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  Saurer regen und stoffkreisläufe

Saurer Regen Schlagwort für die auf feuchte Niederschläge zurückgehende Ablagerung (Nassdeposition) von luftgetragenen Schadstoffen aus industriellen Quellen, Verkehr, Haushalten und Landwirtschaft, die neben der Trockendeposition versauernder Stoffe am Gesamtsäure-Eintrag in Ökosysteme beteiligt ist; in stark belasteten Regionen und in Wäldern überwiegt in der Regel die Trockendeposition (oft über 80%). Die wichtigsten zur Versauerung beitragenden Luftverunreinigungen sind SOX (Schwefeldioxid und Sulfat), NOX (oxidierte Stickstoffverbindungen: Stickstoffmonoxid, Distickstoffoxid oder Lachgas und Nitrat), NHX (reduzierte Stickstoffverbindungen: Ammoniak und Ammonium). Säureregulierend wirken basische Kationen wie Calcium, Magnesium und Kalium. Der Anteil des SOX an der Gesamtsäuredeposition ist wegen der Minderungsmaßnahmen für Schwefeldioxid rückläufig, Stickstoffeinträge (v. a. NHX aus Tierhaltungen) gewinnen zunehmend an Bedeutung.

Begünstigt durch hohe Schornsteine und stabile Luftströmungen, können Schadgase und Feinstäube über weite, z. T. interkontinentale Entfernungen transportiert werden. Während des Transports sind die Schadstoffe, zusammen mit Schwermetallen und organischen Verbindungen, an chemischen Umwandlungen beteiligt; so entstehen aus Schwefeldioxid und Stickstoffoxid durch Oxidation in der Atmosphäre u. a. auch Schwefel- und Salpetersäure (saure Aerosole).

Das Schadstoffgemisch gelangt mit den Niederschlägen (Regen, Schnee, Hagel) zur Erdoberfläche. Eine Versauerung von Gewässern, die z. T. auf den Säureeintrag aus der Luft zurückzuführen ist, wurde in Skandinavien seit etwa 1925 beobachtet. Ein starker Rückgang der Fischbestände sowie eine Verminderung der Artenvielfalt der Wasserpflanzen und -tiere sind die Folgen. Seit Anfang der 1970er Jahre treten in vielen Regionen der nördlichen Erdhalbkugel, vor allem in Wald-Ökosystemen, neuartige Schäden auf, für die zunächst keine wissenschaftlich absicherbare Erklärung gefunden wurde.

Inzwischen werden wesentliche Ursachen in der Versauerung der Böden, gleichzeitig aber auch in der überhöhten Nährstoffzufuhr gesehen. Besonders deutlich werden die Schadbilder an Tannen und Fichten, zunehmend auch an Laubbäumen (Buchen und Eichen). Schädigungen treten auch an Materialien auf, vor allem durch erhöhte Verwitterung an Bauwerken aus Kalk- und Kalksandsteinen sowie Betonbauten. Diese unterliegen einem beschleunigten Verwitterungsprozess, dem durch kostspielige Sicherungsmaßnahmen entgegengewirkt werden muss. Stoffkreisläufe Die Elemente, die für den Aufbau lebender Systeme benötigt werden, sind in erster Näherung als stabil zu betrachten. Radioisotope spielen nur eine untergeordnete Rolle, und selbst die Halbwertszeit des 14C von 5770 Jahren übersteigt die Lebensdauer von Organismen in der Regel um ein Vielfaches.

Daraus folgt, daß alle Elemente im System Biosphäre erhalten bleiben (sofern man von dem minimalen Anteil absieht, der durch Diffusion ins Weltall abwandert). Das einzige, was sich ändert, ist deren Verteilung. Zu diesen Änderungen gehören einmal räumliche Verlagerungen, zum anderen chemische Reaktionen (z.B., im Stoffwechsel der Organismen), durch die bestimmte Atome in verschiedene Molekülverbände eingebaut werden. Alle Änderungen lassen sich zusammenfassend durch Kreisprozesse (Zyklen) beschreiben.

Kreisläufe können für jedes beliebige Element erstellt werden, doch befaßt man sich, wenn man an biologischen Problemen interessiert ist, vornehmlich mit denen des Sauerstoffs, Kohlenstoffs, Stickstoffs, Phosphors, Schwefels sowie dem des Wassers. Wasser ist zwar kein Element, aber ein weitgehend stabiles Molekül, das für alle Lebensprozesse essentiell ist. Kreisläufe können ebenso als Systeme beschrieben werden, wie wir es am Beispiel des generalisierten Ökosystems kennengelernt haben. Als Systemelemente oder Kompartimente sind die oft riesigen Depots (Reservoirs oder pools) der Elemente zu nennen (Erdkruste, Ozean, Atmosphäre usw). Nur ein verschwindend geringer Anteil des Materials ist in Bewegung und noch weniger an der Ausbildung lebender Systeme beteiligt. Der Kreislauf des Wassers Der Wasserkreislauf wird an erster Stelle besprochen, weil die Wasserversorgung der Erdoberfläche neben der Sonneneinstrahlung - und der damit verbundenen Energiezufuhr - die wichtigste Voraussetzung für die Vegetation, damit auch für die Besiedlung der Erde ist.

