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  Wolfgang borchert: draußen vor der tür

Wolfgang Borchert: Draußen vor der Tür   BiographieWolfgang Borchert wird am 20. Mai 1921 in Hamburg geboren. Hertha Borchert, seine Mutter, ist Schriftstellerin und sein Vater, Fritz Borchert, übt den Beruf des Lehrers aus.   Als Borchert 15 Jahre alt ist, beginnt er seine ersten Gedichte zu verfassen.   Seine Eltern zwingen ihn zu einer Buchhändlerlehre, wodurch er den Traumberuf als Schauspieler nur nebenher ausüben kann. Doch bereits im Alter von 19 Jahren besteht er die Schauspiel- Abschlussprüfung und schließt sich ab März 1941 einem Wandertheater an.

  Schon nach kurzer Zeit – im Juli 1941 – wird er zum Wehrdienst eingezogen und vier Monate später an die Ostfront versetzt.   Anfang des Jahres 1942 erkrankt er erstmals an Gelbsucht und zieht sich eine Handverletzung zu. Daraufhin wird er nach Deutschland – in die Nähe von Nürnberg – in ein Lazarett überführt. Gleichzeitig wird er der Selbstverstümmelung verdächtigt, eingesperrt und vor Gericht gestellt. Die Anklage lautet: Tod durch Erschießen und er sitzt 6 Wochen lang in der Zelle mit der Gewissheit, dass er sterben soll.- Aber er wird freigesprochen; wenig später jedoch erneut verhaftet und zu 5 Monaten Haft mit Frontbewährung verurteilt.

Diesmal lautet der Vorwurf, er habe sich „negativ gegen den Staat und die Partei geäußert“. An der Front erkrankt Borchert erneut an Gelbsucht und erleidet Fußerfrierungen. Deshalb wollen ihn seine Vorgesetzten aus dem Kriegsdienst entlassen, doch wegen politischer Witze wird er 9 Monate ohne Verurteilung ins Gefängnis Berlin- Moabit eingesperrt und mit „Frontbewährung“ entlassen. Dazu kommt es nicht mehr, denn Anfang 1945 gerät er bei Frankfurt in französische Gefangenschaft. Beim Abtransport gelingt ihm die Flucht und er kommt nach einem 600 km langen Fußmarsch am 10. Mai 1945 schwerkrank in Hamburg an.

  Nach einigen Kabarettauftritten begibt sich der unheilbar Kranke ins Krankenhaus. Dort schreibt er innerhalb kürzester Zeit 5 Erzählungen und Prosaskizzen, u.a. „Die Hundeblume“ (eine Studie aus dem Zellenalltag).   Ein Jahr später – Ostern 1946 – wird der nun 25-Jährige aus dem Krankenhaus entlassen mit der Prognose, er habe noch ein Jahr zu leben. Unter diesem Eindruck verfasst Borchert in den folgenden Monaten noch 24 Prosastücke, eine Gedichtsammlung aus dem Jahre 1940-45 mit dem Titel „Laternen, Nacht und Sterne“ und das Drama „Draußen vor der Tür“ – ein Bühnenstück, das er in nur 7 Tagen erstellt.

  Im Oktober 1947 entsteht sein letztes Werk, nämlich das berühmte Manifest „Dann gibt es nur eins!“ – ein Appell gegen Krieg, Rüstung und für das Leben.   Einen Monat später – am 20. November 1947 – stirbt Wolfgang Borchert im Alter von 26 Jahren in Basel/Schweiz. Sein Drama „Draußen vor der Tür“ wird nur einen Tag nach seinem Tod in Hamburg uraufgeführt.INHALTSANGABE  Das Drama „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert – am 21.Nov.

1947 in Hamburg uraufgeführt – handelt in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Die Hauptperson ist der ehemalige Soldat BECKMANN – ein Heimkehrer aus dem Kriegsgeschehen. Diese Person erlebt im Verlauf des Dramas fünf Begegnungen mit unterschiedlichen Personen, die immer damit enden, dass er sich „Draußen vor der Tür“ wiederfindet.   Eingeleitet werden die fünf Szenen durch ein VORSPIEL und einen TRAUM. Im Vorspiel tritt der Beerdigungsunternehmer auf, der immer wieder laut rülpst. Er beobachtet eine Person in einem alten Soldatenmantel, die an der Elbe steht und sich in den Fluß stürzt.

