Renaissance, humanismus, reformation
Das Hochmittelalter
(etwa 1170 bis 1230)
Die Zeit ist von einer Dreiständegesellschaft gekennzeichnet:
Bauern: Freie Bauern (Tirol, Schweiz), Zinsleute (persönlich frei, hatten Abgaben zu entrichten), Hörige (mussten Frondienste und Abgaben leisten) und Leibeigene (Eigentum des Herrn). Die Bauern konnten sich der Abhängigkeit nur durch Flucht in die Städte entziehen, wo sie sich ihren Unterhalt mit der Ausübung eines Handwerks verdienen mussten à neue Schicht: Die Bürger. Neben dem Handwerk entwickelte sich der Handel.
Geistlichkeit: Mönche und Weltgeistliche. Eine eigene Gruppe bildeten abgesprungene Theologen, die als "Vaganten" zu Trägern einer Literaturform wurden.
Ritter: Galten grundsätzlich als gleich, es gab jedoch große soziale Unterschiede.
Die unterste Stufe bildeten die Ministeriale, die Reiterdienst versahen und unbemittelt waren (Dienstadel). Viele Dichter stammten aus Ministerialfamilien. Der Ritter wurde einer strengen Ausbildung unterzogen: Zuerst wurde er als Page von Frauen an einem fremden Hof erzogen (auch hinsichtlich höfischem Benehmen und Musik), danach wurde er als Knappe militärisch ausgebildet und schließlich bei der Schwertleite zum Ritter geschlagen. Die wirtschaftliche Lebensgrundlage des Ritters war Land, das persönliches Eigentum oder Lehen ein konnte.
Das Feudalsystem gliederte den Ritterstand stufenförmig. Es galt unmittelbare Abhängigkeit vom Lehnsherrn.
Er war zu milte (Freigebigkeit) und der Lehnsmann zu triuwe (Treue und Gehorsam) verpflichtet.
Die Blütezeit des Ritterstandes fällt in die Zeit von Kaiser Friedrich Barbarossa. In den Kreuzzügen entwickelte der Ritterstand ein übernationales Standesbewusstsein, er fühlte sich als die Streitmacht Gottes. Der Ritter löste im 12. Jahrhundert das Mönchstum als Träger der Kultur ab. Den höfischen Ritter kennzeichnete eine Reihe von Tugenden und Wertvorstellungen: êre, zuht, mâße (ritterliche Ehre, Selbstdisziplin und Maßhalten).
Die Zugehörigkeit zur höfischen Gesellschaft förderte das Selbstbewusstsein der Ritter.
Eine besondere Stellung innerhalb der Gesellschaft nahm die Frau ein. Sie wurde als feineres, vollkommeneres Wesen gesehen. Die höfische Gesellschaft entwickelte sich zuerst in Frankreich.
Die höfische Dichtung
Neben der religiösen Literatur der Mönche und der Volksdichtung (Lieder, Schwänke) gab es seit 1170 die höfische Literatur. Man verwendete eine Sprachform frei von derben Ausdrücken und Dialektwörtern (erste gemeinsame Dichtersprache im dt.
Raum). Die höfische Dichtung war Standesdichtung (für Adelige, handelte von Adeligen), sie war idealistisch und streng formal.
Die vorherrschenden Formen waren das Epos, Verserzählung und das Minnelied.
Der höfische Dichter trug sein Werk der Adelsgesellschaft mündlich vor und begleitete sich selbst auf der Fidel oder Laute. Er gab Anlass zu Festen und berichtete oftmals von Ereignissen in der Welt (Nachrichtendienst). Meistens musste er als fahrender Sänger von seiner Kunst leben und war somit von der Freigebigkeit der Herren abhängig.
Das Epos ist die Großform erzählender Dichtung in Versen, die ursprünglich mündlich vorgetragen und überliefert wurde. Das Epos gehört zu den ältesten Formen der Dichtung und entwickelte sich in einer kriegerisch-aristokratischen Gesellschaft (à Ideale und Lebensgewohnheiten dieses Standes als Thema). Im Mittelpunkt der meisten älteren Epen steht der typisierte Held als Vorbild für die Zuhörer.
Das Heldenepos
Es bearbeitet germanische Heldenlieder aus der Völkerwanderungszeit (bis auf das Hildebrandslied verschollen). Die Heldenepen haben einen historischen Kern, der aufgrund der mündlichen Überlieferung und verschiedenen Bearbeitungen verschleiert ist.
Das bekannteste mittelhochdeutsche Epos ist das Nibelungenlied.
In im sind zwei ursprünglich voneinander unabhängige Stoffe zur Einheit verwoben: Die Sage von Siegfried und Brünhilde und der Untergang der Burgunder unter ihrem König Gunther im Kampf gegen die Hunnen im 5. Jahrhundert.
Das höfische Epos
Vorbild waren französische Versepen des 12. Jahrhunderts, deren Dichter den Stoff vor allem dem Sagenkreis um Karl den Großen und der Artussage entnahmen.
Die Hauptvertreter sind:
Hartmann von Aue ("Erec", "Iwein")
Gottfried von Straßburg ("Tristan und Isolde")
Wolfram von Eschenbach ("Parzival")
Die Artusdichtung kam ursprünglich von England über Frankreich nach Deutschland. Der britannische König Artus, der gegen die Invasion der Angelsachsen kämpfen musste, versammelte als feudaler Kriegsheer die besten Ritter in seiner Tafelrunde.
Jeder Ritter hat Abenteuer und Bewährungsproben zu bestehen, wodurch jeweils der Stoff für einen eigenen Roman entsteht.
Das höfische Leben (mit seiner Pracht und seinen Festen) stand im Gegensatz zur religiösen Weltsicht des Mittelalters (Weltentsagung könne Seele vor Bösem bewahren). Die Lösung dieses Gegensatzes beschäftigte die Dichter der höfischen Zeit und viele suchten in ihrem Werk nach einer Lebensweise, die den Zwiespalt aufheben konnte.
Parzival
Parzival ist der Sohn eines auf dem Kreuzzug verstorbenen Ritters. Seine Mutter zieht ihn abseits in einem Wald groß. Eines Tages sieht Parzival einige Ritter in ihren glänzenden Rüstung und beschließt, an den Hof des König Artus zu gehen, um selbst Ritter zu werden.
Es fehlt ihm jedoch an der ritterlichen Erziehung und so belehrt ihn Gurnemanz, ein alter, welterfahrener Ritter. U.a. vermittelt er Parzival, in allen Belangen das richtige Maß zu halten und vor allem nicht zu viel zu Reden. Doch dieser Rat wird Parzival zum Verhängnis, denn als er zur Gralsburg gefunden hat, unterlässt er es, den Gralskönig Amfortas nach dem Grund seines qualvollen Leidens zu fragen, was ihm die Erlösung von seinen Schmerzen gebracht hätte.
Dieses Fehlverhalten wird Parzival erst bewusst, als ihn die Gralsbotin Kundrie vor der versammelten Reiterschaft des Königs verflucht.
Parzival reagiert mit Trotz und Hass gegen Gott. Viereinhalb Jahre irrt er auf der Suche nach dem Gral umher, doch in Feindschaft mit Gott findet er nicht mehr zur Gralsburg. An einem Karfreitagmorgen erprobt er jedoch, ob Gott ihm Hilfe gewährt und gibt seinem Pferd die Zügel frei und spornt es an. Schließlich kommt er zur Klause des Einsiedlers Trevrizent. Es stellt sich heraus, dass dieser sein Onkel ist. Parzival verweilt 14 Tage in der armseligen Einsiedelei, dann scheidet er geläutert und verwandelt, würdig das höchste ritterliche Amt zu übernehmen: Das des Gralskönigs.
Minnelyrik
Ein großer Teil der mittelhochdeutschen Lyrik sind Minnelieder. Sie waren eine Art gesellschaftlicher Konventionen und Bestandteil des höfischen Lebens und wurden vor versammelter Hofgesellschaft von einem Minnesänger, der sich selbst auf einer Geige begleitete, vorgetragen. Er verherrlichte darin eine hochgestellte Dame seiner Wahl, indem er Lob über ihre Vollkommenheit und Klage des Ritters, sich vor unerfüllter Liebe verzehren zu müssen, darbrachte.
Der bedeutendste deutsche Lyriker war Walther von der Vogelweide. Er stellte sich gegen die Kunst des hohen Minnesangs (klagender, schwermütiger Ton) und stellte ihr eine wechselseitige, erfüllte Liebe entgegen. Das Kennzeichnende an seiner Minnelyrik ist, dass es sich um ein Mädchen handelt, das nicht den Regeln der höfischen Gesellschaft unterworfen ist und die Liebe somit erwidern darf.