Besonders eindrucksvoll ist diese an sich bekannte Tatsache durch Satellitenaufnahmen zu belegen, die über partiell bewässerten Trockengegenden gemacht wurden. Wasser kann in drei Zuständen vorliegen: fest (Eis), flüssig und gasförmig (Dampf). Im für physiologische Prozesse optimalen Temperaturbereich liegt es in flüssiger Form vor. Wasser hat eine hohe Wärmespeicherkapazität, ferner ist es ein ideales Lösungsmittel für zahlreiche Ionen. Der pH-Wert von Bodenwasser kann daher zwischen pH 3 und 10 schwanken. (Das Problem "Saurer Regen" wird im Thema Störung eines Gleichgewichts behandelt.


) In den Ozeanen liegt er über pH 8. Die hohe Alkalität ist eine der Hauptursachen für die hohe Aufnahmekapazität von Kohlendioxyd, das in Carbonat/Bicarbonat überführt wird. Nur ein Bruchteil des vorhandenen Wassers wird chemisch verändert, wobei die Photolyse durch Photosynthese den Hauptanteil ausmacht. Die Erdoberfläche beträgt 510 Millionen Quadratkilometer, davon sind 362 Millionen Quadratkilometer von Wasser bedeckt, davon wiederum machen 325 Millionen Quadratkilometer offene Ozeane aus. Die Gesamtmenge des Wassers liegt bei 1,5 Milliarden Kubikkilometer. 97 Prozent davon ist in den Ozeanen enthalten, nur drei Prozent im Süßwasser, und drei Viertel davon ist als Eis in den Polkappen und Gletschern immobilisiert.

Der atmosphärische Anteil liegt unter 0,001 Prozent. Die für Pflanzen erreichbare Menge liegt in der gleichen Größenordnung. Atmosphärisches Wasser zeichnet sich durch eine geographisch unterschiedliche Verteilung aus. Die Hauptmenge findet man in Äquatornähe. Wasser hält sich in der Atmosphäre wenige Stunden bis Wochen, im Durchschnitt sind es etwa 9-10 Tage. Atmosphärische Temperatur- und Druckunterschiede sind die Ursachen der Luftmassenbewegungen.

Über den Ozeanen ist die Präzipitation geringer als die Verdunstung (107-114 cm/Jahr gegenüber 116-124 cm/Jahr). Über Land liegen die Verhältnisse umgekehrt (Verdunstung: 47 cm/Jahr; Präzipitation: 71 cm/Jahr). Der Ausgleich erfolgt über Abfluß von Oberflächenwasser (Flüsse) oder zum geringeren Teil durch Bodenwasser (Sickerwasser). Für einen Botaniker sind noch zwei weitere Aspekte wichtig: einmal die unterschiedliche geographische Verbreitung der Niederschläge, mehr dazu im Abschnitt Vegetationszonen, und zum anderen jener Abschnitt des Kreislaufs, an dem die Pflanze selbst beteiligt ist. Zur Produktion von 20 Tonnen Biomasse (Frischgewicht von Gras) werden 2000 Tonnen Wasser benötigt; und das wiederum heißt, daß der überwiegende Teil des Wassers die Pflanze passiert und durch Transpiration abgegeben wird. Von den 20 Tonnen Frischgewicht entfallen 15 auf ungebundenes Wasser (in den Geweben der Pflanze).

Die restlichen fünf Tonnen sind Trockengewicht. Von ihnen sind drei Tonnen gebundenes Wasser, die verbleibenden bestehen aus anderen Substanzen. Der Kreislauf des Sauerstoffs Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre geht nahezu ausschließlich auf die Photosyntheseaktivität grüner Pflanzen zurück. Im Verlauf der Erdgeschichte kam es daher seit dem Auftreten der ersten zur Photosynthese durch Wasserhydrolyse befähigten Organismen zu einer stetigen Sauerstoffanreicherung, bis ein Gleichgewichtszustand, der bei dem heutigen Wert von 21 Volumenprozent liegt, erreicht war. Die Quellen des atmosphärischen Sauerstoffs waren vornehmlich Wasser, in geringerem Maße andere Oxyde. Atmungs- und Verbrennungsprozesse sind sauerstoffzehrend, das Endprodukt der Atmung ist Kohlendioxyd.

Die in Organismen ablaufenden Redoxerscheinungen haben wir bereits an anderer Stelle beschrieben. In der Atmosphäre sind größenordnungsmäßig 1,3 x 1014 Tonnen freien Sauerstoffs enthalten. Die Lithosphäre enthält 5,5 x 1016 Tonnen gebundenen Sauerstoffs, also mehr als hundertmal so viel. Der Hauptteil ist dort in Form von Carbonaten, Silikaten, Sulfaten und anderen Oxyden gebunden. In der Atmosphäre liegt er vorwiegend als freier Sauerstoff vor, in höheren Schichten (Stratosphäre) entsteht, bewirkt durch die stark ionisierende kosmische Strahlung, Ozon und O (atomarer Sauerstoff). Die Ozonschicht bildet einen wirkungsvollen Schutz der Biosphäre vor kurzwelliger UV-Strahlung.

