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Ein Vergleich: Aeneis - Ilias & Odyssee
Andrea Lehner
Inhaltsverzeichnis:
Aeneis 3-11
1.1 Einleitung 3-4
1.2 Inhalt 4-7
1.3 Innere Handlung und Aufbau der Aeneis 7-9
1.4 Der Schicksalsgedanke bei Vergil 9-11
Ilias & Odyssee 12-22
2.1 Einleitung 12-14
2.
2 Inhalt der Ilias 14-15
2.3 Charaktere der Hauptpersonen in der Ilias 16-19
2.4 Inhalt der Odyssee 19-21
2.5 Die Götter bei Homer 21-22
Ein Vergleich 23-28
3.1 Die Beschreibung des Seesturms 23
3.2 Gespräch auf Götterebene 24-25
3.
3 Die Beruhigung der Helden 25-26
3.4 Geschehnisse in der Unterwelt 26-27
3.5 Die Schildbeschreibung 27-28
3.6 Der Zweikampf 28
Literaturnachweis 29
DIE AENEIS
1.1 Einleitung:
Die letzten elf Jahre seines Lebens verbrachte Vergil mit der Abfassung der Aeneis, eines 29 v. Chr.
von ihm begonnenen mythologischen und zugleich historischen Epos in zwölf Büchern. Er beschreibt darin die sieben Jahre währenden Fahrten und Abenteuer des Helden Aeneas vom Fall Trojas bis zu seinem Sieg über Turnus in Italien. Vergil zufolge stammten die Römer in direkter Linie von Askanios ab, dem Gründer von Alba Longa, dem Ur-Rom.
Im Stil und Aufbau lehnt sich die Aeneis an die homerischen Epen Ilias und Odyssee an. In Teilen sind auch die Einflüsse der Argonautiká des griechischen Dichters Apollonios von Rhodos aus dem 3. Jhdt.
v. Chr. und der Annales des römischen Dichters Quintus Ennius erkennbar. In der Aeneis entwickelte Vergil den Hexameter in sprachlicher und technischer Hinsicht zur Perfektion, so daß seinen Versen bis heute Vorbildcharakter zukommt.
Als poetische Vorbilder Vergils sind die homerischen Epen zu nennen. Ganz bewußt fordert Vergil den Vergleich mit ihnen heraus.
Durch die Zahl der Bücher, durch die Übernahme der Hauptthemen Kampf und Irrfahrten und Heimkehr des Helden in umgekehrter Reihenfolge, durch die Übernahme der zwei Handlungsebenen - göttliche und menschliche Ebene - und der epischen Darstellungsmittel wie Götterszenen und Proömium mit Musenanruf. Während Ilias und Odysee je 24 Gesänge haben, umfasst die Aeneis zwölf; das ist als Ausdruck der Bescheidenheit gegenüber Homer zu verstehen, der in der Antike als der größte Dichter galt. Doch Vergil begnügt sich nicht mit bloßer Nachahmung - obwohl dies in der Antike nicht abwertend zu verstehen ist - sondern ändert seinen Bezugstext, indem er den homerischen Themen einen neuen Aussagewert verleiht: Aeneas handelt nicht wie die homerischen Helden für sich selbst und für sein Heldentum, sondern im Götterauftrag für sein Volk. Auch sind die vergilischen Götter in ihrem Handeln weniger frei als die homerischen: Sie alle, auch Juppiter, unterstehen dem Fatum, über dessen Durchführung er wacht. Der Gang der Geschichte ist für Vergil ein sinnvoller: Die Mühen und Anstrengungen des Aeneas werden ihren Lohn finden, allerdings nicht mehr zu Lebzeiten des Helden, sondern erst zur Zeit des Augustus, in der sich endlich die Friedensherrschaft erfüllen wird.
Die Aeneis gilt als das erste große literarische Epos.
Anders als die ebenfalls kunstvoll komponierte Ilias enthält sie keine der in den früher entstandenen, mündlich überlieferten Dichtungen gebräuchlichen Wendungen. Im Gegensatz zur Ilias ist die Aeneis keine auf Überlieferungen beruhte Darstellung von Ereignissen. Vielmehr handelt es sich um eine auf Augustus´ Wunsch hin entstandene Verherrlichung Roms, in der das Werden der Stadt und die Geschichte ihrer wohl von den Trojanern abstammenden Bewohner in idealisierter Form nachgezeichnet wird.
Die Aeneis war von Anfang an ein viel beachtetes Werk. Bereits ab dem 1. Jhdt.
n. Chr. gehörte sie zum Kanon der Schullektüre. In etlichen Kommentaren wurde der Ruhm Vergils vergrößert, der lange Zeit als der größte römische Dichter und als der Dichter schlechthin galt. Im Mittelalter maß man seinem Heldenepos philosophische Bedeutung zu und hielt Vergil für einen zauberkundigen Seher. Dante huldigt ihn im ersten Teil seiner Göttlichen Komödie, indem er ihn dem Dichter als Begleiter durch Hölle und Fegefeuer bis zur Himmelspforte zur Seite stellte.
Vergils Stil ud seine Verstechnik hatten großen Einfluß auf das Schaffen der italienischen Renaissancedichter, namentlich auf Torquato Tasso. In Deutschland verlor Vergil im 18. Jhdt. seine Vorrangstellung vor Homer, erlangte jedoch Anfang des 20. Jhdt. wieder mehr Beachtung.
Innerhalb der literarischen Moderne setzte Hermann Broch dem Dichter mit Der Tod des Vergils (1945) ein Denkmal.
1.2 Inhalt:
I Nach dem Proömium setzt das Geschehen unmittelbar mit einem von Juno erregten Seesturm ein, der die gerade von Sizilien abfahrende trojanische Flotte zerstreut. Aeneas landet mit sieben Schiffen an der karthagischen Küste. In einem Gespräch mit Venus verheißt Juppiter dem Volk des Aeneas die Weltherrschaft und das Friedensreich des Augustus. Dido, die Königin von Karthago, verspricht den im Sturm von Aeneas Getrennten Hilfe und bald darauf wird Aeneas mit seinen Gefährten gastlich aufgenommen.
Cupido nimmt auf Venus´ Veranlassung in Gestalt von Ascanius am Festmahl teil und lässt Dido in Liebe zu Aeneas entbrennen, den sie schließlich um die Erzählung seiner Erlebnisse bittet.
II Aeneas beginnt seine Erzählung mit der Zerstörung Trojas: Von dem Priester Laokoon vergeblich gewarnt, von dem Griechen Sinon betrogen, ziehen die Trojaner das hölzerne Pferd, in dem bewaffnete Griechen Verborgen sind, in die Stadt; die Feinde verlassen dieses in der Nacht und der Kampf beginnt. Aeneas, im Traum durch den gefallenen Hektor gewarnt, kämpft verzweifelt, muß aber schließlich die Ermordung des König Priamos mit ansehen. Aeneas flüchtet dann mit seinem Vater Anchises, seinem Sohn Ascanius und seiner Gattin Creusa ins Idagebirge, die er jedoch im Verlauf der Reise verliert.
III Nach der Abfahrt versuchen die Trojaner zuerst Neuansiedlungen in Thrakien und Kreta, erhalten jedoch in Delos, Kreta und auf den Strophaden Götterhinweise auf das eigentliche Fahrtziel Italien. In Buthrotum gibt ihnen der Seher Helenus Ratschläge und Warnungen für die Weiterfahrt und nennt den Zielort.
Die erste Landung in Italien erfolgt beim Castrum Minervae. Während der Weiterfahrt um Sizilien kommen sie bei den am Fluß des Aetna hausenden Kyklopen vorbei. Mit dem Tod des Anchises in Drepanum auf Sizilien endet die Erzählung des Aeneas.
IV Dido ist von der neuen Liebe überwältigt und Juno will mit Venus´ Zustimmung Aeneas in Karthago festhalten. Bei einem Gewitter auf einer Jagd kommt es zur Liebesvereinigung. Das Liebesverhältnis währt den ganzen Winter über und dann greift Juppiter ein und sendet durch Merkur Aeneas den Abfahrtsbefehl.
Aeneas beschließt die Weiterfahrt und Dido stellt ihn vergeblich zur Rede. Aus Verzweiflung lässt Dido im Palast einen Scheiterhaufen errichten, um dort angeblich alle Erinnerungen an den Treulosen zu verbrennen - tatsächlich steht ihr Entschluss zum Selbstmord bereits fest. Nachts fährt Aeneas ab und Dido flucht auf Aeneas und seine Nachkommen Unheil und Krieg herab, danach stirbt sie in königlicher Würde.