Walther verfasste jedoch auch politisch engagierte Dichtung (Spruch). Er erkannte die politischen Probleme und setzte sich für ein starkes Königtum und für die Wahrung von Recht und Ordnung ein.
Renaissance, Humanismus, Reformation
(etwa 1450 bis 1600)
Renaissance
(fr. "Wiedergeburt") geistige Bewegung in Italien im 14. und 15. Jahrhundert, hatte Wiedergeburt der Antike zum Ziel.
Italienische Gelehrte und Künstler wollten politische und geistige Überwindung der mittelalterlichen Vorstellungen, sehnten sich nach Erneuerung des Lebens.
Renaissance heute: Stil der Baukunst, Bildhauerei, Malerei, von Italienern geprägt, aber auch nördlich der Alpen bedeutende Werke hervorgebracht.
Humanismus
(von lat. humanitas) deckt sich z. T. mit Renaissance.
Bestrebung der Wissenschaftler, an Schriftsteller und Philosophen der Antike anzuknüpfen, die das "Humane" (Veredelung des Menschen durch Bildung) erreicht hatten. Man studierte und veröffentlichte lat. Werke (ad fontes!) und gr. Handschriften. Diese Rückbesinnung wurde von gr. Gelehrten ausgelöst, die aus Konstantinopel (1453 von Türken erobert, Istanbul genannt) nach Italien geflohen waren.
Einzelwissenschaften entwickelten sich: Geographie, Astronomie, Chemie, Anatomie, Pharmazie (Paracelsus), Optik, Mechanik.
Da manche Erkenntnisse im Widerspruch zu theologischen Auffassungen standen, kam es zu Auseinandersetzungen mit Kirche.
Sprache der Humanisten war Lateinisch. Blieb daher auf kleine Zahl von Gelehrten beschränkt, bewirkte dennoch Fortleben der Antike.
Cicero definierte Humanitas als die ethische und kulturelle Höchstentfaltung der menschlichen Kräfte in ästhetisch vollendeter Form.
Denker und Dichter verlangten die Befreiung der Wissenschaft und Bildung von der Vormundschaft der Kirche.
Reformation
religiöse Bewegung zu Beginn des 16. Jahrhunderts, führte zur Kirchenspaltung.
Martin Luther veröffentlichte 1517 95 Thesen in lat. Sprache. Harter Streit mit Anhängern des römischen Papsttums folgte. Luther wollte Erneuerung des christlichen Glaubens.
Er übersetzte 1522 Bibel ins Deutsche.
Die weite Verbreitung der Lutherbibel und der Streitschriften förderte die Entwicklung einer überregionalen deutschen Schriftsprache.
Das Barock
(17. Jahrhundert)
Die politischen, sozialen und kulturellen Faktoren
Die Gegensätze zwischen dem Kaiser, der den alten Glauben erhalten will und den protestantischen Fürsten, die nach Selbstständigkeit streben werden unüberwindbar und es kommt 1618 zum 30jährigen Krieg. Ein Drittel der Bevölkerung kam ums Leben, die Landwirtschaft lag danieder, die Bürger waren großteils verarmt.
Die Machtstellung der Habsburger war endgültig vernichtet und das Reich zerfiel in zahlreiche Kleinstaaten, die Vormachtstellung Frankreichs in Europa war gesichert.
Träger der Barockkultur waren die Fürstenhöfe, regiert wurde absolut nach dem Vorbild von Versailles. Die Fürsten herrschten in Gottes Namen und waren alleine ihm gegenüber verantwortlich. Die Welt war Schauplatz der "Fortuna", ihre Symbole waren das Füllhorn und das sich drehende Rad, welches das Auf-und-Ab des Glücks darstellen soll. Diese Wechselhaftigkeit zeigt sich in der barocken Spannung zwischen Lebensgenuss und Todesmystik (à "memento mori", "vanitas", "carpe diem").
Die Dichtung stand im Barock im Dienste des Fürsten (à Mäzenatentum, Verherrlichung des Fürsten). Es gab eigene Hofpoeten, die zu besonderen Anlässen Huldigungsdichtung verfassten.
Die Sprache und die Lehre von der Dichtkunst
Die Entwicklung einer gemeindeutschen Sprache war noch nicht abgeschlossen. Das große Problem war die Überlagerung des Deutschen durch das Französische. In vielen Städten bildeten sich Sprachgesellschaften, welche die Sprache von den Fremdwörtern zu reinigen suchen.
Um den Barockdichtern das nötige Wissen über Metrik und Rhetorik zu vermitteln, entstanden zahlreiche Poetiken. Das einflußreichste barocke Lehrbuch der Dichtkunst stammt von Martin Opitz: "Buch von der Deutschen Poeterey".
Er wollte außerdem nachweisen, daß sich die deutsche Sprache ebenso gut wie die lateinische und die französische als Sprache hoher Dichtung eignete.
Damals gab es kein neuhochdeutsches Werk, das man in seiner Bedeutung mit ausländischen Werken hätte vergleichen können.
Bei den Vorschriften für das Drama führte Opitz die "Ständeklausel" ein: In der Tragödie dürfen nur Helden, Könige und Fürsten vorkommen, sie besitzen eine hohe Sprache und die nötige "Fallhöhe". Das gemeine Volk durfte nur in der Komödie auftreten.
Der Barockdichter steht in der Tradition der antiken Dichtung und ist an die Vorschriften poetischer Lehrbücher gebunden. Das Dichten galt als erlernbar. Der Dichter behandelt kunstvoll und mit viel Überlegung Themen, die allgemein als poetische Themen gelten.
Es kommt ihm nicht auf das Was, sondern auf das Wie an.
Die Gedichte sind allgemein gehalten (keine Erlebnislyrik), bevorzugte Form war das Sonett: 14 Zeilen, zwei Quartette, zwei Terzette oder drei Quartette und ein Reimpaar.
Der gesellschaftliche Rahmen - Die höfische Kultur
Das kulturelle Engagement diente der Verherrlichung des Fürsten. Auftragsdichter verfertigten Fürstenlobgedichte.
Das Leben an den Höfen wurde in gigantischen Festen nach einer ausgeklügelten Etikette inszeniert, die Prunkentfaltung stellte alles bisherige in den Schatten.
Der ganze Hof war kostümiert; Schlösser, Parkanlagen und Feuerwerke dienten der Verherrlichung des Herrschers.
Pflege und Förderung der Künste gehörten zu den wichtigsten Aufgaben des Herrschers, hervorragende wurden in den Adelstand erhoben (Mäzenatentum).
Während der Kriegsjahre verarmten die Bürger und Bauern weitgehend. Reformation und Gegenreformation verursachten Vertreibungen und Abwanderungen.
Die geistige Führungsschicht in der Bevölkerung entwickelte sich aus dem humanistisch gebildeten Bürgertum. Hauptgewicht an den Universitäten lag auf Grammatik, Rhetorik und Dialektik.
Grundzüge der Barockliteratur
Es gab zwei Strömungen im 17.
Jahrhundert:
Die lateinisch, griechische Tradition der Humanisten
Die deutschsprachig volkstümliche Literatur.
Latein verlor als Amtssprache zunehmend an Bedeutung. Die deutsche Sprache wurde vereinheitlicht. Immer mehr literarische Werke entstanden in deutscher Sprache.
An vielen barocken Höfen sprach man ausschließlich Französisch, ansonsten gab es eine Mischung aus Deutsch, Französisch, Latein, Italienisch und Spanisch.
Die Sprachakademien (z.
B. "Fruchtbringende Gesellschaft", "Palmenorden") setzten sich zur Aufgabe, die deutsche Sprache von den fremden Einflüssen zu befreien.
Außerdem hatte man das Ziel einer Poetikreform.
Martin Opitz
Wesentlich für ihn waren die lateinische Redekunst und Dichtkunst. Dichtkunst bedeutete Beherrschung der Sprachmittel, Dichtung hatte die Aufgabe, zu nutzen und zu erfreuen (prodesse, delectare).
Fremdwörter und mundartliche Ausdrücke müssen vermieden werden, Wortstellung und Wortwahl werden streng geregelt.
Im 16. Jahrhundert war der "Knittelvers" vorherrschend: vier Hebungen, regellos.
Opitz forderte einen regelmäßigen Ablauf von Hebungen und Senkungen, Versakzent und Wortakzent müssen übereinstimmen.