Seit Jahrzehnten wird Sauerstoff durch menschliche Aktivitäten (anthropogene Einflüsse; Industrialisierung u.a.) in steigendem Maße verbraucht, und Kohlendioxyd wird freigesetzt, dennoch ist eine Abnahme an freiem Sauerstoff nicht zu befürchten. Wie wir aber im folgenden Abschnitt sehen werden, ist ein merklicher Anstieg der Kohlendioxyd-Konzentration in der Atmosphäre registrierbar. Eine wesentliche Eigenart des Sauerstoffkreislaufs ist seine Verknüpfung mit einem Teilabschnitt des Kohlenstoffkreislaufs, dem Carbonatkreislauf, bei dem den Pflanzen eine Schlüsselrolle zufällt, Ein weiterer Punkt ist die relativ hohe Austauschrate des atmosphärischen Sauerstoffs, sie liegt bei 2000 Jahren. Mit anderen Worten: Pro Jahr wird durch Photosyntheseaktivität 1/2000 des gesamten atmosphärischen Sauerstoffs erzeugt (und ebensoviel wird durch Oxydation verbraucht).

Das Kohlendioxyd der Atmosphäre wird in nur 300 Jahren vollständig ausgetauscht. Die gesamte Wassermenge, nämlich die bereits genannten 1,5 Milliarden Kubikkilometer, wird im Verlauf von zwei Millionen Jahren photolytisch gespalten und durch Oxydation neu gebildet. Diese Werte veranschaulichen, daß sich am Wasserkreislauf ohne die Aktivität der Pflanzen nur wenig ändern würde, während Sauerstoff- und Carbonatkreislauf dadurch drastisch in Mitleidenschaft gezogen wären. Kreislauf des Kohlenstoffs Kohlenstoff ist ein Element, das an der Erdoberfläche nur zu einem geringen Teil in atomarer Form vorliegt (Kohle, Diamant). Der überwiegende Teil ist entweder oxydiert (Kohlendioxyd, Carbonat/Bicarbonat, in geringer Menge auch Kohlenmonoxyd), oder reduziert (Kohlenwasserstoffe und deren Abkömmlinge). Der Hauptanteil des Kohlenstoffs in organischer Substanz ist reduziert, und der Einbau (Fixierung) des Kohlenstoffs erfolgt im Verlauf des Photosyntheseprozesses.

Den Pflanzen fällt damit erneut eine Schlüsselrolle zu, der Kohlenstoffkreislauf ist daher unmittelbar mit ihrem Energiehaushalt gekoppelt. Vielfach wird ein Unterabschnitt - der Carbonatzyklus - ausgegliedert und getrennt besprochen. Das mag aus praktischen Erwägungen heraus angebracht sein, denn der Umsatz des Kohlendioxyd, bzw. des in Wasser gelösten Carbonats/Bicarbonats ist verhältnismäßig leicht meßbar. Die 14C-Methode hat wesentlich dazu beigetragen, daß wir über den Verbleib des Kohlenstoffs recht gut Bescheid wissen. Unter dem Gesichtspunkt "Carbonatzyklus" wird die reduzierte Form des Kohlenstoffs als "black box" behandelt.

In der Tat wissen wir über sie auch am wenigsten Bescheid. Sie enthält einerseits die lebende Substanz (Biomasse) - darüber gibt es verläßliche Angaben - andererseits aber auch abgestorbenes Material und das, was man unter dem Begriff "fossile Brennstoffe" zusammenfassen kann. Die Menge des von Pflanzen fixierten Kohlenstoffs ist zur Bruttoprimärproduktion direkt proportional, während die Menge des durch Atmung freigesetzten Kohlendioxyd von der Differenz zwischen Brutto- und Nettoproduktion abhängt. Der Hauptanteil des Kohlenstoffs liegt als Carbonat in der Lithosphäre vor, ein geringerer Anteil ist in den Ozeanen gelöst. In der Atmosphäre macht der Anteil des Kohlendioxyds etwa 0,03 Volumenprozent (= ca. 300 ppm; parts per million) aus.

Diese Angabe ist ein Richtwert. Seit Ende der fünfziger Jahre wird eine stetige Zunahme der Kohlendioxyd-Konzentration registriert. Die in der folgenden Abbildung dargestellte Funktion (eine Exponentialfunktion) läßt sich nach rückwärts extrapolieren und ergibt, daß die Kohlendioxyd-Konzentration in vorindustrieller Zeit 260 ppm betragen haben mußte. Zwischen 1958 und 1982 nahm der Kohlendioxyd-Gehalt der Luft um 8 Prozent zu. Ein großer Teil der Zunahme beruht auf Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Erdöl, Erdgas). Legt man Angaben aus den Jahren 1979 und 1980 zugrunde, läßt sich der Anteil auf 5,3 Milliarden Tonnen pro Jahr hochrechnen.