V Die Trojaner landen nochmals in Drepanum, am Jahrestag von Anchises´ Tod. Die fahrtmüden Trojanerinnen stecken die Schiffe in Brand, doch Juppiter rettet die Flotte durch einen Regenguss. Aeneas aber fasst erst nach einer Erscheinung des Anchises neuen Mut.
VI Nach der Landung in Cumae erhält Aeneas von der dort wohnenden Seherin Sibylle den Auftrag, zuerst den Leichnam des inzwischen verstorbenen Trojaners Misenus zu bestatten und einen geheimnisvollen goldenen Zweig zu pflücken, dann geleitet ihn die Seherin in die Unterwelt. Im Totenreich begegnet Aeneas Dido und heftet den goldenen Zweig an das Palasttor der Unterweltsgötter. Anchises belehrt ihn über die Wiedergeburt der unvollkommenen Seelen und zeigt ihm große Gestalten der künftigen römischen Geschichte (Römerschau), dann entlässt er Aeneas und Sibylle an die Oberwelt.
VII Nach der Landung an der Tibermündung folgt die Erzählung von der freundlichen Aufnahme der Trojaner durch den Landeskönig Latinus, der aufgrund von Vorzeichen Aeneas die Hand seiner Tochter Lavina verspricht, obwohl seine Gattin Amata den Rutulerfürsten Turnus als Schwiegersohn bevorzugt. Auf Junos Befehl hetzt Amata, Turnus und eine Schar latinischer Hirten gegen die Trojaner auf. Nach der Weigerung des Latinus gibt Juno selbst das Zeichen zum Kriegsbeginn.
VIII Aeneas fährt auf Befehl des Flussgottes Tiberinus stromaufwärts, um von dem aus Arkadien in Griechenland stammenden und jetzt in Italien ansässigen König Euander Hilfe zu erbitten. Er wird von den Arkadern freundlich aufgenommen. Nachts schmiedet Vulcanus auf Bitten der Venus neue Waffen für Aeneas. Am nächsten Morgen erhält Aeneas 400 Reiter unter der Führung von Euanders Sohn Pallas. Venus übergibt ihm die neue Rüstung, wobei der Schild mit Darstellungen der römischen Geschichte genau beschrieben wird.
IX Während der Abwesenheit des Aeneas werden die Trojaner, die sich im Lager aufhalten, von den Italikern bedrängt.
Turnus eröffnet, von Iris im Auftrag Junos aufgehetzt, den Kampf und steckt die Schiffe in Brand, die jedoch von der Göttermutter Kybele in Nymphen verwandelt werden. Am nächsten Morgen gelingt einigen Feinden unter der Führung des Turnus der Durchbruch ins Lager, jedoch werden sie von den tapfer kämpfenden Trojanern zurückgedrängt und Turnus kann sich am Ende nur durch einen Sprung in den Tiber retten.
X In einer Götterversammlung verbietet Juppiter den Göttern, vor allem Juno, in das Geschehen des folgenden Schlachttages helfend einzugreifen. Aeneas erscheinen auf der Rückfahrt seine in Nymphen verwandelten Schiffe und unterrichten ihn von der Notlage der Trojaner. Nach einer raschen Landung gelingt es Aeneas, das Lager zu befreien, doch der junge Pallas wird von Turnus im Zweikampf getötet.
XI Während eines zwölftägigen Waffenstillstandes werden die Toten bestattet.
Aeneas sendet einen Trauerzug mit der Leiche des Pallas zu Euander. In einem Kriegsrat der Latiner, in dem Latinus zum Frieden rät, erklärt sich schließlich Turnus zu einem Zweikampf mit Aeneas bereit, als das Heranrücken des trojanischen Heeres die Hoffnung auf Beendigung des Krieges zerstört.
XII Mit der Einwilligung des Turnus zu dem Zweikampf beginnen die Friedensvorbereitungen. Der zwischen Aeneas und Latinus geschlossene Vertrag wird jedoch von den Rutulern, die Juturna, die Schwester des Turnus, im Auftrag Junos aufhetzt, sofort wieder gebrochen. Es kommt zum allgemeinen Kampf, in dem Juturna Turnus in Gestalt von dessen Wagenlenker ständig den Blicken des Aeneas entzieht. Dadurch, daß Aeneas die bis jetzt verschonte Stadt des Latinus angreift, zwingt er Turnus sich doch zum Zweikampf zu stellen.
Nach einem Versöhnungsgespräch zwischen Juppiter und Juno, welches die Voraussetzung für die Beendigung des Krieges bildet, tötet Aeneas Turnus im Zweikampf.
Landkarte mit den Stationen der Fahrt des Aeneas von Troja nach Latium
1.3 Innere Handlung und Aufbau der Aeneis:
Das Geschehen des Epos spielt sich auf drei Ebenen ab, und zwar auf einer ersten Erzählebene der menschlichen Handlungsträger Aeneas, Dido, Turnus usw. Dabei muß man neben der äußeren Handlung, die die Ereignisse ohne Wertung umfasst, auch noch die innere Handlung verfolgen. Auf einer zweiten Erzählebene spielt die Götterhandlung: Juppiter und das Fatum vertreten die Weltordnung, Juno und Venus versuchen parteiisch diese zu verändern. Die handelnden Menschen erfahren vom Willen der Götter nur wenig, im Gegensatz zum Leser, der das Verhalten der Menschen von der Perspektive der Götter aus betrachten kann.
Auf einer dritten Ebene steht der Leser der augusteischen Zeit, für den Vergil schreibt.
Der Epos gliedert sich in zwei Hauptteile, die Bücher 1-6 und 7-12, wobei jeder dieser Hauptteile aus einem Anfangs-, Mittel- und Schlußteil besteht. Charakteristisch für den ersten Hauptteil ist, daß Aeneas hier noch ganz an seiner alten Heimat Troja hängt und für die neue Aufgabe innerlich noch nicht bereit ist. Aeneas nimmt vorerst weder den Auftrag Hektors zur Kenntnis, durch den seine pietas gegenüber den Göttern gefordert wird, noch die Information der Creusa, daß Italien seine neue Heimat sein werde. Da er sich seines Zieles nicht mehr bewusst ist erteilt Anchises den Befehl zur Abfahrt. Der Tod seines Vaters bedeutet für Aeneas den Verlust der menschlichen Stütze.
So gerät er im Mittelteil in Gefahr seinen Götterauftrag zu vergessen, indem er sich nach der Landung in Karthago in Dido verliebt. Beide, Aeneas und Dido, wissen durch die Erscheinung der Creusa, von der Aeneas Dido berichtet, daß Aeneas in Italien eine neue Gattin bestimmt ist, mißachten jedoch den Willen der Götter. Trotzdem wird Aeneas, als er endlich bereit ist, sein persönliches Glück den Verpflichtungen seinem Volk gegenüber zu opfern und Dido verlässt, auch an Dido schuldig. Im Schlußteil gerät Aeneas noch einmal in eine schwere Krise. Nach dem Schiffsbrand verlässt ihn der Mut und er möchte in Sizilien siedeln. Erst durch eine Erscheinung des Anchises, der ihn auffordert zu ihm ins Elysium zu kommen, kann er zur Weiterfahrt bewogen werden.
In Erfüllung der pietas dem toten Vater gegenüber gehorcht Aeneas und wird durch die Heldenschau in der Unterwelt endlich zu einem entschlossenen Handeln und zur Bajahung seines Auftrages befähigt.
Der Anfangsteil des zweiten Hauptteils umfasst den Beginn des Kampfes in Latium, den Juno gegen die Bestimmung des Fatum erregt, indem sie sich die Leidenschaftlichkeit Amatas und die rasche Kriegsbereitschaft des Turnus zunutze macht, gegen die der friedliebende Latinus wehrlos ist. Im Kontrast zu Turnus steht Aeneas. Er nimmt dieses Leid für die Zukunft seines Volkes als vom Schicksal Auserwählter bereitwillig auf sich. Der Mittelteil schildert die Kämpfe bis zur Entscheidungsschlacht. Turnus besiegelt durch die Tötung des Pallas und die Erbeutung von dessen Wehrgehenk bereits sein eigenes Schicksal.
Denn Juppiter hatte in der Götterversammlung verkündet, daß dieser Schlachttag schon die Entscheidung bringen werde. Der Schlußteil führt vom Krieg zum Frieden. Latinus drängt - in Unkenntnis von Juppiters Willen - im Kriegsrat, dem menschlichen Gegenstück zur Götterversammlung, zum Frieden, den Aeneas - ebenso ahnungslos - durch sein Heranrücken verhindert. Am Ende des Schlachttages scheitert der Hinterhalt des Turnus, weil Juppiter jetzt auf der Seite des Aeneas eingreift. Am Ende besinnt sich Turnus seiner Heldenpflicht und stellt sich zum Zweikampf mit Aeneas. Dieser besiegt und tötet ihn, trotz der Bitte des Turnus um Schonung - da er den Schwertgurt des Pallas an ihm erblickt, um diesem und Euander gegenüber seine pietas zu erfüllen.