Für die deutsche Dichtung empfiehlt er Jambus und Trochäus und als Versmaß den französischen Alexandriner: 6-hebiger Jambus mit einer Zäsur in der Mitte. Diese Zäsur betont die dualistische Weltauffassung des Barock.
Die Themen gestalten sich zwischen Lebenshunger und Lebenslust, Vergänglichkeit und Tod.
Opitz übersetzte die erste Oper ins Deutsche, sowie Stücke lateinischer Autoren und die „Antigone“ von Sophokles. Besonderes Gewicht lag auf Rhetorik , auf allegorischen Sinnzusammenhängen und Symbolen.
Formen des Barockromans
Der Schelmenroman (Picaroroman)
Stammt aus Spanien, spielt im einfachen Volk, im Soldaten-, Krämer-, Bettler-, Räubermilieu, Hintergrund sind die Wirren des 30jährigen Krieges.
Der Held ist ein ungebildeter, einfacher, aber schlauer Mensch, der sich erfolgreich durch die Welt schlägt, dabei aber seine Einfallt verliert (vgl. Parzifal).
Die Welt wird als korrupt, machtgierig, gemein, genußorientiert dargestellt, der Held ist einmal ganz oben, einmal ganz unten (Symbol des Glücksrades).
Bekanntestes Beispiel ist Grimmelshausens "Simplicissimus" (vgl. Literaturbuch S. 58).
Grimmelshausen erzählt in der Ich-Form eine Art Autobiographie und vermischt tatsächlich Erlebtes mit Erfundenem. Die Darstellung ist realistisch, gemildert durch ironische Distanz.
Inhaltsangabe:
Der junge Simplicius wächst abseits der Welt bei einem Bauern in Spessart auf.
Der Hof seines Ziehvaters wird von plündernden und mordenden Söldnern überfallen. Simplicius wird heimatlos und von einem Einsiedler gefunden und aufgezogen, der ihm im Lesen und Schreiben unterrichtet und religiöse und moralische Grundsätze beibringt. Nach dem Tod des Einsiedlers wird Simplicius Soldat, kommt im Lauf des Krieges nach Westfalen und zeichnet sich durch seine Raubzüge und seine Tapferkeit aus. Es verschlägt ihn nach Paris, wo er die Laster und das Leben der Adeligen kennenlernt. Vom Glück verlassen schließt er sich den Räubern an, heiratet, erlebt Enttäuschungen, beschäftigt sich mit Alchimie und Naturwissenschaften und kehrt nach abenteuerlichen Fahrten wieder in den Schwarzwald zurück. Frieden findet er erst, als er sich von den weltlichen Werten verabschiedet und Einsiedler wird, und als solcher seine Geschichte für die Nachwelt aufzeichnet.
Die wahren Werte für ihn sind nun Religion und Glauben.
Der Schäferroman
Spielt in idealisierten Landschaft (sanfte Hügel, grüne Wiesen, heiterer Frühlingshimmel). Menschen leben als Schäfer und Schäferin in ewiger Jugend, sie haben keine Sorgen oder Nöte, keine „niedrigen“ Bedürfnisse. Krieg, Gefahr, Elend, Krankheit und Tod sind ausgeklammert. Leben ist Spiel zw. Schäfer und Schäferin.
Sie geben sich ganz ihren Gefühlsregungen hin, die von Liebe und Freundschaft entfacht werden: Glückseligkeit, Sehnsucht, Einsamkeit.
Diese Romanform behält seine Anziehungskraft bis in die Zeit des jungen Goethe.
Der heroisch-galante Roman
Spielt an Fürstenhöfen unter Personen von höchstem Stand. Im Mittelpunkt steht das fürstliche Liebespaar, das nach Abenteuern und Hindernissen zueinander findet, und durch seinen Bund die Geschicke des Landes bestimmt. Sieg und Liebe ist Ziel aller politischen Bestrebungen.
Obwohl Zeit und Ort der Handlung in die Ferne gerückt sind, sollen doch heimische Verhältnisse der Entstehungszeit widergespiegelt werden.
Dichter gibt Idealvorstellung von der überragenden Herrschergestalt à Huldigungsdichtung für Fürsten.
Sprache versucht durch rhetorischen Schmuck dem hohen Stoff gerecht zu werden à gewaltige Wortkulissen.
Streben des Barock nach großartiger Weiträumigkeit drückt sich auch in vielbändigen Romanen aus (spanischer Amadis-Roman: 25000 Seiten, 24 Bände).
Die Lyrik
Die Metapher(gr. „bildhafte, übertragene Darstellung)
Eine Metapher entsteht, wenn Wörter neue, ungewöhnliche Bedeutungsbeziehungen eingehen.VerbmetapherDer Krieg zertritt alle MenschlichkeitAdjektivmetapherEin schwerer Himmel, rote PeinNominalmetapherEin Kelch voller Sorgen, die Krankheit des Jahrhunderts
Sprachliches Bild, bewußt übertrieben, um Wirkung zu vergrößern ist eine Hyperbel.
Alexandrinersechs jambische Takte; Langvers, häufig Einschnitt in der Mitte (Zäsur); die beiden Vershälften bewirken syntaktische Gliederung und inhaltliche Gegenüberstellung.
Das Stilmittel der gedanklichen Entgegensetzung heißt Antithese.
Sonettbesteht aus 14 jambischen Versen mit 4, 5 oder 6 Hebungen; auf zwei Quartette folgen zwei Terzette; Reimfolge ist vorgegeben.
Sonett ist eine der strengsten Gedichtformen.
Hoftheater und Volkstheater
Theaterleben war wesentlicher Bestandteil der Barockkultur. Diente vor allem zur Unterhaltung des Hofes.
Bühne verband Weltliches mit Religiösem. Neben dem Hoftheater gab es das bürgerliche Schuldrama, die volkstümlichen Wandertruppen und das Laientheater.
Barockdrama
entwickelte sich parallel zur Oper (riesige, raffinierte Bühnenmaschinerie). Alle Möglichkeiten des Theaters wurden ausgeschöpft à 3D-Kulissen mit komplizierten Hebe- und Versenkungsmechanismen. Man versuchte den Prunk der ital. Oper zu imitieren.
Erde, Himmel und Hölle sind Schauplätze (Bühne dreigeteilt). Götter, Heroen und Feldherren der Antike erscheinen neben christlichen Heiligen und personifizierten Tugenden. Die Aufführungen fanden meist im Freien statt und dauerten bis zu 8 Stunden. Sie waren ein phantastisches Fest für die Augen und dienten der Verherrlichung des Glaubens oder des absolutistischen Fürsten. Schlachten wurden mit Massen von Schauspielern inszeniert, Personen und Gegenstände wurden mit technischen Hilfsmitteln durch die Luft bewegt.
Wichtigster Mann war der Arrangeur, dem eine Schar von Handwerkern zur Verfügung stand.
Riesige Summen wurden ausgegeben. Die Sprache stand im Hintergrund, alles war auf den optischen Eindruck abgestimmt.
Im Gegensatz zu solchen Spielen, waren Wanderbühnen und herumziehende Artisten für das Volk gedacht.
Volkstheater
Ersten Berufsschauspieler waren engl. Komödianten um 1592. Einzelne Fürstenhöfe unterstützen sie, manche blieben in Deutschland, bald wurde nur noch Deutsch gesprochen.
Sie spielten an Fürstenhöfen, aber auch in Städten. Gespielt wurde im Freien, oder in großen Sälen auf einer Bretterbühne. Spielplan umfaßte biblische und historische Stoffe, tragische und komische Stücke und Stücke von Shakespeare und Marlowe, die umgeschrieben wurden. Je nach Publikumsgeschmack fügte man rührselige oder blutige Szenen hinzu. S. g.
Clownszenen halfen, den Kontakt zum Publikum zu verstärken. Spieler sprachen aus dem Stehgreif. Frauenrollen anfangs von Männern gespielt. Anfangs wurde die Sprachbarriere durch übertriebene mimische und gestische Gestaltung überwunden, ab ca. 1605 spielte man auch in dt. Sprache.
Dazu kamen Bearbeitungen franz., ital. und niederländischer Stücke und Opern.
Die komische Figur
Vieler Stücke war der Pickelhering, gewöhnlich vom Leiter der Truppe (Prinzipal) gespielt. Er war als Narr, der in Mundart sprach, der Liebling des Volkes. Er legte zu Beginn den Gang der Handlung dar, erklärte und faßte das Geschehen zusammen.
Er war meist als Diener in die Handlung eingebaut.
