Definition lyrik
Lyrik
[griechisch lyra, "Leier"]
formaler Sammelbegriff für Gedichte. Das Feld der Dichtung wird nach der äußeren Form der einzelnen Werke in Dramatik, Epik und Lyrik aufgeteilt. Die lyrische Form ist kurz und vielfach in Verse gegliedert. Mehrere Verse sind oft zu Abschnitten zusammengefasst; sind die Abschnitte eines Gedichts gleich gebaut, spricht man von Strophen. Häufig benutzte Formen der Lyrik sind Lied, Ode, Hymne, Elegie, Ballade, Epigramm, Sonett und Madrigal. In der Form des Volkslieds ist die Lyrik über die ganze Erde verbreitet.
Die europäische Lyrik begann in enger Verbindung mit der Musik in Griechenland, sowohl als Einzelgesang wie als Chorlied. Die großen römischen Lyriker sind Horaz, Catull, Tibull, Properz, Ovid und Martial. Im Mittelalter entwickelte sich auf deutschsprachigem Gebiet erst eine geistliche Lyrik, dann die höfische Liebeslyrik, der Minnesang, der später in den Meistersang überging. In Italien schufen Dante Alighieri u. F. Petrarca mustergültige Kanzonen u.
Sonette. In der Reformation wurde das Kirchenlied neu belebt. Der frz. Dichterkreis der Pléiade wandte sich antiken Formen wie der Elegie und der Ode zu. W. Shakespeare entwickelte in England eine eigene Variante des Sonetts.
Im Barock entstand eine formenreiche Gesellschaftsdichtung, daneben eine religiöse Lyrik (Angelus Silesius, A. Gryphius, P. Gerhardt). F. G. Klopstock löste als Erster die Lyrik von allen erzählenden und reflexiven Elementen, so dass sie Ausdruck reinen Gefühls wurde; von da führt die Entwicklung zur umfassenden Bekenntnislyrik Goethes und zur Gedankenlyrik Schillers und F.
Hölderlins. Als Vorläufer der Romantik gilt der Schotte R. Burns, Vertreter in England waren S. T. Coleridge und W. Wordsworth, in Frankreich V.
Hugo. Die Romantiker (Novalis, C. Brentano, J. von Eichendorff u. L. Uhland) betrachteten die Lyrik als die ihnen gemäße Form.
Bedeutende Lyriker der folgenden Epochen sind E. Mörike, H. Heine, A. von Droste-Hülshoff, T. Storm, C. F.
Meyer und G. Trakl. C. Baudelaire gilt als Vorläufer des Symbolismus, vertreten durch S. Mallarmé und A. Rimbaud, die wiederum H.
von Hofmannsthal, S. George u. R. M. Rilke beeinflussten. Bedeutende ital.
Lyriker waren G. Carducci u. G. d'Annunzio, in Amerika W. Whitman, in England T. S.
Eliot. Vertreter der dt. Lyrik nach 1945 waren G. Benn, P. Celan und I. Bachmann.
, mit gesellschaftskrit. Tendenz B. Brecht, H. M. Enzensberger, E. Fried, S.
Kirsch, R. Kunze u. W. Biermann. Daneben kamen in Westdtschld. sprachexperimentelle (F.
Mon, E. Jandl, O. Pastior) und subjektivistische (R. D. Brinkmann) Formen der Lyrik auf. Bekannte Autoren der 1990er Jahre waren K.
Drawert, D. Grünbein, U. Hahn u. T. Kling.
Begriffsbestimmung
Der Begriff der Lyrik wird von dem griechischen lyrikos abgeleitet und weist über das lateinische lyricus auf den Ursprung dieser poetischen Gattung hin, als gesprochene Worte bzw.
Gesänge vom Spiel der Lyra (Leier) begleitet wurden. Das erst seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts bekannte Substantiv "Lyrik" steht somit als formaler Sammelbegriff für die literarische Form des Gedichts. In anderen europäischen Sprachen wird die Lyrik "poésie" oder "poetry" genannt. Diese Begriffe bezeichneten ursprünglich die gesamte Dichtkunst, die also in der Poesie bzw. Lyrik das eigentlich Dichterische überschwänglich und rein zum Ausdruck bringt.
