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  Vor sonnenaufgang - gerhard hauptmann

Ich möchte euch heute das soziale Drama "Vor Sonnenaufgang" von Gerhard Hauptmann vorstellen.   In groben Zügen lässt sich dieses fünfaktige Drama wie folgt zusammenfassen: Der Verkauf seiner kohlefündigen Felder hat den schlesischen Bauern Krause reich gemacht. Dieser kommt mit dem plötzlichen Reichtum aber nicht klar und vertreibt sich seitdem seine Zeit mit übermäßigem Trinken. Seine ältere Tochter, die schwangere Martha, ist ebenfalls alkoholsüchtig. Sie ist mit dem Ingenieur Hoffmann verheiratet, der seine früheren sozialistischen Ideen aufgegeben hat und nun nur noch auf Profit aus ist. Er ist aber nicht nur durch die Heirat in die neureiche Bauernfamilie, sondern auch durch fragwürdige Geschäfte zu Geld gekommen.

Die zweite Ehefrau des Bauern Krause betrügt ihn mit ihrem Neffen Wilhelm Kahl, der Verlobte von Krauses jüngerer Tochter Helene. Bauer Krause selbst stellt seinen eigenen Töchtern nach und Hoffmann giert nach Helene. Diese hat auf letzten Wunsch ihrer verstorbenen Mutter ihre Kindheit in einem Pflegeheim verbracht und dort eine gute Erziehung genossen und leidet nun umso mehr in ihrer heruntergekommenen Familie. In dieses Milieu kommt Alfred Loth, ein Sozialwissenschaftler und Journalist und zudem Jugendfreund Hoffmanns, um eine sozialkritische Studie über das schlesische Kohlerevier zu schreiben. Hier kommt es zu einem Konflikt zwischen Loth und Hoffmann, da Hoffmann fürchtet, in seinen manipulativen Machenschaften entlarvt und öffentlich bloßgestellt zu werden. Mit äußerster Prinzipienstarrheit und mit leidenschaftlichem Einsatz verfolgt Loth trotzdem seine sozialreformerischen Ideen.

Helene erhofft sich vom gebildeten Loth die Rettung aus ihrer verkommenen Umwelt. Ohne zu zögern zerstört dieser aber die aufkeimende Liebe und verlässt Helene, als er von Dr. Schimmelpfennig , einem ehemaligen Studienfreund und zudem dem Arzt der Familie Krause, von der Alkoholsucht einiger Familienmitglieder erfährt. Mit Loths strikten Anschauungen über Vererbung und Rassenhygiene lässt sich eine Verbindung mit einer Tochter aus einem alkoholabhängigen Elternhaus nicht vereinbaren. Helene, die dadurch ihre letzte Hoffnung, aus dem Milieu auszubrechen, verloren hat, ersticht sich aus Verzweiflung.   Als das Stück am 20.

Oktober 1889 im Berliner Lessingtheater uraufgeführt wurde, kam es zu einem regelrechten Skandal. Der damals noch weitgehend unbekannte 22-jährige Hauptmann wurde vom Publikum, das das gesellschaftskritische Drama für unerhört erachtete, lautstark ausgepfiffen. Eine der ersten und heftigsten Reaktionen auf Hauptmanns Stück kam von Conrad Alberti, einem der führenden Theoretikern und Praktiker des Naturalismus (S51!) Allerdings gab es auch genau entgegengesetzte Stimmen. So lobte Arno Holz "Vor Sonnenaufgang" als "das beste Drama, das jemals in deutscher Sprache geschrieben worden ist" und auch Theodor Fontane war von dem Stück hellauf begeistert. Bei "Vor Sonnenaufgang" handelt es sich also wirklich um ein Werk, das die Nation spaltete.   Nun aber erst mal zum Hintergrund des Stückes.

Das Drama zeigt eindeutig und unverblümt die Probleme der damaligen Zeit auf. Der schnelle Reichtum einiger Bauern durch die industrielle Entwicklung und die dadurch veränderte Gesellschaft zu einer brutalen Kapitalistengesellschaft wird hier dem Leser näher gebracht.   Wie ich schon gesagt habe, handelt es sich bei "Vor Sonnenaufgang um ein soziales Drama, das heißt die Gesellschaft wird kritisiert. Zum einen kritisiert er das Wirtschaftssystem - nämlich den Kapitalismus. Eine wichtige Folge des Kapitalismus ist das ständige Zuschaustellen des Reichtums, wie es auch in "Vor Sonnenaufgang" der Fall ist. Hoffmann als Vertreter des kapitalistischen Systems wird als Betrüger und Ausbeuter übelster Sorte geschildert.