Sein Kommentar lautet: „Ein Mensch stirbt. Und? Nichts weiter.“ Hinzu kommt der alte Mann- jammernd und weinend. Auf die Frage, wer er sei, antwortet er: “Der Gott, an den keiner mehr glaubt“. Dieser fragt den anderen, warum er ständig so ekelhaft rülpse. Es wird deutlich, dass der Beerdigungsunternehmer der TOD ist, der durch den Krieg und die unzähligen Toten fett geworden ist und sich – wie es wörtlich heißt- „glatt überfressen hat“.

Den alten Mann, der immer noch jammert und weint, verabschiedet er mit den Worten “Geh nach Haus, Alter. Du änderst doch nichts. Wein nicht über den, der hier eben Plums gemacht hat“.     DER TRAUM schildert die Elbe im Zwiegespräch mit Beckmann, der seinen Selbstmord in der Elbe gesucht hat. Er sagt, er könne es nicht mehr aushalten: das Hungern, das Humpeln wegen seiner Knieverletzung und die Tatsache, dass sein Bett zu Hause bei seiner Frau von einem anderen besetzt ist. Doch die Elbe weist ihn zurück: „Auch wenn du sechs Jahre Soldat warst.


Alle waren das. Und die hinken alle irgendwo“. – So wirft sie Beckmann schließlich ans Ufer zurück.   Nach VORSPIEL und TRAUM folgt nun die 1. SZENE: Beckmann erwacht am Wasser und trifft auf DEN ANDEREN. Dieser hat kein Gesicht und antwortet auf die Frage, wer er sei: „Ich bin der Andere, der immer da ist; der Antworter, der Antreiber, der Heimliche, Unbequeme.

Ich bin der Optimist, der an den Bösen das Gute sieht. Und der JA sagt, wenn du NEIN sagst.“ Beckmann will ihn wegschicken; doch der Andere bleibt und erfährt, dass Beckmann drei Jahre in Rußland war, ein steifes Bein hat und seine Frau mit einem anderen Mann lebt. Beckmann ist erschüttert: „Sie sagt einfach Beckmann zu mir, so wie man zu Tisch Tisch sagt“. Seitdem hat er keinen Vornamen mehr. Und er hat auch seinen einjährigen Sohn nicht mehr, der irgendwo unter den Trümmern liegt.

  Während ihres Gesprächs kommt das Mädchen hinzu. Sie hat Mitleid mit ihm und nimmt ihn mit zu sich nach Hause.   Der Andere ist verwundert über diesen „Zweibeiner“, der plötzlich wegen einer Frau wieder leben will.   Zur 2. SZENE befindet sich Beckmann in der Wohnung des Mädchens. Sie gibt ihm die Kleidung ihres vermissten Mannes und nimmt ihm die hässliche Gasmaskenbrille ab, so dass er alles nur noch verschwommen sehen kann.

Sie nennt ihn zärtlich „Fisch“ und wärmt ihn.   Doch Beckmann bekommt Angst, weil er hört, wie sich ein Mann auf Krücken nähert – der EINBEINIGE. – Er erkennt in ihm einen Soldaten, der an der Front unter seinem Kommando stand, und dem er gesagt hatte: “Sie halten ihren Posten unbedingt bis zuletzt“. Der Einbeinige wiederholt ständig Beckmanns Namen, so dass dieser zuletzt mit den Worten: „Ich will nicht mehr Beckmann sein!“ aus dem Hause stürzt – auf die Straße zur Elbe hin.   In diesem Moment meldet sich der Andere wieder zu Wort und überzeugt Beckmann, die andere Straße – die an den Häusern vorbeiführt- entlangzugehen, um dem Mann, der sein ganzes Leben lang immer nur seine Pflicht getan hat, seine Verantwortung – gemeint sind die Toten – zurückzubringen.   So spielt die 3.

SZENE beim Oberst und dessen Familie. Beckmann erzählt dem Oberst seinen Traum, der ihn keine Nacht schlafen lässt: „Ein Mann spielt auf einem Xylophon. Doch das Xylophon ist nicht aus Holz, sondern aus Knochen. Und da es so riesig ist, muss der Mann immer hin und her sausen, wodurch er ins Schwitzen gerät. Dabei schwitzt er Blut, das an seinen Beinen rechts und links hinunterläuft. Dabei sieht er so aus, wie ein General mit seinen Hosenstreifen, der allerdings beide Arme verloren hat und deshalb mit zwei Prothesen spielen muss.

