Kabale und liebe
Personen
Fürst
Tritt im Stück nie persönlich auf
Typischer absolutistische Herrscher
Präsident von Walter
Einflussreicher Adliger an dem deutschen Fürstenhof
Kann ernsthafte Beziehung seines Sohnes mit einer Bürgerlichen nicht dulden
Ferdinand von Walter
Sohn des Präsidenten
Major
Verliebt in Luise (ernsthaft) Trotzdem: ein Adeliger, der sich zum Zeitvertreib eine bürgerliche Geliebte halten will (Ansicht des Vaters)
Sollte (nach seinem Vater) mit Lady Milford verheiratet werden
bezichtigt sein Vaters des "Landeswucher" und distanziert sich von dessen "Frevel" und Missetat"
Kalb
Hofmarschall
Witzfigur, Karikatur des Hofes nach französischem Vorbild: übereifrig, gekünsteltes Gehabe, Wichtigtür, Garderobe und Parfum ("reiches, aber geschmackloses Hofkleid, mit zwei Uhren und einem Degen, Chapeaubas und frisiert à la Hérisson"), Unterwürfigkeit.
lächerlich; immer darauf aus, im Gefolge des Fürsten eine gute Figur zu machen
Lady Milford
Maitresse des Fürsten -> Einflussreich
Hat Gefühl für Gerechtigkeit und Verantwortung -> machte sie ihren Einfluss auf den Herrscher geltend um die Not im Lande etwas zu lindern
Aufrichtiger Mensch, der inmitten der katastrophalen Verhältnisse am Hofe eines absolutistischen Herrschers scheitert
Wurm
Haussekretär des Präsidenten.
Miller
Stadtmusikant (Kunstpfeifer).
Frau
Frau von Miller.
Luise
Tochter von Miller
Verliebt in Ferdinand.
Bürger Allgemein (typisch Sturm und Drang): Unschuldig und Ausgenutzt durch die gefühlslosen und kalten Aristokraten.
Dieses Standesgesetz löst sich mit diesem Vertreter langsam auf: die Liebe hier ist ernsthaft.
Moralisch. Hält sich an Eid, auch wenn dieser erpresst wurde.
Sophie
Kammerjungfer der Lady.
Inhalt
Ferdinand von Walter, der Sohn eines einflussreichen Adligen an einem deutschen Fürstenhof, liebt Luise, die Tochter des Musikers Miller. Beide Väter sind gegen diese Verbindung über die Standesunterschiede hinweg, und auch Luise ist von Skrupeln geplagt, während Ferdinand immer heftiger um sie wirbt und sie zur Flucht mit ihm ermuntert, was ihr aber ihr Gewissen nicht erlaubt; der enthusiastische Ferdinand hat dadurch Zweifel an ihrer Liebe.
Um das Zusammenkommen der beiden zu vermeiden und den Plan einer Heirat Ferdinands mit Lady Milford, einer am Fürstenhof etablierten Adligen voranzutreiben, klügeln Präsident von Walter und sein Sekretär Wurm eine Intrige aus: Die Eltern Luises geraten - angeblich wegen Majestätsbeleidigung - in Haft; Wurm erklärt Luise, dass sie hingerichtet werden, wenn sie dies nicht durch einen von ihm diktierten Liebesbrief an den Hofmarschall von Kalb verhindert. Sie muss einen Eid leisten, dass sie gegenüber jedermann diesen Brief als freiwillig geschrieben ausgeben wird. Ferdinand bekommt den Brief zu lesen und ist verletzt und verzweifelt. Blind vor Wut sinnt er darauf, sich an Luise zu rächen. Diese will sich durch den Freitod vom Eid befreien, um sterbend Ferdinand die Wahrheit sagen zu können, doch verhindert der Vater dies, indem er es als Treuebruch ihm gegenüber bezeichnet. So muss Luise auf Ferdinands Anklagen schweigen.