1.4 Der Schicksalsgedanke bei Vergil:
Das Wirken des Fatum oder der Fata ist die bewegende Kraft des Gedichts. Zu Beginn hört man von Aeneas und die Seinen. Juno ist es, die sie mit ihrem Haß verfolgt, aus persönlichem Haß, weil Paris ihre Schönheit verschmäht hatte und aus politischen Gründen, weil wenn es das Schicksal zuließe, würde sie ihre Stadt Karthago zur Weltherrscherin machen, aber der Spruch der Parzen verbietet es ihr und kündet ihn Aeneas den künftigen Zerstörer Karthagos. Daher hindert sie die Heimatlosen daran, in das ihnen bestimmte Latium zu kommen. Erzürnt blickt sie auf die Trojaner, die froh von Sizilien in See stechen.
Mitten in der Irrfahrt beginnt wie die Odyssee das Epos Vergils. Auch ihr ist vom Schicksal verwehrt, die Aeneaden ganz von ihrem Bestimmungsort fernzuhalten, denn auch sie ist an die Fata gebunden, aber sie läßt nicht ab von ihrem Groll und mit allen Mitteln erreicht sie einen durch Äolus hervorgerufenen Seesturm. Aeneas und seine Landsleute ahnen von Junos Plänen nichts. Zerschlagen und verzweifelt rettet sich Aeneas mit wenigen Überbleibseln an Libyens Küste. Er tröstet sich mit der Bestimmung und der Zukunft. Die Aeneaden wissen also um ihre Bestimmung.
Sie ist das eigentliche Wichtige und Dauernde, die Leiden und Gefahren sind Zwischenfälle. Er selbst sorgt sich noch, zweifelt noch, so wie er im Seesturm das Ende schon nahe glaubte, er ist sich seiner Bestimmung nicht sicher. Er ist ein ringender Mensch, der mehr Kraft hat als die anderen, aber seiner selbst noch nicht gewiß ist. Dies ist die eigentliche Spannung der ersten sechs Bücher, nämlich wie sich Aeneas der Fata gewiß werden kann.
Juppiter, der höchste Gott ist der Verwalter der Fata, die Fata sind sein Wille und dieser Wille bleibt fest und unwandelbar. Er gibt eine Enthüllung der römischen Geschichte über die Kämpfe des Aeneas, die Königsreihe, die Gründung Roms bis zu der Eroberung des Erdkreises und Augustus.
Juppiter selbst tut auch noch ein Weiteres nach der Enthüllung des Schicksals: er schickt den Götterboten Merkur zu Dido, der Königin von Karthago, damit sie nicht aus Unkenntnis dessen, was bestimmt ist, die Trojaner abwiese. Denn auch die Einkehr bei Dido ist offenbar vom Schicksal gewollt. Venus schickt Cupido in Gestalt von Ascanius zu Dido, um in ihr die Liebe zu Aeneas zu erwecken. Dies wäre aber nicht notwendig gewesen - und das ist typisch für das Eingreifen der Götter bei Vergil; denn auch ohne ihr Eingreifen würde das Geschehen sinnvoll verlaufen oder anders gesagt: die Götter sind die Symbole der göttlichen Kräfte, die im Geschehen wirken. Auch der Untergang der Heimat war vom Schicksal bestimmt. Die Erzählung der Irrfahrten steht, ohne daß das dritte Buch die letzte Hand erfahren hätte, unter einem einheitlichen Gesichtspunkt, der allmählichen Aufhellung des Fatumwillens und des Fahrtzieles.
Es bedürfte der Ränke der Juno, von der sich Venus zur Mithilfe gewinnen läßt, obwohl sie in Unsicherheit ist wegen des Fatum, ob Juppiter eine Vereinigung von Römern und Karthagern zuläßt nicht. Denn Dido ist von brennender Liebe zu dem Helden erfaßt und vergißt den toten Gatten Sychaeus, dem sie Treue geschworen hat; und Aeneas erliegt der Wirkung der stolzen Frau. Nach ihrer Vereinigung in der Höhle, Junos Werk, scheint Aeneas verfallen. Er hilft Dido beim Bau ihrer Stadt, unbekümmert, was aus den Seinen und seiner Aufgabe wird. Da greift Juppiter persönlich ein. Er läßt den Götterboten Merkur Aeneas hart schelten, daß er keinen Respekt vor der Stimme des Fatum hat.
Aeneas erschrickt, erkennt die Stimme des Gottes und fügt sich ihr. Seine pietas läßt ihn gehorsam sein. Der Gang durch die Unterwelt im sechsten Buch zum Vater ist das Schwerste, was Aeneas als Auserwählter unter den Sterblichen überstehen muß, ehe er im Blick auf die letzten Dinge und den Willen des Schicksals zu letzter Sicherheit heranreift.
Damit hat sich die erste Hälfte des Epos, die römische Odyssee, zum Kreis geschlossen. Es folgen die sechs Bücher der römischen Ilias. Die Reihenfolge, die der Reihenfolge der Entstehung der homerischen Epen widerspricht ist nicht zufällig, und die Idee des Fatum ist der Grund davon.
In den zwei homerischen Epen kommen die beiden großen Wirklichkeiten des ritterlichen Zeitalters der natürlichen Reihenfolge nach zum Worte: Kampf und Entscheidung und Heimkehr. Die römische Odyssee Vergils ist zwar auch eine Heimkehr zum Ursprung und ein Heimfinden, zugleich aber ist die Bewährung der Standhaftigkeit des Aeneas nicht ein Überstehen wie bei Odysseus, sondern ein Bestimmterwerden und ein Reifwerden für seine Aufgabe.
In Latium, von Aeneas an den Zeichen bald als Bestimmungsort erkannt, hat der König Latinus durch Orakel den Willen des Schicksals erfahren, daß seine Tochter Lavinia einem über See kommenden Fremden als Gemahlin bestimmt ist. Gegen diesen Willen des Schicksals lehnt sich die Königin Amata auf, die sie mit dem Rutulerfürsten Turnus, dem zweiten Achill, der hier im fremden Land Aeneas als Gegner erwächst, verbinden möchte. Aeneas könnte hier rasch eine Stadt gründen und Ruhe finden, wenn nicht Juno wieder Verwirrung stiftete. Zwar weiß sie, sie kann Aeneas nicht mehr an der Herrschaft in Latium hindern, aber sie kann Hemmungen bewirken und einen hohen Blutzoll vorher fordern.
Die erste große Schlacht wird in Buch zehn eingeleitet von einem Götterrat, um die bewegenden Kräfte des Geschehens sichtbar zu machen. Venus und Juno führen jede ihre Sache. Venus beklagt sich über Not und Gefahr ihrer Trojaner. Wenn Venus Aeneas hilft, so hat Juno das Recht, den Rutulern und Turnus beizustehen. In diesem Hader parteilicher Rachsucht und Begünstigung, dieser nicht abreißenden Kette von Schuld und Sühne bleibt Juppiter unparteiisch. Im bevorstehenden Kampf wird die Tüchtigkeit beider Parteien, ihr ganzes Sein gewogen.
Im Kampfe hat Aeneas sein ganzes Menschentum bewährt, neben seiner virtus und pietas die iustitia, die ihm die Verträge halten, und die clementia, die ihm den Gegner schonen läßt, wo es erlaubt ist. Es ist jener Vierklang von Tugenden, mit deren Aufschrift der Senat Augustus ehrte. In Augustus sind die Tugenden wieder verwirklicht, die am Anfang und Ursprung in Aeneas zur Gründung Roms führten. Wie bei Homer vor dem Zweikampf Hektor-Achill wägt Juppiter die beiden Schicksale. Hektors Waagschale sinkt und drunten auf der Erde eilt Hektor in das Haus des Hades. Zeus hat keinen Einfluß auf das Schickal, das unbegreiflich dem Menschen sein Ende setzt.
ILIAS & ODYSSEE
2.1 Einleitung:
Homer ist ein am Beginn der antiken griechischen Literatur stehender Dichter und gilt als Verfasser der beiden wichtigsten altgriechischen Epen, der Ilias und Odyssee. Homers historische Existenz ist nicht belegt, und über die Frage, ob die beiden Epen von ein und demselben Verfasser stammen, gehen die Meinungen auseinander. Linguistische und historische Untersuchungen legen jedoch die Vermutung nahe, daß die beiden Dichtungen im 8. Jhdt. v.