Äußerlich zeichnet die Lyrik sich in der Folge durch die kurze, vielfach in Verse gegliederte Form aus. Mehrere Verse werden häufig zu Abschnitten zusammengefasst, die Strophen genannt werden, wenn sie gleich gebaut sind. Darüber hinaus ist der Lyrik der Rhythmus, die Musikalität, ein metrisches Schema und der Reim zu Eigen. So sehr der Reim aber als wesentliches Klangmittel der Lyrik erscheint, ist er doch keineswegs unverzichtbar. Eine Vielzahl von Gedichten kommt ganz ohne Reim aus. Eine weit verbreitete Form der Lyrik ist somit auch das Lied bzw.
Volkslied. Weitere Formen der Lyrik sind die Ode, die Hymne, die Elegie, der Gesang, die Ballade, der Spruch oder das Epigramm.
Funktion der Lyrik
Die Lyrik gelangt durch ihre sprachlich-poetische Bearbeitung zu einer Verdichtung und Ästhetisierung ihres Themas. Erlebnisse, Gefühle, Empfindungen und Einfälle werden durch imaginative und assoziative Sprachbilder abstrahiert und symbolisiert. Durch die Wiedergabe einer Stimmung (Einfühlung) - und nicht des äußeren Erlebnisses an sich - vermittelt der Dichter eine Spiegelung im eigenen Ich und somit eine Subjektivierung, die besonders den Hörer, aber auch den Leser emotional anspricht bzw. gleichstimmt.
Es wird in diesem Zusammenhang auch von der "Kundgabefunktion der Lyrik" gesprochen.
Zu den in allen Epochen immer wieder neu bearbeiteten Themen der Lyrik zählen die Kernfragen jeglicher menschlichen Existenz: Liebe, Freundschaft und Verehrung, Freude und Leid, Einsamkeit und Gemeinschaft, Gott, Religion und Transzendenz, Natur und Schöpfung sowie Tod und Vergänglichkeit. Für den eher politisch-ideologischen Bereich kann auch die aufklärerische Intention der Lyrik angeführt werden, Zusammenhänge zu erklären oder Verschleierungen zu entlarven, also "Wahrheit" anzubieten. Diese Intention kann bis zur Agitprop-Lyrik (wie wir sie etwa aus den 1970er Jahren kennen) und ihren propagandistischen Effekten führen. Aber selbst an dieser extremen Entwicklung lässt sich noch die Nähe der Lyrik zum Gesang und zum Lied ablesen, wie die politische Lyrik der Protestsongs zeigt.
Gerade die zumeist subjektivistische Ausgestaltung der Lyrik führt zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen ihres Wertes.
Wir kennen sowohl das leidenschaftliche und begeisterte Eintauchen in die Lektüre lyrischer Texte als auch die Geringschätzung der Lyrik als individualistische Ersatzhandlung, der von ihren Kritikern vorgeworfen wird, ohne soziale Bedeutung und Folgen bleiben zu müssen.
Geschichte der Lyrik
Anfänge
Die historische Entwicklung und Bedeutung der Lyrik in den verschiedenen Kulturen und Ländern bestimmt sich aus ihrer Definition als komplexe sprachliche Kunstform, die die wichtigsten menschlichen Fragen thematisiert und diese in einer zugleich zeitlosen und aktuellen Form präsentiert. Zu den frühesten Formen der Lyrik zählen seit 1500 v.Chr. die chinesischen Volkslieder, die als Jagd-, Liebes-, Familien- und Opferlied häufig einen lehrhaften Charakter tragen.
Bei den Ägyptern werden Hymnen- und Totenklagen, bei den Hebräern der Spruch (z.
