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  Michaela weißensteiner

Die Romanik    Die Romanik begann um das Jahr 1000, als Blütezeit gilt das 12. Jahrhundert. Der Begriff wurde erst viel später als Bezeichnung für die Kunst des Hochmittelalters in Westeuropa eingeführt. Die Romanik folgte auf die karolingische Kunst unter der Herrschaft Karls des Großen. Man unterscheidet Frühromanik, Hochromanik und Spätromanik, die als Übergang zur Gotik gilt.   In der Romanik gibt es zahlreiche Sonderformen und regionale Unterschiede, doch entwickelten sich einheitliche Grundformen.

Es gibt römische und germanische Einflüsse, auch andere Kunstrichtungen wie zB die byzantinische und die islamische Kunst beeinflusste die Romanik.   Die Kunst stand vor allem im Dienst der christlichen Religion, Zentren der Wissenschaft, der Kultur und des künstlerischen Schaffens waren die Klöster. Die Kirche hatte eine tragende Rolle in Staat und war eine Autorität in der Gesellschaft. Der kirchliche Reichtum wuchs, sie war in der Lage, größere und wertvoller gestaltete Gebäude zu errichten.   Zentren der Romanik waren zB in Deutschland das Rheingebiet und Sachsen, in Frankreich die Normandie, Burgund und die Auvergne, in Italien die Toskana und die Lombardei und auch England und Spanien.   Architektur   Die romanische Architektur war der erste eigenständige Baustil seit der Antike, er war in ganz Europa verbreitet.

Die Architektur hatte die größte Bedeutung, Malerei, Bildhauerei und Kunsthandwerk waren ihr untergeordnet. Die Hauptaufgabe war der Bau von christlichen Kirchen, der Sakralbau. Erst später wurden Elemente des Sakralbaus auch bei nicht kirchlichen Bauten verwendet.   Merkmale der romanischen Bauweise sind dicke, wehrhafte Mauern und Wände, die Bauwerke wirken massiv und schwer. Die Fenster sind meist klein, typisch ist die Form des Rundbogens bei Fenstern und Türen. Zum Teil wurden mehrere Fenster zusammengefasst und durch zierliche Säulen unterteilt („gekuppelte Fenster“).

In der Frühromanik war das Mauerwerk schmucklos und ungegliedert, die Kirchen waren Burgen oder Festungen ähnlich. Man bevorzugte anfangs glatte Steinquaderflächen, erst später wurden Verzierungen und Gliederungen verwendet. Manche Orden lehnten aber Dekorationen prinzipiell wegen Ablenkung vom Gottesdienst ab. Erstmals wurden auch Türme in das Bauwerk einbezogen. Der frühromanische Kirchentyp wurde in St. Michael in Hildesheim verwirklicht.

Der Bau hat sechs Türme und eine flache Holzdecke. Die romanischen Kirchen hatten meist drei oder fünf Schiffe: Ein breiteres Mittelschiff oder Hauptschiff und schmälere Seitenschiffe. Unter dem Chor (Altarraum) lag die Krypta, ein Raum der als Begräbnisstätte für hochrangige Personen diente. Neben Naturstein wurde auch Backstein als Baustoff verwendet, er erlebte aber erst in der Gotik einen Aufschwung.   Die Wölbung der Decke über dem Mittelschiff war den Baumeistern ein besonderes Anliegen. Dachkonstruktionen aus Holz waren durch Brände gefährdet, daher bevorzugte man Stein.

Es waren auch viele Kirchen zuerst mit flachen Holzdecken gebaut und erst später mit einem Steingewölbe versehen. Im Prinzip ist die Wölbung eine Aneinanderreihung von Bögen, die den Druck der Decke ableiten und darum für die Statik bedeutend sind. Die einfachste Gewölbeform war das Tonnengewölbe (a), der Querschnitt hat die Form eines Rundbogens. Das Kreuzgratgewölbe (b) entstand, indem man zwei Tonnengewölbe kreuzte. Durch die Kreuzung von Längsschiff und Querschiff bildete sich ein quadratischer Raum, die sogenannte Vierung.     Die romanischen Kirchen hatten einen kreuzförmigen Grundriss.