Chr. an der von Griechen besiedelten Westküste Kleinasiens entstanden. Die Stoffe, die in beiden Epen verarbeitet wurden, stammen aus einer mündlich tradierten Form der Kleinepik, die in die Zeit der frühgriechischen Stämme im 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreicht und wahrscheinlich von umherreisenden Sängern an den Adelshöfen vorgetragen wurden.
Der Name Ilias ist abgeleitet von dem griechischen Namen für die Stadt Troja, Ilion. Die Ilias gilt als das ältere Werk und spielt im letzten Jahr des trojanischen Krieges, der auch den Hintergrund für die Haupthandlung bildet und umfasst einen Handlungszeitraum von 49 Tagen. Die Haupthandlung wird von zahlreichen Nebenepisoden unterbrochen, die die verschiedensten von Götter abstammenden Helden im Zweikampf zeigen und auch die Götter selbst mischen sich in der unterschiedlichsten Form in die Kampfeshandlungen ein.
Inhalt der 24 Bücher der Odyssee, die einen Handlungszeitraum von zehn Jahren umfasst, sind die Irrfahrten des griechischen Helden Odysseus nach Ende des Trojanischen Krieges, bevor er schließlich zu seiner Gattin Penelope heimkehrt.
Epischer Stil:
Beide Epen sind in einem gehobenen epischen Stil in Hexametern verfasst, der ionische und äolische Sprachelemente beinhaltet. Charakteristisch ist auch die Lebendigkeit, mit der die Figuren gezeichnet werden, die Natürlichkeit der Darstellung, die Wahl der Gleichnisse aus Natur und zeitgenössischer Umwelt, die von einer scharfen Beobachtungsgabe zeugt.
Während es in der Ilias um die Darstellung von aus Leidenschaft resultierenden Handlungen und unlösbaren Konflikten geht und auch die Götter mit negativen menschlichen Eigenschaften ausgestattet sind, kommt in der Odyssee in stärkerem Maße ein moralischer Aspekt zum Tragen. Achilleus, Agamemnon, Priamos und die übrigen Figuren lassen sich nicht als gut oder schlecht kategorisieren und sind als Täter und Opfer zugleich in ein grausames und letztendlich tragisch endendes Geschehen verwickelt. In der Odyssee dagegen wird das Böse vernichtet; das Gute siegt schließlich, und die Familie des Helden ist am Ende wieder vereint. Auch Odysseus zeigt im Umgang mit Personen niedrigeren sozialen Ranges, wie Hirten, Dienern oder Bettlern, Tugenden wie väterliches Interesse, Verantwortungsbewusstsein und Güte, die auf eine exemplarische Königsherrschaft schließen lassen und wodurch er als Vorbild eines guten, gerechten Herrschers erscheint.
Die homerische Frage:
Die Texte der homerischen Epen wurden im Lauf der Jahrhunderte immer wieder von älteren Manuskripten abgeschrieben und auf diese Weise durch das Mittelalter und die Renaissance bis in unsere Tage überliefert. Obgleich Homers Identität nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte und auch Zweifel bestehen, ob alle Textteile beider Epen durchgehend von demselben Autor verfasst wurden, herrschte doch von der Antike bis in die Neuzeit weitgehend die Meinung vor, daß es sich bei Homer um einen (möglicherweise auch zwei) Dichter handelte.
Die Ilias und die Odyssee galten, obwohl sie offensichtlich auf überliefertem Material beruhten, als eigenständige und weitgehend fiktive Originalwerke.
Teilweise bereits in der Antike, verstärkt jedoch in den letzten 200 Jahren hat sich diese Sichtweise gewandelt. Die viel diskutierte so genannte „homerische Frage“, also die Frage nach dem Dichter der homerischen Epen und ihrer Entstehungsart, geht auf die Beobachtung zurück, dass beide Werke äußerst disparate Elemente vereinigen, sich viele Unstimmigkeiten feststellen lassen. So treten beispielsweise Waffen- oder Kultbräuche nebeneinander auf, die aus verschiedenen Kulturschichten stammen, unerklärliche Widersprüche und Brüche lassen sich feststellen, aber auch selbständige Einheiten darstellende Lieder und Kleinepen herauslösen, die zu einem größeren Werk kompiliert worden sein könnten. Eine zufriedenstellende Antwort auf die homerische Frage wurde bis heute nicht gefunden.
Wirkungsgeschichte:
Die Wirkung der Epen Homers auf die gesamte nachfolgende Literatur der Griechen kann gar nicht überschätzt werden.
Als maßgeblicher Gestalter ihres Götter- und Menschenbildes beeinflusste er Tragödie, Geschichtsschreibung und Philosophie und wurde bereits in derAntike in den Kanon der klassischen Schulautoren aufgenommen. In der römischen Literatur gab es bereits im 3. Jhdt. v. Chr. eine Nachdichtung durch Livius Andronicus und die Aeneis von Vergil ist wohl das bekannteste Heldenepos welches die Epen Homers zum Vorbild hatte.
In Deutschland wirkte der Einfluss Homers besonders auf Goethe, Lessing und Herder, durch die Übersetzungen von Johann Heinrich Voss wurden seine Werke breiten Bevölkerungsschichten zugänglich. Unter den Übertragungen der jüngeren Zeit ist besonders die des Altphilologen Wolfgang Schadewaldt zu nennen.
2.2 Inhalt der Ilias:
Die Ilias erzählt vom Zorn des Achill am Ende des 9. Kriegsjahres, erweitert durch Szenen wie Rivalen-Zweikampf und Mauerschau, die an sich in den Kriegsbeginn gehören.
Der Anfang des Epos (I) berichtet in raschem Tempo den Konflikt zwischen Achill und Agamemnon um Briseis.
Weil Agamemnon die Rückgabe der Chryseis verweigerte, sendet Apollon die Pest ins Lager der Griechen. Widerstrebend ist er dann doch zur Rückgabe der Chryseis bereit, fordert aber als Ersatz Briseis, die Ehrengabe des Achilleus. Grollend zieht sich daraufhin Achilleus von jeder Teilnahme an den Kämpfen zurück.
In einer bedenklichen Erprobung des Kampfeswillen (II), fordert Agamemnon das kriegsmüde Heer zu den Schiffen zu gehen und heimzukehren. Nur mit Mühe vermag Odysseus die Fliehenden aufzuhalten.
Ein Waffenstillstand ermöglicht den ergebnislosen Zweikampf zwischen Paris und Menelaos (III).
Paris wird aus höchster Gefahr von Aphrodite in die Stadt entrückt.
Dieser vertraglich festgelegte Waffenstillstand wird durch den Pfeilschuß des Troers Pandaros auf Menelaos gebrochen (IV). Er trifft, aber es endet für Menelaos nicht tödlich.
In den folgenden Gesängen tritt Diomedes in den Vordergrund. Als Pandaros und Aineias einen Angriff auf ihn machen (V), verwundet er beide und erbeutet die Rosse des Aineias.
Die Troer können nur noch mit größter Anstrengung Widerstand leisten (VI) und der Seher Helenos bittet seinen Bruder Hektor, in die Stadt zu eilen und die Frauen zum Gebet zu Athene aufzurufen.
Bevor Hektor zurückkehrt, sucht er seine Frau Andromache auf, um sich von ihr und seinem Sohn zu verabschieden.
Hektor fordert den Fürsten Aias zum Zweikampf auf (VII). Dieser bedrängt Hektor hart und nur der Einbruch der Nacht verhindert die Entscheidung. Zum Schutz errichten die Griechen in der Nacht eine Mauer um die Schiffe.
Zeus untersagt den Göttern jede Kampfhilfe (VIII) und auf Grund der wachsenden Not der Griechen werden drei Männer, darunter Odysseus, auf Vorschlag von Nestor in das Lager des Achilleus zwecks einer Aussöhnung mit ihm geschickt (IX). Agamemnon bietet reiche Geschenke, doch sie haben keinen Erfolg.
Odysseus und Diomedes werden als Späher in das feindliche Lager geschickt (X). Diese beiden nehmen Dolon, der für die Troer die Absichten der Griechen erkunden sollte, gefangen und erhalten von ihm genaue Angaben über das Lager der Trojer.
In den folgenden Büchern (XI-XV) wird über die wachsende Not der Griechen erzählt und Hera versenkt Zeus in einen tiefen Schlaf und verschafft so Poseidon die Möglichkeit den Griechen tatkräftig zu helfen.
