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  Thema: funktion der lieder gretchens

Interpretation   Thema: Funktion der Lieder Gretchens Aufgabe: Analysieren und interpretieren Sie die drei Lieder! (Hinweis: Gehen Sie hierbei auf ein Lied genauer ein.)  Die drei aus J.W. Goethes ersten Teil der Faust-Tragödie entnommenen Lieder der Margarete behandeln deren Gefühle zum Protagonisten Faust in verschiedenen Stadien des Dramas. Das erste Lied, welches von Margarete kurz nach ihrer ersten Begegnung mit dem mit dem Teufel im Pakt stehenden Gelehrten Faust gesungen wird, „König in Thule“ (V. 2759-2781), handelt von der leidenschaftlichen Liebe des Königs von Thule und seiner Geliebten.

Das zweite Lied, „Meine Ruh ist hin“ (V. 3374-3413), dass von Gretchen kurz nach dem ersten Liebesgeständnis von Faust gesungen wird, handelt von ihrer Bereitschaft, alles für den Angebeteten aufzugeben. Im dritten Lied, „Ach neige, du Schmerzenreiche“ (V.3587-3619), wird eindringlich die Verzweiflung Gretchens nach der vorehelichen Liebesnacht mit Faust ausgedrückt. Die Funktion dieser in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstandenen Lieder soll nun interpretiert und am Beispiel von „Meine Ruh ist hin“ analysiert werden.

  Nur eines der drei Lieder besitzt einen eigenen Titel. Der „König in Thule“ wurde 1774 unabhängig von den Arbeiten Goethes an der Faust- Tragödie verfasst. Der Titel beschreibt noch nicht den traurigen Unterton des Liedes, sondern weist lediglich auf die Hauptperson hin. Die anderen Lieder besitzen keine eigenständigen Titel, sondern beginnen mit direkten Äußerungen zur Gefühlslage, die dann später im Refrain wieder aufgegriffenen werden („Meine Ruh ist hin“, „Ach neige, du Schmerzenreiche“). In „Meine Ruh ist hin“ sind als Hauptthemen die erstarkten Gefühle und Einsichten Gretchen hinsichtlich ihrer Beziehung zu Faust dargestellt. Gretchen scheint so sehr in Faust verliebt zu sein, dass sie bereit ist, für ihn ihr einfaches, kleinbürgerliches Leben aufzugeben.

Die Auseinandersetzung Gretchens mit dieser Frage wird durch die dreimalige Wiederholung des Refrains: „Meine Ruh ist hin,/ Mein Herz ist schwer;/ Ich finde sie nimmer/ Und nimmermehr.“ (Vgl. V. 3374-3377) noch bekräftigt, der Leser dieses Liedes spürt deutlich die innere Unruhe Margaretes. Das Lied besteht aus 10 Strophen mit jeweils 4 Versen. Der Grundaufbau setzt sich wie folgt zusammen: Refrain (s.

o.), Strophe 2 und 3 (Selbstbeschreibung Gretchens), Wiederholung des Refrains, Strophe 5 (Gretchens Bekenntnis zur bereits entstehenden Abhängigkeit von Faust) Strophen 6-7 (Charakterisierung Fausts), zweite Wiederholung des Refrains, danach Strophe 9 und 10 (Wirkung auf Gretchen und Ausblick auf ihre zukünftigen Reaktionen). Goethe verwandte viele Enjambements, so dass zumeist zwei aufeinanderfolgende Verse einen Satz bilden und somit ein Paarreim zu erkennen ist (abcb), der aber im Refrain und in Strophe 2 (direkter Paarreim aabb) nicht beibehalten wird. Das Metrum setzt sich aus einen Wechsel von drei- und zweihebigen Jamben zusammen. Werden die schon erwähnten Enjambements der aufeinanderfolgenden Verse beachtet, kann man einen für die Klassik typischen Blankvers erkennen. Die Wortwahl Gretchens in diesem Lied lässt einen Kontrast zwischen ihr und Faust entstehen.

So verwendet sie in den Strophen 2 und 3, die der eigenen Charakterisierung dienen, schwache, negative Verben „vergällt“, „verrückt“, „zerstückt“ (V.3381ff.) und für die Beschreibung Fausts in Strophe 6 (V.3394-3397) starke, positive Adjektive wie „hoch“ und „edel“. Die Substantive in den Strophen 6 und 7 werden fast immer von einem beschreibenden Adjektiv oder einem bekräftigenden anderen Substantiv begleitet (V. 3396f.