Hinzu kommt ein weiterer Betrag von ca. 1,8-4,7 x 109 Tonnen C pro Jahr, der auf Biosphärenzerstörung zurückzuführen ist. Darunter versteht man die Rodungen in den Tropen, die Zerstörung der Savannen, sowie häufiges Pflügen landwirtschaftlich genutzter Flächen. Durch die Bodenauflockerung gelangt nämlich Kohlendioxyd aus Abbauprozessen (Humusbildung) an die Oberfläche, die Adsorption an Humuspartikel entfällt, das Kohlendioxyd entweicht und reichert damit die Atmosphäre an oder geht durch Abschwemmung verloren (über die Flüsse ins Meer). Die erwähnten Angaben der atmosphärischen Kohlendioxyd-Konzentrationen sind Durchschnittswerte. Die Konzentrationen können regional und lokal beträchtlich schwanken.

Als Beispiel sei eine Messung in der Nähe eines Waldstücks wiedergegeben, aus der hervorgeht, daß neben Tag-Nachtschwankungen in verschiedenen Höhen über dem Boden unterschiedliche Werte registrierbar sind.     Ungleiche Kohlendioxyd-Verteilung in Nachbarschaft einer Baumgruppe im Verlauf eines Tages: Geringste Konzentration 305 ppm (hellblau), höchste 350 ppm (dunkelblau) (A. Baumgartner, 1968, Nach R. MILLER und J. RUSCH 1960). Zum Verständnis der globalen Verschiebungen des Kohlenstoffs müssen einige quantitative Angaben berücksichtigt werden: Die Gesamtmenge liegt bei 1,384 x 1018 t, davon liegen 3,9 x 1013 t in anorganischer und 1 x 1012 t in organischer Form vor.

Die Gesamtbiomasse enthält 5,6 x 1012 t C, die jährliche Bruttoprimärproduktion umfaßt 1,1-1,2 x 1011 t C, die Nettoprimärproduktion wird mit 0,57 x 1011 t C angegeben. Etwa die Hälfte der Bruttoprimärproduktion entfällt auf marine Pflanzen (einzellige Algen): 0,43 x 1011 t C. Doch trotz dieses hohen Beitrags beträgt der Anteil mariner Organismen an der Gesamtbiomasse nur etwas über 10 Prozent. Mit anderen Worten: Der überwiegende Teil des durch Primärproduktion fixierten Kohlenstoffs wird entweder direkt oder im Verlauf des biologischen Abbaus von totem organischem Material wieder veratmet. Die Lebensdauer mariner Organismen wird nach Wochen bemessen, die der terrestrisch lebenden nach Jahren. Die erhöhte Lebensdauer (und die damit verbundene Akkumulation von fixiertem Kohlenstoff) macht sich in einer verminderten Atmungsaktivität bemerkbar.

Nur ca. 30 bis 40 Prozent wird veratmet. Ein Modell des globalen Kohlenstoffkreislaufs ist dem folgenden Schema zu entnehmen. Die besprochenen Zahlen, vor allem die Zunahme an atmosphärischem Kohlendioxyd und der hohe Anteil der Biosphärenzerstörung läßt vermuten, daß der Kohlenstoffkreislauf aus dem Gleichgewicht gerät und weitere Folgen, beispielsweise ein Temperaturanstieg (Glashauseffekt), unausweichlich sind. In der Realität sieht das Bild wesentlich komplexer aus, denn nur ein geringer Bruchteil der bei Verbrennungsprozessen freiwerdenden Kohlendioxyd-Menge gelangt in die Atmosphäre und verbleibt dort. Ein beachtlicher Teil wird von den Ozeanen absorbiert.

Dort wird er als Calciumcarbonat unter anderem zur Skelettbildung der Organismen benötigt. Wie bedeutungsvoll dieser Prozeß ist, beweist das Vorkommen umfangreicher Kreidelager sowie die Tatsache, daß eine verstärkte Kreidebildung Anlaß zur Benennung eines ganzen Erdzeitalters wurde. Trotz der Zerstörung der Vegetation in unserer Zeit durch den Menschen gibt es kaum Hinweise darauf, daß sich die jährliche Biomasseproduktion verringert. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, was u.a. darauf beruhen mag, daß Kohlendioxyd stets ein limitierender Faktor der Photosynthese gewesen ist.

Diese Feststellung sollte jedoch auch nicht überinterpretiert werden, denn zu hohe Kohlendioxyd - Konzentrationen führen - wie Experimente im Labor zeigten - zu gravierenden Wachstumsstörungen. Der Kohlenstoffumsatz terrestrisch lebender Organismen ist nur unter Einbeziehung der Kompartimente Lithosphäre, Oberflächenwasser, Atmosphäre und Ozean verständlich, während der Abschnitt in Ozeanen sich als weitgehend geschlossener Teilzyklus erwies. Die Austauschmengen zwischen Ozean und Atmosphäre fallen demgegenüber kaum ins Gewicht. Trotz großer Massenverschiebungen (Strömungen) von Oberflächenwasser bleibt Tiefenwasser davon weitgehend unberührt. Messungen des 14C-Gehalts ergaben, daß im Atlantik unterhalb von 1500 m Tiefe die Verweildauer des Wassers (und der darin gelösten Stoffe) an einem Ort 275 Jahre beträgt. Kreislauf des Stickstoffs Der Stickstoffkreislauf ist wesentlich komplexer strukturiert als die bisher behandelten.