In der Commedia dell’arte wurde diese Dienerfigur vom Harlekin gespielt (Partnerin Kolombine): stark geschminkt, immer gleiches Kostüm. Ihr Humor ging vor allem von einer grotesken Mimik und Gestik aus. Figuren der ital. Komödie z. T.
Typen aus der Antike. Es gab keine Textbücher à Improvisation zum Kennzeichen dieser Art von Typenkomödie, die von der Situationskomik lebte, und sogar Akrobate und Zauberer bot.
Franzosen übernahmen diese ital. Art, bauten jedoch Chansons ein à Komödie mit Musik und Gesang, aus der sich die komische Oper entwickelte.
Die Aufklärung
(etwa 1700 bis 1770)
Befreiung aus der Unmündigkeit
Zwei Strömungen haben die Aufklärung vorbereitet:
Rationalismus(lat. ratio = Vernunft, Verstand) hatte Geburtsstätte in Frankreich.
Begründer: Mathematiker und Philosoph René Descartes. Er zog das überlieferte Wissen in Zweifel. Fand heraus, daß zunächst nur eine Erkenntnis war sei: „Ich denke, also bin ich.“ à Alles, was vom Verstand ebenso klar erkannt werden kann, ist wahr. Vernunft einzige Kenntnisquelle.
Empirismus(Empirie = Erfahrung), England, John Locke machte die Beobachtung/Erfahrung zur Kenntnisquelle.
Die Entstehung des Namen "Aufklärung" hat den Hintergrund, dass die Gelehrten zum einen einen Namen suchten, der auch von Nichtgebildeten verstanden werden konnte, zum anderen bedeutet "Aufklärung", dass das Licht der Sonne die Dunkelheit vertreibt und alles "aufklärt", erkennbar macht.
Die Aufklärung war eine geistige Bewegung, die vom stätischen Bürgertum getragen wurde und beinahe ganz Europa erfasste. Ziel war die Verbreitung der Bildung und die Erziehung des Menschen zu einer freien, von der Vernunft geleiteten Persönlichkeit.
Die Aufklärer waren der Meinung, dass der Fortschritt des Menschen auf der Bildung und Erziehung des Einzelnen beruht. Das Auswendiglernen von Lehrsätzen sollte durch verstehendes Lernen ersetzt werden.
Das gebildete Bürgertum, das weder politische noch wirtschaftliche Macht hatte, erhob nun Ansprüche auf Beteiligung am Staat.
Die Bürger fühlten sich in der literarischen Bildung und den moralischen Lebensgrundsätzen dem Adel überlegen.
Wesentlich war auch der Gedanke des Naturrechts, wonach jeder Mensch von Natur aus ein Recht auf Leben, Freiheit und Eigentum hat. Alle Menschen sind weiters gleich und frei geboren. Der Staat hat die Aufgabe, die Rechte des Einzelnen zu schützen.
So entstand eine neue Lehre vom Staat ("aufgeklärter Abolsutismus"): Die Herrschaft sollte nicht vererbt werden, vielmehr erhält ein Herrscher, der die Aufgabe hat, das Naturrecht für alle zu gewähren, all seine macht vom Volk und dieses kann ihm die Macht bei Missbrauch auch wieder entziehen (à Wurzeln der französischen Revolution von 1789).
Der französische Gelehrte Montesquieu entwickelte eine Staatslehre mit der Forderung nach Gewaltentrennung, was einen Machtsmissbrauch verhindern sollte.
Er forderte drei voneinander unabhängige Einrichtungen: Vertreter des Volkes bilden die gesetzgebende Körperschaft, die Regierung sorgt für die Einhaltung der Gesetze und ein unabhängiger Richterstand spricht Recht nach den geltenden Gesetzen.
Auch auf religiösem Gebiet gab es Veränderungen. Die Kirchen waren in den Lehrsätzen des 16. Jahrhunderts erstarrt, weshalb viele Menschen sich zum Pietismus bekannten, eine Bewegung, die die Kirche reformien wollte.
Außerdem sollte eine Vernunftreligion entstehen, d.h.
alle Glaubensinhalte sollten mit dem logischen Denken in Einklang zu bringen sein. Man wandte sich energisch gegen die Vormundschaft der Kirche, die Toleranzidee entstand, jeder sollte die Möglichkeit auf freie religiöse Betätigung haben.
Die europäische Literatur der Aufklärung
Sie hatte den Zweck, den Menschen zu bilden, zu erziehen und zu unterhalten. Dichter mußte gelehrter Mann sein und sich nach Regeln richten. Tragik und Komik durften nicht vermischt werden. Im Mittelpunkt standen Menschen, die sich durch Willen und Vernunft zu vollkommeneren Wesen entwickelten.
Bevorzugte Formen waren u. a. Lehrgedicht, Fabel und satirische Darstellung à „Esprit“ (Geist, Witz). Zunächst herrschte der Vers vor, allmählich setzte sich durch engl. Einfluß der empfindsame Familienroman durch. Beliebt war auch der Reiseroman.
Träger der Literatur waren akademisch Gebildete aus dem dritten Stand (Theologen, Sprachgelehrte, Schulmänner). Schriftsteller lösten sich von Mäzenatentum. Klopstock und Lessing lebten als freie Schriftsteller. Dies war nur möglich, weil Produktion schöngeistiger Bücher auf das Vierfache stieg. Zentren der Handelstätigkeit (Hamburg, Leipzig, Frankfurt, Berlin, Bremen) waren zugleich Zentren literarischer und philosophischer Gesellschaften und des Verlagswesens.
1450 – 1700 waren Drucker, Verleger, Buchhändler eine Person.
Bücher wurden einmal im Jahr auf den Buchmessen angeboten. Im 18. Jh. entwickelte sich ein arbeitsteiliger literarischer Markt nach wirtsch. Gesichtspunkten: Verleger beauftragten Druckereien, Bücher wanderten zu Sortimentsbuchhändlern weiter (ganzjähriger Verkauf, fester Preis). Dieses System hat sich bis heute erhalten, Urheberrechtsgesetz gab es damals nicht à Raubdrucke, Verleger zahlten Schriftstellern geringe Honorare, nur Auflagen mit geringer Stückzahl.
Nur wenige Autoren von ihren „Tantiemen“ leben. Nur kleiner Teil der Autoren beugte sich nicht den Gesetzen des Marktes und produzierte nach seinem künstlerischen Gewissen.
Daneben gab es ausgedehntes Zeitungs- und Zeitschriftenwesen, das gesellschaftliche, religiöse, moralische, ästhetische und literarische Ideen für das gebildete Publikum zu verbreiten suchte. Diese Zeitschriften mußten abonniert werden. Die Redaktion bestand häufig nur aus ihrem Begründer und einigen freien Mitarbeitern, meist ging die Zeitschrift nach wenigen Nummern ein.
In England verband sich die Aufklärung mir moralischen Bestrebungen (Protestantismus).
Die Moralischen Wochenschriften verbreiteten neue wissenschaftliche und sittliche Anschauungen im gehobenen Bürgertum. Unter den Werken der engl. Dramatiker und Romanschriftsteller findet man das erste bürgerliche Trauerspiel und den ersten Briefroman.
Einflußreichste franz. Aufklärer war Voltaire, vielseitiger Schriftsteller und Denker. Er lebte drei Jahre am Hof König Friedrichs II.
von Preußen und prägte den aufgeklärten Absolutismus entscheidend mit. Er schrieb Dramen, Romane, Epen, philosophische Werke, Streitschriften und Artikel für die „Encyklopédie“.
Gottscheds Theaterreform
Gottsched hatte große Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Literatur. Er führte einen Kampf gegen den blumigen Schwulst der Sprache In der späten Barockzeit und setzte sich für eine Reform der Sprache, der Dichtkunst und des Theaters ein.
Die Dichtung hatte für Gottsched die Aufgabe, die Vollkommenheit und Ordnung der Welt widerzuspiegeln. Sie soll belehren und erzieherisch wirken und darf nicht über die Beschreibung der Natur hinausgehen.
Gottsched verbannte daher alles Wunderbare und Leidenschaftliche aus der Dichtung. Als Vorbilder nannte er die französischen Klassiker Racine und Corneille.
Außerdem fordert er die Einhaltung der drei Einheiten beim Drama, lehnte Shakespeare ab, vertrat die Idee der feudalen Ständeklausel und vertrieb die derben Späße des "Hanswurst" von der Bühne.
Zu Gottscheds Reformbemühungen gehört außerdem die Beseitigung der geistigen Unselbstständigkeit der Frauen durch Bildung, doch wurde er von vielen Seiten heftig attackiert. Viele Dichter waren der Meinung, man dürfe das Genie nicht mit Regeln fesseln.