: „Seines Mundes Lächeln, Seiner Augen Gewalt,“). In Strophe 6 wird fast jedes körperliches Erscheinungsmerkmal an Faust einzeln besprochen und in Strophe 7 (V. 3398-3401). In Strophe 7 wird völlig auf Adjektive verzichtet, es werden Andeutungen und direkten emotionale Äußerungen verwendet (V. 3400f.: „Sein Händedruck,/ Und ach sein Kuss!“).

Insgesamt werden in dem Lied viele Possessivpronomen benutzt, in Strophe 6 wird jeder Vers mit einem “sein“ (Symbol für Faust) begonnen. Damit soll möglicherweise ausgedrückt werden, dass Gretchen bereits erkennt, wodurch Faust die Liebe in ihr erweckt hat. Auch für die Beschreibung Gretchens selbst sind viele Possessivpronomen eingesetzt worden. Die Satzform ist einfach gehalten. So wird im ersten Vers eine durch Faust ausgelöste Reaktion Gretchens genannt (vgl. Strophen 2 und 3) und im darauffolgenden Vers wird eine Begründung dafür erbracht.


Der Autor nutzte außerdem einen syntaktischen Parallelismus im Refrain: „Meine Ruh ist hin,/ Mein Herz ist schwer;“ um die hohe Anzahl neuer Situationen zu verdeutlichen. Gretchens bürgerliche Redensweise wird durch viele Redensarten („Mein Herz ist schwer“ etc.) verdeutlicht. Auffällig ist der Tempuswechsel in den letzten beiden Strophen. So wird hier statt dem sonst verwandten Präsens der Konjunktiv genutzt („Ach dürft’ ich ihn fassen“, vgl. V.

3408), um die unsicheren Gefühle Gretchens auszudrücken.   Gretchen singt in „Meine Ruh ist hin“ von einer endgültigen Entscheidung für Faust, es werden häufig Wörter wie „nimmer“ (siehe Refrain) und „nur“ (vgl. V.3390-3392) verwendet, die klar aufzeigen, dass sich Gretchen nun ihrer Gefühle für Faust sicher ist. So dient dieses Lied dem Spannungsaufbau. Goethe verwandte es, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, an Gretchens Entscheidung teilzuhaben und deren in der letzten Strophe angekündigte Umsetzung zu verstehen („Und küssen ihn/ So wie ich wollt’,/ An seinen Küssen/ Vergehen sollt’!“, siehe V.

3410-3413).   In „Meine Ruh ist hin“ wird ein Bild von einem Grab (vgl. V.3379) hervorgerufen, da Gretchen wegen ihrer Gefühle zu Faust nicht mit ihm und auch nicht ohne ihn leben kann. Sollte sie ihren Gefühlen nachgeben und sich ihm doch noch vor der Hochzeit hingeben, würde sie im Dorf verachtet, gemieden und ausgegrenzt werden. Sogar eine existenzielle Bedrohung wäre vorprogrammiert.

Das Motiv des Grabes und des Todes wird in allen drei Liedern aufgegriffen. Im „König in Thule“ singt Gretchen von Liebe und Treue bis an den Tod (vgl. V.2759f. : „Es war ein König in Thule gar treu bis an das Grab,“) und ahnt wohl, dass es ihr genauso ergehen könnte. In „Meine Ruh ist hin“ wird der Eindruck erweckt, als würde sie, um Faust endlich näher zu kommen, den Tod in Kauf nehmen, da sie ohne ihn nicht mehr leben kann und will.

Im dritten und vorletzten Lied vor Gretchens Tod im Kerker betet sie, trotz der in „Meine Ruh ist hin“ signalisierten Bereitschaft, die Konsequenzen für ihr Handeln zu tragen, die Jungfrau Maria an. Gretchen sieht in ihr eine Frau, die genauso viel Schmerz ertragen musste, wie sie selbst. Sie bittet um eine Linderung ihrer Schmerzen und eine Befreiung aus der durch die ungewollte Schwangerschaft mit einem unehelichen Kind entstandenen Not.   Im „König in Thule“ – Lied wird der Kontrast zwischen Margarete und Faust sehr deutlich. So singt Gretchen kurz nach der ersten Bekanntschaft mit Faust eine Ballade mit einer negativen Grundstimmung über leidenschaftliche Liebe und Treue. Da der Teufel Mephisto sich mit Faust verbündet hat und ihn so verzaubert hat, dass Faust jede Frau attraktiv findet und zu diesem Zeitpunkt keineswegs von Liebe bis an den Tod träumt, entsteht o.

