damit ihr mal seht, wie viele verschiedene Einsatzgebiete
und vor allem wie viele Polymere es gibt
4.1Kunstgelenke
VIDEO
-
in der Regel: Paarung Stahl - so
genanntes Ultrahigh Molecularweight Polyethylen (UHMWPE) à
ultrahochmolekulargewichtiges Polyethylen
-
heute jährlich 180.000 Hüftgelenk-OPs
durchgeführt
-
Erfolgsquote nach 95 %
-
sogar in Freiberg jährlich ca. 80
OPs
Vorteile:
sehr niedrige Reibung, niedrige Kosten
Nachteile:
PE = weicher als Metall à
reibt sich ab
(Partikel unter 1 μm) ->
hydrophob (nicht in Wasser löslich - wasserabweisend)
à
kein Aggregieren (Vermischen oder Lösen oder Zusammenmischen) im wässrigen
Milieu des Körpers
Entzündungszellen reagieren dagegen à
können sie nicht verdauen à
Zellen setzen weitere Entzündungsstoffe
frei,
z.
T. werden knochen-abbauende Zellen (Osteoklasten) aktiviert
auf lange Sicht (10-15 Jahre) à
Prothesenlockerung
Knochenzement:
-
in der Regel Kunstgelenke weltweit
einzementiert
-
hierzu: PMMA Polymethylmethacrylat
-
im OP-sall beiden Komponenten: Pulver
(meist PMMA und Zusatzstoffe [Barium-Salze für Röntgenkonrast, Antibiotika,
Farbstoffe] und Flüssigkeit (meist MMA)
zusammen
Vorteile: gut zu verarbeiten, lange Erfahrung
Pufferfunktion zwischen elastischen Knochen und rigiden (streng, steif,
starr)
Implantatmaterial
Nachteile: große Hitze bei der Polymerisation à
schädigt Gewebe
mäßig gute Bioverträglichkeit (besonders
früher: bei ungleichmäßiger
Mischung,
Blasen, Wassereinschluss à
verringerte mech. Stabilität à
Zement
nach Jahren bröselig)
geänderte OP-Techniken (Z.B.: Mischen in Unterdruck)
von Monomeren oft behauptet: Blutdruck-Abfall (jedoch nicht erwiesen)
PMMA
R=CH3
-
unter
Bezeichnung Plexiglas ® bekannt
-
harter, biegsamer, glasartiger
Kunststoff
-
Thermoplast
-
radikalische Polymerisation
à
Startpunkt für Wachstum der
Polymerkette
4.2
Perfekt verpacken, exakt dosieren
o
Drug-Realease Devices: Implantate,
die Medikament über lange Zeit freisetzen
= Arzneimittel mit gezielt verlängerter Wirkweise
o
dadurch: lokal hohe
Wirkstoff-Konzentration (Antibiotika
oder Krebs-Therapeutika)
o
oder: langanhaltende, gleichmäßige
Konzentration (implantierbare "Pille", auch
Retard- oder Depot-Medikamente)
o
viele Spezial-Polymere (oft
Polyurethane) à
entweder wasserlöslich oder biologisch abbaubar
VIDEO
o
für Arzneimittelwirkstoffe gibt
es sehr viele verschiedene Möglichkeiten zur Verpackung (ÜBERSICHT)
o
Kunststoffverpackungen Schutz der
empfindlichen Medikamente mechanischen Beschädigungen, Feuchtigkeit, Schmutz +
Licht
o
PVC-Folien weltweit das mit
Abstand wichtigste Packmittel im Bereich von Durchdrückpackungen in der
Pharmaindustrie
4.
1
Kardiovaskuläre
Implantate aus Kunststoff
=
Herz und Gefäße sowie das Herz-Kreislauf-System betreffend
-
ersten
Klappen aus rostfreiem Stahl + Silikonkautschuk à
recht beständig, aber Patienten - blutgerinnungshemmende Mittel
-
zweiter
Weg mit Herzklappen aus chem. modifizierten Tiergewebe à
weniger haltbar
-
heute
Kunststoff (mech. Festigkeit und bessere Blutverträglichkeit zu erzielen) à
Oberfläche so glatt wie möglich
4.1.1
Lebensretter Kunstherz
-
künstliches Herz = längst keine
Utopie mehr
-
Menschen mit Herzerkrankungen
Anschließen bis eigenes Herz erholt oder ein Spenderorgan zur Verfügung
-
Forschung geht hier ständig
weiter, um vorhandene Systeme zu perfektionieren
-
bei Operationen am offenen Herzen à
auch ganz direkt der Kunststoffe: mit Polymerlösung während OP Ausgleich
Blutverlust und Ersatz natürliches Blut
-
Material: Polyurethan
«
abgekürzt PUR
-
ausgesprochen vielseitige
Kunststoffe,
o
Weiches, aufgeschäumtes
Polyurethan für Kissen, Matratzen und Verkleidungen
o
Hartes
Polyurethan dagegen in der Automobilindustrie, im Bauwesen und für Möbelindustrie
«
thermoplastische Kunststoffe
«
enthalten Urethan-Bindungen
«
Diese Polymere
entstehen durch die Polyaddition von Isocyanaten und Polyalkoholen.
Polyalkohol:
HO[-CH2-CH2-O]n-CH2-OH
Isocyanate:
Salze und Ester der Isocyansäure.