Erst durch die Tat Ferdinands, der Luise und sich selbst vergiftet, wird sie der Schweigepflicht ledig. Sterbend vergibt sie Ferdinand, der - ebenfalls in den letzten Atemzügen - seinem eigenen Vater vergeben kann.
Szenenübersicht
Akt
Szn
Ort
Personen
Inhalt
1
1
Millers Haus
Miller, Frau
Diskutieren über Beziehung zw. Ferdinand & Luise: Frau dafür, Mann dagegen -> Miller will es dem Präsidenten erzählen
2
Miller, Frau, Wurm
Frau versucht, Wurm Luise auszureden, dieser geht ab, hat aber gehört, dass Ferdinand in Luise verliebt ist und sie öfters trifft.
3
Miller, Frau, Luise
Diskussion zw. Vater und Tochter: Vater will nicht, dass sie den Major heiratet -> geht ab
4
Ferdinand, Luise
Liebesschwur Ferdinands (".
.. empfangen für dich jede Wunde...").
Sie reagiert abweisend, verschwindet schließlich. Er bleibt sprachlos zurück.
5
Saal beim Präsidenten
Präsident, Wurm
Wurm erzählt dem Präsident, dass Ferdinand ein Verhältnis mit L. hat; Präsident denkt, dass Wurm dies Benutzen will, um selber an Luise zu kommen. Dieser will Ferdinand mit Lady Milford verkuppeln, um seinen Einfluss beim Fürsten zu sichern und Ferdinand auf eine Probe zu stellen. Will die Verlobung ihm erst später sagen.
6
von Kalb, Präsident
Hofmarschall von Kalb soll die Verlobung von Ferdinand mit Lady Milford in der Stadt bekannt machen, außerdem diese Nachricht noch der Lady überbringen
7
Präsident, Ferdinand
Vater versucht, Ferdinand Luise auszureden, indem er die Zukunft seines Sohnes mit Lady Milford darstellt ("Geheimer Rat - Gesandtschaften - außerordentliche Gnaden", "Eine herrliche Aussicht dehnt sich vor dir - ..."). -> hitzige Diskussion, Ferdinand verflucht seinen Vater -> Ferdinand muss von seinem Vater aus zur Lady, sonst "fliehe meinem Zorn"
2
1
Ein Saal im Palais der Lady Milford
Lady, Sophie
Lady ist in F. verliebt, ging die Verbindung zum Fürsten nur ein, um Ferdinand zu bekommen
2
Lady, Sophie, Kammerdiener
Kammerdiener erzählt ihr, dass 7000 Landsleute vom Fürsten verkauft wurden und Schüsse in die protestierende Menge abgegeben wurden.
Sie bekommt Juwelen geschenkt, die der Fürst im Tausch gegen die Soldaten erhielt. Diese wertvollen Steine sollen verkauft werden, um 400 Menschen zu helfen, die durch einen Stadtbrand/Überfall hoch verschuldet sind & wie Sklaven behandelt werden + arbeiten müssen
3
Lady, Ferdinand
F. erzählt ihr, dass er dazu gezwungen wurde und sie nicht will. Lady M. erzählt ihm daraufhin ihre Kindheit (England, Fürst). Sie "erpresste" vom Fürsten einen Eid, dass die Opferung von Menschen aufhören muss.
Er (F.) ist ihr "Lohn" dafür.F. erzählt ihr, das er in das bürgerl. Mädchen Luise verliebt ist. -> Sie ist traurig bis zerstört, da sie dem Spott des Landes ausgesetzt ist, weil er sie ausschlägt.
4
Zimmer beim Musikanten
Miller, Frau, Luise
Miller regt sich über seine Frau auf, da sie sich verplappert hat und es somit Wurm erfahren hat. Daraufhin will er zum Minister und ihm alles beichten.
