Alternative landwirtschaft
Alternative Landwirtschaft
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts betrieben die Landwirte den Ackerbau ohne auf die Bodenbeständigkeit zu achten. Man benutzte üblicherweise für den Boden schädlichen Dünger und Insektenvernichter. Durch die Globalisierung wurde weltweit noch mehr Ackerbau betrieben. Es wurden zahlreiche Wälder gerodet und Felder bewirtschaftet. Dadurch nahm die Bodenqualität und Regenerationsfähigkeit immer mehr ab.
Um das Ernteniveau trotzdem genauso zu erhalten, wurde immer mehr Kunstdünger verwendet, doch dies förderte die Zerstörung des Bodens noch mehr. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts bemerkten die Landwirte allmählich, dass sie so nicht weiter den Boden bewirtschaften können, sie suchten nach Alternativen zu Kunstdünger und Insektenvernichter. Sie wollten den Boden nahrhaft und langlebig erhalten und zudem das Pflanzenwachstum fördern. Dabei stießen sie auf mehrere Möglichkeiten. Eine davon war die Betreibung des Bodens durch kosmische Begebenheiten gemäß der Anthroposophielehre von Rudolf Steiner.
"Anthroposophie ist", so erklärte es Rudolf Steiner (1861-1925), "ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltall führen möchte". Sie setzt an der Erfahrung an, dass es neben der äußeren, sinnlich wahrnehmbaren Welt eine übersinnliche, geistige Welt gibt, die mit der Sinneswelt in enger Verbindung steht und ihre Erscheinungen (zum Beispiel die Erde und ihre Lebewesen) lenkt und prägt. Diese Erkenntnis führt zur Bewusstseinserweiterung, da der Mensch die Natur den Kosmos und die Welt mit ganz neuen Augen wahrnimmt. Wie Rudolf Steiner kamen auch andere Forscher und Philosophen wie Fichte, Hegel, Nietzsche und Kant unabhängig von Rudolf Steiner auf die Idee der Anthroposophie. Ziel ist praktische Anwendung spiritueller Erfahrungen auf das alltägliche Leben. Steiner hat, teilweise mit anderen Menschen zusammen, für verschiedene Lebensgebiete Ideen ausgearbeitet, um besser mit der Natur umgehen zu können, beispielsweise in den Bereichen Medizin, Landwirtschaft und Pädagogik.
Dadurch empfahl er unter anderem die Kupferchlorid-Kristallisation nach Pfeiffer, um den Bodenqualität zu überprüfen, welche wie folgt funktioniert: Ein wässeriger Extrakt aus dem Untersuchungsgut wird mit einer Kupferchloridlösung und Wasser vermischt. Davon wird eine standardisierte Menge in eine Kristallisierschale gegeben und bei konstanter Temperatur und Feuchtigkeit erschütterungsfrei in eine Klimakammer gestellt. Die Lösung kristallisiert langsam aus. Auf dem Boden der Kristallisierschale entsteht als Ergebnis dieses Vorganges je nach verwendetem Lösungsmittel ein Kristallbild. "Bei der Landwirtschaft kommt es", so Steiner, "nicht bloß darauf an, dass man die einzelnen Ackerpflanzen in ihren engen Grenzen beschreiben kann, sondern darauf, dass man das ganze Umfeld berücksichtigt, in dem sie wachsen. Der ganze biologische Landbau beruht nun darauf, dass man die kosmischen Einflüsse bei dem Pflanzenwachstum berücksichtigt und damit bessere Vorraussetzungen für den Ackerbau schafft.
Man legte mehr Wert auf die Ernährung des Bodens anstatt der Pflanze. Kompostierung mit Kräuterpräparaten, die Aussäung nach den kosmischen Begebenheiten und die Aktivierung der Lichtkräfte durch homöopathische Mittel bildeten so die wichtigsten Punkte der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Man testete neuen Düngerzusatz wie Mehlsand, Heu, Streu, Holzasche, Sägespänen, Rinden, Waschwasser von Schafswolle, Federn, Haare und als Spezialdünger Knochenmehl. Alle diese Zusätze stammen aus der Natur und sind daher nicht schädlich. Steiners Vorträge berücksichtigten neben der Thematik der Humusbildung, der Mineralien und der Flora und Fauna den Einfluss der Sternenkonstellation und er ging selbst von den Einflusssphären kosmischer und terrestrischer Kräfte als Basis für den modernen Landbau aus. Zudem lehrte er die Emanzipation des menschlichen und tierischen Lebens von der äußeren Welt.