79 Prozent der Atmosphäre besteht aus freiem Stickstoff, mindestens ebenso große Mengen an gebundenem Stickstoff sind in der Lithosphäre enthalten, doch stehen diese Reservoirs den Pflanzen nicht unmittelbar zur Verfügung. Eine zentrale Rolle spielen die Mikroorganismen. Stickstoffixierung ist das fast alles beschreibende Stichwort. Wir haben uns mit diesem Vorgang bereits auseinandergesetzt und gesehen, daß der Prozeß außergewöhnlich energieaufwendig ist. Pflanzen verwerten Stickstoff fast nur in Form von Ammonium- und Nitrationen. Die Bedeutung der Insektivoren können wir hier außer acht lassen.

In organischer Substanz wird Stickstoff vornehmlich zur Bildung von Aminogruppen (in Proteinen, Nukleinsäuren usw.) benötigt. Nitrat- und Nitritbakterien (Mineralisierer) verarbeiten jene wieder zu Nitrat (Nitrit). Denitrifizierende (boden- und wasserbewohnende) Bakterien reduzieren oxydierte Stickstoffverbindungen und schließen damit den Kreis. Stickstoffixierung und Denitrifikation halten sich annähernd die Waage. Die Produktion von Ammoniumverbindungen und Nitraten ist ein limitierender Faktor des Pflanzenwachstums.

Zwar enthält die Lithosphäre Nitrate in nahezu unbeschränkter Menge, doch liegen sie zum größten Teil in Tiefen, die für Pflanzenwurzeln unerreichbar sind. Auch für den Menschen ist es unökonomisch, diesen Nitratpool auszubeuten. Stickstoffverbindungen sind meist gut wasserlöslich, große Mengen gehen daher durch Auswaschung verloren. Sie können sich - vor allem, wenn übermäßige Zufuhr durch Düngung hinzukommt - in geschlossenen Gewässern (Seen, Teichen) anreichern und dort eine Eutrophierung hervorrufen. Mit diesem Problem werden wir uns im Anschluß an die Beschreibung des Phosphorkreislaufs befassen. Viele stickstoffixierende Bakterien und Blaualgen sind freilebend, andere leben in Symbiose mit Pflanzen (Leguminosen, Cycas, Ginkgo u.

a.). Durch die symbiontisch lebenden Arten wird etwa zehnmal so viel Stickstoff gebunden wie durch die freilebenden. Für die freilebenden wird ein Durchschnittswert von 1 g / Quadratmeter / Jahr genannt, der gemessene Höchstwert liegt bei 20 g / Quadratmeter / Jahr. Die relativ hohen Reiserträge in Süd- und Südostasien beruhen teilweise auf dem Vorkommen umfangreicher Blaualgenpopulationen (Nostoc u.a.

) in den stehenden flachen Gewässern, in denen die Reiskulturen gepflanzt werden. Dieses Beispiel zeigt, daß es bei der Betrachtung des Stickstoffkreislaufs weniger auf globale oder regionale Veränderungen ankommt, als vielmehr auf lokale Konzentrationen, eigentlich nur Konzentrationen im Wurzelbereich der Pflanzen (der Rhizosphäre). Die Stickstoffbilanz eines bestimmten, in bezug auf diesen Faktor in sich weitgehend abgeschlossenen Ökosystems (eines unbeweideten Graslands) ist in der nachfolgenden Tabelle wiedergegeben. Analysen dieser Art sind wiederholt durchgeführt worden; ohne die Ergebnisse solcher Studien ist eine moderne Landwirtschaft (und unter entsprechenden Voraussetzungen eine moderne Forstwirtschaft) nicht denkbar. Atmosphärischer Stickstoff ist chemisch weitgehend inert, Stickstoffverbindungen hingegen sind meist sehr reaktiv und oft toxisch. Eine Überdüngung führt daher statt zu besserem Wachstum in der Regel zu Degenerationserscheinungen und Ertragsminderung.

Nitrose Gase sind extrem giftig und daher ein Hauptfaktor bei der Entstehung von Saurem Regen. Kreisläufe des Phosphors und des Schwefels Wie am Beispiel des Stickstoffkreislaufs dargelegt, sind auch hier nur bestimmte Verbindungen für die Pflanze verwertbar: Phosphate und Sulfate. Es gibt - unter den Bedingungen der Biosphäre - keine gasförmigen und auch keine reduzierten Phosphorverbindungen; gasförmige Schwefelverbindunen (Schwefelwasserstoff, Schwefeldioxyd u.a.) sind selten, und wo sie auftreten, überwiegen die durch sie verursachten Schäden. Es ist eigentlich nicht ganz korrekt, von einem Phosphor- und Schwefelkreislauf zu sprechen.