B. von Salomon), der Psalm (David), das Liebeslied ("Hohe Lied") und der Kriegsgesang gepflegt. Von den Indern ist uns zunächst religiöse Lyrik ("Rigveda"-Hymnen), später lehrhafte Spruchdichtung und erotische Lyrik ("Jayadeva") bekannt. Bei den Iraniern folgte auf Lehrdichtungen ("Awesta") seit dem Mittelalter eine von mystischer und moralischer Versenkung (Kontemplation) getragene Lyrik, die später von Wein- und Liebesliedern abgelöst wurde, die farben- und formenvielfältig Sinnen- und Lebenslust versprühte. Auch bei den Arabern folgten auf die Totenklagen im Mittelalter Spottlieder, Spruchdichtung nach dem Vorbild des "Koran" und Liebeslyrik, die vor allem als Liebeslied Ausdruck fand.
Sappho, griechische Lyrikerin (604 bis 590 v.
Chr.)
© Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh
Im Abendland wird die poetische Entwicklung zunächst von den Griechen bestimmt, bei denen sich zuerst das Epos in naher Verbindung mit der Musik entfaltet. So verstand man unter Lyrik vor allem das mit Musikbegleitung gesungene Lied. Dazu gehört die äolische Lyrik, die als einstimmiger, subjektiver und strophischer Einzelvortrag zuerst von Sappho und Alkaios auf der äolischen Insel Lesbos, später von Anakreon präsentiert wird. Eine weitere Form ist die Chorlyrik der Dorier, die in Strophe und Antistrophe gegliedert war (Alkman, Ibykos, Simonides, Pindar). Nach einer frühen Blüte reduziert sich seit ca.
450 v.Chr. die lyrische Dichtung auf die Choreinlagen der Dramen. Beliebte Formen der griechischen Lyrik sind die Ode, die Hymne, das Skolion (ein besonders in Athen gepflegtes Tisch- und Trinklied) und die Elegie, die in der hellenistischen Dichtung wieder an Bedeutung gewinnt.
Diese griechischen Formen übernehmen die Römer erst spät. Horaz bemüht sich um die äolische Odendichtung, Catull, Properz und Ovid vor allem um die Elegie und Martial um das Epigramm.
Da in der römischen Dichtkunst mehr die Vollendung der Formkunst und weniger die Subjektivität und der intensive Gefühlsausdruck prägend wird, gibt es nur eine kleine Zahl römischer Lyriker.
Mittelalter und Renaissance
Im christlichen Mittelalter reift eine geistliche Lyrik heran, die christliches und somit von der katholischen Kirche bestimmtes Gedankengut künstlerisch bearbeitet. Wichtige Formen geistlicher Lyrik, als deren Vorläufer heidnische Volkslieder der Germanen, Kelten, Römer und Slawen gelten, sind Marienlieder, geistliche Kampflieder und Sündenlieder. Die geistlichen Kampflieder sollten sowohl zum Kampf gegen Ungläubige ermutigen als auch unwürdige Mitkämpfer bestrafen.
Daneben besteht eine weltliche Lyrik, die zunächst besonders von der höfischen Kultur des Rittertums und später auch von der arabischen Lyrik geprägt ist. Hierbei spielte das Zusammentreffen mit der orientalischen Kultur, z.
B. durch die Mohammedaner in Spanien und durch die Kreuzzüge, eine Rolle. Die höfisch-ritterliche Lyrik entsteht als Minnesang der Troubadours in der Provence und findet im 12. bis 14. Jahrhundert als konventionelle, aristokratische Gesellschaftslyrik im ganzen christlichen Abendland Verbreitung. Über Nordfrankreich und die Niederlande gelangt der Minnesang nach Deutschland, wo sein erotisches Thema weniger lebensfroh und sinnlich dargestellt wird.
Hier überwiegt die sehnsuchtsvolle, ja hoffnungslose und so idealisierte Verehrung der adeligen Dame (Minneklage). Wichtige Vertreter sind Kürenberger, Heinrich von Morungen, Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide. Da die Bedeutung des Rittertums im späten Mittelalter schwindet, verändert sich auch die äußere Form des Minnesangs und wird mit dem Erstarken des Bürgertums zu dem eher starren und gekünstelten Meistersang der Zunfthandwerker.
Die Reformation erneuert nicht nur das Volksliedgut, indem sie das Kirchenlied bedeutsam macht, sondern sie sorgt auch für eine lyrische Verinnerlichung und für eine deutlichere Herausbildung nationaler Eigenarten der Dichtung. So entwickeln sich in Italien seit der Renaissance mit den Dichtern Dante, Petrarca und Michelangelo neue Formen wie das Sonett, die Kanzone, die Sestine, das Triolett und das Madrigal.