Patroklos erhält auf seine Bitten von Achilleus dessen Waffen, um die Troer von den Schiffen zu vertreiben (XVI). Patroklos läßt sich nun durch seine Erfolge hinreißen und dringt bis an die Mauern Trojas vor. Da tritt ihm Hektor entgegen und dieser trifft ihn tödlich.
Die weiteren drei Bücher (XVII - XIX) berichten den Kampf um die Leiche von Patroklos, Achilleus Schmerz, die Fertigung einer neuen Rüstung durch Hephaistos mit dem bilderreichen Schild und die Versöhnung mit Agamemnon. Achilleus enthält von Agamemnon Briseis zurück und weiters reiche Geschenke.
An der letzten großen Schlacht (XX - XXII) nehmen die Götter teil, die Troer fliehen, Hektor hält vor den Mauern stand und fällt.
Nachdem Achilleus eine Totenklage um Patroklos und anschließend einen Leichenschmaus veranstaltet hatte (XXIII), wird Priamos mit dem Auftrag, die Leiche seines Sohnes auszulösen zu ihm geschickt (XIV). Durch den Jammer des Vaters tief bewegt, nimmt Achilleus das Lösegeld an und verspricht Waffenstillstand für die Bestattung Hektors.
2.
3 Die Charaktere der Hauptpersonen in der Ilias:
Agamemnon:
Gleich bei seinem ersten Auftreten zeigt er sich heftig und übereilt, indem er das Anerbieten des Priester Chryses, seine Tochter durch ein hohes Lösegeld zurückzukaufen, nicht nur ohne weiteres abweist, sondern den unglücklichen Vater, der mit dem Abzeichen seiner priesterlichen Würde erscheint, auch noch unter Drohungen aus dem Lager jagt, eine Handlungsweise, die eine furchtbare Strafe des göttlichen Beschützers jenes Priesters mit sich zieht. Agamemnon zeigt sich ferner mißtrauisch und eifersüchtig, wenn es die Wahrung seiner Würde gilt. So sieht er in dem Auftreten des Achilles, der infolge der von Apollon geschickte Pest eine Volksversammlung einberuft, einen Eingriff in seine Rechte als Oberfeldherr. Als dann der Seher Kalchas unter dem Schutze Achills zu sagen wagt, er habe das ganze Unglück verschuldet und die Seuche könne nur durch Rückgabe der Chryseis abgewendet werden, hält er den Seher für angestiftet von Achilles und richtet nun seinen ganzen Zorn gegen diesen, wobei er ihm Mangel an Ehrfurcht vor dem Oberfeldherrn und Überhebung vorwirft. Ferner sieht man ihn wiederholt ängstlich, völlig mutlos und verzagt, so daß er sich nicht scheut, allen Ernstes den Vorschlag zu machen, die Belagerung aufzugeben und nach Hause zurückzukehren. Allein diese Schwächen treten nur selten hervor und werden durch viele andere vortreffliche Eigenschaften vollständig aufgewogen.
So ist Agamemnon sich seiner Verantwortung und seiner Pflichten als Oberfeldherr stets bewußt, und die Sorge um das Wohl seiner Untergebenen und um den glücklichen Fortgang des Krieges bereitet ihm manche schlaflose Nacht. Hat er sich einmal übereilt und ist er in seinem Zorne zu weit gegangen, so sieht er sein Unrecht bald wieder ein und ist ohne Bedenken bereit, es wiedergutzumachen. Dies zeigt er besonders in seinem Verhalten gegen Achilles, dem er nicht nur Briseis zurückgeben will, sondern den er auch noch durch eine Menge wertvoller Geschenke zu entschädigen und zu versöhnen bereit ist. Auch fehlt es ihm nicht an persönlicher Tapferkeit und Tüchtigkeit in der Führung der Waffen und er vollbringt im Kamofe herrliche Taten, bis er selbst im 11. Gesang schwer verwundet wird. So ist Agamemnon trotz seiner Schwächen der Mann, der den Oberbefehl zu führen würdig ist und der von allen mit Recht geachtet und geehrt wird.
Achilles:
Bei dem Streite mit Agamemnon zeigt sich Achilles leidenschaftlich und übereilt, indem er selbst eine Volksversammlung einberuft und einen Seher zur Weissagung betreffs des Unglücks auffordert und dann Agamemnon durch heftige Reden reizt. Seine Unerbittlichkeit zeigt er besonder der Gesandtschaft Agamemnons gegenüber, indem er sich weder durch das Mitleid mit seinen schwerbedrängten Landsleuten noch durch die reichen Geschenke Agamemnons oder durch die Aussicht auf großen Ruhm zur Wiederaufnahme des Kampfes bewegen läßt. Ebenso unerbittlich zeigt er sich auch Hektor gegenüber, dem er seine Bitte um Schonung seiner Leiche mit harten Worten abschlägt.
Seine unüberwindliche Kraft und Tapferkeit beweist er besonders im Kampfe am Xanthoflusse, in Gesang 21, wo er unter den Trojanern furchtbar wütet und zuletzt noch zwölf tapfere Jünglinge gefangennimmt, um sie bei der Totenfeier seines Freundes Patroklos zu opfern. Wie sehr er wegen dieser Eigenschaft gefürchtet wird, zeigt sein bloßes Erscheinen am Graben, wo er durch sein Schreien die Leiche seines Freundes retten hilft, und als er dann selbst in der neuen Rüstung erscheint, sind alle bestürzt und entsetzt.
Sein frommer Sinn heißt ihn gegen Athene gehorsam sein.
Nichts unternimmt er ohne den Rat seiner göttlichen Mutter und als sie ihm den Befehl des Zeus überbringt, die Leiche Hektors gegen Lösegeld zurückzugeben, erklärt er sich dazu bereit. Als er seinen Freund Patroklos in den Kampf ziehen läßt, bringt er erst ein feierliches Opfer dar und bittet die Götter um den Sieg und die glückliche Heimkehr seines Freundes.
Odysseus in der Ilias:
Allerdings ist in der Ilias Achilles entschieden die Hauptperson. Neben ihm treten auch Agamemnon und Nestor in den Vordergrund, denen Odysseus allen ebenbürtig zur Seite steht. Besonders treten seine geistigen Vorzüge wie Klugheit, geistige Gewandtheit und Umsich, überall hervor. Auch urteilt er in allen Lagen sicher.
Als die Krieger infolge der Rede Agamemnons in wilder Hast nach den Schiffen eilen, um unverrichteter Sache in die Heimat zurückzukehren, ist Odysseus der einzige, dem es durch kluge Maßregeln gelingt, das Heer wieder zu seiner Pflicht zurückzuführen.
Auch leuchtet überall seine Redegwandtheit hervor. Beispielsweise die Rede, die er als Gesandter Agamemnons an Achilles hält. Zuerst schildert er ihm die Not der Griechen und knüpft daran die Mahnung zu helfen, ehe es zu spät ist. Dann geht er auf die reichen Geschenke ein, die ihm Agamemnon im Falle der Versöhnung bietet, und bittet ihn dann, wenn ihm dieser zu verhaßt sei, wenigsten dem Mitleid Raum zu geben und die Griechen zu retten. Er schließt seine Rede mit einem Appell am Achills Ruhmbegierde, die er gerade jetzt im Kampfe mit Hektor befriedigen könne.
Priamos:
Priamos, der König von Troja, ist zwar infolge seines hohen Alters nicht mehr selbst am Kampfe beteiligt, aber er lenkt doch noch die Geschicke Trojas. Er ist vor allem das wenig erfreuliche Bild eines vom Alter geschwächten Königs, der nicht Gerechtigkeit übt und daher nicht in rechter Weise für das Wohl seiner Untertanen sorgt. So hat er schon vor Beginn des Krieges die von den Griechen geforderte Herausgabe der geraubten Schätze und der Helena verweigert und dadurch den verhängnisvollen Krieg mit heraufbeschworen. Als nun infolge der Niederlage des Paris im Zweikampfe mit Menelaos vertragsmäßig beides zurückzugeben ist, willigt er abermals in die Verweigerung der Rückgabe ein, obwohl er selbst den Vertrag abgeschlossen hat und die Griechen ganz besonders auf sein Worthalten rechnen.
Trotzdem kann man dem greisen König sein Mitleid nicht versagen. Alles, was er tut, geschieht aus Liebe zu seinen Kindern.
Als es gilt die Leiche seines Sohnes aus den Händen des grausamen Feindes zu retten, macht er sich trotz seines Alters in der Nacht unerschrocken auf den Weg, im festen Vertrauen auf die Hilfe der Götter. Und das Unternehmen gelingt. Durch seine zu Herzen gehenden Worte rührt Achilles so, daß ihn dieser sogar über sein Unglück tröstet.