Den längeren Teil der Kreuzform bildet das Mittelschiff, den kürzeren das Querschiff. Am vorderen Ende des Mittelschiffs befindet sich der Chor und die Apsis, ein halbrunder Anbau. Die Grundrisse orientierten sich an vorhandenen Formen, üblich war zB die dreischiffige Basilika. Unter Basilika versteht man eine Kirche, deren Mittelschiff höher ist als die Seitenschiffe. (Ursprünglich wurde damit ein römisches hallenartiges Gebäude bezeichnet.) Am Mittelschiff, über den Dächern der Seitenschiffe, befindet sich eine Fensterreihe, die sogenannten Lichtgaden.

In Deutschland wurden häufig doppelchörige Kirchen errichtet, das heißt, dass es einen Altarraum auf der Ostseite und auf der Westseite der Kirche gab. Während der Romanik wurden zahlreiche Wallfahrten unternommen, der Chorraum wurde erweitert um mehrere Messen gleichzeitig lesen zu können.   In der Romanik wurde das „gebundene System“ entwickelt. Bei dieser Grundrissanordnung ging man von der Größe der Vierung aus. Die Grundrisse von Chor, Querschiff und Längsschiff entstanden durch gleich große Quadrate. Die schmäleren Seitenschiffe wurden aus halb so breiten Quadraten gebildet.


    Meist wurde über der Vierung ein Turm errichtet, häufig befanden sich auch neben dem Portal zwei Türme. Bei doppelchörigen Kirchen entstanden so an der Ostseite und der Westseite zwei Turmgruppen. Der langgezogene, eckige Grundriss war die Regel, doch gab es auch den Rundbau, meist im Zusammenhang mit darin aufbewahrten Reliquien von Märtyrern oder Heiligen.   Es wurde der Stützenwechsel entwickelt, das heißt, Hauptsäulen und Nebensäulen wechselten ab. Die Hauptsäulen, meist viereckige Pfeiler, trugen die Hauptlast. Die Kapitelle der romanischen Säulen hatten eine eher blockhafte Grundform, zB das Würfelkapitell (d) oder das Faltenkapitell (e), zum Teil wurden sie aber auch mit Skulpturen geschmückt, zB das Figurenkapitell (f).

                Die Säulen waren durch Rundbögen verbunden. Neben der statischen Funktion hatte der Rundbogen auch eine dekorative Wirkung, beispielsweise durch aufgemalte Ornamente oder verschiedenfarbige Steinlagen. Er gehört zu den wichtigsten Elementen der romanischen Architektur und wurde im Innenraum und an der Fassade in verschiedenen Formen verwendet. Durch die Gliederung der Fassade wirkten die Gebäude etwas zierlicher, besonders in der italienischen Romanik wurden die Fassaden mit Galerien und Arkaden und anderen rundbogenförmigen Verzierungen gestaltet, wie der Dom und der „Schiefe Turm“ von Pisa. Übliche Verzierungen waren zB Rundbogenfriese (waagrechte Schmucklinien) oder Blendbogen, die an einer geschlossenen Wand angebracht waren. Als Arkade bezeichnet man einen Bogen auf Pfeilern oder Säulen, meist mehrere nacheinander.

Einen Arkadengang an der Außenseite eines Gebäudes nennt man Galerie.       Neben den großen romanischen Domen wurden aber zahlreiche kleine, bescheidenere Kirchen gebaut. Sie hatten nur einen Turm und als Fassadenverzierung nur unverglaste gekuppelte Fenster. Aufgrund des wachsenden Reichtums der Kirche wurden aber oft übergroße Kirchen gebaut, um die Allmacht Gottes und die Stärke des Christentums zu zeigen. Auf die meist kleine Zahl der Gemeindemitglieder wurde dabei nicht Rücksicht genommen.   Farbkontraste wurden durch unterschiedliches Material wie Stein, Marmor oder Backstein erreicht.

Im Inneren wurden die Kirchen oft mit Wandmalereien, Fresken und Mosaiken in kräftigen Farben geschmückt. Das Fresko ist eine Art der Wandmalerei, bei der Kalkfarbe auf den noch nassen Putz aufgetragen wird.   Die Hochromanik war die Blütezeit des Rittertums, der Burgenbau wurde bedeutend. Dabei wurden ebenfalls romanische Stilmerkmale verwendet.   In den Bauwerken der Spätromanik kamen schon Elemente der Gotik wie der Spitzbogen oder das Kreuzrippengewölbe vor, doch wurden die wuchtigen Mauern und die kleinen Fenster beibehalten.   Als „Protorenaissance“ oder Vorrenaissance bezeichnet man eine Sonderform der Romanik, vor allem bei Kirchen in der Toskana.

