Fabel
Fabel
Definition
Ableitung von lateinischen Wort fabula = Rede, Erzählung
Selbständige kurze episch- didaktische Gattung der Tierdichtung, die eine allgemeine Wahrheit, einen moralischen Satz, eine praktische Lebensweisheit beinhaltet
Entstehungsgeschichte
Im 6.Jh. machte Äsop (Aisopos) als freigelassener griechischer Sklave aus Thrakien (Mesepotamien) und Hesiod (700 v.Chr.) die Anfänge der Fabeldichtung („Stadtmaus und Feldmaus“, „Fuchs und Rabe“)
wurden zum Vorbild für nachfolgende Fabeldichter und wirkten bes. in Europa
Äsops Wurden nur mündlich überliefert und von Phaedrus schriftlich festgehalten und übernommen
Für Äsop war die Fabel „ein passendes Mittel, da auf eine versteckte Weise die Wahrheit zu sagen, wo man nicht wagen durfte, es offen zu tun“
die Sammlungen von Phaedrus und Avianus (um 400), sowie auch die Prosaerzählungen anderer wurden während des gesamten Mittelalters als Schullektüre genutzt
im 6.
Jh. schuf ein Weiser aus der Kaste der Brahmanen „Pancatantra“, welches in über 50 Sprachen übersetzt wurde
in Dtld. hielt die Fabel erst seit dem Mittelalter Einzug
In Frankreich schuf Marie de France um 1170 mit „Ysopet“ die erste Fabelsammlung
Ebenfalls im 12. Jh. kam das satirische Element in die Fabel („Anonymus Neveleti)
als einer der größten Fabeldichter Frankreichs galt Jean de La Fontaine mit 240 eleganten und witzigen Fabeln (1668 – 1694; überall auf der Welt nachgeahmt)
er und Antoine Houdarde la Motte bestimmten in Frankreich, England und auch in Deutschland die Entwicklung der Fabel wesentlich im 18. Jh.
Die erste deutsche Fabel war in der sog. Kaiserchronik (12.Jh.) zu finden; eigenständige Fabeln blieben bis in die Zeit des Humanismus selten und wurden deshalb in andere Werke eingebunden
Zw. dem 1175 und 1250 entstand in Frankreich durch Aneinanderreihung verschiedener Tiererzählungen der „Roman de Renart“ (40000 Textzeilen: Beweis, dass Schlauheit (Fuchs) über bloße Stärke (Löwe) triumphieren kann) von Pierre de Saint -Cloud deren Hauptakteur ein schlauer Fuchs namens Reynard war Þ Entstehung der ersten eigenständigen dt. Fabel: „Reinhard Fuchs“ (Reinecke Fuchs)
die erste deutsche Fabelsammlung „Der Edelstein“ wurde 1350 von dem Mönch Ulrich Bauer verfasst
den ersten Höhepunkt ihrer Entwicklung hatte die Fabel in der Reformationszeit mit Martin Luther, der die Fabel schon als ein Medium der versteckten Kritik und der polit.
religiösen Auseinandersetzung nutzte
1476 – 1480 schuf Heinrich Steinhöwel die Fabelsammlung „Fabeln des Esop“ (übersetzt)
Luthers lehren wurden durch Fabeln von Burkhard Waldis und Erasmus Alberus unterstützt
wobei bis in das 17. Jh. kaum Interesse von Seiten der Barockdichter vorhanden war; Grund: sie sahen die Fabel als Dichtung für den „gemeinen povel“ und als Zeitvertreib „für Kinder und Weiber“ an
im 18.Jh., also in der Zeit der Aufklärung speziell der Zeit des Rationalismus erlebte die Fabel u.a.
mit Gottsched und Lessing als bevorzugte Gattung dieser Zeit den absoluten Höhepunkt ihrer 2300 jährigen Entwicklung
zw.1741 und 1745 nimmt die Fabel einen sehr bedeutenden Platz in der bekanntesten Zeitschrift „den Belustigungen des Verstandes und des Witzes“ ein
zwischen 1740 und 1800 traten die Fabeldichter Hagedorn, Christian F. Gellert, Magnus G. Lichtwer und Johann W. L. Gleim hervor die die Fabel vorrangig in Versen verfassten
in dieser Zeit wurde die Lebensklugheit sehr stark betont und die eigentliche Belehrung trat in den Hintergrund
zw.
1730 und 1800 erschienen über 50 Fabelsammlungen
im 19.Jh. erreichte die Fabel in Rußland durch Iwan A. Krylow ihren Höhepunkt; zw. 1809 u. 1843 veröffentlichte Fabeln zeigte er durch soz.