Hektor:
Hektor ist das Musterbild eines tapferen und liebenswürdigen Helden. Dabei hat seine Tapferkeit nichts Entsetzliches und Abschreckendes wie die des Achilles, der weder Mitleid noch Rücksicht im Kampfe kennt, sondern er zeigt auch hier mildere Sitten und menschliches Wesen.
Hektors Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit zeigen sich besonders in seinem Verhalten gegen Paris.
Am hellsten aber strahlt seine Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit im Verkehr mit seiner Familie. Er bemüht sich die Träönen seines Kindes zu stillen und betet für sein Wohlergehen und seinen Ruhm zu den Göttern. So ist Hektor nicht nur der Liebling, der Stolz und die Zuversicht der Seinigen, sondern seines ganzen Volkes, und man begreift die Trauer der Trojaner bei seinem Tode.
Paris:
Paris ist von schöner Gestalt und in allen Künsten der Eitelkeit und Galanterie wohlerfahren. Ein hervorstechender Zug seines Wesens sind Leichtsinn und Gewissenlosigkeit. So hat er sich nicht gescheut, die Gattin seines Gastfreundes Menelaos, der ihn freundlich aufgenommen hat, zu entführen und reiche Schätze mitzunehmen.
Trotz des Elendes, das er dadurch über seine Vaterstadt gebracht hat, will er das Unrecht nicht wiedergutmachen und widersetzt sich allen Versuchen, durch Rückgabe Helenas und der geraubten Schätze den verderblichen Krieg abzuwenden.
Auch tritt er oft prahlerisch und großsprecherisch auf. In prahlerischer Weise fordert er einen Griechen zum Zweikampf heraus; als er aber sieht, daß Menelaos sich ihm entgegenstellen will, zieht er sich feig in den dichtesten Haufen der Trojaner zurück und läßt sich nur durch den heftigen Tadel Hektors zur Aufnahme des Kampfes bewegen.
Das einzige, was ihn bei alledem entschuldigt und wohl auch die Trojaner milder gegen ihn stimmt, ist seine aufrichtige Liebe zu Helena. So erscheint Paris als ein weichlicher, ja fast weiblicher Chrarkter, der sich gern seinen Launen und Leidenschaften hingibt und zu deren Befriedigung selbst vor Unrecht nicht zurückschreckt.
2.
4 Inhalt der Odyssee:
In der Odyssee sind mittelmeerische Seefahrermärchen mit der weltweit verbreiteten Novelle von dem Heimkehrer Odysseus und der Wiedergewinnung seiner Frau Penelope aus den Händen der Freier vereinigt.
Die "Telemachie" (I - IV) erzählt die Erweckung des Telemachos zum Helden durch Athene. Diese rät ihm, sich nach Pylos und Sparta zu begeben, um sich bei Nestor und Menelaos, die erst vor kurzem aus Troja heimgekehrt waren, nach seinem Vater Odysseus zu erkundigen. Nestor nimmt den Ankömmling freundlich auf, berichtet ihm über seine eigene Heimfahrt von Troja und rät ihm, sich nach Sparta zu Menelaos zu begeben.
Auf Zeus´ Befehl entläßt die Nymphe Kalypso Odysseus von Ogygia nur ungern (V). Diese versprach ihm Unsterblichkeit, wenn er bei ihr als ihr Gatte bleibe.
Nach einem Seesturm strandet Odysseus auf der Insel Scheria (VI). Die Phäaken nehmen ihn dort freundlich auf.
Odysseus weilt bei den Phäaken (VII - XII). Er begibt sich in die Stadt und gelangt zum Palast, wo er die Königin Arete um Heimsendung anfleht. Der König Alkinoos nimmt ihn als Gast auf und verspricht ihm sichere Heimkehr. Schon am nächsten Morgen werden die Vorbereitungen zur Heimsendung des Fremdlings getroffen.
Bei dem anschließenden Gastmahl singt der Sänger Demodokos von den Kämpfen um Troja. Später ersucht ihn Alkinoos seine Geschichte zu erzählen. Odysseus nennt nun seinen Namen und Herkunft. Vom Land der Lotophagen wird er zu der Kyklopeninsel verschlagen: Hier verschlingt Poseidons Sohn Poyphemos sechs Gefährten des Odysseus, wird aber in der Nacht durch diesen geblendet und am nächsten Morgen gelingt Odysseus die Flucht. Aiolos, der König der Winde, entsendet Odysseus mit günstigem Wind und gibt ihm, in einem Schlauch versperrt, die anderen Winde mit. Als aber die Gefährten nahe bei Ithaka aus Neugierde den Schlauch öffnen, treiben die Schiffe zurück.
Nun kommen sie ins Land der Laistrygonen, wo sie elf Schiffe verlieren. Die übrigen erreichen Aiaia, die Insel Kirkes. Die Zauberin verwandelt die Gefährten des Odysseus in Schweine. Mit Hilfe des Hermes bezwingt Odyssues Kirke und rettet die Freunde. Nach einjährigem Aufenthalt fordert Odysseus die Heimkehr. Davor befiehlt ihm Kirke jedoch, zum Eingang des Totenreiches zu fahren und in den Hades hinabzusteigen.
Als er dort ankommt, trifft er die Seele des Sehers Teiresias, von dem er seine weiteren Schicksale erfährt und von seiner Mutter hört er die Vorgänge auf Ithaka. Als er wieder in Aiaia ist, warnt ihm Kirke vor drohenden Gefahren. Ohne Verluste besteht er die Sirenen, entgeht der Charybdis, verliert aber durch die Skylla sechs Gefährten. Durch den Südwind wird er auf Thrinakia festgehalten und ohne ausreichende Lebensmittel schlachten die Gefährten die dort weidenden Rinder des Sonnengottes. Zur Strafe zerschmettert Zeus auf Bitten des Helios die Schiffe des Odysseus, nur er selbst bleibt am Leben und stranded wieder auf Ogygia.
Odysseus wird von den Phäaken nach Ithaka gebracht und bereitet den Kampf gegen die Freier vor, die seine Güter in seinem Haus verprassen (XIII - XVI).
Als alter Bettler begibt er sich zuerst zu dem Sauhirten Eumaios und trifft dort den auch eben erst von Sparta angekommenen Telemachos. Er gibt sich ihm zu erkennen und gemeinsam verabreden sie die Ermordung der Freier. Ebenfalls in Bettlergestalt betritt er den Palast, spricht mit Penelope, die ihn jedoch nicht erkennt und wird von der Amme Eurykleia erkannt.
Er trifft letzte Vorbereitungen für den Kampf mit den Freiern (XVII - XX). Es folgen Bogenwettkampf (XXI), Freiermord (XXII) und die Wiedervereinigung der Gatten (XXIII).
Der letzte Gesang (XXIV) beinhaltet den Abstieg der Freierseelen in die Unterwelt, die Wiederbegegnung Odysseus´ mit seinem Vater Laertes, einen Aufstand gegen Odysseus und schließlich die Versöhnung auf Ithaka.
2.5 Die Götter Homers:
Die Götter Homers sind übersteigerte Menschen. Nicht nur ihre Gestalt, auch ihre Umwelt entspricht menschlichen Vorstellungen. Das emotionelle Erfassen der Götter wird dadurch erleichtert, doch die Unterschiede sind deutlich: die Götter leben zwar, sie kennen aber den Tod nicht, und in ihren Adern fließt kein gewöhnliches Blut, sondern eines aus dem sie Kraft und Ewigkeit beziehen; sie essen Ambrosia und trinken Nektar, der ihnen ewige Jugend verleiht. Das Dasein der Götter entspricht äußerlich dem menschlichen, doch ist alles für sie ideal, prachtvoll und wunderbar: die leichthin Lebenden nennt sie Homer darum. Doch sie kennen auch menschliches Empfinden: Sie sind gekränkt, wütend, sie streiten, lieben, intrigieren, sie empfinden Schmerz und haben Rachegelüste.
Um dem Gott gegenüber seine Scheu auszudrücken, betet und opfert der Mensch. Je reicher bei solcher Gelegenheit der vom verbrannten Opfertier zum Himmel steigende Fettdampf ist, desto erfreuter sind die Götter, die diesen Dampf besonders gerne genießen. Zeus lobt deshalb die Troer: "Denn so viele unter der Sonne und dem Himmel, dem bestirnten, Städten bewohnt werden von irdischen Menschen, von denen war mir überaus im Herzen geehrt die heilige Ilios und Priamos und das Volk des lanzenguten Priamos. Denn nicht fehlte es je meinem Altar an gebührender Speise, Weihguß und Fettdampf, denn das empfangen wir zur Ehrengabe."