  Wichtige Beispiele romanischer Architektur:   Der Dom von Speyer (Deutschland) ist das erste größere Bauwerk seit der Antike mit einem Gewölbe. Das Kreuzgratgewölbe über dem Mittelschiff hat eine Spannweite von 15 m, es wurde nachträglich statt einer flachen Decke angebracht. Die sogenannten Kaiserdome in Speyer, Worms und Mainz gelten als bedeutendste Leistungen der hochromanischen Baukunst. Der Dom von Gurk (Kärnten) ist bekannt für seine Krypta mit 100 Säulen (Abb.), und bedeutende spätromanische Wandmalereien. Von dem ursprünglich spätromanischen Wiener Stephansdom ist nur mehr die Westfassade mit den sogenannten Heidentürmen erhalten.

Die Kathedrale von Santiago de Compostela in Spanien war eines der wichtigsten Ziele der zahlreichen Pilger.   Malerei   Die Malerei dominierte zuerst vor der Plastik. Sie war entweder als Wandmalerei zum Schmuck der Kirchen oder als Buchmalerei zur Verzierung religiöser Schriften gedacht. Die Themen und Gestaltungsmerkmale waren bei Wand- und Buchmalerei gleich. In Italien verwendete man auch Mosaike als Wanddekoration, die von der byzantinischen Kunst beeinflusst wurden. Byzantinische Stilelemente gelangten vor allem durch die Kreuzzüge nach Mitteleuropa.

  Weil die einfache Bevölkerung analphabetisch war, stellte man Szenen aus der Bibel bildnerisch dar. In Form eines Zyklus, einer Bilderfolge zu einem Thema, wurden Geschichten erzählt. Die Kunst hatte also nicht nur dekorative, sondern auch belehrende Funktionen. Besonders die Apsis und die Wände des Langhauses wurden bemalt. In manchen Regionen waren auch Ornamente und geometrische Muster auf den Decken und Säulen der Kirche üblich. Dabei verwendete man häufig Schwarz, Weiß, Rot und Blau.

Die Wandmalereien aus romanischen Kirchen blieben zum Großteil nicht erhalten, sie wurden später übermalt oder durch Brände zerstört. In Österreich sind Reste romanischer Fresken noch vor allem in der Steiermark und Kärnten zu sehen. Die Nähe zur Antike, die bei karolingischen Malereien noch erkennbar war, ging verloren, man gestaltete die Werke weniger prunkvoll und repräsentativ.   In der Buchmalerei waren Initialen (große, besonders verzierte Anfangsbuchstaben), ornamentale Randleisten und figurale Darstellungen üblich. Die Figuren waren einfach und auf das Wesentliche beschränkt. Man verwendete leuchtende, lebhafte Farben und kräftige Umrisslinien.

Rot und Gold symbolisierten die höchste Würde. Die Größe einer Person im Bild hing von ihrer Bedeutung ab (= Bedeutungsperspektive), zB wurde Jesus immer größer als ein Engel dargestellt. Augen und Hände als Ausdrucksträger wurden oft besonders betont. Die Figuren wirken wenig bewegt und ernst, sie zeigen nur wenige, typische Gesten. Zum Teil sind sie symmetrisch angeordnet und werden durch kleine Abweichungen belebt. Aus der byzantinischen Kunst wurde die Darstellung des Heiligenscheins übernommen.

Kleidung stellte man mit wenigen stilisierten Gewandfalten dar. Auf räumliche Tiefe und Schatten wurde verzichtet, man sah die naturalistische Darstellung nicht als Aufgabe.   Auch Motive der Architektur wie der Rundbogen kommen in Buchillustrationen vor. Die Umgebung und der Hintergrund wurden vereinfacht oder hatten symbolische Bedeutung: Ein goldener Hintergrund kennzeichnete beispielsweise Überirdisches. Oft wurde der Hintergrund auch mit ornamentalen Mustern oder kleinen, stempelartigen Motiven ausgefüllt. Die Bilder wurden von Bändern mit Mustern und stilisierten Pflanzen umrahmt.

  Ausgeführt wurden die Buchmalerei von Mönchen in den Schreibstuben der Klöster. Es sind keine Künstler namentlich bekannt, die Werke dienten nicht dem persönlichen Ausdruck sondern der Religion.   Plastik und Kunsthandwerk   In den romanischen Kirchen wurden Skulpturen meist nur an bestimmten Stellen angebracht, zB an Eingangsportalen, Kapitellen oder Lesepulten. Außen war die Westfront die geschmückte Schauseite.   Über der rechteckigen Türöffnung befand sich eine halbkreisförmige Fläche, das Tympanon. Es wurde oft mit Darstellungen des Jüngsten Gerichts geschmückt.