Wenn dieser Oberst auf dem Xylophon spielt, erwachen alle Toten aus ihren Gräbern, wandeln in einer riesigen Masse, und brüllen immer wieder den Namen „Beckmann“. Davon wacht er jedesmal auf.“   Nun will Beckmann dem Oberst die Verantwortung zurückgeben, die er ihm an der Front erteilt hat. Beckmann sollte mit 20 Mann die Gegend erkunden; doch als sie zurückkamen, haben 11 Mann gefehlt. Der Oberst jedoch lacht ihn nur aus und empfiehlt, er solle sich bei ihm waschen, rasieren und dann einen alten Anzug von ihm anziehen, um so – wie er sich ausdrückt – „erstmal wieder ein Mensch zu werden“. Diese Aussage erregt Beckmann aufs Äußerste und er schreit: „Ich soll ein Mensch werden? Ja, was seid ihr denn? Menschen? Seid ihr Menschen? Ja?“ – Da bekommt die Mutter des Oberst plötzlich Angst, springt auf und wirft dabei die Lampe um.

Als wieder Licht im Zimmer brennt, ist Beckmann verschwunden und mit ihm ein halbes Brot und eine Flasche Rum. Beckmann ist wieder einmal „Draußen vor der Tür“.   Während er das Brot ißt und aus der Flasche trinkt, fasst er den Entschluss, zum Theater zu gehen. Der Oberst hat ihm nämlich ironisch gesagt: „Wissen sie, mit dem Zeug, mit der Nummer, können sie so auf die Bühne! –Die Menschheit lacht sich, lacht sich ja kaputt!!!“           In der 4. SZENE unterhält sich Beckmann mit dem Kabarett- Direktor. Dieser spricht ihn auch wieder auf seine Gasmaskenbrille an: „Aber der Krieg ist doch lange vorbei.

Wir haben doch längst wieder das dickste Zivilleben! Und sie zeigen sich noch immer in diesem militärischen Aufzug“. Beckmann ist aber erst vorgestern aus Sibirien zurückgekommen und hat keine andere Brille. Er fragt schließlich, ob er beim Kabarett anfangen könne. Doch der Direktor ist entsetzt und meint, es würde den Ruin bedeuten, einen Anfänger einzustellen. Beckmann brauche erst noch etwas Lebenserfahrung und dass er – so wörtlich – erst „jemand werden solle“. Er solle arbeiten, dann könne er wiederkommen.

Da entgegnet Beckmann erregt: „Und wo soll ich anfangen? Wo denn? Einmal muss man doch irgendwo eine Chance bekommen. Irgendwo muss doch ein Anfänger mal anfangen“. Die Antwort des Direktors ist nur, er habe keinen nach Sibirien – in den Krieg – geschickt- und Beckmann darauf: „Nein, keiner hat uns nach Sibirien geschickt. Wir sind ganz von alleine gegangen. Alle ganz von alleine. Und einige, die sind ganz von alleine dageblieben.

Unterm Schnee, unterm Sand“. Daraufhin gibt der Kabarett- Direktor Beckmann eine Chance und läßt ihn etwas vorspielen. Beckmann singt ein Lied, das sein durchlittenes Schicksal genau widerspiegelt. Aber der Direktor lehnt den Vortrag ab mit der Begründung: „Wo kämen wir hin, wenn alle plötzlich die Wahrheit sagen wollten! Wer will denn heut etwas von der Wahrheit wissen?“ Unvermittelt schlägt Beckmann verbittert und ohne Gruß die Tür hinter sich zu und geht geradeaus den Weg in die Elbe. Da redet der Andere auf Beckmann ein mit den Worten: „Irgendwo steht immer ein Tür offen“.- Beckmann entgegnet: „Ich bin nur ein schlechter Witz, den der Krieg gemacht hat, ein Gespenst von gestern.

Deswegen sind alle Türen zu. Bums. Deswegen stehe ich draußen“. Letztlich überzeugt ihn der Andere, nach Hause zu gehen, zu seinen Eltern: „Komm. Da, wo man zuerst hingehen sollte, darauf kommt man zuletzt“.     Zu Beginn der 5.

SZENE steht Beckmann vor seinem Elternhaus. Dort findet er allerdings nicht das erhoffte Messingschild seiner Eltern, sondern nur den Namen „Kramer“ an der Tür. Als er klingelt, öffnet Frau Kramer und Beckmann ist verwundert über die fremde Frau. Bald erfährt er, dass sich seine Eltern „entnazifiziert“, d.h. selbst umgebracht haben, nachdem sein Vater den Beruf verloren hatte und beide Eltern aus dem Haus ausziehen mussten.