Der Materialfluß ist nämlich - wenn wir nur Zeitabschnitte von Hunderten oder Tausenden von Jahren betrachten - nahezu ausschließlich als eine lineare Reaktionsfolge zu beschreiben. Erst unter Einbeziehung anthropogener Einflüsse, zum Beispiel Düngung, läßt sich so etwas wie ein Kreislauf darstellen. Die Reservoirs des Phosphors sind phosphathaltiges Gestein und Ablagerungen anorganischer und organischer Phosphorverbindungen. Phosphate sind meist gar nicht oder nur sehr schwer wasserlöslich und in dieser Form daher für die Pflanze unzugänglich. Durch einen schrittweisen Abbau (meist unter Mitwirkung von Mikroorganismen) gelangt das Mineral in die Ökosysteme. Die Verteilung von Phosphaten ist geographisch sehr unterschiedlich: Abbauwürdige Vorkommen findet man beispielsweise in Marokko.

Heutzutage herrscht die Meinung vor, daß es weltweit genügend Phosphatquellen gäbe, um die Landwirtschaft auch in Zukunft mit ausreichend Düngemitteln zu versorgen. Ob sich die optimistische Prognose bewahrheitet, hängt zum einen von der politischen Großwetterlage ab, zum anderen vom geforderten Preis. Industrienationen können den Import von Phosphaten (u.a. Düngemitteln) ohne Schwierigkeiten finanzieren, Entwicklungsländer können dies nicht. Als Phosphatquelle organischen Ursprungs sind die Guanoberge vor der Küste Perus zu nennen, die durch Akkumulation von Vogelkot entstanden sind und seit dem vergangenen Jahrhundert zielstrebig abgebaut werden.

Der Schwefelkreislauf ist im nachfolgenden Schema wiedergegeben. Im Gegensatz zum Phosphor wird der Schwefel durch mikrobielle Prozesse oxydiert und auch reduziert. Für die Pflanze sind letztlich nur die Sulfate nutzbar, Sulfate und die für Pflanzen verfügbaren Phosphate sind wasserlöslich und werden in Böden daher leicht ausgewaschen. Ein Teil sammelt sich in stehenden Gewässern (Seen, Teichen) und trägt zu deren Eutrophierung bei. Der überwiegende Teil der Phosphate gelangt schließlich in die Ozeane, wird in unlösliche Form überführt, sammelt sich am Meeresgrund und ist damit für die Biosphäre zunächst einmal verloren. Die Kohlendioxyd-Zunahme ist für die folgenden Betrachtungen primär belanglos, wichtig ist sie hingegen im Zusammenhang mit großräumigen Klimaveränderungen ("Glashauseffekt").

Gravierender ist die Zunahme der übrigen Komponenten, wobei die Umsatzraten und die Aufnahmekapazität der Atmosphäre zu berücksichtigen wären. Eine Absorption durch die Ozeane kann vernachlässigt werden, denn ein solcher Austauschprozeß würde etwa 1000 Jahre in Anspruch nehmen. Andererseits liegt die Verweildauer atmosphärischen Wassers (und der darin gelösten Substanzen) in der Größenordnung von neun bis zehn Tagen. Eine Lösung der genannten Oxydationsprodukte im Wassertropfen (oder in Form von Aerosolen) führt zu Dissoziationen und somit zur Bildung von Protonen. Die Folge ist ein drastischer pH-Abfall. Nun gelangen außer Säuren natürlich auch Basen in die Atmosphäre.

Deren Anteil ist aber auch heute noch fast ausschließlich "natürlichen Ursprungs". Zu nennen wären Ammoniumverbindungen sowie Carbonate (in Form von Staub). Solange sich in der Atmosphäre nur Kohlendioxyd und Wasser - im Gleichgewicht - befinden, ergibt sich ein pH-Wert des Regenwassers von ca. 5,6. Kommen die obengenannten Verbindungen hinzu, kann er regional auf 4,3 absinken. Bei einer Verweildauer von neun bis zehn Tagen können derartige Komponenten Hunderte bis Tausende von Kilometern zurücklegen.

Etwa zwei Drittel der Schwefel- und Stickstoffverbindungen gelangt durch Regenwasser wieder auf die Erde, der Rest durch "trockene Deposition", d.h., sie werden unverdünnt abgelagert. Der Protonenüberschuß im Regenwasser bewirkt eine forcierte Auflösung von Gesteinen, die Verwitterungsrate steigt (rapide Zerstörung von Kulturdenkmälern, Sandsteinskulpturen in Städten nahe vielbefahrener Straßen); Kationen werden vermehrt aus dem Boden ausgewaschen, hierzu gehören vornehmlich die für Pflanzen (und andere Organismen) toxischen Aluminiumionen (und Schwermetallionen). Zu einer Ansäuerung von Gewässern kommt es aber auch dann, wenn sie durch Wasser gespeist werden, das vorher Waldboden durchlaufen hat. Primäre Schadstoffe: Gas- oder staubförmige Immissionen, vor allem Schwefeldioxyd, Stickoxyde, Fluor, Ozon, Peroxyde, Schwermetalle.

