Schach von wuthenow
Schach von Wuthenow
Theodor Fontane Biographie:
Am 30.12.1819 wurde Henri Théodore Fontane, Kind von Louis Henri Fontane und Emilie Labry, in Neuruppin geboren. Obwohl beide Eltern aus französischen Familien stammten, hatte er kein gutes Verhältnis zu der immerhin recht großen französischen Gemeinde in Berlin. Seine Kindheit verbrachte er bis zum Juni 1827 in Neuruppin. Nach dem Umzug bekam Theodor Fontane von seinen Eltern Privatunterricht, bis er Ostern 1832 das Elternhaus verließ und von nun an das Gymnasium in Neuruppin besuchte.
Zum 1.10.1833 wechselte er an die Friedrich-Werdersche-Gewerbeschule in Berlin und vollendete hier seine Schulzeit. 1840 veröffentlichte er Gedichte im "Berliner Figaro". Am 8.12.
1845 verlobte er sich mit Emilie Rouanet-Kummer.1850 erfolgte seine Heirat mit Emilie und schon ein Jahr später wurde ihr erster Sohn, George Emile, geboren. Für mehrere Jahre zog er nach London und arbeitete dort als halbamtlicher Presse- Agent. Am 3.11.1856 wurde sein Sohn Theodor geboren und erst 1857 kam seine Frau mit den Kindern nach London nach.
Er zog nach Berlinund trat 1860 in die Redaktion der regierungsnahen "Kreuzzeitung" ein und erlebte am 21.3. die Geburt seiner Tochter Martha. Vier Jahre später, am 5.2.1864, wurde sein Sohn Friedrich geboren.
Hier nun eine Auswahl seiner Werke: Jenseits des Tweed, 1860; Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1862, bis 1882 vier Bände; Kriegsgefangen, 1871; Vor dem Sturm. Roman aus dem Winter 1812 auf 13, 1878; Grete Minde, 1880; Ellernklipp, 1881; L'Adultera, 1882; Schach von Wuthenow, 1883; Unterm Birnbaum, 1885; Cécile, 1887; Irrungen, Wirrungen, 1888; Quitt, 1891; Frau Jenny Treibel oder "Wo sich Herz zum Herzen find't", 1893; Meine Kinderjahre, 1894; Effi Briest, Die Poggenpuhls, 1896; Der Stechlin, 1897
Personen:
Schach von Wuthenow
Victoire von Carayon
Frau von Carayon, Mutter von Victoire
Inhalt:
Berlin im Jahre 1806: Der Rittmeister Schach von Wuthenow verkehrt seit längerem im Hause der Witwe Carayon und ihrer Tochter Victoire. Bei einer Landpartie verliebt sich Victoire in Schach, glaubt jedoch, da sie durch Blatternarben entstellt ist, keine Chance bei dem schönen und eitlen Offizier zu haben.
Eines Tages trifft Schach sie bei einem Besuch allein zu Hause an. Victoire ist fiebrig und erregt, Schach läßt sich hinreißen und es kommt zu einer flüchtigen sexuellen Vereinigung. In der folgenden Zeit vermeidet Schach eine neue Begegnung.
Als Victoire ihrer Mutter ihre Schwangerschaft eingesteht, fordert diese Schach unmißverständlich auf, ihre Tochter zu heiraten. Schach ist von dieser Zukunftsperspektive zutiefst erschrocken, weil er seinen gesamten Lebensplan dadurch umgestoßen sieht. Doch er entschließt sich, die Konsequenzen seines Fehltritts auf sich zu nehmen, und verspricht die Heirat.
Kurz darauf bekommt Schach in einem anonymen Brief Karikaturen zugeschickt, die er auch bald in einem Schaufenster sieht. Sie stellen in boshafter Überzeichnung sein Verhältnis zu Victoire dar. Schach empfindet den Angriff als derart unerträglich, daß er Berlin verläßt und sich auf sein Landgut zurückzieht.
Dort faßt er nach einigem Schwanken den Entschluß, die Ehe um jeden Preis zu vermeiden.
Frau von Carayon ist über den Rückzug Schachs empört und interveniert beim König, der ihrer Bitte entspricht und Schach ultimativ an seine Pflicht erinnert. Schach, der inzwischen entschlossen ist, sich der Situation durch Suizid zu entziehen, entschuldigt sich bei den Carayons und bekundet seine Bereitschaft zur Heirat. Das Hochzeitsfest verläuft scheinbar fröhlich und unbeschwert. Nach seinem Abschied von Victoire erschießt sich Schach in seiner Kutsche.
Ein knappes Jahr später schreibt Victoire von Carayon aus Rom an ihre Freundin Lisette einen Brief, in dem sie ein wohlwollendes Urteil über Schachs Persönlichkeit fällt.
Sie berichtet, daß ihr Kind krank gewesen und, wie sie glaubt, durch die Hilfe einer Bambino-Figur gerettet worden sei, die im (katholischen) Gotteshaus Araceli kultische Verehrung genießt. Victoire ist glücklich und von tiefer Dankbarkeit erfüllt.
Person:
Schach hängt eigentümlichen, unzeitgemäßen Idealen nach: er bewundert die Templeritter und hätte gerne als ein solcher gelebt und wäre auch gerne so gestorben. Er is ausserdem abhängig von seiner Eitelkeit und dem Gerede der Leute. Leseprobe: Es wird klar, dass er nicht mit der durch Blattnarben entstellten Victoire Arm in Arm gesehen werden will. Victoire wir gleich nach dem Erwachen ihrer Gefühle von Schach verletzt und gedemütigt.
