Mutter courage und ihre kinder
Eine Chronik aus dem
Dreißigjährigen Krieg, geschrieben 1939
Uraufführung: 19. April 1941
in Zürich
Inhaltsangabe
Anna Fierling, auch Mutter Courage genannt,
zieht mit ihrem Marktwagen, ihren beiden Söhnen, dem mutigen Eilif, dem ehrlichen, aber
dummen Schweizerkas und ihrer stummen Tochter Kattrin durch die Lande.
In Südschweden wird Eilif von einem
Feldwebel für den Krieg geworben. Die sehr pessimistisch eingestellte Mutter Courage sagt
dem Feldwebel den Tod voraus, aber auch, daß ihre eigenen Kinder den Tod finden werden.
Zwei Jahre später sieht sie ihren Sohn Eilif als Held in Polen wieder. Seine Heldentat,
er hat einem Bauern das Vieh gestohlen, quittiert sie mit einer Ohrfeige.
Gemeinsam mit
einem finnischen Regiment gerät Mutter Courage in Gefangenschaft der Katholiken. Als
Schweizerkas die Regimentskasse in Sicherheit bringen will, wird er ertappt und vor dem
Feldgericht verurteilt. Um ihn auslösen zu können, verpfändet Mutter Courage ihren
Wagen, doch sie feilscht so lange, bis Schweizerkas erschossen wird. Als ihre Waren
mutwillig zerstört werden, möchte sie sich beim Rittmeister beschweren, doch sie besinnt
sich, denn es ist ihrer Meinung nach besser, im Krieg Handel zu treiben, als Gerechtigkeit
zu suchen. Ein protestantischer Feldprediger hilft ihr, sich dem katholischen Heer
anzuschließen. Aufgrund eines Überfalls auf Kattrin, wechselt Mutter Courage die Front.
Eilif wird zum Tode verurteilt weil er eine Bauersfrau umgebracht hat. Vier Jahre
vergehen. Kattrin belauscht das Gespräch einiger kaiserlicher Soldaten, die die Stadt
Halle stürmen wollen und steigt auf das Dach des Hauses um die Bewohner zu warnen. Es
gelingt ihr auch, doch sie wird von einem Soldaten erschossen. Mutter Courage zieht mit
ihrem Wagen allein weiter. Sie hat alle drei Kinder verloren und nichts aus dem Krieg
gelernt.
Interpretation
Brecht hat mit wenigen Korrekturen, das
Bild der Courage als einer "Hyäne des Schlachtfelds" schärfer
herausgearbeitet. Dazu trägt vor allem der Schlußsatz der Mutter Courage bei: "Ich
muß wieder in den Handel kommen". Sie hat nichts gelernt. Courage die in und mit
dem Krieg Geschäfte macht, ist der Zusammen zwischen Krieg und Geschäft im Grunde nie
aufgegangen. Auf den immer wieder erhobenen Vorwurf, die Uneinsichtigkeit der Mutter
Courage könnte der Wirkung des Stückes schaden, hat Brecht geantwortet "es komme
ihm nicht darauf an, die Figur am Ende sehend zu machen, sondern das Publikum solle sehend
werden". Mutter Courages besondere Fähigkeiten, ihr Behauptungswille und
praktischer Sinn in heiklen Situationen sind zugleich ihre Verdammnis.
Nach Brechts
Aussagen sollte dadurch sichtbar gemacht werden, "daß hier ein entsetzlicher
Widerspruch bestand, der einen Menschen vernichtete, ein Widerspruch, der gelöst werden
konnte, aber nur von der Gesellschaft selbst". Mit der Tragik der Courage
verweist Brecht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse: Die Marketanderin verliert ihre
Kinder durch den Krieg, den sie selbst fördert und den sie nicht abgeschafft haben will.
Auch durch die anderen Hauptfiguren macht Brecht eine gesellschaftliche Problematik
transparent. Alle drei Kinder gehen an ihren Tugenden zugrunde: Eilif an seinem Mut und
seiner Kühnheit, Schweizerkas an seiner Ehrlichkeit und Kattrin an ihrer Kinderliebe und
ihrem Mitleid. Der Krieg fördert ihre Tugend und führt sie so in den Tod. In
"Mutter Courage und ihre Kinder" und auch in dem im selben Jahr entstandenen
"Leben des Galilei" verwendet Brecht weder ein didaktisches Verhaltensmodell,
wie in seinen Lehrstücken, noch ein dramatisch entwickeltes Gleichnis wie in seinen
Parabelstücken.
Vielmehr versucht Brecht in seinen "realistischen" Dramen
historisches Geschehen als gesellschaftlich bedingtes, von der Gesellschaft gemachtes und
daher veränderbares sichtbar gemacht
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