Lessing als Aufklärer und Reformer
Nachdem Lessing philosophisch-religiöse Schriften eines Freundes herausgegeben hatte, wurde er von strenggläubigen Theologen kritisiert, die darin einen Angriff auf die Bibel und den Offenbarungsglauben sahen.
Es kam zu einem Streit, den der Braunschweiger Herzog durch die Zensur Lessings Schriften beenden wollte. Dieser konterte mit seinem Drama "Nathan der Weise". Darin kommt die s.g. "Ringparabel" vor (à Toleranzidee), die schon in Boccaccios "Il Decamerone" zu finden war und ursprünglich aus dem arabischen Spanien kommt. Sie drückt die Auffassung der Aufklärer aus, dass die Religionen einen praktischen Nutzen haben, dass sie sich historisch entwickelt haben und austauschbar sind.
Die Religion alleine macht nicht den guten Menschen, sondern der Mensch muss durch sein Tun die Kraft der Religion erweisen.
Außerdem stellt Lessing Gottscheds Reform der Tragödie sein bürgerliches Theater entgegen, in dem er die Tragik aus der allgemein menschlichen Konfliktsituation entstehen lässt (keine Ständeklausel). Somit wird er zum Begründer des deutschen bürgerlichen Trauerspiels, seine Leitbilder sind die antiken Tragiker und Shakespeare.
Sturm und Drang
(1770 bis 1785)
Die Epoche erhielt ihren Namen nach dem Drama von Klinger.
Beginn des SUD war die Begegnung zwischen Herder und Goethe in Straßburg 1770.
Die Strömung erfaßte ausschließlich die Literatur in Deutschland.
SUD war eine Jugendbewegung, die Autoren im Alter zwischen 20 bis 30 freundschaftlich verband. Es gab jedoch keine einheitliche Linie. SUD war Gegenbewegung zur Aufklärung, führte aber gleichzeitig ihren Kampf gegen Absolutismus weiter.
Die Autoren setzten sich ein für die lange vernachlässigte Welt der Gefühle und Emotionen, da ja in der Aufklärung Vernunft und Verstand, das Eintreten des Einzelnen für die Gemeinschaft einseitig überbetont wurde. Betont werden die Versöhnung von Ratio und Gefühl, Vernunft und Natur. Das individuelle Glücksverlangen und das Recht auf Selbstverwirklichung stehen im Mittelpunkt.
Die Autonomie des Subjekts wird eingebunden in den Prozeß der Emanzipation des Bürgertums gegenüber dem Adel. Gesellschaftliche, feudal – absolutistische Mißstände werden angeprangert. Dies bedeutet für einige Autoren Flucht, Verbannung oder sogar Festungshaft bis zu 10 Jahren.
Hauptgattung waren Drama und Lyrik, wobei besonders die Lyrik individuelle Formen annahm, die sich von den bisherigen Poetiken abgrenzten. Erlebnislyrik und Naturlyrik stehen im Vordergrund, poetische Gesetze, Normen, Regeln werden abgelehnt. Dichten kann man nicht mehr erlernen, Dichten ist Intuition und Genie.
Dieses Brechen mit der ästhetischen Tradition bedeutet Rebellion gegen familiäre und gesellschaftliche Abhängigkeit. Die Poetiken des Aristoteles, Opitz, Gottsched, usw. werden als einengend empfunden. Im Vordergrund stehen Spontaneität, Phantasie und Leidenschaft. Auslöser dafür waren Hamanns Schriften als Literaturkritiker und Philosoph („aesthetica in nuce“).
Der ganze Mensch mit seinen Sinnen, Gefühlen, Empfindungen ist Ausdruck der vollkommenen Natur.
Ganzheit ist der Schlüssel zur Wirklichkeit und Wahrheit. Freiheit ist das ursprüngliche Recht des Menschen (vgl. Rousseau). Der Dichter, der die Kraft genialer Originalität am besten verkörpert ist Shakespeare.
Einer der wichtigsten Begriffe war das „Kraftgenie“. Die Genieästhetik begreift sich als Gegensatz zum Klassizismus, der aus Frankreich kam.
Wer einen Funken von Genie fühlt, braucht sich nicht mit Poetiken umgeben.
Rousseaus Naturbegriff als Gegenentwurf zur Zivilisation wird begeistert aufgenommen. Der Mensch sei als natürliches Wesen gut, alle Reformationen entstanden durch die Zivilisation, durch sog. unnatürliche Konventionen. Das Volkstümliche und die Volksdichtung erhalten dadurch eine Aufwertung. Der Erziehungs- und Bildungsoptimismus wird in Frage gestellt.
Die Genieästhetik und der Naturbegriff wurden vor allem für den jungen Goethe und für Herder richtungsweisend. Am auffallendsten treten diese Erscheinungen im Drama des SUD auf, das als die wichtigste Gattung der Zeit gilt.
Der Konflikt der jüngeren Generation mit der etablierten auf Konventionen gegründeten Gesellschaftsordnung tritt zu Tage im sog. Vater – Sohn Konflikt. Rivalitätsprobleme werden verarbeitet im Motiv der feindlichen Brüder (etwa Schiller: „Die Räuber“, „Kabale und Liebe“).
Ein zentrales Motiv ist weiters auch der Konflikt zwischen Geist und Trieb, Gefühl und Verstand.
Die Problematik der Standesunterschiede, die dem Recht auf Liebe und freie Partnerwahl entgegenstehen, wird ebenfalls in „Kabale und Liebe“ behandelt.
In Schillers Dramen „Die Räuber“, „Die Verschwörung des Fiesko von Genua“ und „Kabale und Liebe“ geht es um den Konflikt zwischen dem Einzelnen, der nach Selbstverwirklichung und Freiheit strebt und der Gesellschaft, die Tabus und Schranken errichtet.
Roman und Erzählung spielen eine untergeordnete Rolle, ein Roman von Goethe jedoch erlangte Weltruhm und wurde in zahlreichen Sprachen übersetzt: Der monologische Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“. Dieser Roman wendet sich gesellschaftskritisch gegen krank machenden Verhältnisse in Adel und Bürgertum und endet konsequenterweise mit dem Selbstmord des Helden, der an unglücklicher Liebe und an den gesellschaftlichen Konventionen zerbricht.
Philosophie des Sturm und Drang
SUD richtet sich gegen jegliche Bevormundung und Unterdrückung, die Phantasie ist in der Lage, jede Form und Regel zu durchbrechen. Es gibt also keine Versform und keinen verbindlichen Dramenaufbau.
Die Literatur ist nicht für Gelehrte da, sondern Besitz des ganzen Volkes, die Sprache daher volkstümlich und realistisch.
Im Anschluß an Rousseau entwickelt der SUD eine Art schwärmerische Liebe zur Natürlichkeit, angestrebt wird auch eine natürliche Gesellschaftsordnung, in der der Mensch nicht nach seiner Geburt, sondern nach seinen Verdiensten beurteilt wird. Der Adel wird auf der Bühne angeklagt und verurteilt, die Fehler, Verbrechen und Vergehen werden auf der Bühne dargestellt.
Die Ideen des SUD können sich aber politisch nicht durchsetzen: Es wird weiter absolutistisch regiert und das Volk hat kein Mitspracherecht.
In Österreich regiert Maria Theresia, Preußen wird zur Großmacht, Deutschland bleibt in viele kleine Fürstentümer zersplittert. In diese Zeit fällt auch der Unabhängigkeitskrieg der amerikanischen Kolonien gegen England, der mit der Unabhängigkeitserklärung von 1776 beginnt.
Unabhängigkeit und Demokratisierung beschäftigen auch die Stürmer und Dränger. Die Literatur ist geprägt von Freiheitsliebe, Nationalismus, Tyrannenhass, schwärmerischer Empfindsamkeit und Freundschaftstreue.
Drama des Sturm und Drang
Gekennzeichnet sind die Dramen des SUD durch die offene Form des Dramas. Das Drama ist geprägt durch Shakespeare - Nachahmungen, es ist meist in Prosa geschrieben, grammatische Regeln werden missachtet. Eine Vielzahl von Szenen und Schauplätzen, expressive Sprache - Explosivstil (Pathos, Kraftausdrücke, Mundartliches, Halbsätze, viele Ausrufe) verdrängen die aristotelische, traditionelle Dramaturgie. Dramen sollen dazu dienen, der Gesellschaft einen Spiegel vor Augen zu führen und sie dadurch zu verändern (vgl.
Brecht).
