Gesellschaft der wilhelminischen zeit in verbindund mit wedekinds frühlingserwachen
Die geschilderte Jugend ist in der damaligen Bourgeoisie angesiedelt, dem erstarkten Bürgertum um die Jahrhundertwende.
Diese, im Gegensatz zur Arbeiterklasse recht wohlhabende Schicht, war die Grundlage für das sogenannte Spießbürgertum. Dieses galt als obrigkeitshörig und ungemein rigide, dazu noch streng und sexuell verklemmt. Recht anschaulich sind die Begriffe "spießig" oder auch "Spießer", die noch heute gebräuchlich sind.
Ein weiteres Kennzeichen dieser Gesellschaftsschicht war zudem sein relativer Wohlstand sowie seine durchschnittliche Bildung.
Sexualität ist in dieser Zeit nicht vorhanden, oder wurde besser gesagt tot geschwiegen.
Darüber zu reden war verpönt und so wurde auch die Aufklärung sträflich vernachlässigt.
Die Industrialisierung und die damit verbundene gesellschaftliche Umwälzung hatten schon längere Zeit eingesetzt und die vom Proletariat so verabscheute Bourgeoisie hatte sich entwickelt. Die feste Ständegesellschaft war überwunden. Dafür hatte sich die nach dem Wohlstand definierte Klassengesellschaft herausgebildet.
Darüber hinaus war Deutschland seit der Reichsgründung 1871 ein Flächenstaat und dem Diktat Preußens unterworfen, dessen Sitten und Gebräuche großen Einfluss auf das gesamte 2. Reich hatten.
Obrigkeitshörigkeit sowie Beschränktheit des Geistes fand man vor allem bei Spießbürgern und Biedermeiern.
In diesem historischen Kontext spielt "Frühlings Erwachen." So ist die geschilderte sexuelle Unaufgeklärtheit sowie die geistige Enge typisch für die Jahrhundertwende und die wilhelminische Zeit.
Andere Werte waren nun bestimmend. Die Familie war unwichtiger geworden und die in der Aufklärung definierten Werte wie die Entfaltung des Geistes spielten nur in intellektuellen Kreisen eine Rolle - in nur sehr geringem Maße jedoch in der hier geschilderten Gesellschaftsschicht.
Doch spielt die Gesellschaft, die sie umgibt, das heißt ihre Eltern sowie die Schule eine sehr viel größere Rolle und wirkt mit ihrer autoritären Erziehung wesentlich stärker auf sie ein.
Die wesentlichen Begegnungen in Wedekinds Tragödie betreffen die Jugendlichen, die schließlich zu engen Freunden werden. Andere erwähnenswerte Begegnungen finden jedoch nicht statt.
Verletzungen treten in ganz erheblichem Maße auf. So kann Melchior nur enttäuscht sein, nachdem er von zu Hause "abgeschoben" wurde und seine Mutter seinen Vater nicht überzeugen konnte.
Um schlussendlich auf meine eigenen Einsichten zu sprechen zu kommen, so muss ich sagen, dass "Frühlings Erwachen" erst einmal unserer Epoche fern und seine Aktualität im Grunde verloren zu haben scheint.
Die autoritäre Erziehung spielt seit den 60er Jahren nicht mehr diese Rolle.
Erzieherische Grundsätze wurden zwar nicht so übernommen wie sie beispielsweise im Sumerhillpojekt vorgelebt wurden ,doch sind wir weit entfernt von Zuständen wie sie in der Wilhelminischen Zeit vorherrschten.
Nein ,ich halte zwei andere Punkte für viel aktueller. So hat sich zwar auch in der Sexualerziehung einiges getan ,doch kommt es immer noch in nicht geringem Maße vor ,dass Erwachsene mit ihren Kindern über das Thema der Sexualität nicht sprechen können und dieses lieber umgehen. Komisch eigentlich, da gerade unsere Epoche, so freizügig ist wie keine vor ihr. Ich wage jedoch zu behaupten, dass sich dieses Problem kaum geändert hat.
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