U. polit. Zensur entstandene Mißstände auf
1700 – 1750 in Fabeln vorwiegend moralische und aufklärerische Prinzipien vermittelt
nach 1750 vorwiegend soz. Kritik
gegen Ende des Jh. immer mehr direkte politische Kritik an den Handlungen der feudalabsolutistischen Machtapparats
Merkmale
In der Antike und im Mittelalter war die Fabel noch keine eigene Textgattung
ist als Erzählung die Darstellung eines allg. moralischen Lehrsatzes in der Form eines Gleichnisses
- Fabel hatte lebhaften Charakter ü
ist kurz und hat eine einfache Struktur ý ideal für die aufklärerische Zielsetzung geeignet
einprägsame Bildlichkeit þ
einzige Form in d.
in einer so komprimierten Art d. Vergnügen und der Nutzen für den Leser verbunden war
es war ein Wechselspiel von Erzählung und Lehre und der festen Zuordnung von Eigenschaften für die Tiere vorhanden (Fuchs =schlau; Wolf =gierig; Löwe =majestätisch etc.)
handelnde Tiere und auch Pflanzen sind meist überspitzt mit menschlichen Eigenschaften (Sprechen), Charakterzüge und Verhaltensweisen ausgestattet um die Thematiken möglichst authentisch darzustellen und zu verallgemeinern
Vergleich Tier - Mensch wird im Gegensatz zu Parabel u. Gleichnis in allen Einzelheiten aufgeführt
Ziel ist die Erkenntnis einer Moralischen Wahrheit (Lessing)
Lehre („und die Moral von der Geschicht...
“) der Fabel wurde am Anfang oder am Ende (Epimythion) der Fabel aufgeführt
Fabeln können: Kritik an menschlichen Schwächen üben
Direkt polit. Mißstände der damaligen Zeit anprangern
Können in Versform oder in Prosa verfasst sein
Einfluss Lessing und Gellert
Einfluss von Lessing:
war der bedeutendste Vertreter der deutschen Aufklärung
begann mit dem Schreiben von Fabeln im Jahre 1758
griff besonders auf die Fabeln Äsops zurück
durch seinen Beruf als Journalist wurde seine Fabeln schnell und großflächig verbreitet
Zitat: „Wenn wir einen allgemeinen, moralischen Satz auf einen besonderen Fall zurückführen, diesem
besonderen Fall die Wirklichkeit erteilen und eine Geschichte daraus dichten, in welcher man den
allgemeinen Satz anschaulich erkennt: so heißt diese Erdichtung eine Fabel.“
wendete sich von Versfabel ab und nutzt die Fabel in epigrammatisch (kurz, auf das eigentlich hinzielende) zugespitzter und geistreich- ernster Prosaform
forderte, dass eine Moral in der Fabel vorhanden sein muss
beharrt auf der Lebendigkeit, Lebhaftigkeit und lakonische Kürze der Fabel
brachte neue Elemente in die Fabel, wie z.B. Spott und Ironie, welche die Intention des Autors noch besser verdeutlichten
- nutzte ebenfalls ein hohes Maß an Provokation, die die Brisanz der Themen verdeutlichen sollten
- gehörte mit zu den ersten, die die Fabel kurz auf der Wahrheit basierend formulierten
legte großen Wert auf das Urteilsvermögen des Lesers, der sich die Moral selber bilden sollte und nicht in den Mund gelegt bekommen sollte
kritisierte Gellerts simple Übernahme von äsopischen Fabeln
Einfluss Gellert (1715-1769):
einer der erfolgreichsten Fabeldichter des 18. Jh.
vor Lessing; Menschen standen mehr im Mittelpunkt
erste Fabeln 1746 „Belustigungen“
seine Fabeln nahmen in den Bürgerhäusern einen Ehrenplatz neben der Bibel ein da ihre Sprache sehr einfach war, die Moral immer allgemein verständlich und bedeutsam war
unterhaltsame Darstellung, bei der die Grenze zw. Fabel und Erzählung z.T. verwischt
eindeutige und geradlinige Darstellung der Fabel; klar umrissene Typen in normalen Lebenssituationen
es gibt keine Ironie; einfache Art der Fabel und die Wahrheit
zählt Anweisungen für ein gutes Leben auf: stetige Pflichterfüllung, Mäßigkeit, Genügsamkeit
lehrt dem Menschen gegenseitige Hilfe, Sparsamkeit, Toleranz und Sanftmut
seine Fabeln gehen sehr auf Einzelheiten ein u. sind daher sehr wort- und umfangreich)
bezieht durch Fragen und Anreden den Leser in die Handlung ein
seine Fabeln sollen nicht die eines Richter sondern die eines lebenserfahrenen Lehrer sein
„Die Ameise und die Grille“ Äsop
Es war kalter Winter, und Schnee fiel vom Olymp. Die Ameise hatte zur Erntezeit viel Speise eingetragen und ihre Scheuern damit aufgefüllt.
Die Grille hingegen kauerte in ihrem Loch und litt gar sehr, von Hunger und arger Kälte geplagt. Sie bat darum die Ameise, ihr von ihrer Speise abzugeben, damit sie davon essen könne und nicht zu sterben brauche. Doch die Ameise sprach zu ihr: „Wo warst du denn im Sommer? Warum hast du zur Erntezeit nicht Speise eingetragen?“ Darauf die Grille: „Ich habe gesungen und mit meinem Gesang die Wanderer erfreut.“ Da lacht die Ameise laut und rief: „So magst du im Winter tanzen!“
Moral: es gibt nichts besseres, als für die notwendige Nahrung zu sorgen und sich nicht bei Tanz und Lust
ergehen soll.
„Der Fuchs“ Lessing 1759
Ein verfolgter Fuchs rettet sich auf eine Mauer. Um auf der anderen Seite gut hinab zu kommen, ergriff er einen nahen Dornenstrauch.
Er ließ sich auch glücklich daran nieder, nur dass die Dornen ihn schmerzlich verwundeten. ‚Elende Helfer‘ , rief der Fuchs, ‚die nicht helfen können ohne zu schaden‘!
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