Dazu meint Frau Kramer zynisch: „So was Dummes, sagt mein Alter, von dem Gas hätten wir einen ganzen Monat kochen können“. – B. reagiert sofort, aber furchtbar drohend: „Machen sie ganz schnell ihre Tür zu, sag ich ihnen! Machen Sie!“ – Die Frau schreit hysterisch und die Tür schlägt zu.       Beckmann ist total entmutigt und beschimpft den Anderen, der wieder auftritt, als Schwein. Dieser redet immer wieder auf ihn ein, er solle nicht ständig an die unzähligen Opfer des Krieges denken und vor allem nicht an seine toten Eltern. Er drängt ihn: „Komm! Deine Straße wartet.

Und hin und wieder kommen Laternen. Bist du so feige, dass du Angst hast vor der Finsternis zwischen zwei Laternen? Willst du nur Laternen haben? Komm, Beckmann, weiter, bis zur nächsten Laterne“. B. allerdings, der nicht mehr weitermachen will, hört nicht auf ihn, legt sich auf die Straße und schläft ein. – Da meint er schon im Himmel zu sein und träumt einen wunderschönen Traum: Als Erster kommt der alte Mann – Gott! Auch hier ist er der „Gott, an den keiner mehr glaubt“, wie im Vorspiel. Er bekommt von B.

den Vorwurf, dass er den Krieg und die vielen Opfer zugelassen habe. Doch Gott meint, er könne es nicht ändern. Da entgegnet B.: „Du kannst es nicht ändern.- Wir fürchten dich nicht mehr. Und du bist unmodern.

Deine Hosen sind zerfranst, deine Schuhe durchlöchert, und deine Stimme leise geworden – zu leise für den Donner unserer Zeit. Wir können dich nicht mehr hören.“ – Mit diesen Worten schickt er den alten Mann fort.   Kurz danach kommt der TOD- in Gestalt eines Straßenfegers- vorbei, der rote Streifen rechts und links an der Hose hat. Nach B. Auffassung eine „Generalstraßenfeger“.

Der Tod bietet B. seine letzte und immer geöffnete Tür an; doch der Andere plädiert für das Leben. Er macht B. darauf aufmerksam, dass er nur einen bösen Traum träume und er daran zugrunde gehe, wenn er ihn weiterträume.   Doch B. beachtet ihn nicht –Da erscheint der OBERST und erkennt ihn zuerst nicht, bis B.

ihm vorwirft, ob er sich nicht an seinen letzten grausamen Mord erinnere mit dem schrecklichen Lachen: „Sie haben mich totgelacht, Herr Oberst!“ Doch der Oberst ist völlig verständnislos und verlässt B. gleichgültig, indem er sagt: „Na ja. War’n einer von denen, die sowieso vor die Hunde gegangen wären“.   Im folgenden Dialog zwischen B. und dem ANDEREN will dieser ihn davon überzeugen, dass die Menschen gut seien. B.

jedoch kommt zu der Erkenntnis, dass sie zwar gut seien, nur außerordentlich verschieden.   Dann geht auch der KABARETT-DIREKTOR noch einmal an B. vorbei und wird sogleich von ihm als Mörder verurteilt, weil auch er die Tür geschlossen hielt und ihm keine Arbeit gab. Damit habe er B. in die Elbe gejagt. – Aber der Direktor meint nur, dass B.

zu sensibel gewesen sei.   Nach dem Direktor kommt FRAU KRAMER und wird ebenfalls von B. als Mörderin bezeichnet, da ihre Tür die letzte gewesen sei, auf die B. seine ganze Hoffnung gesetzt hatte.   Auch B. FRAU mit ihrem neuen Mann geht vorbei, ohne ihn jedoch zu hören, als er sagt: „Sieh mich doch an, du hast mich doch umgebracht und jetzt gehst du einfach vorbei?“ – Als seine Frau vorbei ist, spricht er mit sich selbst: „Sie kennt mich schon nicht mehr.

