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  Saurer regen und vom waldsterben zum gewässersterben

saurer Regen (acid rain) Verunreinigter Niederschlag durch Regen. Ursache dafür sind Schwefeldioxid (SO2) und Stickoxide (NOX), die bei der Verbrennung von Öl und Kohle entstehen. Diese giftigen Stoffe gelangen in die Atmosphäre, lösen sich in den dort schwebenden Wassertröpfchen und fallen als Säure in Form von »saurem Regen«, Nebel oder Tau auf die Erde zurück. Die Folgen sind u.a. Waldsterben, Fischsterben in Seen und Flüssen, Luftverunreinigungen und Schäden an Baudenkmälern.

Regenwasser hätte aufgrund des atmosphärischen Kohlendioxidgehalts und der natürlicherweise in der Luft enthaltenen Spurenstoffe einen Säuregehalt (pH-Wert) von etwa 4,6 bis 5,6 in Mitteleuropa haben. Tatsächlich liegt der pH-Wert des Regenwassers der Bundesrepublik Deutschland im Mittel bei etwa 4,0 bis 4,6. Dieses entspricht etwa einer bis zu etwa 40fachen Säuremenge gegenüber natürlichen Säureverhältnissen. Wie aus der Analyse des Niederschlagswassers hervorgeht, ist diese Übersäuerung auf den Gehalt von Schwefel- und Salpetersäure zurückzuführen. Diese Säuren bilden sich in der Atmosphäre als Folgen der Schwefeldioxid- und Stickoxidbelastungen. Zusätzlich werden Säurebildner als Gase und Partikel in Ökosysteme eingetragen.

Diese sogenannte trockene Deposition wird von Meßnetzen nicht erfaßt, spielt aber für den Säureeintrag eine der Naßdeposition (Einträge mit Regen und Schnee) vergleichbare Rolle. Die Säureeinträge sind also um ein Mehrfaches höher, als die Säureeinträge allein mit dem Regen. Zudem sind auch Ammoniakemissionen in die Luft (v.a. aus der Tierhaltung) letztlich säurewirksam: Das in den Boden eingetragene Ammoniak/Ammonium wird dort nitrifiziert und versauert den Boden, wenn Nitrat mit dem Sickerwasser ausgetragen wird. Der pH-Wert des Regens ist aus diesen Gründen (1.

Trockendeposition, 2. Säurewirksamkeit von Ammoniakemissionen) für sich allein kein aussagekräftiger Parameter zur Bestimmung des Säureeintrages. Zunächst waren in den skandinavischen Ländern Folgen dieser sauren Niederschläge (z.B. Fischsterben in den Seen) beobachtet worden. Seit einigen Jahren treten in Mitteleuropa, auch in der Bundesrepublik Deutschland, verstärkt Waldschäden, in zunehmendem Maße aber auch Gewässerschäden auf.

Denn auch Gewässer können in ihrem pH-Wert verändert werden und dadurch "versauern". Die Folge ist ein Absterben der Mikroorganismen, säureempfindlicher Organismen wie beispielsweise Schnecken, Muscheln, Egeln, Kleinkrebsen, Eintagsfliegenlarven und Fischen. Eine indirekte Folge der Versauerung ist eine Freisetzung von Schwermetallen aus den Sedimenten der Gewässer (z. B. Aluminium). Dieser Vorgang kann zur Vergiftung von Organismen führen.

Während der Wintermonate, der Zeit der höchsten Schwefeldioxidkonzentrationen, können sich die sauren Schwefelverbindungen in der Schneedecke ansammeln und mit der Schneeschmelze zu einem plötzlichen sehr starken Versauern der Gewässer führen. Durch das Verbrennen von fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl, Gas) entstehen Schwefeldioxid (SO2) und Stickoxide (NOx) in den Abgasen, die mit Sauerstoff und Wasserdampf zu schwefliger Säure oder Salpetersäure reagieren. Im Regen stellen sich pH-Werte von 4 und darunter ein. Der Säureeintrag verursacht schwere Schäden in der Natur (Baum- und Fischsterben u.ä.) und an Gebäuden (Auswaschen von Kalk- und Sandsteinbauten, Schäden am Stuck).

Vom Waldsterben zum Gewässersterben Rudolf Fenner, Hamburg:  Nein, Gift hatte niemand eingeleitet. Auch die tödliche Verkettung von landwirtschaftlicher Überdüngung - Algenblüte - Sauerstoffmangel - Fischsterben scheidet als Erklärung aus. Es war noch Winter, und das Wasser, das den kleinen See südwestlich des saarländischen Ortes Furpach speist, stammt ausschließlich aus den angrenzenden Waldgebieten. Und doch - Ende Februar 1994 schwammen die Fische im Furpacher Teich kieloben. Zentnerweise fischte der örtliche Angelverein die Fischkadaver ab. Ein anderthalb Meter langes Prachtexemplar von Wels war auch darunter.