Das zeigt deutlich, wie Gerhard Hauptmann zum Kapitalismus der damaligen Zeit steht. Außerdem kritisiert er die Gesellschaftsordnung. Zur Zeit der schlesischen Kohlefunde ergab neben dem etablierten Bürgertum noch eine neue Geldklasse. Die neureiche Familie Krause ist ein Beispiel für diese Klasse. Traurig ist aber, dass diese reichen Bauerngutsbesitzer nicht ihrem eigenen Stand zu einer besseren Stellung verhelfen wollen, sondern sie wollen sich dem Adel annähern. Das zentrale Thema der Gesellschaftskritik im Drama ist jedoch die Kritik an der Familie An dieser Familie werden die gesellschaftlichen Missstände zuerst deutlich.

Hier herrschen Alkoholismus, Ehebruch, Betrug. Hoffmann kritisiert vor allem die Verlogenheit der Bauern. So wird Bleibst, der den Ehebruch von Frau Krause und Wilhelm Kahl aufgedeckt hat, mit Schweigegeld mundtot gemacht. Ein anderes Beispiel für die Verlogenheit ist Frau Krause, die eine ihrer Bauernmägde vom Hof jagen will, nachdem sie sie mit einem Knecht im Bett erwischt hat. Doch Frau Krause ist mit ihrem eigenen Verhältnis eigentlich kein Deut besser. In den Dramen von Hauptmann ist aber der wichtigste Grund für den Fall der Familie der vererbbare Alkoholismus.


Hauptmann gehört nämlich zu jenen Leuten, die vom Alkoholismus als Erbkrankheit über zeugt sind.     "Vor Sonnenaufgang" lässt sich eindeutig in die Sparte des Naturalismus einordnen. Im Folgenden möchte ich noch mal kurz die Merkmale des Naturalismus erläutern und diese mit Hauptmanns Drama vergleichen. Der Naturalismus, der ungefähr von 1880 bis 1900 praktiziert wurde, ist eine Protestbewegung gegen die verschönernde Literatur und dient als Provokation des "an schöne Literatur gewöhnten" Publikums. Im Naturalismus werden die Probleme der Zeit unverblümt aufgezeigt. Im Gegensatz zur Klassik schreibt Hauptmann alles andere als von Edelmännern, die in ihrer Ehre verletzt worden sind, sondern von Kleinbürgerlichen, die in diesem Falle mit ihrem neu erworbenen Wohlstand nicht zurechtkommen.

Die Problematik des Alkoholismus wird hier ohne jegliche Verschönerung dargestellt. Außerdem werden realistische Gestalten geschaffen und dabei die den Menschen in seinem Verhalten determinierenden Faktoren, wie Milieu, Psyche, Vererbung, Triebe, Arbeitswelt und Sozialstruktur, analysiert und dargestellt. Dies ist auch der Fall bei "Vor Sonnenaufgang": Es ist der Ausschnitt aus dem Leben einer Bauernfamilie, das ohne weiteres wirklich passieren könnte. Auch diese Faktoren werden im Buch nicht außer Acht gelassen und dem Leser aufgezeigt. Im Mittelpunkt der Naturalistischen Werke steht immer ein zentraler Konflikt. Bei "Vor Sonnenaufgang" besteht dieser Hauptkonflikt zwischen den Folgen des Alkoholismus und den Fragen der Eugenik, also der Vererbungslehre.

Ihr kennt wahrscheinlich alle noch die Formel Kunst = Natur-x, die von Arno Holz begründet wurde. Er meint, ein Kunstwerk sei umso vollkommener, je mehr es mit der Natur und der Realität übereinstimmt. Für Hauptmann wurde die Formel ein wenig abgeändert, nämlich in "Dreimal Naturalismus + x". Dies soll die Momente aufzeigen, die Hauptmanns Bühnenstücke sogar über den Naturalismus hinausheben. Im Naturalismus wird vom Schriftsteller eine äußerste Genauigkeit verlangt, sowohl bei der Beschreibung der Natur, als auch bei der Beschreibung der Personen. Dies ist Hauptmann in "Vor Sonnenaufgang" einwandfrei gelungen.

-         Neben den Dialogen enthält jeder Akt ausführliche Nebentexte, die die Umgebung bis ins kleinste Detail beschreiben. Hauptmann beginnt das Drama mit folgendem Absatz. (S.55) Er führt dem Leser den Raum somit direkt vor Augen. -         Auch im Hinblick auf die handelnden Personen lässt Hauptmann keine Fragen offen. Zum einen wird im Nebentext sowohl das Aussehen als auch die Kleidung genau beschrieben.