Den Unsterblichen obliegt es vor allem, sich um die Angelegenheiten der Menschen zu kümmern, das Leben der Menschen gewissermaßen zu koordinieren. Die Wirkungsbereiche sind dabei zugewiesen und festgelegt: durch Los erhielt Zeus den Himmel, Poseidon das Meer und Hades die Unterwelt.
Die Erde aber und der Olymp sind allen Göttern gemeinsam. Die Götter informieren sich daher auch des öfteren nicht nur vom Himmel aus über das Treiben der Sterblichen, sondern sie mischen sich unter sie und beobachten ihr Verhalten:
"Durchwandern die Götter doch, Fremdlingen gleichend, in mancherlei Gestalt die Städte und blicken auf den Frevel der Menschen und ihr Wohlverhalten."
Die Menschen sind in hohem Maße vom Willen der Götter abhängig. Zwar haben sie einen gewissen Freiraum zum Handeln und Entscheiden, aber die großen Linien des Schicksals werden von den Göttern gezogen. So sind Zwistigkeiten und Beleidigtsein der Götter die Gründe für die Kriege der Menschen: Poseidon ist Gegner der Troer, weil ihn ein früherer König der Stadt betrogen hat: Laomedon, für den er gemeinsam mit Apollon feste Mauern baute, zahlte nach deren Fertigstellung nicht den vereinbarten Lohn. Hera und Athene hassen die Troer, weil der Priamos-Sohn Paris der Aphrodite und ihre Gabe, Helena, den Vorzug gab.
Und Hera ist sogar gerne bereit, ihre liebsten Städten Argos, Sparta und Mykene hinzugeben, wenn Zeus ihr nur die Zerstörung Trojas erlauben möchte. Freilich gibt es schon in der homerischen Göttervorstellung eine Macht, die auch den Göttern übergeordnet ist: das persönliche Schicksal, dessen Wille auch Zeus erst erkunden muß, indem er mit Hilfe einer goldenen Waage die Lose, die Schicksale, gegeneinander abwägt: einmal im achten Gesang der Ilias, als er die Lose der Achaier gegen die der Troer setzt, und noch einmal, als er das Schicksal der Achilleus mit dem des Hektor vergleicht:
"Da nun spannte der Vater die goldene Waagschale auseinander, und legte zwei Lose hinein des starkschmerzenden Todes, eines für Achilleus und eines für Hektor, den Pferdebändiger, faßte sie in der Mitte und zog sie hoch. Da senkte sich Hektors Schicksalstag und kam hinab bis zum Hades; und da verließ ihn Phoibos Apollon."
An den Kämpfen der Menschen, die für diese bitterer Ernst sind und viele dem Tode ausliefern, haben die Götter große Freude und beobachten sie gerne. Manchmal begeben sich Zeus und die anderen Olympier auch auf die Erde, um besser sehen zu können. Doch nicht immer geht es bei den Unsterblichen ganz so ernst zu.
Während die Menschen auf Leben und Tod kämpfen, macht es den Göttern gelegentlich Spaß, sich zu streiten und zu balgen.
Seit dem achten Gesang, seit dem Beginn des zweiten Schlachttages, hatte Zeus den übrigen Göttern verboten, sich an den Kämpfen zu beteiligen oder auch nur einzugreifen - ein Verbot, das von Poseidon vorübergehend mißachtet wurde. Erst vom 20. Gesang ab ist ihnen der Kampf wieder freigegeben, und nun haben sich endgültig die Götterparteien herausgebildet: Hera, Athene, Poseidon, Hermes und Hephaistos stehen auf der Seite der Achaier; Ares, Apollon, Artemis, Aphrodite, Leto und der Flußgott Skamander-Xanthos auf der Seite der Troer. Und schrecklich sind die Begleiterscheinungen, wenn die Götterparteien sich formieren: Zeus donnert, daß die Berge zittern, Poseidon läßt die Erde erbeben, und sogar Hades in der Unterwelt erschrickt und befürchtet, daß ihm der Erderschütterer die Erde aufreiße von oben.
Ein VERGLEICH
3.
1 Die Beschreibung des Seesturms:
Aeneis (1,81-123)
Odyssee (5,291-333)
In der Aeneis befiehlt Juno Aolus einen gewaltigen Seesturm zu entfachen, der die Flotte des Aeneas zerschmettert und zerstreut. Erst als der eigentliche Meerherrscher Poseidon den Übergriff merkt, wird dem Toben der Elemente durch sein majestätisches Eingreifen Halt geboten. Die Aeneaden, ein Spielball der Kämpfe zwischen dem Fatum und untergeordneten göttlichen Kräften, dies ist offenbar der Sinn der Götterszene des Anfanges. Überhaupt ist es die Funktion der nach Homers Vorbild die Geschehnisse auf Erden begleitenden Götterszenen, die Hintergründe des menschlichen Geschehens, das Spiel der unsichtbaren Kräfte sichtbar zu machen.
Die gesamte Szene ist nach einer Stelle aus der Odyssee gestaltet, wo Poseidon nach seinem Monolog - wie Äolus nach seiner Antwort - einen Seesturm erregt, um Odysseus noch knapp vor seinem Ziel für die Tötung des Polyphem zu bestrafen.
Das Motiv des tapferen Heldens, der lieber am Schlachtfeld seiner Heimat stirbt als irgendwo anders elend zugrunde geht, kehrt auch in Vergil wieder.
Odysseus und auch Aeneas wollen als ruhmreiche Männer vor den Augen ihrer Väter sterben.
Während Aeneas und seine Leute die Schiffe verlieren und sich schwimmend an Land retten müssen, wobei sehr viele zugrunde gehen, erreicht Odysseus unter höchster Anstrengung noch das von Kalypso bereitgestellte Floß.
3.2 Gespräch auf Götterebene:
Aeneis, Das Gespräch zwischen Venus und Juppiter (1,223-304)
Ilias, Thetis & Zeus (1,495-569) und Odyssee, Athene & Zeus (1,26-95)
Venus, die Mutter des Aeneas sorgt sich, und mit Tränen in den Augen naht sie sich dem Beherrscher Juppiter mit all ihrem Liebreiz. Einst tröstete sie sich über das Schicksal des Sohnes und der Seinen, gegen das Geschick das entgegengesetzte Geschick aufwiegend, gegen die Zerstörung der Heimat Troja die versprochene neue Herrschaft, jetzt will das Leid kein Ende nehmen! Sie fragt sich, ob Juppiter seinen Willen geändert hat, doch dieser erwidert, daß ihn kein Gedanke gewandelt habe. Eine Herrschaft ohne Grenzen hat Juppiter diesem Volke zugedacht.
Unter Augustus wird die Zeit milder werden, Fides und Vesta, die Göttinnen der Verläßlichkeit und des Hauses werden geehrt sein und Remus und Romulus werden Recht sprechen. Die Herrschaft des römischen Volkes und die Gesittung, das ist das Doppelziel, das der Wille Juppiters gesetzt hat, und das er hier Venus verkündet. Die Juppiterrede ist neben der Heldenschau des sechsten Buches und der Schildbeschreibung im achten einer der großen Durchblicke auf die römische Geschichte, die der Sage von Aeneas erst ihr Gewicht und ihren Sinn gibt.
Vorbild für diese Stelle ist unter anderem das Gespräch zwischen Thetis und Zeus im ersten Buch der Ilias. Thetis, die Mutter des Achilleus bittet Zeus um Rache, da ihr Sohn seine Ehrengabe Briseis, Agamemnon geben mußte. Während Zeus bei Homer relativ spontan enscheidet den Trojern zu helfen, damit die Griechen Achilleus zurückbitten, sind in der Aeneis-Stelle die Geschehnisse durch das Fatum schon vorbestimmt.
Zuerst zweifelt Zeus, weil er sich mit Hera nicht verfeinden will, doch gibt er Thetis´ Flehen nach.
Das zweite homerische Vorbild findet sich im ersten Gesang der Odyssee. Athene bittet ihren Vater, Odysseus wieder auf den rechten Weg zu führen. Auch hier will Zeus seiner Tochter helfen, nur Poseidon zürnt noch auf Grund der Verletzung seines Sohnes Polyphem durch Odysseus. Athene zählt - um Zeus zu überzeugen, daß er sich für Odysseus einsetzt - die Wohltaten und Leiden des Heldens auf. Obwohl Poseidon gegen die Rettung Odysseus´ ist, entscheidet Zeus, ihn von der Insel der Nymphe Kalypso wegzuholen.