Über den Roman:
Altdeutsche Sprache.
Wie die meisten Romane und Erzählungen Theodor Fontanes beruht auch Schach von Wuthenow auf einer wahren Begebenheit, die vom Autor allerdings stark verändert und völlig seinen künstlerischen Absichten untergeordnet wurde. Fontane hörte vermutlich im Jahre 1862 zum ersten Mal von der Geschichte des Majors Otto Friedrich Ludwig von Schack, der sich 1815 zur Behebung seiner Finanznöte, zur Heirat mit Victoire von Crayen entschloß. Major von Schack war ein leichtsinniger Lebemann und bekannter Frauenheld, Victoire von Crayen ein gebildetes und feinfühliges, doch leider nicht sehr schönes Mädchen. Noch bevor es zur Verlobung kam, brachte sich Major von Schack um, da er den Spott seiner Kameraden fürchtete.
Fontane hat daraus eine Erzählung gemacht, die mit den tatsächlichen Ereignissen wenig zu tun hat.
Zunächst einmal hat er sie in eine andere Zeit verlagert: Die Handlung spielt im Jahre 1806, genauer gesagt beginnt sie Ende April 1806 und endet Mitte September desselben Jahres; den Abschluß bilden zwei Briefe, von denen der erste unmittelbar nach Schachs Tod verfaßt ist, der zweite ein knappes Jahr später.
Problematik:
In der Erzählung "Schach von Wuthenow" von Theodor Fontane sind zwei Arten von Konzepten verwirklicht. Erstens geht es um die Person des Schachs und zweitens wird die Gesellschaft Preußens in dieser Zeit kritisiert. Die Person des Schach steht vor der Entscheidung, so zu handeln, wie es Pflicht und Ehre, also die Gesellschaft von ihm verlangt - sie verlangt von ihm die Heirat mit Victoire - oder so zu handeln, wie er es für richtig hält, wie es seiner individuellen Natur entspricht. Im Endeffekt handelt er so, wie es die Gesellschaft und auch der König, als höchste gesellschaftliche Instanz, von ihm erwarten, wie es ihm Pflicht und Ehre vorschreiben, kommt damit aber nicht zurecht. Die Unvereinbarkeit von gesellschaftlichem Zwang, der darin besteht, zu der einmal gezeigten Zuneigung zu Victoire zu stehen, und eigener Eitelkeit und eigener Abhängigkeit vom Urteil anderer, die es ihm verbietet die 'häßliche' Victoire zu heiraten, führt schließlich zu seinem Selbstmord.
Er schafft es einfach nicht, aus dem Kreis der Gesellschaft auszubrechen. Deutlich wird dies, als er in Wuthenow im Kreis geht, und er vor sich hinmurmelt: "Könnt' ich heraus!" (32). Die Kritik an der Gesellschaft besteht damit darin, daß sie einen solchen "Kultus einer falschen Ehre" (33) fördert und unterstützt. Ehre würde mit dem Satz 'das, was die Gesellschaft von mir verlangt' gleichgesetzt werden, was aber nicht die eigentliche Definition von Ehre sei. Es hätte ein Wandel des Wertes Ehre stattgefunden, der nicht zu begrüßen sei und der sich negativ auf das Bestehen des preußischen Staates auswirken könne. Die Mitglieder der Gesellschaft, und damit die Gesellschaft als Ganzes, wären zu oberflächlich.
Solch eine Gesellschaftsordnung der Oberflächlichkeit, solch eine Welt des Scheins, - bedingt durch diese falsche Ehre - führe zum Untergang des Preußischen Staates, da sich diese Welt des Scheins ja auch in einer maßlosen Selbstüberschätzung der militärischen Macht Preußens zeigt. Die drei Glaubensartikel Schachs aus dem dritten Artikel verdeutlichen dieses fast unendlich große Vertrauen in die preußische Armee recht eindrücklich. Neben der Problematik des Handelns als freier oder als von der Gesellschaft geprägter Mensch ist im "Schach von Wuthenow" also noch eine zeitkritische Komponente enthalten, was durch die Einbindung eines geschichtlichen Hintergrundes in die Handlung erreicht wird. Ein weiterer Kritikpunkt ist das unmögliche Benehmen des Regiments Gensdarmes. Es sollte lieber mehr Zeit für die Erhaltung seiner militärischen Stärke verwenden, als sich in überheblichster Weise durch irgendwelche derben Späße in einen eher zweifelhaften Ruf bringen zu wollen.
Das eigentliche Thema der Erzählung Schach von Wuthenow ist also die Würde und der Konflikt, der entsteht, wenn ein Mann seine Würde von der Lächerlichkeit bedroht sieht.
Die zentrale Frage, um die der Text kreist, lautet: Ist diese Würde, die so sehr auf Äußerlichkeiten, auf Rang, Orden und schönes Äußeres bedacht ist, bloß Eitelkeit, ein hohles Fixiertsein auf den äußeren Schein? Die Antwort lautet: Nein, nicht in jedem Fall.
Die Erzählung Schach von Wuthenow endet nicht mit einem Untergang, sie endet mit einem Neuanfang.
Anmerkungen: |
| impressum | datenschutz
© Copyright Artikelpedia.com