Wichtigste Persönlichkeiten des Sturm und Drang
Johann Georg HamannEr trat vehement gegen die Aufklärung und forderte, daß das Leben instinktmäßig erfaßt werden muß, und zwar als ganzes und nicht nur teilweise wie durch die Vernunft. Gefühl und Magie müssen herrschen und die Poesie und der Glaube müssen versuchen, die ausgestorbene Sprache der Natur wiederzugewinnen.
Johann Gottfried HerderSein bedeutendstes Werk ist „Fragmente über die neuere deutsche Literatur“. Er tritt gegen die Nachahmung von fremden Mustern ein, für Recht auf Einzelpersönlichkeit und Kultur für jedermann. Er prangert Korrektheit an und fordert totale Freiheit und Sprache.
Er ist persönlich bekannt mit Lessing und Goethe, der ihm eine Stelle in Weimar verschafft.
Er wird Begründer der modernen, vergleichenden Sprachwissenschaft (à “Vom Ursprung der Sprache“).
Er ist von Naturpoesie begeistert, deren Grundlagen bei Homer im AT, bei Shakespeare und in Volksliedern zu finden sind.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)Geboren 1749 in Frankfurt am Main, Sohn einer Patrizierfamilie, beschäftigt sich bald mit Literatur und geht als 16jähriger an die Universität in Leipzig um Rechtswissenschaften zu studieren. Die Nüchternheit dieses Studiums schreckt ihn ab und er belegt Kunstfächer.
Nach völligem körperlichen Zusammenbruch, der ihn in Lebensgefahr bringt geht er 1768 nach Frankfurt zurück und betreibt alchimistische Studien (Faust).
1770 geht er nach Straßburg um sein Studium zu beenden und lernt Herder kennen, der ihm die Gedanken des SUD näher bringt, Goethe studiert Homer, Ossian, die Bibel und sammelt Volkslieder (eigene Gedichte entstehen à „Die Leiden des jungen Werthers“).
Seine abwechselnden Frauenbekanntschaften verarbeitet er in seiner Lyrik und in „Werther“.
1771 verfaßt er sein Drama „Götz von Berlichingen“
Inhalt:
Götz von Berlichingen kämpft gegen die Vorherrschaft des Bischofs von Bamberg, will sein Land selbst verwalten und wird beim Kaiser wegen Landfriedensbruch angeklagt.
Götz läßt den verräterischen Ankläger vergiften und wird daraufhin mit der Reichsacht belegt. Er wird in seiner Burg belagert und durch Verrat gefangen genommen. Als er befreit wird, schwört er Urfehde und zieht sich in seine Burg zurück, wo ihn die Bauern, die sich zu einem Aufstand entschlossen haben, bitten, ihr Anführer zu werden.
Er tut dies um die ärgsten Auswüchse zur verhindern, scheitert und wird in einem Gefecht verwundet, gefangen genommen und stirbt daraufhin im Gefängnis.
Für Goethe ist Götz ein Kämpfer für die Freiheit und Unbeugsamer, der lieber stirbt als nachzugeben. Goethe hat die historische Figur des Götz zu seinen Gunsten veredelt.
Im Sommer 1772 stellt ihm sein Freund Kestner seine Verlobte vor, in die sich Goethe sofort verliebt. Aus dieser Situation entstehen „Die Leiden des jungen Werthers“, die das Schicksal einer unglücklichen Liebe beschreibt, einer Frau zwischen zwei Männern. Die Tragödie endet im Selbstmord Werthers.
Dieser Briefroman löste ein internationales „Wertherfieber“ aus, da er genau den Zeitgeist traf (Tragödie der Jugend und der Liebe). Zahlreiche Jugendliche imitierten Werthers Kleidung, in etlichen Fällen begingen Jugendliche Selbstmord.
Der Roman wurde in zahlreichen Sprachen übersetzt und weltweit berühmt.
Im realen Leben entzog sich Goethe der Liebe zu Charlotte durch Flucht nach Frankfurt, verlobte sich mit einer Bankierstochter und schreibt den Urfaust, die Verlobung ging in die Brüche.
In der Folge verfaßt Goethe etliche Gedichte, die sich mit dem Protest der Jugend gegen die etablierte Gesellschaft und deren Werte befassen. Goethe verfaßt weitere Gesellschaftsdramen („Stella“, „Clavigo“).
In seinem Elternhaus lernt er viele Berühmtheiten der damaligen Zeit kennen, mit denen er Gedankenaustausch pflegt. Auf der Flucht vor seiner Gelobten unternimmt er eine Reise in die Schweiz, wo er den Prinzen Karl August von Weimar kennen lernt, der ihn nach seiner Thronbesteigung 1775 nach Weimar mitnimmt. Sie unternehmen gemeinsame Reisen und beschäftigen sich mit Kunst und Literatur. Karl August ernennt Goethe zum Kammerpräsidenten bzw. zum zweit wichtigsten Mann am Weimarer Hof. Goethe arbeitet aktiv an der Politik mit und versucht den Fürsten von seinen gesellschaftspolitischen Ideen zu überzeugen.
Er arbeitet an Egmond, an Iphigenie und verfaßt zahlreiche Gedichte und Balladen („Erlkönig“).
Mit der Zeit langweilen ihn die Amtsgeschäfte immer mehr. Er bricht 1786 nach Italien auf und zeichnet, malt und betreibt antike Studien. Die antike Literatur und Kunst fasziniert ihn immer mehr. Er vollzieht einen Wechsel zur sog. Klassik.
Lyrik des Sturm und DrangSie ist Ausdruck des gesteigerten Lebensgefühls und den subjektiven Erfahrungen.Neu im SUD ist die sog. Erlebnislyrik, d. h. gegenüber der streng formalen und oft theoretische, abstrakten Lyrik der vorhergehenden Epochen, die Formeln und Klischees folgte, entsteht eine Lyrik, persönliche Erlebnisse und spontane Äußerungen enthält. Sie ist formal schlicht gehalten, oft Volkslieder imitierend.
Dabei ist vor allem die Bindung an die Natur und das Naturerlebnis wichtig. Natur wird zu Symbolen und Sinnbildern verarbeitet, die die augenblickliche Stimmung des Dichters ausdrücken.
Motive und BilderAls Motive typisch sind Liebe, Einsamkeit, Trennungsschmerz, Leben in der Natur, Gefühlsäußerungen. Diese Motive sind hauptsächlich in Bildern dargestellt (Vergleiche, gekürzte Vergleiche, Personifikationen von Naturerscheinungen). Diese Bilder sollen Nachvollzug und Emotionen auslösen.
Sinngehalt (= Inhalt, Thema, Aussage des Textes) sind Erlebnisse, Natur und Landschaft, Fragen der Religion, Kunst, Philosophie oder Weltanschauliches und Politisches (Auflehnung gegen Fürsten, Willkür, Absolutismus, usw.
).
Meist wird ein Augenblick oder eine Situation dargestellt, eine Stimmung mit Bildern wiedergegeben, seltener, wie z. B. in der Ballade eine Handlung oder ein Ablauf erzählt. Wörter im Gedicht sind nicht bloß Bedeutungsträger, sondern auch Stimmungs- und Klangträger und weisen oft ein Bezugsfeld von Bedeutungen auf. Symbole sind mehrdeutig und bedürfen der Entschlüsselung.
Daneben gibt es balladenhafte Lyrik, die stark politisch engagiert war und sich gegen Tyrannei und Absolutismus richtete. Die radikale Aussage darin vertrat die Ideen der französischen Revolution und der Jakobiner in Deutschland (Schuhbart für seine literarischen Angriffe mit 10 Jahren Festungshaft bestraft).
Die Dichtung des SUD blieb eine rein literarische Revolution, die gesellschaftspolitisch ohne Folgen blieb, die meisten Autoren resignierten oder distanzierten sich in späterer Folge von ihrem Frühwerk (z.B. Goethe).
GestaltungsformStrophen, freie Rhythmen, Versmaß, metrische Gliederung sind Elemente der Gestaltung.
Klang und Rhythmus werden hervorgerufen durch die Anordnung von Vokalen und betonten Silben (Reimgestaltung).
Erziehung in Aufklärung und Sturm und Drang
Hinter dem Wort "Erziehung" steht eine bestimmte Auffassung von Aufgaben und Verhaltensmustern des Kindes, die Vorstellung davon ist im 17. Jh. entstanden und hat sich im 18. Und 19. Jh.
durchgesetzt.
AdelKinder als Erben nötig, mit denen sich auch Gebiete durch Heirat erwerben lassen. Heirat muß daher standesgemäß sein, Vernunftehe vor Liebesheirat. Adelige Kinder werden erzogen von Ammen und Hauslehrern, die sie in die höfische Etikette einführen.