Insgesamt mehr als eine Tonne toter Fische musste in der Saarfett-Tierkörperverwertung entsorgt werden. Eine Woche später schauten sich Taucher die Situation auch unter Wasser an und fanden ausnahmslos verwesende Fischleichen. Nicht ein Fisch hatte überlebt. Der See war tot. An den Kiemen der Fische wurden Verätzungen festgestellt. Einhellige Diagnose mehrerer Fachleute: Aluminiumvergiftung.

Was war passiert? Im Februar hatte es stark geregnet, ungewohnt stark für diese Jahreszeit. Kurz vorher war der Schnee geschmolzen. Und da bei den spätwinterlichen Temperaturen das Schmelz- und Regenwasser kaum verdunstet, und auch die Vegetation noch im Winterschlaf ist und kein Wasser verbraucht, sickerten all diese Wassermengen durch den Waldboden und landeten nach kurzer Zeit im Erlenbrunnenbach, der dieses Waldgebiet durchzieht und in den Furpacher Teich mündet. Auf diese Weise kräftig durchgespült, schwemmten aus dem Waldboden auch große Mengen solcher Schadstoffe in den Waldbach, die als so genannter Saurer Regen nun schon seit vielen Jahren den Wald an den Rand des permanenten Siechtums treiben. Die Säure-, Sulfat- und Nitratgehalte im Bachwasser waren noch zwei Wochen nach dem plötzlichen Fischsterben ungewöhnlich hoch. Ungewöhnlich hoch waren auch die Konzentrationen an Eisen-, Mangan- und Aluminium-Ionen.


Diese Substanzen werden aus dem Boden freigesetzt, wenn die Versauerung immer stärker wird und die komplexen Strukturen des Bodens zersetzt. Und in diesem Gift-Cocktail, der damals den Bach runter ging, erreichte das Aluminium Werte bis zu 6 Milligramm pro Liter. Die für Kiemenatmer lebensbedrohliche Dosis wird bereits mit 0,1 Milligramm pro Liter erreicht. Dass das Waldsterben früher oder später auch Gewässersterben bedeutet, ist unbestritten. So drastisch vor Augen geführt wie in diesem Beispiel aus dem Saarland wird es uns allerdings - noch - nicht alle Tage. Mehrere zusätzliche Faktoren haben die Landschaft bei Furpach zu diesem warnenden Exempel werden lassen: Der Wald steht auf Buntsandstein.

Boden, der sich über so einem Grundgestein bildet, hat wenig Substanzen, die eine Versauerung abpuffern könnten. Der Saure Regen schlägt also vergleichsweise schnell auf das Grundwasser durch. Der Wald im Einzugsgebiet des Furpacher Gewässers besteht überwiegend aus Fichtenbeständen - also ziemlich naturfernen Forstkulturen, die durch ihre schwer zersetzliche Nadelstreu zumindest den Humus und die oberste Bodenschicht auch ohne Sauren Regen zum Versauern bringen.  Die zum Teil orkanartigen Stürme Anfang der 90er Jahre haben auch im Furpacher Wald vor allem die Fichten flächenweise umgelegt. Auf solchen so gut wie baumfreien Flächen werden die Zersetzungsvorgänge im Boden durch die stärkere Sonneneinstrahlung beschleunigt, was zu einer deutlich höheren Freisetzung von bis dahin eingebundenen Schadstoffen führt. Auch anderswo in der Bundesrepublik sterben Fische an den Folgen des Sauren Regens.

Nur krepieren sie meist nicht so schlagartig wie im Furpacher Teich. Sie verschwinden eher unbemerkt aus den zunehmend versauernden Waldseen. Sie sterben schlichtweg aus. Im hessischen Kaufunger Wald, so steht's im Hessischen Gewässergütebericht von 1997, gibt es Waldbäche, deren Aluminiumkonzentrationen mittlerweile fast durchgängig übers ganze Jahr mehr als 0,5 Milligramm/Liter betragen: eine vielfach tödliche Dosis für Kieselalgen, Schnecken, Flohkrebse, Eintagsfliegen und Fische - und zumindest gesundheitsgefährdend auch für uns Menschen. Vorbei ist's mit dem labenden Schluck aus dem klaren Waldesquell.

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