Chromosomen
Chromosomen, mikroskopisch kleine Strukturen des Zellkerns, die aus Desoxyribonucleinsäure (DNA) und Proteinen bestehen und die Erbsubstanz der höheren Organismen oder Eukaryonten (Pilze, Pflanzen und Tiere) repräsentieren.
Die DNA ist in den Chromosomen zu kompakten Strukturen zusammengefaltet und dabei mit bestimmten Proteinen (Histonen und Nichthistonen) verbunden. Ein menschliches Chromosom ist im Durchschnitt nur etwa zehn µm (Mikrometer, Tausendstel Millimeter) lang. Die darin vorhandene DNA würde als lang gezogener Molekülfaden sieben Zentimeter messen. Die einzelnen DNA-Protein-Pakete werden als Nucleosomen bezeichnet. Die chromosomale DNA enthält die Gene, welche die Informationen für die Bildung eines bestimmten Proteins oder Polypeptids (Proteinuntereinheit) tragen.
Bei jeder Organismenart liegen die Chromosomen in charakteristischer Anzahl und Gestalt vor.
Durch eine Färbemethode lassen sich bestimmte Bereiche der Chromosomen optisch hervorheben; dabei entstehen die für jedes Chromosom charakteristischen Bandenmuster (das Wort Chromosom ist von den griechischen Wörtern für Farbe und Körper abgeleitet). Innerhalb einer Art haben sämtliche Zellen den gleichen Satz an Chromosomen, die sich durch ihre individuelle Größe und Form unterscheiden. Chromosomen werden durch eine Einschnürung, das Centromer, in zwei Arme unterteilt. Der kürzere wird als p-Arm, der längere als q-Arm bezeichnet. Vor der Zellteilung verdoppeln sich die Chromosomen in parallel liegende Chromatiden, wobei die Arme als längs gespaltene Gebilde erscheinen.
Bei der Teilung des Zellkerns werden die Chromatiden über den Spindelfasermechanismus zu den beiden einander gegenüberliegenden Polen gezogen und auf die beiden Tochterkerne verteilt (siehe Zelle: Zellteilung).
Bei den meisten Lebewesen ist jedes Chromosom doppelt vorhanden; man spricht von diploiden Organismen (siehe Genetik). Wie 1999 im Wissenschaftsmagazin Nature mitgeteilt wurde, haben Wüstenratten (Tympanoctomys barrerae) einen vierfachen Chromosomensatz; bislang waren nur Säuger mit diploidem Chromosomensatz bekannt. Menschliche Körperzellen besitzen zwei Sätze mit je 23, also insgesamt 46 Chromosomen. Treten durch eine Mutation Abweichungen vom normalen Chromosomensatz auf, führt das zu mehr oder weniger ausgeprägten Krankheitsbildern. Ein Beispiel für eine derartige Erbkrankheit ist das Down-Syndrom (früher Mongolismus genannt), bei dem das Chromosom 21 statt zweimal (wie in gesunden Zellen) dreimal vorhanden ist; man bezeichnet die Krankheit daher auch als Trisomie 21.
Zu Abweichungen in der Chromosomenzahl kommt es bei der Bildung der Geschlechtszellen in der Keimbahn. Die männlichen Samenzellen und weiblichen Eizellen (siehe Fortpflanzung) verfügen, im Gegensatz zu den Körperzellen, jeweils nur über einen einfachen (haploiden) Chromosomensatz, d. h., jedes Chromosom kommt nur einmal vor. Der biologische Sinn dieser Reduktion besteht in der Konstanthaltung der Chromosomenzahl in den Körperzellen. Die haploiden Chromosomensätze von Ei- und Samenzelle ergänzen sich bei der Befruchtung zum diploiden Chromosomensatz.
Wären die Geschlechtszellen diploid, würde sich bei jeder neuen Generation der Chromosomensatz weiter verdoppeln. Die Reduktion des Chromosomensatzes findet bei der Entstehung der Keimzellen statt. Britische Forscher der Universität Cambridge berichteten 1999 in der Fachzeitschrift Nature, ihnen sei die Entschlüsselung des menschlichen Chromosoms 22 gelungen. Wie US-amerikanische Forscher 2000 in der Zeitschrift Human Molecular Genetics mitteilten, wurden auf diesem Chromosom instabile Orte identifiziert, die als so genannte hot spots besonders anfällig für den Verlust von Genen sind, wodurch u. a. Krebserkrankungen, Schizophrenie, Herzdefekte oder Wolfsrachen (siehe Lippen-Kiefer-Gaumenspalte) entstehen können.
Im April 2000 meldete die US-amerikanische Firma Celera Genomics, ihr sei die Sequenzierung praktisch des gesamten menschlichen Erbguts (99 Prozent) gelungen. Damit überrundete Celera Genomics die internationalen Forscher des Human Genome Projects, die bereits 1993 mit dieser Aufgabe begonnen hatten. Kritiker gingen davon aus, dass die von Celera Genomics vorgelegte Sequenzierung mit einer hohen Fehlerquote behaftet ist.
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