Interpretation und analyse der vierten und fünften strophe des gedichtes "nebelland" von ingeborg bachmann
Interpretation und Analyse der vierten und fünften Strophe des Gedichtes "Nebelland" von Ingeborg Bachmann
In der vierten und fünften Strophe ist eine deutliche Veränderung zu erkennen. Das wird gleich an der ersten Zeile der vierten Strophe bewusst, da nun nicht mehr wie in den vorigen drei Strophen der einleitende Satz "Im Winter ist meine Geliebte" steht.
In der ersten Zeile steht "Und wieder vom Jagdruf des Vogels getroffen", die Zeile ist sehr bildlich beschrieben und man assoziiert den Vogel gleich mit einem großem, prachtvollem Vogel, wie z.B. einem Falken. Mit dem Jagdruf könnte die wiederkehrende Kraft des Lyrischen Ichs gemeint sein.
Es hat viele Enttäuschungen von seiner Geliebten hinnehmen müssen, wurde immer wieder betrogen. Doch nun verspürt das Lyrische Ich einen Drang sich von den Enttäuschungen loszureißen und seine Geliebte endlich zu erobern. Nach dem Lesen dieser Strophe wird dem Leser jedoch bewusst, dass es mehr eine Last ist, denn jedes Mal wenn das Lyrische Ich wieder Hoffnung gewinnt, wird er immer erneut von seiner Geliebten verletzt. Erst fühlt sich das Lyrische Ich sehr stark, da es neuen Mut gewonnen hat. Das wird durch die zweite und dritte Zeile deutlich ".der seine Schwingen über mir steift", dadurch wird deutlich, dass das Lyrische Ich sich nun stark und geschützt fühlt, so als könnte ihn die Geliebte nicht mehr zurückweisen. Doch die Hoffnung zerschlägt sich am Ende der dritten und vierten Zeile "stürz ich auf offenem Feld".
Schon mit der Verkürzung "stürz" merkt man, wie schnell und unerwartet der erneute Fall des Lyrischen Ichs eintrat. Als Ort für den Sturz wird ein offenes Feld betitelt, dies zeigt eindeutlich die Einsamkeit des Lyrischen Ichs. Es ist immer allein und seine einzige Hoffnung besteht darin, seine Geliebte endlich zu erobern. Für eine kurze Zeit fasste es wieder Hoffnung und stürzte ein weiters Mal zurück in die Einsamkeit. Das lässt darauf schließen, dass ihn seine Geliebte schon wieder zurückwies. In Zeile 4, 5 wird an dem Satz "Sie entfiedert die Hühner und wirft mir ein weißes Schlüsselbein zu" deutlich, dass es nicht nur dem Lyrischen Ich so geht.
Mit den Hühnern sind Menschen gemeint die genauso wie das Lyrische Ich unter der Geliebten gelitten haben. Menschen die auf der Suche nach Zärtlichkeit und Liebe waren und von der Geliebten zurückgestoßen und missachtet wurden. Das Schlüsselbein ist ein Symbol, es soll zeigen dass die Geliebte es ganz offen zeit, wenn sie z.B. mit anderen Männern flirtet. Sie zeigt es dem Lyrischen Ich ganz offen und provokant, doch der schafft es nicht sich von ihr loszureißen.
Dieses wird mit dem Satz "Ich nehm's um den Hals" gezeigt. Das Lyrische Ich ist sich sehr wohl bewusst, was die Geliebte ihm antut. Und so trägt er das Gesehene und Geschehene um den Hals, also in Herzensnähe, was wiederum zeigt wie nahe dem Lyrischen Ich die verletzenden Handlungen seiner Geliebten gehen. Bei dem Satz "und geh fort durch den bitteren Flaum" spürt man regelrecht die Enttäuschung und Verzweifelung des Lyrischen Ichs. Im Gegensatz dazu steht jedoch der Flaum. Normalerweise ist dieser das erste Gefieder junger Vögel.
Damit soll ausgedrückt werden, dass es nicht immer nur schlecht mit der Geliebten ist. Es gab durchaus schöne Momente doch nun ist wieder ein Zeitpunkt, an dem das Lyrische Ich einfach nicht loslassen kann. Er weiß, dass er ein bitteres Los gezogen hat und trotzdem kann das Lyrische Ich die Geliebte nicht einfach vergessen, da sie ihm auch schöne Zeiten beschert hat.