5
Miller, Frau, Luise, Ferdinand
Nach hitziger Diskussion: erneuter Liebesschwur Ferdinands
6
Miller, Frau, Luise, Ferdinand, Präsident
Hitzige Diskussion, bei der der Präsident Luise "belegt", anschließend Vater - Sohn - bzw. Präsident - Miller - Konflikt, Miller soll in den Kerker, Frau + Tochter an den Pranger
7
Miller, Frau, Luise, Ferdinand, Präsident, Gerichtsdiener
Handgemenge, in dem Luise abgeführt werden soll, F. droht mehrmals, Luise in Ruhe zu lassen, sonst müsste er seinen Degen verwenden, und verletzt schließlich einige Gerichtsdiener -> F. will dem Fürsten erzählen, wie Präsident.
an die Macht gekommen ist (Durch Ermordung des Vorgängers).
3
1
Saal beim Präsidenten
Präsident, Wurm
Wurm schlägt vor, Miller und seine Frau gefangen zu nehmen, damit Luise einen fingierten Liebesbrief an den Hofmarschall schreibt, um die Eltern frei zu bekommen. Diese sollen einen Eid ablegen, dass sie nichts erzählen.Mit diesem Brief soll F. eifersüchtig gemacht werden, um sich von ihr loszusagen.
2
Präsident, von Kalb
Präsident fragt Hofmarschall von Kalb, ob er seinen Namen für das Rendezvous hergeben will, nach längerer Diskussion.
(u.a. über das Ende der polit. Laufbahn, falls F. seine Drohung wahr macht), gibt er schließlich nach.
3
Präsident, Wurm
Präsident ist vom Brief Wurms begeistert; Kabale verläuft nach Plan
4
Zimmer in Millers Wohnung
Luise, Ferdinand
Hitzige Diskussion zw.
den beiden; Luise erzählt, dass er sie verlassen soll bzw. sie ihn verlässt. Er vermutet, das sie ihn wegen einer best. Pflicht (Liebhaber?) verlässt.
5
Luise, (Wurm)
Sorge nach den Eltern, da Eltern schon 5 h weg
6
Luise, Wurm
Erzählt ihr, dass die Mutter im Spinnhaus und der Vater im Turm gefangen sitzen. Sie soll sich entscheiden, wen sie verlieren möchte, ihre Eltern oder Ferdinand.
Schließlich schreibt sie den Brief, den ihr Wurm diktiert. Wurm bietet ihr an, sich ihrer zu erbarmen und sie trotz der Schande zu heiraten. Sie lehnt das strikt ab.
4
1
Saal beim Präsidenten
Ferdinand, Diener
Hitzige Diskussion, F. ist sehr erregt, da er den fingierten Brief an den Hofmarschall gefunden und gelesen hat.
2
Monolog Ferdinands
Ist ihr sehr böse.
Bemerkt, dass alles von ihr geplant war. "Tot und Rache!"
3
Ferdinand, von Kalb
F. nimmt 2 Pistolen von der Wand, von Kalb bekommt Angst; hitziges Gespräch, schließlich bekennt v. Kalb, das er Luise nicht kennt
4
Monolog Ferdinands
Er muss sie nehmen, da sie sich miteinander verlobt haben, ist aber über sie verärgert.
5
Ferdinand, Präsident
F. will seinem Vater erzählen, dass L.
ihn betrogen hat, dieser stellt sich so, als wenn er sie doch heiraten dürfte. Daraufhin stürzt F. aus dem Zimmer.
6
Ein sehr prächtiger Saal bei der Lady
Lady, Sophie
Sophie ergründet Lady Milford, diese wird darüber wütend.
7
Lady, Luise
Streit: Lady bietet L. erst eine Stelle als Dienerin bei ihr an.
Dann beschimpft sie sie, anschließend ist sie wieder total freundlich -> Lady verhält sich so, damit Luise sich von F. lossagt. Schließlich gibt L. nach, kündigt aber Selbstmordabsichten an.
8
Lady
Erzürnt darüber, dass die "bürgerliche" L. ihr Ferdinand wie eine Ware abgetreten hat.
Sie entschließt sich daraufhin, sich dem Fürsten zu entsagen.