Bin ich schon solange tot? Sie hat mich schon vergessen und ich bin erst einen Tag tot“.   Nun kommt das MÄDCHEN, das ihn damals aufgenommen und danach überall gesucht hatte. Sie bittet B., mit ihr wieder lebendig zu sein – und tatsächlich willigt B. ein. In diesem Moment ist plötzlich der EINBEINIGE da und diesmal wird B.

selbst als Mörder verurteilt: „Wir werden jeden Tag ermordet und jeden Tag begehen wir einen Mord. Und du hast mich ermordet, Beckmann“. – Denn, als der Einbeinige nach Hause kam, war sein Platz von B. besetzt – genauso wie es B. erging, als er zu sich nach Hause kam. Deshalb hat sich der Einbeinige am gleichen Tag in die Elbe gestürzt.

Um ruhig tot sein zu können – so beschwört er B. – muss wenigstens Beckann, sein Mörder, an ihn denken.   Nachdem der Einbeinige weg ist, wacht B. auf und fragt: „Wo bin ich? Hab ich geträumt? Bin ich denn immer noch nicht tot?“ B. erinnert sich, indem er wiederholt den Satz ausspricht: „Ein Mann kommt nach Deutschland“ – und dabei noch einmal alle Situationen mit den beteiligten Personen durchlebt – jeweils mit dem Schlußsatz: „Eine Tür schlägt zu, und er steht draußen“.   Beckmann hält das nicht mehr aus, gemordet zu werden und Mörder zu sein und er liegt auf der Straße und stirbt.

Dann kommt der Straßenfeger- in Uniform mit roten Streifen – von der Firma Abfall und Verwesung. Dieser findet den gemordeten Mörder B.- wortwörtlich: „verhungert, erfroren, liegengeblieben“. Weiter heißt es : „Und die Menschen gehen an dem Tod vorbei, achtlos, resigniert, blasiert, angeekelt und gleichgültig, gleichgültig, so gleichgültig! Und der Tote fühlt tief in seinen Traum hinein, dass sein Tod gleich war wie sein Leben: sinnlos, unbedeutend, grau. – Verraten sind wir. Furchtbar verraten!“ Jetzt ruft B.

nach dem Anderen, dem Jasager, dem Antworter, weil er ihn braucht; aber auch er ist nicht mehr da. So geht es ihm auch mit dem alten Mann, der sich Gott nennt und der ebenfalls keine Antwort gibt. Das Drama endet mit dem Ausruf: „Gebt doch Antwort! Warum schweigt ihr denn? Warum? Gibt denn keiner Antwort? Gibt keiner Antwort??? Gibt denn keiner, keiner Antwort???“    INTERPRETATION  W. Borchert hatte dem Titel seines Dramas den Zusatz gegeben: „Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will“. – Damit hatte er seine Wirkung unterschätzt; denn sein Werk erfuhr in zahlreichen Aufführungen, Hörspielen, Kommentaren ein äußerst lebhaftes Echo.   Mit seinem Stück verurteilt Borchert die zerstörerische und nicht berechenbare Macht des Krieges mit der unendlichen Zahl sinnlos gemordeter Soldaten und Zivilopfer.

Der Dichter Heinrich Böll kommentiert das so: “Die Wahrheit Borcherts ist, dass beide Schlachten, die gewonnene und die verlorene, Gemetzel waren.....“.

    Mit B. Satz: “Sie halten ihren Posten unbedingt bis zuletzt!“ verweist Borchert auf die unsinnigen Durchhalteparolen des Naziregimes während der letzten Kriegsmonate, in denen man, obwohl der Krieg bereits als verloren galt, zahllose – auch junge – Soldaten noch in den Krieg geschickt und „verheizt“ hatte.   Seinen Protest richtet Borchert auch gegen die körperliche und seelische Zerstörung sowie das Hungern und Frieren der Soldaten und Heimkehrer. Besonders die Einsamkeit und Heimatlosigkeit wird in der Gestalt Beckmanns verdeutlicht, der für die unzähligen Soldaten steht, die enttäuscht und gebrochen aus dem Krieg zurückkehrten. Hierzu gehört auch der EINBEINIGE.   Das Leid trifft aber auch die Daheimgebliebenen: die verlassenen Frauen, die zerstörten Ehen und Familien – im Drama dargestellt durch B.

Frau und das Mädchen.   Protest richtet er vor allem gegen den OBERST, der die Verantwortungslosigkeit und Gleichgültigkeit der verantwortlichen Kriegstreiber verkörpert.   Aber auch die vielen sogenannten Unbeteiligten klagt er an. So den Kabarett-Direktor mit seiner Schuldabweisung: „Ich habe schließlich keinen nach Sibirien geschickt. Ich nicht.“ Und Frau Kramer, die ihn – so wörtlich: „mit einer gleichgültigen, grauenhaften, glatten Freundlichkeit, die furchtbarer ist als alle Roheit und Brutalität“ empfängt und der das Gas wichtiger ist, als ein Menschenleben: „Von dem Gas hätten wir einen ganzen Monat leben können“.

