1. Kapitel
AufklärungAufklärung (1720-1785)
Begriff
Allgemein die im 16. Jh. einsetzende, im 18. Jh. vorherrschende gesamteuropäische Bewegung des Rationalismus, der Emanzipation des Denkens von kirchlich-dogmatischer Bevormundung (Primat der Vernunft).
Als Dichtung der Aufklärung gilt die Anwendung dieser Ideen auf die Literatur im Zeitraum 1720-1785; zunächst geprägt von J. Chr. Gottsched, danach von G. E. Lessing. Umfassende geistig-literarische Erneuerungsbewegung, in die Empfindsamkeit sowie Sturm und Drang eingelagert sind.
Philosophischer Hintergrund
Die Aufklärung vollendet die Bemühungen seit Ende des Mittelalters, den Menschen aus jenseitig-irrationalen Bindungen zu lösen und diesseits zu orientieren. Folgende Philosophen haben zur geistigen Emanzipation beigetragen:
René Descartes (1596-1650), Begründer des Rationalismus: Glauben an die Erklärbarkeit aller Dinge ("Ich denke, also bin ich"). Der Verstand wird zur einzigen Erkenntnisquelle.
Hugo Grotius (1583-1645), Begründer des Naturrechts, Forderung nach religiöser Toleranz.
Thomas Hobbes (1588-1679), mechanistisches Weltbild: Universum und Mensch als Uhrwerk. „Leviathan“: staatsphilosophisches Werk.
Staat als irdischer Gott, durch Gesellschaftsvertrag ist ihm alle Macht übertragen. Hobbes wird zum rationalistischen Theoretiker der Monarchie.
John Locke (1632-1704), Begründer des Empirismus.
Baruch Spinoza (1632-1677): Es gibt nur eine Substanz, die Ursache ihrer selbst ist: deus sive natura - Gott und Natur zugleich.
Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716). Er sieht die Welt als Uhrwerk, sie ist in von Gott prästabilierter Harmonie eingerichtet.
Sprache: fordert die Rückkehr zum Deutschen. Die Sprache ist der „Spiegel des Verstandes“.
Christian Thomasius (1655-1728), Begründer der pietistisch-rationalistischen Theologie des 18. Jahrhunderts. Verflachte die aufklärerischen Gedanken von Leibniz zu einer auf „Nützlichkeit und Besserung“ abzielenden Verstandeskultur.
Christian Wolff (1679-1754), völliges Vertrauen in die Macht der Vernunft.
Dieser Aufbruch auf allen Gebieten der Erkenntnistheorie, Wissenschaft, Religion und Staatslehre mündet in die Philosophie Immanuel Kants (1724-1804), der aus dem Aufklärungsdenken seine Pflichtethik entwickelt, den kategorischen Imperativ: "Handle so, daß die Maxime deines Willens zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung dienen kann."
Historischer Hintergrund
Nach dem 30jährigen Krieg herrscht zunächst eine scheinbar dauerhafte europäische Ordnung: Absolutismus auf dem Kontinent, parlamentarische Monarchie in England. Tiefes Friedensbedürfnis (Abbé Saint-Pierre: Abschaffung des Krieges, ewiger Friede). Die Höfe der Landesfürsten sind Kulturzentren.
Gegen Diplomatie und Kabinettspolitik, Despotismus und Intrige wachsen Selbstbewußtsein und Ehrgefühl des Bürgers. Forderung nach unabhängiger Justiz, Milderung der Strafen, Schutz vor fürstlicher Willkür.
Dem Ideal des aufgeklärten Absolutismus (Friedrich der Große: erster Diener des Staates) entspricht die praktische Politik (Staatsraison) kaum.
1713-1740
1740-1786
1740-1745
Preußen:
Wilhelm I
Friedrich der Große v. Preußen
Schlesische Kriege
1715-1774
1774-1792
Frankreich:
Ludwig XV
Ludwig XVI
1711-1740
1742-1745
1745-1765
1765-1790
Österreich:
Karl VI
Karl VII
Franz I (Gemahl v. Maria Theresia)
Joseph II (ab 1763 Mitregent M.Ther.)
1756-1763
Siebenjähriger Krieg
Maria Theresia: Österr.
Erbfolgekriege. Friedrich II v. Preußen gewinnt Schlesien. Preußen wird Großmacht
1775-1783
Nordamerikanischer Unabhängigkeitskrieg gegen England
4.7.1776
Unabhängigkeitserklärung der nordamerikanischen Kolonien
Tendenzen
Der dreifachen Zersplitterung (konfessionell, sozial, national) werden als geistig einigende Gedanken entgegengesetzt: religiöse Toleranz, Gleichheit der Menschen von Natur aus, Weltbürgertum als Überwindung rassischer und nationaler Schranken.
Ziel: allseitige selbständige Entwicklung des Geistes.
Naturwissenschaftliche Erkenntnis gegen kirchliche Dogmen. Deismus als philosophisch-moralische Religion. Bestimmung des Menschen: Einsicht in die Herrschaft der Vernunft -> Beförderung der Tugend, Beseitigung der aus Unkenntnis entstandenen Mißstände. Daher Optimismus, Verständnis der Welt als "der besten aller Welten" (Leibniz), bewußt gesetzt gegen "das irdische Jammertal" des Mittelalters, Glaube an Erziehung und Belehrbarkeit; s. auch moralische Zeitschriften zur Belehrung der Leser.
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