In der fünften Strophe spürt man das erste Mal die Verbitterung und Verzweifelung des Lyrischen Ichs( Treulos ist meine Geliebte). Das Lyrische Ich sieht nun endlich ein, dass egal wie schwer es ihm auch fallen mag von der Geliebten abzulassen, es keinen anderen Ausweg gibt als sie zu vergessen. In den nächsten Zeilen versucht das Lyrische Ich seine Entscheidung mit negativen Aussagen über sie zu untermauern.
Es wird beschrieben, wie die Geliebte auf hohen Schuhen in die Stadt schwebt, dieser Satz zeigt, dass die Geliebte sehr anmutig und weiblich ist. Denn sie geht nicht einfach in die Stadt, sie schwebt. Diese Aussage erweckt im Auge des Lesers ein sehr graziles Bild von der Geliebten. Nun erwähnt das Lyrische Ich eine weiter negative Eigenschaft seiner Geliebten, sie trinkt(sie küßt in den Bars mit dem Strohhalm die Gläser tief auf den Mund). Es wird wieder ein sehr feminines Bild von der Geliebten gezeigt, das dann jedoch von der Aussage dass sie Alkohol trinkt, getrübt wird. Sie gibt sich also einem Rausch hin, vielleicht sogar um der Trostlosigkeit ihres eigenen Lebens zu entfliehen und um ihre Schuldgefühle zu tilgen.
Die letzten beiden Zeilen der fünften Strophe zeigen, dass die Geliebte mit allen redet, für alle Worte übrig hat, außer für das Lyrische Ich. Die Aussage "Doch diese Sprache verstehe ich nicht.", dass die Geliebte zwar mit vielen Leuten spricht, jedoch aber nie wirklich. Jedes Gespräch basiert nur auf einer oberflächlichen Basis. Die Geliebte hat wahrscheinlich ihre Sensibilität verloren und kann ihr Gegenüber nun nicht mehr verstehen. Ihre ganze Art und Weise veranschaulicht, dass sie sich nur damit beschäftigt mit möglichst vielen Menschen zu reden und von ihnen umgeben zu sein, ohne dass sie einen von ihnen wirklich kennt.
Das Lyrische Ich kommt sich deswegen wie in einem Nebelland vor. Es fühlt sich einsam und verlassen. Das Lyrische Ich ist von dieser Welt irritiert, er empfindet wahre Gefühle, Liebe und Zuneigung für jemanden, die jedoch nicht erwidert werden. Ganz im Gegenteil, er wird nur noch mehr verspottet und bloßgestellt.
Die Letzten beiden Zeilen des Gedichts sind eine Art Resumé des Lyrischen Ichs. Es sagt: "Nebelland hab ich gesehen.
Nebelherz hab ich gegessen", das zeigt, dass sich das Lyrische Ich genauestens über die heutige Gesellschaft bewusst ist, denn er hat die Handlungsweise am eigenen Leib erfahren müssen. Das Nebelland ist ein Ort der Verworrenheit und Schnelllebigkeit, und für einen aufrichtigen Menschen, wie das Lyrische ich, ein Ort tiefster Einsamkeit und Verzweifelung. Er hatte bis vor kurzem die Hoffnung darauf, dass sich seine Geliebte ändert nicht aufgegeben, er hatte an das Gute im Menschen geglaubt, und wurde in seiner aufrichtigen Liebe immer und immer wieder enttäuscht. Das hat ihm die Augen geöffnet, das Lyrische ich erkennt nämlich nun das wahre Gesicht der Gesellschaft, hier als Nebelland dargestellt. Die meisten Menschen sind nicht mehr im Stande echte Gefühle zu empfinden, da ihr Blick durch rationales Denken und Oberflächlichkeit vernebelt wurde. Für das Lyrische Ich sind materielle Dinge nicht von Bedeutung, wie jedoch für die meisten Menschen des Nebellandes, es erkennt das sein Wunsch nach Liebe und Geborgenheit wohl nicht in Erfüllung gehen wird und das betrübt ihn zutiefst.
Die meisten Menschen, genau wie seine Geliebte, springen mit den Gefühlen von Mitmenschen nur noch zu ihrem eigenen Vorteil um, grade so wie es ihnen gefällt und passt. Dadurch entwickeln sie eine Abgestumpftheit und Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen ihren Mitmenschen. Das Lyrische Ich hat das erkannt und endlich begriffen, dass er sich von seiner Geliebten trennen muss, da es nicht so ignorant und gefühlsfremd enden wollte.
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