Vers- und strophenformen im "faust"
Vers- und Strophenformen im „Faust“
Es existiert eine große Vielfalt von Versmaßen in Goethes Faust. Zumeist verwendet Goethe Versmaße, die dem Schauspieler
entgegenkommen, da sie verhältnismäßig wenig reglementiert sind und Spielraum zur Variation lassen (z.B.: Knittelvers,
freier Rhythmus). Dies heißt jedoch nicht, dass die Form
für Goethe unwichtig war. Vielmehr verwendete er dann „strengere“ Metren, wenn es dem Inhalt entsprach.
Die „freieren“ Metren, die öfter vorkommen, machen wiederum
das Lebendige und Kraftvolle seiner Versdichtung aus.
Die verschieden Versformen bringen die emotionale Verfassung der jeweiligen Charaktere zum Ausdruck.
Auch ist die Wahl des Versmaßes historisch bedingt, da man in
unterschiedlichen Epochen auch unterschiedliche Versmaße bevorzugt verwendet hat.(Und Faust wurde ja über 4 ver. Epochen[Aufklärung, Sturm u. Drang, Romantik, Klassik] hinweg geschrieben!)
1)Knittelvers: „ Habe nun, ach! Philosophie,“ ( V.
354)
x x x x x x x x
(Faust)
Aufbau: ist vierhebig; hat beliebig viele Senkungen zwischen Hebungen; 7-10 Silben; Paarreim (Abweichungen im F.)
Verwendung: Sehnsucht, Wünsche Fausts; ruhige, melancholische Verfassung
Grund: Der Knittelvers betont oft die sinntragende Silbe nicht, der Vers wirkt dann schwerfällig, eignet sich vermutlich nicht für schnelles, hitziges, emotionales Sprechen
Wo noch?: V.386-397; V. 2678-2683
2)Madrigalvers: „Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.“
(V.280) (Mephistopheles)
Aufbau: absolut frei(Hebungen, Reime); 4-12 silbig; meist jambisch oder trochäisch
Verwendung: vermutlich in allen Situation verwendbar; Mephisto
gebraucht ihn z.
B., wenn er ironisch über die Menschen herzieht und vorher dem Herrn gesagt hat, er hätte einen lächerlichen Pathos
Wo noch?: V.280-292; V.1783-2804
3) freier Rhythmus: „Es wölkt sich über mir-
Der Mond verbirgt sein Licht-„
(V.468/9) (Faust)
Aufbau: metrisch nicht gebunden; reimlos; aber: rhythmisch gestaltet (Wiederholungen, Anklang an metrische Formen)
Verwendung: Charaktere sind aufgeregt, emotional, hysterisch
Grund: ermöglicht den Schauspielern völlige Freiheit ihre Emotionen darzustellen (kein störendes Metrum)
Wo noch: V.468-476; V.
4427-4440
4)Adonischer Vers: „Schwindet, Ihr dunklen Wölbungen droben!“
x x x x x x x x x x
(V.1447/8) (Geister)
Aufbau: antiker Kurzvers; Daktylus + Trochäus
Verwendung: Wird vermutlich in Extrapassagen verwendet, wenn Sondercharaktere, wie die Geister sprechen
Grund: Abheben von normalen Dialogen durch anderes Metrum
5)Blankvers: „O dass dem Menschen nichts Vollkommnes wird“
x x x x x x x x x x
(V.3240-3241) (Faust)
Aufbau: ungereimter, fünfhebiger Jambus; Enjambement (Zeilenbrecher): Satz(damit Sinn) länger als ein Vers
Verwendung: evtl. bei Unausgeglichenheit, Zwiegespaltenheit,
Anspannung speziell bei Faust, vielleicht auch in den Passagen, aus dem Sturm und Drang, da Shakespeare fünfhebige Jamben oft verwendete und S. ja in dieser Epoche das Idol vieler Autoren war
Grund: Metrum eignet sich zum schnellen Sprechen
Wo noch?: V.3240 ff.
6)Stanze: „ Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,“
x x x x x x x x x x x
(V.1) (Goethe)
Aufbau: 5-hebiger Jambus; 8-zeilige Strophe; Reimmuster: ab ab ab cc
Verwendung: bei Feierlichem, Verkündendem
Grund: Metrum klingt entsprechend
Wo noch?: Zueignung
7)Volksliedstrophe: „ Es war ein König in Thule“
(V.2759) (Gretchen)
Aufbau: 4-9 zeilige Strophe, 4- oder 3-hebige Verse ohne strenges Metrum, freie Reimgestaltung
Verwendung: Symbole für Charaktere und ihre Eigenschaften und Wünsche etc.(Lied der Bauern, „König von Thule“)
Grund: gesungene Lieder als Identifikationsmittel
Ó by Johnny
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