Chemische Umwandlungen werden durch Temperatur und Licht (Photooxydation) beschleunigt. Saurer Regen entsteht durch Lösung der unter Punkt 1 genannten Gase in atmosphärischem Wasser. Kohlenstoffzyklus a) Kohlenstoffdioxid Da das komplizierte Schicksal anderer organischer Verbindungen Gegenstand verschiedener anderer Kapitel ist (Pflanzenemissionen, städtische Emissionen, Troposphärenchemie), soll hier vor allem der Kreislauf des Treibhausgases Kohlendioxids betrachtet werden, das Gegenstand reger Debatten auf den Klimagipfeln von Kyoto, Den Haag und Bonn war. Aus Analysen von Eisbohrkernen ist belegt, dass die Kohlendioxidkonzentrationen in der Luft über die letzten 400.000 Jahre zwischen Grenzwerten von ca. 180 ppm (parts per million = Millionstel Teile) während Eiszeiten und 280 ppm während Warmzeiten schwankten und erst seit Beginn der Industrialisierung deutlich über diesen Wert hinaus bis auf derzeit ca.

370 ppm stiegen. Das Kapitel soll nicht nur einen Überblick über diese Entwicklung und die hierzu beitragenden Quellen wie Verbrennung in der Energiegewinnung wie auch bei Wald- und Savannenbränden geben, sowie einen Ausblick in eine mögliche Zukunft erlauben. Es soll auch die hierin einbezogenen Gleichgewichte darstellen. Obwohl CO2 in der Luft nicht chemisch abgebaut wird, so wird es doch von Pflanzen und Ozeanen aufgenommen. Es wird in der Biosphäre durch Photosynthese zu Biomasse umgewandelt, im Wasser der Ozeane gelöst und durch die Umwälzung der Weltmeere aus den Oberflächenschichten in die Tiefe transportiert. Grob geschätzt sind in den 90er Jahren nur die Hälfte der emittierten CO2-Menge auch tatsächlich in der Atmosphäre verblieben.

Der Rest wurde von Ozeanen und Biosphäre aufgenommen. Letzteres führte zu der auf den Klimagipfeln diskutierten Idee, die Anpflanzung von Wäldern als Kohlendioxidreduktion anrechnen zu lassen. Es sollen allerdings auch die Unsicherheiten in diesen Modellexperimenten gezeigt werden, die offenlegen, dass sowohl Meere wie Biosphäre keine dauerhafte und vor allem keine unerschöpfliche Senke sein müssen. Die Mengen an emittiertem CO2 gehören zu den sichersten Daten der Klimatologen und können hier dargestellt werden. Schon heute und mit Sicherheit beim Ausblick in die Zukunft sind aber deutliche regionale Verschiebungen zu erwarten, die mit der wirtschaftlichen Entwicklung z.B.

in Südostasien verknüpft sind. b) Methan Das einfachste reduzierte Kohlenstoffgas Methan ist ebenfalls ein bedeutendes Treibhausgas und hat bedeutende anthropogene aber auch natürliche Quellen. Die Methangasemissionen sind eng an das Bevölkerungswachstum gekoppelt, da z.B. Wiederkäuer (Viehhaltung) wie auch Reisanbau bedeutende Quellen sind. Als Faulgas entsteht Methan natürlich in Feucht- und Sumpfgebieten.

Grosse Mengen sind wahrscheinlich in den riesigen Permafrostgebieten der Nordhalbkugel (ca. 25% der Landfläche) gespeichert. Sie könnten im Fall eines Auftauens zur bedeutenden Methanquelle werden. Die Chemie des Methans ist über Oxidationen eng mit der von OH, Ozon und Kohlenmonoxid CO verknüpft. Oxidation durch OH ist der Hauptabbauweg. Sie soll kurz erläutert werden.

c) Schwefelzyklus Schwefelhaltige Verbindungen spielen in der Atmosphäre besonders in Form von Sulfat / Schwefelsäure eine Rolle. Während saurer Regen durch Schwefeloxide in Europa durch Filter in den Kraftwerken drastisch abgenommen hat, sind solche Emissionen z.B. Südostasien ein brisantes und vor allem die Kraftwerke immer noch eine bedeutende Quelle. Natürlich werden schwefelhaltige Verbindungen vor allem im Plankton der Ozeane als Dimethylsulfid emittiert und in der Luft schrittweise oxidiert. Schwefelsäure in Kombination mit Wasser ist eine Hauptquelle für Aerosole und spielt daher in der Wolkenbildung und Wolkenchemie eine grosse Rolle.

Diese Zusammenhänge sollen unter Einbeziehung einfacher chemischer Prozesse illustriert werden. Eine temporäre Schwefelquelle sind Vulkanausbrüche. Ihre Bedeutung soll kurz abgehandelt werden. Ebenso die des Sulfates in Seesalzaerosolen, die vorwiegend im Kapitel Aerosole erläutert werden. Alpine Seen sind landschaftliche Schmuckstücke und deshalb immer wieder Ziel naturbegeisterter Bergwanderer. Seit geraumer Zeit aber treibt es auch Wissenschaftler - so genannte Limnologen - hinauf.