BauernKinder sind hauptsächlich Arbeitskräfte und dienen für die Altersvorsorge der Eltern. Es erbt der älteste Sohn, die übrigen Kinder werden Knechte und Mägde, bzw.
können durch Heirat auch Bauern werden.
BürgerDas Bürgertum im absolutistischen Staat entwickelt Erziehungs- und Bildungsideale, die dem neuentstandenen Selbstwertgefühl und Standesbewußtsein entsprechen (à "bürgerliche Moral"). Kindheit wird als Entwicklungsstadium betrachtet, auf dem Weg zu einem nützlichen Mitglied einer Gesellschaft: Ziel dieser Erziehung ist Leistungswille und -fähigkeit und Bewährung im Konkurrenzkampf mit Hilfe von Bildung, Eingliederung und Unterordnung in die Gesellschaft (Schulen, Kasernen, Besserungsanstalten, etc. dienen zur Erziehung und Disziplinierung). Gesellschaft und Staat versuchen die Kleinfamilie als Wertmaßstab und Kontrollwerkzeug einzusetzen.
Bürgertum und Kirche beschränken die Sexualität auf die Ehe, als Gegensatz zum unmoralischen Adel.
Uneheliche Kinder gelten als Schande (es gibt zahlreiche Prozesse gegen Kindesmörderinnen, die ihre Neugeborenen aus Armut oder aus Furcht vor Schande getötet haben).
Der Freiheitsbegriff im Sturm und Drang
Persönliche Freiheit à Individualität und Unabhängigkeit
Politische Freiheit à Gegen Absolutismus (Amerika, Französische Revolution)
Künstlerische Freiheit à Poetiken
Physische Gewalt
Psychische Gewalt
Strukturelle Gewalt (Macht, mit Hilfe von Institutionen ausgeführt): Der Mensch ist abhängig von gewissen Strukturen (Militär, Regierungsform, Kirche, Schule)
"Die Leiden des jungen Werthers" (Johann Wolfgang von Goethe 1774)
Äußere Umstände für die Entstehung des Werkes waren autobiographische Hintergründe: Goethes Liebe zu Charlotte und der Tod eines Freundes, der aus unglücklicher Liebe Selbstmord beging.
Die erste Fassung entstand, als Goethe 23 war. Im Alter distanzierte sich Goethe vom "Wertherfieber". Die Tradition des Briefromans kam dem Gefühlskult des SUD entgegen, da hier die beste Möglichkeit besteht, Persönliches und Intimes glaubhaft zu formulieren.
Neben der Liebesgeschichte zwischen Lotte und Werther spielt vor allem Gesellschaftskritik eine große Rolle.
Natur ist für Werther Spiegel der Seele und die Liebe bewirkt eine Steigerung seines Lebensgefühls. Er tritt für Originalität, Ursprünglichkeit und Genialität ein, gegen die Schranken und Beschränkungen einer bürgerlichen Existenz (Ehe, Standesdünkel). Werther zeigt Liebe zum einfachen Volk, besonders zu Kindern und entwickelt Haß auf die "Denaturiertheit" des Adels und die drückende Enge der bürgerlichen Verhältnisse, seine Gefühlsschwankungen laufen parallel zu seiner Lektüre: Homer, Shakespeare und Lessings "Emilia Galotti" werden verarbeitet.
Werther ist Gegenfigur zum bürgerlichen Albert, der rechtschaffen, brav und moralisch handelt. Werther sieht im Selbstmord keine Sünde, sondern bezeichnet ihn als Endergebnis einer "Krankheit zum Tode".
Im Rahmen der Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung stehe es jedem frei, über sein Leben zu verfügen.
Als er keinen Ausweg aus seiner unglücklichen Liebe sieht, wählt er konsequenterweise den Selbstmord. Sein Fehler besteht darin, daß er egoistisch und subjektiv sich von Affekten hinreißen läßt, keine Kompromisse akzeptiert und durch ständige Selbstanalyse in Melancholie verfällt.
Werther ist kein Kraftgenie, er wird Opfer seiner eigenen Melancholie, Lotte ist ihm seelenverwandt und entscheidet sich in letzter Konsequenz aber für ein sicheres bürgerliches Leben. Sie heiratet Albert, den Vertreter der bürgerlichen Normalität.
Die deutsche Klassik
(1786 bis 1805)
Die Idee des Humanen
Fast gleichzeitig entfaltete das geistige Leben im deutschsprachigen Raum in zwei umfassenden Systemen der Weltdeutung, der Kunstauffassung und der Lebensgestaltung: in Klassik und Romantik. Es war eine politisch unruhige Zeit.
Die deutsche Klassik orientierte sich an der griechischen und römischen Antike, die den Klassikern als eine ideale Zeit erschien
Die europäische Kultur ruht in wesentlichen Bereichen auf der Basis Antike, deren Welt in Europa nie ganz untergegangen ist, nahezu jeder Zeitabschnitt ist von ihr beeinflußt.
Die deutsche Klassik umfaßt den kurzen Zeitraum von Goethes erstem Aufenthalt in Rom (1786) bis zu Schillers Tod (1805), die als einzige klassische Dichter bezeichnet werden.
Das Wort "klassisch" kommt als Qualitätsbegriff schon in der Antike vor, und bedeutet: mustergültig, beispielhaft. Goethe und Schiller bezeichneten weder sich noch ihre Werke als klassisch, sondern verwendeten das Wort in Bezug auf die Antike. Ihre Werke waren neben denen antiker Schriftsteller das wesentliche Bildungsgut des humanistischen Gymnasiums.
Unter Klassik versteht man inhaltlich ein Humanitäts- und Persönlichkeitsideal, formal eine Sprache mit hohem Anspruch und Dichtung, die den antiken Mustern entsprechen.
Die Klassiker glaubten an die Fähigkeit des Menschen, sich durch Erziehung und Bildung zu einer harmonischen, in sich widerspruchsfreien Persönlichkeit zu entwickeln. Das Bildungsmittel sollte die Kunst sein. Das Erkennen und Erfüllen der als zeitlos verstandenen objektiven Gesetze der Kunst war das wesentliche Element, das in der Antike am besten verwirklicht schien. Für Goethe und Schiller waren die Menschen des klassischen Altertums heiter und glücklich. Die Griechen lebten für sie mit der Harmonie von Geist und Natur, sittlichem Verhalten und ungezwungene Sinnenhaftigkeit und zu dieser Harmonie wollten die Klassiker Menschen ihrer Zeit mit Hilfe der Kunst führen. Was über die vergängliche Zeit hinaus Gültigkeit hat, wie die Idee der Humanität, das ist wahr.
Epik, Lyrik und Dramatik sind demnach für Goethe "Naturformen" der Dichtung.
Um den zeitlos Gültigem zu dienen, muß sich der Künstler "mit Geist und Fleiß" (Goethe) an die Tradition binden, was mit Selbstbeschränkung verbunden ist. Der klassische Dichter entsagt dem Kraftgenie des Sturm und Drang und der ungezügelten Phantasie, weil nur der maßvolle, sich selbst zügelnde Mensch die Idee des Humanen verkörpert.
Durch seine naturwissenschaftlichen Beobachtungen schließt Goethe, daß alles lebendige Sein in einer vorherbestimmten, genau umgrenzten Form existiert (Idealismus). Auch der Mensch kann sich nur dann seinem Ideal nähern, wenn er das Gesetz seines Daseins erfüllt.
Das klassische Kunstwerk soll zeitlos gültig sein und die Idee des Humanen zum Inhalt haben.
Ein Einzelschicksal, das in einem Drama dargestellt wird, steht exemplarisch für eine menschliche Ursituation (à Iphigenie).
Als klassisch gelten: "Iphigenie auf Tauris", das Künstlerdrama "Torquato Tasso", einige Gedichte von Goethe (besonders die "Römischen Elegien") einige Balladen, Schillers "Don Carlos", "Wallenstein" und "Maria Stuart".
Schiller verfaßte außerdem einige bedeutende kunsttheoretische Schriften, in denen er sich mit der Antike, mit antiken Formen und mit dem Wesen des Dichterischen auseinander setzt.
Im Gegensatz zu den französischen Klassizisten (Corneille und Racine) wählten Goethe und Schiller nicht vorwiegend antike Stoffe (die dargestellte Idee vom Menschen und die Sprache machen ein Werk zu einem klassischen). Andere Dichter und Autoren des 20. Jh.
, haben zwar antike Stoffe verarbeitet, sind aber keine Klassiker im eigentlichen Sinn.