Des Weiteren wird hier aber auch jede noch so kleine Bewegung und Geste minutiös dargelegt, was typisch für den Sekundenstil des Naturalismus ist. Besonders gut erkennt man dies bei der Beschreibung vom Bauer Krause (Buch S.42) -         Ebenso wie die Umgebung und die Äußerlichkeiten streng vorgeschrieben sind, will Hauptmann auch an den menschlichen Charakteren nichts verändern und lässt die beteiligten Personen in der Sprache sprechen, die ihrer sozialen Schicht entspricht. So sprechen die Dienerschaft und Frau Krause im Dialekt, Hoffmann in Hochsprache mit leicht umgangssprachlichem Einschlag, Loth und Helene hingegen reines Hochdeutsch. Ebenso werden die Personen mit ihren Eigenarten, wie Stammeln und Stottern dargestellt, wie es zum Beispiel zeitweise bei Wilhelm Kahl der Fall ist. Somit wird alles noch genauer und naturgetreuer dargestellt.

In der Zeit des Naturalismus wurden einige bestimmte soziale Themen immer wieder in Büchern aufgegriffen, die früher zum Teil sogar tabu waren. So sind zum Beispiel Alkoholismus, Armut, Arbeiterausbeutung, Ehebruch, Brutalität, Verbrechertum, Leben in Großstädten, Milieu der Fabriken und Kneipen oder Prostitution beliebte Themen dieser Zeit. Auch Hoffmann hat in seinem Drama "Vor Sonnenaufgang" mehrere Motive verarbeitet. Der Großteil der Familie Krause ist alkoholsüchtig oder trinkt zumindest ab und zu Alkohol, Hoffmann wird als Betrüger und Ausbeuter übelster Sorte geschildert. Auch Ehebruch steht in dieser Familie an oberster Stelle: Frau Krause betrügt ihren Mann, der werdende Vater Hoffmann stellt Helene nach und der Bauer Krause giert nach seinen eigenen Töchtern. Die Thematik des Dramas passt also voll und ganz in den Naturalismus.

Ein weiteres Merkmal des Naturalismus ist die bevorzugte Darstellung des Proletariats, also der Klasse der entwurzelten, besitzlosen und ausgebeuteten Lohnarbeiter. Auch in "Vor Sonnenaufgang" herrscht das proletarische Milieu vor. - -         Die Arbeiter sind zwar fast ohne Stimme, aber durch Loths Sozialstudien und den daraus resultierenden Gesprächen über diese armen Arbeiter doch immer präsent. -         Die Familie Krause scheint zwar durch den plötzlichen Reichtum dem proletarischen Leben entflohen zu sein, doch wenn man genauer hinschaut, kann man erkennen, dass es nur Proletarier in einem reichen Haus sind. Sowohl der Dialekt der meisten Familienmitglieder als auch die dummen Kommentare lassen darauf schließen, dass sie immer noch ungebildet und schlecht erzogen sind und keinesfalls einer höheren sozialen Schicht angehören können. -         Sie üben zudem weiterhin die für das Landproletariat typischen Berufe aus.

Sie sind immer noch eine Bauernfamilie, die auf ihrem Hof Arbeitsmänner, Mägde, Diener, Hausmädchen und Kuhjungen angestellt haben. -         Alfred Loth bildet hier eine große Ausnahme. Er scheint überhaupt nicht in dieses proletarische Milieu zu passen. Dies liegt zum einen daran, dass er sich als Sozialwissenschaftler und Journalist durch seine Bildung und Hochsprache stark von der Familie Krause unterscheidet. Außerdem distanziert er sich durch sein Denken über Alkohol extrem von ihnen. Loth ist Abstinenzler, weil er davon ausgeht, dass Alkoholismus vererbbar ist und ganze Familien zerstören kann.

Er selbst möchte an seine Kinder genau das Erbgut weitergeben, das auch er erhalten hat - und das kann er nur, wenn er sich von Alkohol fernhält. Ganz anders die Familie Krause. Mehrere Gläser Wein, Kognak und Bier am Tag gehören da schon zur Routine und die Familie ist fast beleidigt, als Loth ein Glas Alkohol beim Abendessen ablehnt.   Ich persönlich fand "Vor Sonnenaufgang" sehr gut, weil es so schonungslos die Probleme der damaligen Zeit aufzeigt. Am Anfang war es zwar ein bisschen schwierig sich an den Dialekt zu gewöhnen, aber insgesamt kann ich jedem empfehlen, das Buch auch mal selbst zu lesen.

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