9
Lady, von Kalb, Sophie
Sie schreibt eine Karte mit dem Inhalt, dass sie sich von dem Fürsten lossagt und ins Ausland flüchtet. Diese soll v. Kalb dem Fürsten überbringen(fürchtet die Rache des Fürsten über diese Nachricht, tut dies nur sehr ungern). Ihren Schmuck schenkt sie den Angestellten.
5
1
Zimmer bei Miller
Luise, Miller
Sie will Selbstmord begehen (mit F.
), in der Hoffnung, im Jenseits mit ihm zusammen zu sein. Ihr Vater kann sie davon abhalten, indem er ihr einen Dolch anbietet, um ihr Vorhaben auszuführen. Sie lässt die Selbstmordgedanken fallen, da sie sich nicht überwinden kann.
2
Luise, Miller, Ferdinand
F. fragt L., ob sie den Brief geschrieben hat.
Diese bejaht schweren Herzens und nach Aufforderungen des Vaters ("Noch ein ja, dann ist es überstanden"). Er fragt, ob sie ihm ein Glas Limonade bringen könnte.
3
Miller, Ferdinand
Unterhalten sich darüber, wie Ferdinand Luise kennen gelernt hat (F. wollte Flötenunterricht bei M. nehmen, lernte dabei L. kennen und verliebte sich in sie).
F. fragt, ob L. die einzige Tochter Millers wäre. Daraufhin gesteht der Vater, dass er seine Tochter über alles liebt.
4
Ferdinand
Denkt darüber nach, dass er mit Luise dem Vater die Lebensfreunde nimmt, da dieser nur sein Instrument und seine Tochter als "Reichtum" besitzt. Er entschließt sich, seinen Plan doch zu verwirklichen.
5
Miller, Ferdinand
F. gibt M. all sein Geld (in Goldmünzen), um die 3monatige Liebe zu L. zu bezahlen. M. ist von dem Reichtum fasziniert und verliert die Kontrolle (will Musikstunden fast umsonst geben, Luise soll Franz.
Lernen,...). Daraufhin bittet F. ihn, sich zu beruhigen.
6
Miller, Ferdinand, Luise
Miller soll zum Präsidenten, um ihm auszurichten, dass F. nicht zum Essen kommen kann. Luise muss daheim bleiben. F. gibt das Gift unbemerkt in die Limonade, macht sich letzte Gedanken über den Anschlag (und die Folgen)
7
Ferdinand, Luise
Sie trinken das Gift (Sie weis nicht, dass in der Limonade Gift ist.).
Als sie die Wirkung des Giftes spürt, gesteht sie ihm alles. Daraufhin will F. seinen Vater umbringen. Sie stirbt.
letzte
Im Saal des Präsidenten (?)
Ferdinand, Präsident, Wurm, Miller, Volk, Gerichtsdiener, Leiche Luises
Miller sieht seine tote Tochter und wirft dem ohnmächtigen F. das Geld vor die Füße.
Bevor Ferdinand ohnmächtig wurde erzählte er dem Vater, dass er ihn zu diesem Mord veranlasst hätte. Vater schiebt die Schuld auf Wurm, wird wütend. Daraufhin will der ebenfalls wütende Wurm gegen den Präsidenten aussagen (Mordanschlag des Präsidenten, um an die Macht zu gelangen.).
Ferdinand stirbt neben Luise, gibt seinem Vater kurz vor dem Tod noch die Hand. (Vater interpretiert es als wenn sein Sohn ihm vergeben hätte.
) Präsident und Wurm werden abgeführt.
Historischer und autobiographischer Hintergrund
Parallele zum Fürstentum Württemberg
Das Fürstentum Württemberg wurde während der Regierungszeit des Herzogs Karl Eugen (1745-1793) zum typischen Beispiel absolutistischer Machtausübung und eines damit verbundenen Repräsentationsstils. Der Hofstaat des Herzogs umfasste etwa 2000 Personen. Ging der Herzog auf Reisen, begleiteten ihn 700 Personen und 600 Pferde. Große Festveranstaltungen der Aristokratie verschlangen bis zu 400 000 Gulden.