Deutschland
Die deutsche Lyrik wurde durch eine bedeutende Volksliedtradition geprägt, die nach der lateinischen Humanistenlyrik durch die Reformation intensiviert wurde.
In der Folge spielt besonders das geistliche Lied eine bedeutende Rolle. Dabei werden mit Hilfe der sog. Kontrafaktur weltliche Lieder zu geistlichen umgedichtet, indem die Melodie beibehalten, doch die sinnstiftenden Begriffe ersetzt werden. Als Beispiele ältester Kontrafakturen gelten aus dem 13. Jahrhundert zwei Lieder von Walther von der Vogelweide. Außerdem kennen wir nach einer Blüte in der Mystik (Heinrich von Laufenberg) weitere Kontrafakturen aus dem 16.
Jahrhundert (Luther) und bis ins 17. Jahrhundert (Zesen) hinein. Es ist in diesem Zusammenhang noch interessant darauf hinzuweisen, dass die Volksliedforschung durch die Kontrafaktur Rückschlüsse auf die Gestalt und Verbreitung früherer, eigentlich verschollener Volkslieder ziehen kann.
Auch im Barock kommt der religiösen Lyrik mit ihren Vertretern Angelus Silesius und Gryphius eine von einem tiefen Bedürfnis getragene Funktion zu. Außerdem werden im Barock die dichterischen Kunstmittel in der Form einer manierierten, d.h.
mythologisch anspielungsreichen und metaphorischen Sprache neu entdeckt. Durch ausländische Einflüsse entfaltet sich u.a. mit Opitz, Hofmannswaldau und Lohenstein eine bedeutsame Gesellschaftsdichtung. Außerdem ist der sog. "Königsberger Dichterkreis" zu nennen, der sich in der ersten Hälfte des 17.
Jahrhunderts um R. Roberthin und H. Albert versammelt, eine volkstümliche und religiöse Gelegenheitsdichtung vorträgt und diese z.T. vertont.
Im optimistischen Zeitalter der Aufklärung setzt sich eine von Logik und Nüchternheit getragene Gedankenlyrik durch (Brockes, Haller, E.
von Kleist). Nach der Anakreontik in der Mitte des 18. Jahrhunderts, die durch epikureischen Lebensgenuss, antike Mythologie und malerische Landschaften geprägt ist (Hagedorn, Gleim, Uz), und nach der Empfindsamkeit (Gellerts geistliche Lieder) leiten die gefühlvollen Oden Klopstocks zu der leidenschaftlichen sowie volks- und naturnahen Sprache des "Göttinger Hain" und des Sturm und Drang über. Besonders die jugendliche Erneuerungsbewegung des Sturm und Drang in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts will die theoretische, verstandesmäßige Aufklärung durch emotionale, ursprüngliche, fantastische, geniehafte und unregelmäßige Lyrik überwinden.
Es folgt die Erlebnislyrik Goethes, die durch eine Harmonie von Gefühl und Verstand getragen wird, und die sog.
Gedankenlyrik Schillers und Hölderlins. Letzterer steht am Beginn der Romantik. Die Frühromantik, in der Novalis und die Brüder Schlegel religiöse und ideelle Lyrik pflegen, wird von der Stimmungslyrik der Hochromantik abgelöst, in der Arnim, Brentano, Eichendorff und Uhland auf eindringliche und emotionale Weise natur- und gottnahe Themen vorstellen. Die lyrische Entwicklung im 19. Jahrhundert ist in Deutschland dann sehr vielgestaltig. Mörike, Grillparzer, Platen und Rückert bemühen sich um eine von Gedanklichkeit getragene Lyrik.
Heines Lyrik schließt zynische und politische Tendenzen ein und Lenaus Lyrik den Weltschmerz. Neben A. Grüns politischer Lyrik des Vormärz entdecken Annette von Droste-Hülshoff, Hebbel, Storm und Keller die Freude an der unausschöpflichen Realität und C. F. Meyer an der symbolhaften Gestaltung. Gegen den nachahmenden, antikisierenden, formidealistischen, das Hässliche ablehnenden sog.