Aus der Lehre der Anthroposophie wurde der "Landwirtschaftliche Versuchsring der Anthroposophischen Gesellschaft" gegründet. 1927 entstand die "Verwertungsgenossenschaft für Produkte der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsmethode", die seit 1928 unter dem Namen "Demeter" bekannt wurde. Vier Jahre später wurde dieser Name patentiert, welcher seit diesem Zeitpunkt als Synonym für "Biologisch-Dynamisch" gilt. 1931 wurden bereits über 1000 Höfe biologisch-dynamisch bewirtschaftet. Die Ziele von Demeter sind: Produktion von Qualitätserzeugnissen, ökonomische Unabhängigkeit der Landwirtschaft, Ablösung des Einzelhandels durch das Kommissionsprinzip, plangerechtes und auf Perspektive bedarfsgerechtes Wirtschaften und sinnvolle Verbindung zwischen Land und Stadt. Durch den Demeter-Wirtschaftsbund verbreitet sich die biologisch-dynamische Landwirtschaft bis nach Österreich.
Die NS-Ära verbot ab 1935 die "Anthroposophische Gesellschaft" und verfolgte die hergestellten Produkte dieser Gesellschaften, um sie auf dem Markt zu verbieten. 1946 entstand der "Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise", der, geführt von Ehrenfried Pfeiffer (1899 - 1961), der zusammen mit Lili Kolisko die Kupferchlorid-Kristallisation erfand, und dem ostpreußischen Arzt und Mikrobiologen Dozent Dr. Hans Peter Rusch (1906 - 1977), entscheidend bei der theoretischen und praktischen Entwicklung der biologisch-dynamischen Landwirtschaft mitwirkte. In diesem Jahr wurde auch durch die Vierteljahreszeitschrift "Kultur und Politik" die organisch-biologische Landwirtschaft öffentlich bekannt gemacht, außerdem entstand unter der Initiative der Verwertungsgenossenschaft "Heimat", die sich heute "Bio-Gemüse AVG" nennt, ein Vermarktungssystem biologischer Agrarprodukte. Aus der 1959 gegründeten "Bäuerlichen Arbeitsgemeinschaft im Österreichischen Wandervogel" entstand im Jahre 1960 entstand die "Förderungsgemeinschaft für bäuerliche Siedlung" und 1962 die "Förderungsgemeinschaft für gesundes Bauerntum", bei denen sich Bauern, Landwirte und Konsumenten als Vereinigung zusammen schlossen. Durch die Gründung solcher Gemeinschaften begann eine durch modernes Management gekennzeichnete Ära.
Drei Jahre später, 1965, wurde der "Demeter-Bund" neu begründet, 1969 erschien daraufhin der "Österreichische Demeter-Bund" und wurde publik gemacht. Partner von Demeter waren Vereine der Gesundheitspflege, das Reformhausnetz und anthroposophische Gesellschaften. Seit den 80er Jahren wird die biologische Landwirtschaft zu einem anerkannten Wirtschaftsfaktor erklärt, so beinhaltet sogar das Umweltprogramm der Deutschen Bundesregierung von 1971 die Forschung nach biologisch-dynamischer Anbauweise. 10 Jahre später entstand in Kassel der weltweit erste öffentliche Unterricht über ökologischen Landbau. Die Produkte dieses Landbaus wurden daraufhin sogar in den Lebensmittelkodices anerkannt, in Österreich sogar noch ein Jahr früher. Europaweit dominierten seitdem der biologisch-dynamische Landbau in West-, Mittel- und Nordeuropa, der organisch-biologisch Landbau in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, den Niederlanden und Belgien.
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