Bei der Geldbeschaffung war Karl Eugen nicht skrupulös.
Seit dem Siebenjährigen Krieg war es in Deutschland nicht ungewöhnlich, junge Männer als "freiwillige" Soldaten an ausländische Herrscher zu verleihen oder zu verkaufen. In der Kammerdiener-Szene des Buches thematisiert Schiller diese menschenverachtende Politik der Geldbeschaffung. Im Jahr 1776 versuchte auch der Herzog von Württemberg 3000 Soldaten an England zu "liefern", damit sie im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gegen die aufständischen Kolonien eingesetzt werden können. Aus dem Handel wurde allerdings nichts, weil Württemberg mittlerweile schon so verarmt war, dass es nicht im Stande war, die 3000 Mann angemessen auszurüsten.
Auch das Mätressenwesen, das in "Kabale und Liebe" dargestellt wird, konnte man am württembergischen Hof eingehend studieren. Herzog Karl Eugens "Favoritin" war zunächst die Venezianierin Katharina Bonafini, die 1771 dem Herzog einen Knaben gebar und daraufhin an einen Rittmeister von Poeltzig verheiratet wurde.
Seit etwa 1780 war Franziska von Leutrum, Reichsgräfin von Hohenheim, die Mätresse des Herzogs, der nebenbei auch verheiratet war. Man sagt Franziska von Leutrum einen günstigen Einfluss auf Karl Eugen nach. Sie soll das Vorbild für die Gestaltung der Lady Milford gewesen sein.
. in Friedrich Schillers Kontext
Der 1759 in Marbach (Württemberg) geborene Friedrich Schiller verspürte schon als Jugendlicher die Folgen absolutistischer Herrschaft und schrankenloser fürstlicher Machtpolitik. Auf Befehl des Herzogs Karl Eugen musste er 1773 die Ludwigsburger Lateinschule verlassen und auf der herzoglichen Militärakademie zunächst Jura, dann Medizin studieren. 1780 schloss er das Studium ab und wurde Regimentsarzt.
Seine heftige Abneigung gegen die Willkür des gesellschaftlichen Establishments zeigte sich schon in Schillers erstem Drama "Die Räuber". Die Hauptfigur Karl Moor ist dort nicht nur mit seinem Vater zerstritten, sondern generell von der ihn umgebenden Gesellschaft angewidert.
Als Schiller 1782 heimlich nach Mannheim reiste, um bei der Aufführung der "Räuber" dabei sein zu können, beantwortete der Herzog diese unerlaubte Reise mit generellem Schreibverbot, worauf Schiller über Mannheim nach Thüringen floh. Er versuchte nun als freier Schriftsteller zu leben, schrieb zunächst sein zweites, nicht sonderlich erfolgreiches Stück "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" (UA 1783) und kurze Zeit später "Kabale und Liebe" (1784, ursprünglicher Titel: "Luise Millerin").
Literarischer Hintergrund
Gattung, Epoche
Drama: Bürgerliches Trauerspiel
Zeit: Sturm und Drang (siehe auch "Deutsche Literatur" Seite 68)
Geschrieben in Prosa im Jahre 1782/83
Einflüsse
Neben diversen schwächeren Einflüssen muss als hochwertiges literarisches Vorbild Gotthold Ephraim Lessings "Emilia Galotti" genannt werden. Bis in einzelne Formulierungen hinein kann man den Einfluss Lessings auf Schillers Drama nachweisen.
Lessing war es auch zu verdanken, dass das in England beheimatete "Bürgerliche Trauerspiel" auch in der deutschen Bühnenliteratur ihren Platz fand.
Das bürgerliche Trauerspiel
Das bürgerliche Trauerspiel ist eine zur Mitte des 18. Jahrhunderts entstandene dramatische Gattung, die mit der klassizistischen Auffassung der Tragödie bricht und Probleme des häuslich-privaten Bereichs bzw. den Konflikt der Stände zum Gegenstand der Handlung macht. Damit wurde mit der bis dahin gültigen Ständeklausel gebrochen, die ausschließlich den Adel als Personal der Tragödie vorsah. Der Begriff bürgerlich allerdings hatte zunächst noch nicht die modernen, ökonomisch bestimmten Konturen: Als Akteure des bürgerlichen Trauerspieles fungieren sowohl Bürger als auch Adelige.