Bei Vergil erzählt Juppiter - um Venus zu beruhigen - die zukünftigen Geschehnisse bis zur Gründung Roms. So eine Vorausschau ist bei Homer nicht der Fall.
Bei Homer gibt es einen unmittelbaren Handelsbezug, es geht um die "Jetzt-Zeit". Die Götter greifen in das Geschehen unmittelbar ein und beeinflussen die Handlungen der Sterblichen. Homer hat also ein anderes Verhältnis zu den Göttern als Vergil. Was Homer ernst meint, meint Vergil allegorisch.
Die Geschichte hat eine positive Richtung, ein Schicksal. Das Schicksal setzt sich gegen Widerstände durch. Bei Vergil sind Götter kosmische Kräfte.
Juppiter: ist das Schicksal, die schicksalshafte Geschichte, die Geschichte macht Sinn (Stoá)
Juno: ist die Gegenströmung in der Geschichte, setzt sich aber nicht durch, ist bemüht ihre Lieblingsstadt Karthago zum Zentrum des Weltreiches zu machen Þ Friede
Die ganze Geschichte von Aeneas und seinem Volk ist eine Allegorie auf das zukünftige Friedensreich Rom und somit auf Augustus. Der Sinn der Geschichte und Sinn des Leidens ist die Gründung Roms.
3.
3 Die Beruhigung der Helden:
Aeneis, Helenus beruhigt Aeneas (3,369-395) und Aufträge des Helenus (3,433-462)
Odyssee, Rede der Kirke (12,37-141) und Rede des Sehers Teiresias (11,100-151)
Auf der Weiterfahrt gelangen die Trojaner nach Buthrotum, eine Landschaft an der Nordwestküste Griechenlands, wo Helenus, jetzt mit Hektors Witwe Andromache verheiratet, ein neues "kleines Troja" erbaute, dessen Herrscher er ist. Aeneas bittet ihn um Ratschläge für die Zukunft. Die Rede des Helenus ist das Zentralstück des 3.Buches.
Im ersten Teil der Rede warnt Helenus Aeneas vor potentiellen Gefahren und gibt genaue Anweisung für die Fahrt, speziell was die Route betrifft. Aeneas darf nicht eher siedeln, als er an einem bestimmten Ort ein Wildschwein mit seinen Jungen gesehen hat.
Weiters warnt er ihn vor der nahen Ostküste Italiens wegen der dort siedelnden feindlichen Griechen, erteilt Opfervorschriften und warnt vor Skylla und Charybdis in der Meerenge von Messina. Im zweiten Teil folgt die eindringliche Warnung vor Juno und der Befehl, in Italien die Sibylle von Cumae aufzusuchen.
Kirke warnt Odysseus vor den Sirenen und ebenfalls vor Skylla und Charybdis. Ferner sagt sie, daß er zur Insel Thrinákia kommen wird, wo die Rinder des Helios weiden. Sollten Odysseus und seine Gefährten diese Rinder rauben, werden seine Gefährten sterben und nur Odysseus überleben.
Wie Kirke weissagt auch Teiresias, daß sie zur Insel Thrinákia kommen werden, wo die Rinder des Helios weiden.
Auch wenn er schon zu Hause angekommen ist, wird er dort noch weiteres Unglück erleben, denn sein Palast wird voller Freier von Peneolope sein. Doch wird er diese alle schließlich töten. Wie bei Vergil empfiehlt Teiresias Odysseus einem Gott Opfer darzubringen, in diesem Fall Poseidon. Befolgt er diese Ratschläge, wird er erst im hohen Alter sterben.
3.4 Geschehnisse in der Unterwelt:
Aeneis, Aeneas begegnet Dido in der Unterwelt (6,450-476)
Odyssee, Odysseus begegnet Ajas (11,543-564)
Nachdem Aeneas in Italien bei Cumae gelandet ist, steigt er mithilfe der Seherin Sibylle in die Unterwelt hinab, wo er Dido trifft.
Das Vorbild der Stelle ist in der Odysse zu finden, wo Odysseus in der Untwerwelt Ajas begegnet, der nach dem verlorenen Streit mit Odysseus um die Waffen Achills Selbstmord begangen hatte und nach seinem Tod genauso unversöhnlich blieb wie Dido.
Aeneas ist sehr bestürzt durch den Tod Didos. Er ist sich nun seiner eigenen Schuld bewusst, will dies aber nicht zugeben. Daß er sie damals verließ, rechtfertigt er durch den Befehl der Götter. Aeneas versucht Dido zu Tränen zu rühren und ihr Mitleid zu wecken, damit sie ihm verzeiht. Dies gelingt aber nicht, denn Dido starrt nur auf den Boden und geht dann zu ihrem früheren Gatten Sychaeus.
Auch Odysseus schiebt die Schuld auf die Götter. Ajas begann Selbstmord, weil Zeus das Heer der Griechen über alle Maßen hasste und ihm von Anfang an dieses Schicksal auferlegte.
Die Unterweltsvorstellungen der Aeneis:
Von Homer übernimmt Vergil zahlreiche traditionelle Unterweltsvorstellungen der Mythologie: Üblich sind beispielsweise die Unterweltflüsse Acheron (über diesen Fluss führt der Fährmann Charon in einem Kahn die Seelen der Verstorbenen ins Jenseits), Kokytos (klagen), Phlegethon (Fluß des Feuers) und Styx (Fluß des Hasses, bei dem die Götter schwören). Ferner ist die Vorstellung von getrennten Räumen, in denen sich verschiedene Gruppen von Verstorbenen befinden, schon bei Homer vorgegeben: Diesseits des Acheron warten die Unbestatteten darauf, daß ihr Leib ein Grab erhält, damit sie den Fluß überqueren dürfen; jenseits wohnen die im Kindesalter Verstorbenen, die unschuldig zum Tod Verurteilten, die in Minos einen gerechten Richter finden, die Selbstmörder und die aus Liebe Verstorbenen. Ganz im Inneren der Unterwelt befinden sich im tiefsten Schlund, dem Tartaros, die großen Frevler, im Elysium die Seligen.
Nach der homerischen Epoche waren die Vorstellungen über das Jenseits einer großen Entwicklung unterworfen, die vor allem von der Philosophie in Gang gehalten wurde.
Vergil verbindet die mythologisch-homerische mit der philosophischen-theologischen Vorstellung durch die Römerschau, in der Anchises Aeneas die Seelen derer zeigt, die noch nicht von aller Schuld ihres früheren Daseins gereinigt sind und eine Wiedergeburt durchmachen müssen. Die Lehre von der Seelenwanderung und dem Bestehen der Seele vor der Einkörperung (Präexistenz), die als körperloses Wesen (umbra) vorgestellt wird, findet sich vor allem bei Platon. Ebenso unhomerisch, sondern von Hesiod beeinflusst, sind die allegorischen Gestalten wie Krankheit, Hunger, Krieg usw., denen Aeneas gleich am Unterweltseingang begegnet.
3.5 Die Schildbeschreibung:
Aeneis, Die Schildbeschreibung (8,608-731)
Ilias, Thetis übergibt Achill die neuen Waffen (19,3-39)
Nach seiner Rückkehr aus der Unterwelt ist Aeneas mit seinen Gefährten an der Tibermündung gelandet.
Während seiner Suche nach Verbündeten für die bevorstehenden Kämpfe gegen die Italiker lässt Venus für ihren Sohn bei Vulcanus neue Waffen schmieden, deren Übergabe an Aeneas Vergil zum Anlass für die Schildbeschreibung, den Abschluss und Höhepunkt des 8. Buches, nimmt. Vorbild der Szene ist die Übergabe der Waffen durch Thetis an ihren Sohn Achill in Homers Ilias, doch ist bei Vergil die Funktion eine völlig andere: während bei Homer Achill durch den Tod des Patroklos seine Rüstung, die er diesem geliehen hatte, verloren hat und daher neue Waffen benötigt, dient in der Aeneis die Übergabe der Waffen keinem Fortschritt der Handlung - Aeneas benötigt keine neuen Waffen - sondern dem Auftreten der Venus als Siegesbotin, die Aeneas mit dem Hinweis auf die vom Schicksal gewollten Siege der römischen Geschichte zu Heldentaten aufmuntern will. Solche Schilde zur Dokumentation des Wertes des Beschenkten entsprachen einer römischen Sitte. Der Senat überreichte zum Beispiel Augustus einen Schild mit der Aufschrift von vier Tugenden (virtus, clementia, iustitia, pietas). Darstellungen der römischen Geschichte auf Waffen entsprachen ebenfalls der römischen Realität.
Die Schildbeschreibung ist der dritte Durchblick bis auf die Gegenwart Vergils. Hier wird Augustus
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