Die seitlichen Flächen des Portals (Türgewände) wurden abgestuft und plastisch verziert, es entstand das sogenannte Trichterportal. Bsp: das Portal des Karners in Mödling. (Unter Karner versteht man ein auf Friedhöfen erbautes Beinhaus.) Bei größeren Türöffnungen wurde oft eine Mittelsäule als Teilung angebracht.   Auf bandförmigen Wandreliefs (Friesen) wurden gleichförmige Grundformen und stilisierte Figuren mehrmals wiederholt, die Bildhauer konzentrierten sich nicht auf die einzelnen Figuren. Auch die Proportionen spielten keine Rolle, man beachtete vor allem das, was eine Figur symbolisch darstellen sollte.

Unter Relief versteht man eine nicht auf allen Seiten ausgearbeitete Plastik auf flachem Grund, das Motiv ist erhaben herausgearbeitet. Die romanischen Reliefs waren nicht gleichmäßig flach, zB wurde der Kopf vollplastisch dargestellt.   Freistehende Plastiken entwickelten sich nur langsam aus dem Relief, man betrachtete Standbilder als heidnisch. An den Portalen wurden erstmals wieder vollplastische, lebensgroße Figuren angebracht, zB die Säulenfiguren am romanischen Westportal der Kathedrale von Chartres. Die Personen wurden in starrer Haltung und mit langgezogenen Körperformen dargestellt. Die Falten der Kleidung sind stilisiert und wirken „gekämmt“.

Bei den Skulpturen mit stark betonten Gewandfalten spricht man auch von der „romanischen Gewandfigur“. Am Übergang zur Gotik entstand der „Bamberger Reiter“, ein Reiterstandbild im Bamberger Dom. Dabei wirkt die Körperhaltung schon bewegter und der Faltenwurf weniger starr geordnet.   Auch die Seitenflächen der Würfelkapitelle wurden oft mit Figurenreliefs versehen, in französischen Klöstern meist biblische Szenen, in den deutschsprachigen Ländern verwendete man oft seltsame Figuren und Tiere, die symbolischen Darstellungen sind heute oft kaum mehr zu deuten. Die Bauplastik wurde von den Steinmetzen ausgeführt, die auch die Steinblöcke für die Mauern herstellten, daher kam auch die grobe und auf das Wesentliche beschränkte Formgebung. Die romanische Bronzegießerei und Goldschmiedekunst brachte zahlreiche Werke hervor, viele gingen aber verloren.

Aus Bronze wurden beispielsweise Türen angefertigt, die entweder aus einem Stück gegossen oder als Platten auf einen Holzkern montiert wurden; sie waren ganz mit Reliefen verziert. Aus Gold stellte man viele Gegenstände für den kirchlichen Gebrauch wie Kelche oder Bischofsstäbe her. In Österreich war Salzburg das Zentrum der Goldschmiedekunst. Auch Elfenbeinschnitzereien wurden hergestellt, zB Buchdeckel wertvoller Handschriften. Das bedeutendste Werk der romanischen Textilkunst ist der Teppich von Bayeux, eine Stickerei auf Leinen. Bemerkenswert ist das nicht religiöse Motiv, die Darstellung von Kriegsereignissen.

Auch liturgische Gewänder und Wandbehänge blieben erhalten, die kostbarsten Textilarbeiten der Romanik wurden aber nicht von einheimischen Künstlern hergestellt, sondern aus dem byzantinischen und arabischen Raum importiert.   Holzbildwerke wurden zuerst mit Goldblech beschlagen, später wurden sie oft auch nur bemalt. Motive waren zB die „thronende Madonna“. Die Darstellung ist feierlich und streng, die Beziehung von Mutter und Kind kommt nicht zum Ausdruck. Häufig ist auch das Motiv des gekreuzigten Jesus, der jedoch nicht leidend, sondern triumphierend mit Krone und aufrechter Haltung dargestellt wurde.   Es wurden vereinzelt auch schon mit Glasmalerei geschmückte Kirchenfenster und Fensterrosen (einzelne, runde Fenster über dem Portal) als zusätzliche Lichtquelle verwendet, doch viel schlichter als später in der Gotik.

   

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