Denn diese Gewässer oberhalb der Waldgrenze eignen sich aus zahlreichen Gründen als Indikatoren von Umweltveränderungen: Weil sie meist ausserhalb des direkten Einflusses menschlicher Tätigkeit liegen, können von Menschen verursachte Beeinträchtigungen nur über die Atmosphäre in sie gelangen, was sie zu idealen Sensoren für überregionale ökologische Effekte wie Saurer Regen, Luftverschmutzung oder Klimawandel macht. Überdies erlauben Hochgebirgsseen einen direkten Vergleich unterschiedlicher Klimazonen, weil sie fast überall auf der Erde zu finden sind. 1991 wurde mit dem Programm AL:PE 1 (Alpine Lakes: Palaeolimnology and Ecology) eine Serie von EU-geförderten Studien zur Erforschung von Hochgebirgsseen in ganz Europa gestartet: Es folgten AL:PE 2 sowie MOLAR (Mountain Lake Research), und seit 2000 läuft das Projekt EMERGE (European Mountain Lake Ecosystems: Regionalisation, Diagnostics and Socio-economic Evaluation). Und während im Rahmen der AL:PE-Programme Seen von Spitzbergen, also nördlich des Polarkreises, bis in die südspanische Sierra Nevada untersucht wurden, beschäftigt sich das aktuelle EMERGE-Projekt mit Hochgebirgsseen von Grönland bis Bulgarien. Da Nahrungsnetze alpiner Seen einfacher strukturiert sind als jene in Tieflandseen, lassen sich ökologische Zusammenhänge in Bergeshöhe leichter beobachten und verstehen. Zudem reagieren Hochgebirgsseen empfindlicher auf äussere Einflüsse; sie eignen sich also besonders als klimatisches Frühwarnsystem.

Darüber hinaus tragen alpine Ökosysteme wesentlich zur Lebensgrundlage in den Ebenen bei: Aus den Gebirgen, die 20 Prozent der Erde bedecken, beziehen Millionen von Menschen ihr Trinkwasser. Dabei stellen Hochgebirgsseen extreme Lebensräume dar: Im Sommer sind sie starkem Sonnenlicht ausgesetzt, mit einem sehr hohen B-Anteil an ultravioletter Strahlung - der alle 1000 Höhenmeter um etwa ein Fünftel zunimmt - und mit einer Eindringtiefe bis zu 20 Metern (da hier die UV-absorbierenden Huminsäuren fehlen). Im Seewasser lebende Organismen sind gegen diese enorme Strahlung optimal geschützt - durch Mykosporin-ähnliche Aminosäuren, die perfekte UV-Blocker abgeben. Im dunkleren Teil des Jahres hingegen sind die Seen bis zu neun Monate lang von einer bis zu zwei Meter dicken, extrem nährstoffarmen Schicht aus dünnem Klareis sowie vielen Lagen Schneematsch und Trübeis bedeckt. Doch selbst in dieser Schnee- und Eiswüste wimmelt es von Mikroorganismen, die erstaunlicherweise aktiver sind als jene im drei bis vier Grad "warmen" Seewasser darunter. "Remote though not pristine" - abgeschieden, aber nicht ungetrübt - war das erste Fazit der AL:PE-Projekte.

Denn trotz ihrer Abgeschiedenheit reagieren Hochgebirgsseen sehr rasch auf die Einlagerung durch die Luft angelieferter Säuren, Metalle und Nährstoffe sowie auf die Klimaerwärmung und die mit der Ozonschild-Verringerung zunehmende UV-Strahlung. In den Fischen fanden sich erhebliche Mengen an polychlorierten Biphenylen (BCPs) und DDT. Denn je niedriger die mittlere Lufttemperatur, desto eher lagern sich solche organischen Schadstoffe in Wassertröpfchen und Schneekristallen ab. In Hochgebirgslagen kommt es somit zu einem ähnlichen Phänomen wie an den Polen, nämlich zur Anreicherung chlorierter Kohlenwasserstoffe, die mehr oder weniger unabhängig vom Ort der Emission ist. Mit dem Anlaufen des EMERGE-Programms haben sich die Schwerpunkte der Untersuchungen geändert. Während sich die Wissenschaftler zunächst auf die Rekonstruktion von Umweltvariablen aus Sedimentkernen (Paläolimnologie) und die chemische Analyse des Wassers konzentriert haben, überprüfen sie nunmehr vorzugsweise grössere Zusammenhänge im Ökosystem, wie den Weg von Substanzen aus der Atmosphäre in Wasser und Sedimente.

Im aktuellen Teilprojekt ist auch nicht mehr die Untersuchung einzelner repräsentativer Seen in den Gebirgen Europas vorgesehen, sondern das Studium 13 kompletter Seengebiete von Grönland bis Bulgarien. Ziel ist eine Hochrechnung für die Gesamtheit europäischer Hochgebirgsseen, auch unter Berücksichtigung sozio-ökonomischer Gesichtspunkte - also zum Beispiel, welchen ökonomischen Wert diese extreme Natur für die Menschen hat.

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