Schillers Dramen und theoretische Schriften
Nach der Abfassung des Don Carlos versuchte Schiller als Historiker und Geschichtsschreiber Fuß zu fassen. Goethe vermittelte ihm eine Geschichtsprofessur in Jera. Aus der Arbeit an Don Carlos entstand 1788 "Die Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung".
Karl August von Weimar ernannte ihn zum Hofrat und bezahlte Schillers Lebensunterhalt. Die Zeit der wirtschaftlichen Unabhängigkeit nützte er zu einem eingehenden Studium der Schriften von Kant und anderen Philosophen.
Zwischen 1791 und 93 verfaßte er "Die Geschichte des dreißigjährigen Krieges". Diese Studien verarbeitete er in "Wallenstein".
Aus der Beschäftigung mit Kant entstanden seine Gedanken über "Armut und Würde", eine theoretische Abhandlung über Wesen und Gesetze der Schönheit, sowie "Über die ästhetische Erziehung des Menschen". Diese Schrift gilt als Zentralpunkt der Klassik, ihr Kernsatz lautet:
"Es gibt keinen anderen Weg, den sinnlichen Menschen vernünftig zu machen, als daß man denselben zuvor ästhetisch mache."
Von Goethe inspiriert entstand die dichterische Typenlehre über naive und sentimentalische Dichtung: Der Dichter ist entweder naiv (=intuitiv) mit der Natur verbunden und er erstrebt als Realist die vollständige Nachahmung des Wirklichen, oder er versucht sentimentalisch (=spekulativ) seine durch Kultur und Zivilisation verursachte Entfremdung von der Natur zu überwinden. Der Dichter muß als Idealist alles Wirkliche auf eine Idee beziehen.
Über der Anschauung steht die Idee (z.B. Gedankenlyrik).
Schiller sieht sich selber als sentimentalischen Dichter.
Aufbau und Merkmale des klassischen Dramas
In Anlehnung an die Dramen der griechischen Antike folgt das Deutsche Klassische Drama einem strengen Aufbauschema. Gefordert werden nach Aristoteles wieder Einheit der Handlung, Einheit der Zeit und Einheit des Ortes.
Weiters unterscheidet man zwischen "Zieldrama" (Synthetischer Aufbau: Handlung beginnt mit dem konfliktauslösenden Ereignis und strebt zeitlich fortlaufend dem Ende zu) und "Enthüllungsdrama" (Analytisches Drama: Die konfliktauslösenden Ereignisse setzen bereits vor der Bühnendarstellung ein und sind weder den Personen noch den Zuschauern gänzlich bekannt. Rückschauend werden diese Ereignisse schrittweise enthüllt).
Das Klassische Drama ist das geschlossene Drama.
Der Aufbau ist symmetrisch, meistens fünf Akte:
1. Akt: Exposition (Situation, wichtige Figuren)
2. Akt: Steigende Handlung, sog.
erregendes Moment, Konflikt ist dem Zuschauer jetzt klar
3. Akt: Höhepunkt, das Geschehen spitzt sich zu und erreicht gleichzeitig seinen dramatischen Wendepunkt
4. Akt: Fallende Handlung, zeigt die Folgen der Tat und die Ausweglosigkeit des Helden
5. Akt: Katastrophe, der tragische Held sühnt seine Tat mit dem Tod
Das Klassische Drama hat das Ziel, den Menschen zu bessern und zu erziehen. Er soll nicht seinen Leidenschaften und Trieben erliegen, sondern aus Einsicht in das "Gute" dementsprechend handeln. Der Mensch soll sich zu einer harmonischen Persönlichkeit entwickeln, indem er innere Widersprüche erkennt und beseitigt.
Schillers Konzept von der ästhetischen Erziehung des Menschen soll mit Hilfe von Literatur, Kunst und Bildung erfolgen.
Die Romantik
(1795 bis etwa 1835)
Ein Programm für eine wirre Zeit
"Romantisch" bedeutet zunächst romanhaft, dann erst poetisch, phantastisch, stimmungsvoll. Die deutsche Romantik prägte das gesamte Geistesleben der Zeit, die einen neuen Lebensstil, eine neue Kunst- und Weltanschauung hervorbringen und die Krise der Gesellschaftsordnung um 1800 überwinden wollte.
Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Das Hinführen der Menschen zum Poesiehaften, das unmittelbar zu erleben ist, stand im Vordergrund. Alle Künste sollten sich zu einem Gesamtkunstwerk vereinen.
Die Zeit der Romantik war jedoch politisch gesehen gar nicht "romantisch". Die Auswirkungen der Französischen Revolution war noch deutlich spürbar. Bis Napoleon (Zerstörung alter Strukturen à Heiliges Römisches Reich) stand die romantische Bewegung im Zeichen der Zustimmung zu den Idealen der Französischen Revolution. Der Abwehrwille der unterworfenen Völker gegen Napoleon wuchs und entfachte den allgemeinen Aufstand der europäischen Völker, als Napoleon sieglos aus Rußland wiederkehrte (1813). Der nationale Enthusiasmus erreichte seinen Höhepunkt, der Wunschtraum der bürgerlichen Patrioten war die politische Einheit Deutschlands und die Freiheit der Menschen.
Doch unter der Leitung Metternichs wurde auf dem Wiener Kongreß (1815) der fürstliche Absolutismus wiederhergestellt.
Zur Aufrechterhaltung dieser Ordnung schlossen sich die Großmächte zur Heiligen Allianz zusammen (gegenseitige Hilfe im Notfall). Jegliche Hoffnung auf Liberalismus und Demokratie war damit zunichte. Auf die Empörung über diesen Rückschritt antwortete man mit polizeistaatlichen Mitteln.
Resigniert zog sich das Bürgertum, das seit den Jahren des Sturm und Drang gegen die fürstliche Willkürherrschaft gekämpft hatte, in seine behaglichen Häuser zurück, in die innere Emigration zurück.
Die Frühromantik
In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts taten sich einige freie Schriftsteller und Studenten (Gebrüder Schlegel, Schelling, Tieck und Novalis) zusammen, fest entschlossen, ihr Leben anders zu gestalten als die "philisterhaften Bürger", nämlich als exzentrische Bohemiens, die nicht nur ein neues Kunstprogramm, sondern auch die Emanzipation der Frau und die freie Liebe durchsetzen wollten.
Die Gruppe verstand sich zunächst als Gegengewicht zur Spätaufklärung.
Nur im Traum, in der Vision und in der Ekstase vermögen Menschen die wahre Welt zu ahnen (à Herder und Hamann). Von da her wird die romantische Poesie eine Poesie der Sehnsucht, der Phantasie und Phantastik.
Die Leitbegriffe des Sturm und Drang (Natur, Genie, Gefühl, Freiheit) wurden als unabdingbare Voraussetzung für die Poesie übernommen. Doch die Romantiker ließen sich im Gegensatz zu den Stürmern und Drängern von der Wissenschaft leiten. Sie suchten nach einer philosophischen Begründung ihres Weltbildes und wollten ihre Ideen auch in die Rechts- und Staatswissenschaft und die Naturwissenschaft tragen.
Friedrich Wilhelm Schellings Naturphilosophie wurde für die romantische Weltansicht bestimmend. Er verstand die Natur als schöpferischen Urgrund allen Seins. Das Ziel der stufenweisen Entwicklung der Natur ist der Geist. Alles in der Natur strebt darauf zu, Geist zu werden. Das geistige Prinzip entfaltet sich im Menschen als Erkennen (à Wissenschaften), Wollen (à Staatenbildung und Politik) und Fühlen (à Kunst als der höchste Ausdruck menschlichen Geistes).
Das Kunstwerk wurde daraufhin zum Mittel, zu den geheimen Kräften der Natur zurückzukehren.
Die Folge war ein Verwischen der grenzen zwischen dem Bewußtsein und dem Unbewußten.
Neben Schelling wirkte der Philosoph Johann Gottlieb Fichte auf die Frühromantiker ein. Er begründete in seiner "Wissenschaftslehre" (1794) eine Ich-Philosophie: Das Ich setzt sich selbst, d. h., der Mensch erarbeitet sich seine geistig-sittliche Persönlichkeit. Er ist keine Tatsache, sondern eine Tathandlung.
Indem er die Welt denkt und ordnet, ihr einen Sinn gibt, schafft er sie erst. Nicht die Dinge bestimmen das Ich, sondern umgekehrt (Idealismus).
Da die Dinge vom handelnden Menschen ihr Sein und ihren Sinn erhalten, kann er das Sein verä
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