Die Isocyansäure (H-N=C=O) ist eine reaktive Säure.
Bedeutung: Diisocyanate als wichtige Zwischenprodukte zur Herstellung von
Kunststoffen
z.B.:
2,6-Toluoldiisocyanat:
CH3C6H3(NCO)2
Diisocyanat:
O=C=N-R-N=C=O
4.1.2
Herzklappentransplantation
o
Vorhandensein von 4 Herzklappen: Trikuspidalklappe,
Pulmonalklappe, Mitralklappe, Aortenherzklappe
o
Funktionieren wie Ventile, die
durch koordiniertes Öffnen und Schließen für richtige Fließrichtung des
Blutes verantwortlich
o
Bau: aus flexiblen, dünnen, aber
eher robusten Gewebelappen à
bei jedem Herzschlag Dehnung und Druck ausgesetzt (Herz schlägt täglich ca.
100.000 mal und pumpt 8.000 bis 10.000 Liter Blut)
o
durch krankhafte Veränderung d.
Herzklappen wird deren Funktion wesentlich verändert à
Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens
o
Auswirken (in fortgeschrittenem
Stadium) auf andere Organe wie Lunge, Leber und Nieren
mögliche
Veränderungen
o
Herzklappe kann sich nicht
ausreichend öffnen (Klappenstenose) à
Blutfluss behindert
o
kann sich nicht vollständig
schließen (Klappeninsuffizienz) à
größere Menge fließt
o
kombinierter Herzklappenfehler:
Klappenstenose und -insuffizienz gleichzeitig
Behandlungsmethoden:
medikamentös, operative Herzklappenkorrektur, operativer Ersatz der erkrankten
Herzklappe
Implantate:
natürliche Herzklappenprothesen (natürliche
Herzklappen vom Schwein - chemisch und physikalisch verändert) und mechanische
Herzklappenprothesen
à
aus extrem beständigen Materialien wie Metall oder Kunststoff
à
äußeren Ring aus synthetischem Gewebe (Dacron oder Teflon) ð
Ring = um Herzklappe in Gewebe des Patientenherzens einnähen zu können
à
eher unscheinbares Aussehen: dahinter verbirgt komplexe Technologie, sorgfältige
Konstruktion und jahrelange Untersuchungen
à
durch Materialien: oft unbegrenzte Haltbarkeit -> bis ans Lebensende
4.1.
3
Gefäßpatch, Gefäßprothesen
ð
nahtloses Kunststoffrohr
(angemessener Länge, evtl. mit vorgefertigten Abgangsstellen für größere Äste)
als Gefäßersatz
ð
v.a. zur Überbrückung von Gefäßdefekten
ð
oft aus Polytetrafluorethylen
(auch Polytetrafluorethen) à
Teflon ®
ð
biol. Gefäßoberfläche
nachzubilden à
Teflon
o
an Bratpfanne: nichts bleibt
haften
o
diese Eigenschaft anhand seiner
molekularen Struktur:
ð
Fluor
= gelbes, giftiges, stark ätzendes Gas
ð
besitzt
von allen Elementen die größte Elektronegativität von 4,0
ð
Bindung
zwischen Fluor- und C-Atomen = stärkste Einfachbindung, die C eingehen kann
ð
Bindung
sehr polar à
große Anziehungskräfte zwischen Polymerketten
Ä
diese Eigenschaften im Kleinen à
bestimmen Eigenschaften der Substanz im Großen
ð
Teflon
= weiße, harte Masse mit hoher Chemikalienbeständigkeit
ð
selbst
Königswasser (Mischung
aus Salz- und Salpetersäure à
löst sogar edles Gold) greift
Teflon nicht an
ð
thermoplastischer
Kunststoff, Polymerisation von Tetrafluorethen (giftiges Gas)
ð
Schmelztemperatur
erst bei ca. 325°C
4.
3
Wegwerfartikel aus Kunststoff
Katheter
-
meist flexible hohle Instrumente,
die dafür benutzt, um in Hohlorgane (Blase, Magen
oder Gefäße), natürliche Körperhöhlen (Bauchhöhle) oder erworbene Hohlräume
(Abszesshöhle) zu gelangen
-
dort können dann Körperflüssigkeiten
bzw. Sekrete entnommen oder Medikamente eingebracht
-
wichtigstes Ausgangsprodukt:
Kunststoffschlauch
Materialien
und ihre wichtigsten Eigenschaften:
* Gummi:
formstabil und haltbar
-
natürlich
aus der Latexmilch des Gummibaumes oder synthetisch
-
klassisches Kathetermittel à
heute nicht mehr sooft eingesetzt
*
Polyurethane: ausgezeichnete Eigenschaften, häufig für
Massenartikel eingesetzt
-
besonders günstige
Eigenschaften: ausgezeichnete Biokompatibilität
durch hydrophile (wasserliebende)
Oberfläche, Knickbeständigkeit,
Beständigkeit gegen Gammastrahlen
(zur Sterilisierung verwendet), gewebeschonende
Eigenschaften durch Erweichung bei
Temperatur und Beständigkeit geg. hohen Druck
* Polyamide:
hohe Festigkeit, Steifigkeit + gute Gleiteigenschaften
*
Teflon (z.B. gut gleitende Oberfläche)
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