  Niemand will sich für den Krieg verantwortlich fühlen und jeder will ihn so schnell wie möglich verdrängen und vergessen. So fordert der Oberst B. auf, einen alten Anzug von ihm anzuziehen, damit er wieder normal aussehe. Auch der Kabarett- Direktor und Frau Kramer sprechen B. auf die Gasmaskenbrille – ein unbequemes Kriegsandenken – an, er solle sie wegwerfen, der Krieg sei doch vorbei. Dazu zählt auch der Kabarett-Direktor, der gesagt hatte: „Mit der Wahrheit kommt man nicht weit“ sowie der Oberst mit der „guten deutschen Wahrheit“.

Beide wollen sie von der Wahrheit nichts wissen, da sie zu unbequem ist und sie damit ihre Mitschuld eingestehen müssten.   Letztlich trägt jeder, der am Geschehen teilnimmt, auch Mitverantwortung und Mitschuld. Der EINBEINIGE sagt: „Wir werden jeden Tag ermordet und jeden Tag begehen wir einen Mord. Wir gehen jeden Tag an einem Mord vorbei.“ Sogar B. selbst wird durch den Vorwurf des EINBEINIGEN zum „gemordeten Mörder“.

  Borchert richtet seinen Protest zugleich gegen Gott, der als weinender, jammernder, hilfloser alter Mann auftritt. Er, „an den keiner mehr glaubt“ und „um den sich keiner mehr kümmert“, kann nichts mehr bewirken oder verändern und hat alles zugelassen. B. klagt Gott an: „Oh, wir haben dich gesucht, Gott, in jeder Ruine, in jedem Granattrichter, in jeder Nacht. Wir haben dich gerufen. Gott! Wir haben nach dir gebrüllt, geweint, geflucht! Wo warst du da, lieber Gott? Wo bist du heute abend? Hast du dich von uns gewandt?“ – Und ganz zuletzt wird er von B.

abgewiesen: „Geh weg, alter Mann. Du verdirbst mir meinen Tod“.   Der Tod dagegen – anfangs verkörpert im Beerdigungsunternehmer, später im Straßenfeger – ist für B. ein Befreier und Erlöser: „Eine Tür, eine genügt. Und die läßt er offen, hat er gesagt, für mich, für immer, jederzeit. Eine Tür“.

  Borchert bringt jedoch auch die positive Seite des Menschen zum Ausdruck – dargestellt durch den Anderen, den Jasager. Er ist die Lichtseite B., das gute „ICH“ in ihm, das B. immer wieder ermutigt und auf ihn einredet, weiterzuleben – so wörtlich: „Das Leben wartet mit tausend Laternen und tausend offenen Türen“. Der Andere steht für alle Menschen, die trotz Enttäuschungen, Leiden und Schuldgefühlen nicht aufgeben.   Gegen Ende des Dramas lässt Borchert die Hauptfigur Beckmann sagen: „Ein Mann kommt nach Deutschland“.

Dies sollte eigentlich der Titel des Bühnenstückes werden und so interpretiert Borchert selbst im Prolog: Der Mann ist „Einer von denen, die nach Hause kommen und die dann doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist. Und ihr Zuhause ist dann draußen vor der Tür. Ihr Deutschland ist draußen, nachts im Regen, auf der Straße. Das ist ihr Deutschland!“   Ich persönlich bin der Meinung, das Werk Borcherts ist auch heute – 50 Jahre später – immer noch aktuell und aussagekräftig. Das zeigen uns die letzten Kriege sehr deutlich. z.

B. in Bosnien, im Kosovo, in Ost-Timor und ganz neu in Tschetschenien. Es gibt auch heute noch die Verantwortungslosigkeit und Gleichgültigkeit derer, die eigentlich verantwortlich sind, z.B. die Führungskräfte, die beim Zusammenbruch der DDR auf ihrem Posten blieben und von ihrer Mitschuld nichts wissen wollen.   Den Abschluss des Stückes gestaltet Borchert als Frage, Hilferuf und Schrei nach Antwort! Dass bedeutet: Jeder muss selbst die Anwort finden auf die Frage nach Gott, nach dem Leid, nach Glück und Lebenssinn!!!

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