a. Kontrast. Gleichwohl entwickelt Faust eine starke Zuneigung zu Margarete, die später in Liebe aufgeht. Das Lied drückt Gretchens Sehnsucht nach Liebe und die Angst vor Untreue aus („Es war ein König in Thule/ Gar treu bis an das Grab,“, vgl. V.2759-2760).

Durch den liedhaften Charakter dieser Ballade wird auch hier das einfache und natürliche Wesen Gretchens unterstrichen. Eine schicksalhafte Stimmung wird durch die Verbindung von Liebe und Tod erreicht, die auf den Ausgang der Tragödie hinweist. Gretchen erscheint als der ruhige, ausgeglichene Pol im Gegensatz zu dem ungeduldigen, wissensdurstigen und schwierigen Faust.   Im dritten Lied „Ach neige du Schmerzenreiche“ wird ein weiteres Stadium von Gretchens Entwicklung aufgezeigt. Sie singt dieses Lied einige Zeit nach der Liebesnacht mit Faust und ist sich wohl bewusst, was dies für Konsequenzen (Schwangerschaft, Ächtung) hat. Die einzige Hoffnung auf Vergebung für die religiös erzogene Margarete ist das Gebet.

Sie vergeht fast vor Schmerz, weil Faust sie ihrer Situation allein überlässt. Während in „Meine Ruh ist hin“ noch in fast scherzhaften Ton von „vergehen“ und dem „Grab“ gesprochen wird, ist hier keine positive Stimmung zu erkennen. Die dort angesprochenen Probleme sind Realität geworden. Gretchen sieht sich bald mit ihrem Heimatdorf und ihrem für ihre „Schande“ sterbenden Bruder Valentin konfrontiert, der sie als „Metze“ (in der heutigen Zeit gleichbedeutend mit „Hure“) beschimpft. Aber Gretchen zeigt Unrechtbewusstsein und trägt die Auswirkungen ihres Handelns. Nach ihrem Kindsmordprozess (Goethe lehnte diesen an den der Susanna Brandt an, siehe Lehrbuch S.

75) lässt sie sich nicht von Faust und Mephisto aus dem Kerker befreien, sondern entscheidet sich für die Inanspruchnahme der Bestrafung für ihre begangenen Sünden. Gretchen wächst also im Laufe der Liaison mit Faust sowohl gefühlsmäßig als auch geistig zu einer starken jungen Frau heran. Die Lieder zeigen, dass sie vieles sehr emotional und sensibel auffasst und diese gegenwärtige Gefühlslage in Liedern ausdrückt.     Die Lieder lassen sich nicht nur einer Literaturepoche zuordnen. So spricht für die Sturm und Drang - Epoche, dass Gretchens Gefühle sehr im Vordergrund stehen und auch die Obrigkeiten (Kirche und „edle“ Menschen wie Faust) kritisiert werden. Für eine Zuordnung zur Klassik spricht die Harmonie zwischen Geist und Körper Gretchens, sie ihre Bedürfnisse nach ihren eigenen Moralvorstellungen ausrichtet und sie sich auch den Ahndungen ihrer Taten durch die Gesellschaft stellt.

Der Autor setzte die Lieder ein, um einen Spannungsaufbau zu schaffen und dabei einen bildlichen Einblick in die Seele Gretchens zu ermöglichen. Alle drei Lieder zeigen die Grenzen der bürgerlichen Gesellschaft für eine freie Liebesbeziehung. Da Gretchen noch sehr jung, naiv und unerfahren ist, überschreitet sie diese Grenzen unbewusst und ist den Folgen nahezu schutzlos ausgesetzt. Auch heute stehen Themen wie standesgemäße Heirat und Kindsmord noch auf der Tagesordnung, aber die Wahrscheinlichkeit, in eine solch ausweglose Situation wie Gretchen zu geraten ist z.B. durch die Möglichkeit zur Abtreibung eines ungewollten Kindes oder die Babyklappe deutlich gesunken.

   

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