Ausgeschlossen bleiben die "Großen" (Fürsten, Könige) und der "Pöbel". Innerhalb dieses gesellschaftlichen "Mittelstandes" waren Gesinnung und Bildung die entscheidenden Kriterien.
Anders als in der klassizistischen Tragödie hatte die Handlung im bürgerlichen Trauerspiel keinen öffentlich-politischen Charakter. Nicht der Hof, sondern die Familie war jener Schauplatz, an dem die Figuren sich mit Problemen des häuslichen Lebens, der mitmenschlichen Beziehung und der Moral auseinander setzen.
Im bürgerlichen Trauerspiel dominierten zunächst empfindsame Züge. Erst später kam mit dem Standeskonflikt als bestimmendem Handlungsmoment eine neue Dimension hinzu.
Der Einfluss der Empfindsamkeit schlägt sich auch in der Definition des Wirkungsziels nieder: Das bürgerliche Trauerspiel wollte durch "Rührung" auf Gemüt und "Herz" zur moralischen Besserung beitragen. Absicht war mithin, die Fähigkeit zum "Mitleiden" zu aktivieren. Handlung kreist um Tugend und Laster und die mit dem Leiden des vollkommenen oder sich vervollkommnenden Charakters und der Reue der Widersacher (Väter, Rivalen, Rivalinnen usw.) sorgen für Rührung, Mitleid und empfindsame Tränenfluten.
Mit Lessings Emilia Galotti (1772) löste ein anderer Typus des bürgerlichen Trauerspieles die empfindsame Variante ab: Bis zu Friedrich Schillers Kabale und Liebe (1784) wurde nun der meist durch Liebesbeziehungen ausgelöste Konflikt zwischen den Ständen zum charakteristischen Thema. Insbesondere im Sturm und Drang erhielt das bürgerliche Trauerspiel einen dezidiert gesellschaftskritischen Impuls.
Neben der Konfrontation von Adel und Bürgertum wurden auch Konflikte zwischen verschiedenen Schichten des Bürgertums thematisiert.
Sturm und Drang
Sturm und Drang ist eine philosophisch-literarische Bewegung in Deutschland von etwa 1765 bis 1790.
Philosophisch grenzt sich der Sturm und Drang ab gegen das rationale Erkenntnisprinzip der Aufklärung, gesellschaftspolitisch richtet er sich gegen die herrschende Ständeordnung und die erstarrten sozialen Konventionen, also auch gegen die Regelpoetik etwa des französischen Klassizismus.
Tendenzen der Empfindsamkeit werden fortgeführt (siehe oben), und es etabliert sich ein Schreibmodell, das sich an der intuitiven Schöpferkraft des Individuums orientiert (diese Idee dichterischer Freiheit wurde später etwa in der Romantik und im Expressionismus wieder aufgegriffen). Im Mittelpunkt der Sturm-und-Drang-Poetik stehen Emotionalität und Spontaneität des - vor allem lyrischen - Ausdrucks, also das Drama, wobei dessen Aufbau dem seit Aristoteles als verbindlich geltenden Gattungsschema (Einheit von Ort, Zeit und Handlung etc.) bewusst zuwiderläuft.
Bevorzugte Themen sind der tragische Konflikt eines markanten Individuums mit der Gesellschaft oder dem Geschichtsverlauf sowie der Zusammenprall von Gefühl und Ehrenkodex.
Themen/Kritik
absolutistische Herrschaft und schrankenlose fürstliche Machtpolitik
menschenverachtende Politik der Geldbeschaffung
Mätressenwesen
-> Kritik an höfischer Gesellschaft und Absolutismus bzw. der Ständegesellschaft
Schiller: persönliche Kritik an seinem Landesfürsten
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