In dem vorliegenden text, "fatale deutschstunden", setzt sich der autor wolfgang blum mit der frage auseinander, inwiefern der deutschunterricht an gymnasien das spätere leseverhalten von erwachsenen beeinflußt, wobei er eine studie als ausgangspunkt wähl
„Fatale Deutschstunden“
Wolfgang Blum
In dem vorliegenden Text, „Fatale Deutschstunden“, setzt sich der Autor Wolfgang Blum mit der Frage auseinander, inwiefern der Deutschunterricht an Gymnasien das spätere Leseverhalten von Erwachsenen beeinflußt, wobei er eine Studie als Ausgangspunkt wählt. Der Literatursoziologe Erich Schön hat für diese Studie 340 junge Erwachsene und später 447 Schüler nach ihren Lesegewohn-heiten befragt. Er stellt fest, dass der Deutschunterricht bei den Menschen, die regelmäßig Romane lesen (und das seien nur sehr wenige), meist gar nicht, ansonsten negativ erwähnt werde. Warum sich der Autor nur auf den Schultyp Gymnasium bezieht, ist mir nicht klar. Aufgefallen ist mir weiter-hin, dass für die Studie nur eine relativ kleine Anzahl Menschen befragt worden ist; deshalb könnte man die Verallgemeinerung des Ergebnisses in Frage stellen. Im Text wird weiterhin festgestellt, dass die meisten der erwachsenen Belletristik-Liebhaber hauptsächlich in der Pubertät sehr viel gelesen haben, bevor der Deutschunterricht in der Höheren Schule ihnen die Freude daran nahm.
Die beliebtesten Werke hätten dabei seit Generationen kaum gewechselt; genannt werden beispiels-weise „Robinson Crusoe“, „Winnetou“ und auch Pferdebücher. Das trifft meiner Erfahrung nach nur teilweise zu. Bücher von Stephen King zu lesen ist unter Jugendlichen weit verbreitet, und das bereits seit etlichen Jahren. Zu meinem Unverständnis findet dieser Autor dennoch keine Erwäh-nung, ebenso wie einige andere. Ich stimme jedoch der Aussage der meisten Befragten zu, dass Literatur im Deutschunterricht genau dann ist, wenn das Lesen keinen Spaß macht. Der Grund dafür liegt nicht nur für die Befragten in der häufigen Zerlegung eines Werkes in viele Einzelteile und die langwierige, manchmal schwierige, Interpretation dieser.
Doch meiner Meinung nach wird ein weiterer wichtiger Grund vollkommen ausgelassen: Die Art des Lesestoffs in der Schule. Die meisten behandelten Bücher interessierten mich schlichtweg nicht. Gegen einige Figuren in „Effi Briest“ entwickelte ich selbst sogar eine Abneigung, weil ich sie so unsympathisch fand. Ich denke, dass beispielsweise das standardmäßig durchgenommene Drama „Kabale und Liebe“ einfach keine Jugendlichen anspricht. Vielleicht nicht einmal des Stoffs wegen, sondern eher wegen der Machart. Ich bleibe bei dem Beispiel „Kabale und Liebe“: Vom Inhalt her unterscheidet es sich für mein Empfinden nicht großartig von aktuellen TV-Seifenopern, die doch von nicht wenigen verfolgt werden.
Die meisten Schüler finden einfach die altmodische Ausdrucksweise anstrengend und deshalb das Werk unattraktiv. Und selbst wenn ein neuzeitliches, einfach zu lesendes Buch behandelt wird: Die abschnittsweise Textanalyse erhöht die Begeisterung für schulische Literatur natürlich auch nicht. Selbst wenn diese Analyse zum Erlernen bestimmter literarischer Fähigkeiten notwendig ist: Die bloße Aussicht darauf genügt schon, um ein Buch nicht lesen zu wollen. Den praktischen Nutzen und tatsächlichen Sinn dieser Fähigkeiten konnte mir persönlich allerdings auch noch niemand vermitteln. Wolfgang Blum schließt seinen Text mit der Feststellung ab, dass der Deutschunterricht also vor einem alten Dilemma stünde. Er sagt zwar nicht wie alt es schon ist, aber das es der Widerspruch zwischen der Vermittlung von Fertigkeiten und der Motivierung zum Lesen, zwischen Arbeit und Vergnügen sei.
Beide Dinge zugleich hält der Initiator der Studie, Erich Schön, nicht für möglich, begründet diese Ansicht aber nicht. Der Autor äußert keine eigene Meinung; vielleicht will er seine Leser selbst zum Nachdenken bringen. Ich jedenfalls habe das getan, und mein Vorschlag sieht so aus: Es sollten in der Schule auch Bücher behandelt werden, die abwechselnd einige Schüler vielleicht gar nicht, andere dafür um so mehr ansprechen. Wenn man das geschickt macht, könnte für jeden Schüler in der ganzen Zeit von den behandelten Büchern wenigstens ein Interessantes dabei gewesen sein. Das wäre wahrscheinlich besser, als so ziemlich alle Schüler jedesmal zu langweilen. Ich persönlich würde mich zum Beispiel sehr über Erich Maria Remarque (Der schwarze Obelisk, Im Westen nichts Neues) freuen.
Auch Science-fiction, wie von Stanislaw Lem (Der Schnupfen, Der Planet des Todes), ist für mich denkbar. Bei dieser Methode müßte man dann aber auch mehr auf den Inhalt eingehen, und weniger Zeit für Formalitäten aufbringen. Möglicherweise könnten so Schüler angeregt werden, auch noch als Erwachsene begeistert zu lesen und Lektüre zu genießen.
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