"Münchner Dichterkreis" schaffen die naturalistischen Dichter eine soziale Lyrik (Conrady), eine Prosalyrik unter dem Einfluss Walt Whitmans (Johannes Schlaf) und auch neue rhythmische Formen (Arno Holz). Außerdem sind der Impressionismus (Liliencron, Dehmel), die Neuromantik (Hofmannsthal) und die Arbeiterdichtung wichtige poetische Strömungen um die Jahrhundertwende.
Der Expressionismus, den vor allem Dichter wie Werfel, Becher, Benn und Else Lasker-Schüler sowie der um die radikale Sprachzertrümmerung bemühte "Sturmkreis" um H. Walden und August Stramm prägen, wird ein bedeutender Wegweiser zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In dessen weiterem Verlauf suchen George, Rilke und Trakl die religiös-seelische Verinnerlichung und die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen.
Dagegen kritisieren Morgenstern, Ringelnatz und Kästner in der sog. Gebrauchslyrik durch Satire und Karikatur das Bürgertum. Alle in der historischen Entwicklung beschriebenen lyrischen Ausprägungen lassen sich auch in der deutschen Dichtkunst nach dem Zweiten Weltkrieg finden. Bergengruen, Hagelstange, Holthusen und Marie Luise Kaschnitz pflegen traditionelle Formen. Loerke, Lehmann, Eich, Krolow, Huchel und Bobrowski besinnen sich auf die traditionellen Formen in der Naturlyrik. Darüber hinaus streben Höllerer, Piontek und Ingeborg Bachmann ins Metaphysische, um über die sinnlich erfahrbare Welt Hinausgreifendes und damit existenzielle Fragen zu berühren.
Celan, Arp, Härtling, Rühmkorf und Grass bemühen sich um surreal-groteske Wirkungen.
Nach der Gründung der DDR 1949 und später im Zuge der 68er-Studenten- bzw. der Außerparlamentarischen Oppositionsbewegung kommt der politischen Lyrik die Funktion zu, eine öffentliche Meinung zu bilden und so aufklärerisch zu wirken. Hier sind besonders B. Brecht, F. Fühmann, S.
Hermlin, G. Kunert, W. Biermann, H. M. Enzensberger, E. Fried, N.
Born, R. D. Brinkmann und F. C. Delius zu nennen. Eine neue, international geprägte literarische Bewegung, die sog.
"Konkrete Poesie", entsteht in der Tradition August Stramms, Gertrude Steins, Christian Morgensterns und des Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein sowie des Surrealismus und des Dadaismus (Arp, Schwitters). Ihre Vertreter H. Heissenbüttel, E. Gomringer, E. Jandl, Friederike Mayröcker, F. Mon, Schuldt und P.
Wühr - und F. Achleitner, H.C. Artmann, G. Rühm, O. Wiener und K.
Bayer, die auch die experimentelle sog. "Wiener Gruppe" der 1950er Jahre bildeten - wollen die Sprache von ihrer funktionalen Bestimmung befreien. Auf der Grundlage eines Materialbegriffs der Sprache betonen sie akustische und optische Aspekte in ihren Lautdichtungen und Textmontagen. Sie arbeiten den Klangcharakter und die ornamentale Stofflichkeit der Sprache heraus.
Die Lyrik am Ende des 20. und zu Beginn des 21.
Jahrhunderts folgt keinen einheitlichen Tendenzen. Das hermetische, chiffrierte Sprechen in der Tradition der Moderne ist ebenso zu finden wie ein Rückgriff auf antikisierende Formen. Die deutliche Distanz zu gesellschaftlichen Utopien führt häufig zu Reflexionen über das Alltägliche, über die Widersprüche der modernen Welt und die Wiederentdeckung von Landschaft, besonders aber zu Erkundungen über das eigene, verunsicherte Ich und seine Beziehung zu einer schwierig gewordenen Heimat (V. Braun, W. Kirsten, E. Erb, D.
Grünbein).
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