Zur person ferdinand raimund:
ZUR PERSON FERDINAND RAIMUND:
Raimund ( mit bürgerlichen Namen eigentlich Raimann) wurde am 1. Juni 1790 als Sohn eines Drechslermeisters geboren. Zunächst nahm er eine Konditorlehre in Angriff, da seine Eltern schon früh gestorben waren und er nun auf sich allein gestellt war. Er bekam schon sehr bald Einblicke ins Theatermilieu, da er während den Vorstellungspausen damit beschäftigt war, Gebäck und Süßspeisen auszutragen. Von Anfang an war er schwer begeistert, der Glanz des Theaters hatte ihn nun vollends in seinen Bann gezogen. Mit 18 entschloß er sich Schauspieler zu werden und den Beruf des Zuckerbäckers endgültig an den Nagel zu hängen.
Im Jahre 1814 arbeitete er schon als Tragiker im Theater in der Josephstadt. Tragische Rollen also waren seine anfänglichen Partien, zu denen sich Raimund – wie Nestroy – mehr hingezogen fühlte als zu irgendwelchen anderen. Aber erst als er bei Komödien mitwirkte, wurde man auf ihn aufmerksam.
Sieben Jahre später wurde er Regisseur im Theater in der Leopoldstadt und somit zu einem bekannten Bühnendichter. Eine besondere Spielart, die sogenannte ZAUBERPOSSE ( oder Zauberstück) prägte sich in seiner Zeit aus und entwickelte sich zu einem Lokalstück. Genau solche Lokalstücke brachten Ferdinand Raimund den Erfolg, weil das Volk sich sehr verbunden dazu fühlte ( Erklärung für Lokalstück folgt bei NESTROY).
Er war also schon zu Lebzeiten ein angesehener Dichter wie Schauspieler, wobei gerade bei Raimund Dichtertum und Schauspielertum untrennbar miteinander verbunden waren/ sind. Später war er auch als Direktor des Leopoldstädter Theaters tätig.
Ferdinand Raimund war eine künstlerische Persönlichkeit – die Kunst war für ihn das Höchste im Leben. Sie war ihm auch deshalb so ernst, weil sie schwer errungen war. Er war im Vergleich zu vielen anderen poetisch begabt. Viele seiner Zeitgenossen betrieben ihre Kunst nur um Geld heraus zu locken und nicht um Anerkennung zu ernten.
Raimund empfand dies als Schande.
Im Gegensatz zu Nestroy mußte er sich sein Können ohne äußere Hilfe aneignen, er hatte ja nicht die Möglichkeit Schulbildung zu bekommen. Seine Komödien enthielten deswegen aber nicht weniger Erkenntnis- und Kommunikationsakte. In Nestroy sah er seinen ärgsten Rivalen, den es immer zu übertrumpfen galt. Ein stets unbefriedigter Ehrgeiz sowie ein kompliziertes Privatleben waren die Folgen für sein schon fast krankhaftes Schaffen. Sein Humor entsprang einer wunden Seele, einem schmerzvollem Leben.
Seine ersten Stücke ähnelten noch denen der „ Großen Drei“ ( Gleich, Bäuerle und Meisl – Vorgänger Nestroys und Raimunds). Sie wurden deshalb geschrieben, weil man Theaterstücke gebraucht hat. Raimund führte die barocke Tradition des Wiener Volks- und Vorstadttheaters in der Verbindung von Märchen, Zauberposse und moralischer Allegorie auf ihren dichterischen Höhepunkt. Über seine Vorläufer wuchs er durch Inhalt und künstlerischer Meisterschaft seiner Stücke entscheidend hinaus.
Er war stets auf der Suche nach dem rechten Ausgleich zwischen volkstümlichen Spaß und sittlichem Ernst und läßt durch Feenmund seinem Publikum die Meinung sagen. Am besten gelungen ist die ihm eigene Mischung von Romantik und Realismus in den großen Original-Zaubermärchen „ Der Alpenkönig und der Menschenfeind“
( 1828) und „ Der Verschwender“ ( 1834), in dem das berühmte „ Hobellied“ ( ein COUPLET !!)
Da streiten sich die Leut‘ herum
Oft um den Wert des Glücks,
der eine heißt den andern dumm,
am End‘ weiß keiner nix.
Da ist der allerärmste Mann
Dem andern viel zu reich, das Schicksal setzt den Hobel an
Und hobelt s‘ beide gleich.
den treffendsten Ausdruck von Raimunds im Grunde biedermeierlichen Lebensgefühl gibt.
Sein drittes dramatisches Werk „ Der Bauer als Millionär“ wurde als erstes nicht auf Vorlagen oder Muster gestützt. Sein erstes Stück – „ Der Barometermacher auf der Zauberinsel“ - war nur eine Fertigstellung eines Entwurfes von einem anderen Dichter ( Karl Meisl). Der „ Bauer als Millionär“ ( 1826) brachte ihm die uneingeschränkte Anerkennung seiner Begabung. Seine dichterische Leistung ist vollgültig dargestellt, deshalb liegt die Betonung auf „ Original-Zaubermärchen“.
Von seinem Privatleben scheint nicht ganz soviel wie über Nestroys bekannt zu sein. Seine Ehe mit Luise Gleich zerbrach bald und brachte ihm bittere Erfahrungen ein. Seine spätere Geliebte Antonie Wagner konnte er nicht ehelichen, weil er sonst sein Ansehen in der Theaterwelt verloren hätte. Im Großen und Ganzen ging ihm diese ganze Sache sehr zu Herzen und in seinen Stücken kann man auch noch seinen eigenen Charakter herauslesen. Die Hauptfigur Rappelkopf in „ Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ etwa weist etliche Züge Raimunds auf. Dies ist keine Vermutung, sondern sogar bewiesen, daß er sein Privatleben des öfteren in seine Werke einfließen ließ oder sein Leben und seine Gefühle mit Hilfe dieser nachzeichnete.
Ja, das kann nicht mehr so bleiben,
´s entsetzlich, was sie treiben.
Ins Gesicht wird ich belogen,
Hinterm Rücken frech betrogen,
´s Geld muß ich am End vergraben,
Denn sie stehln als wie die Raben.
Ich hab keinen Kreuzer Schulden,
Bare Hundertausend Gulden,
Und doch wird’s mir noch zu wenig,
Es tät not, ich wurd ein König.
Meine Felder sind zerhagelt,
Meine Schimmel sind vernagelt,
Meine Tochter wie betrübt,
Ist das ganze Jahr verliebt.
Alle Tag ist das ein Gwinsel,
Um den Maler, um den Pinsel,
Der kaum hat ein Renommee,
Und vom Geld ist kein Idee.
Und mein Wein, bei allen Blitzen,
Will die Frechheit unterstützen,
Sagt, er wär ein Mann zum Küssen,
Wie die Weiber das gleich wissen!
Und das soll mich nicht verdrüßen?
Ja, da möchte man sich erschießen.
Und statt daß man mich bedauert,
Wird auf meinen Tod gelauert,
Und so sind sie alle, alle,
Ich zerberste noch vor Galle.
Rappelkopf singt dieses Lied, um all seinen Zorn über die Welt, in der er lebt und über seine Mitmenschen für kurze Zeit vergessen zu können.
Bei diesem genannten Stück handelte es sich um ein „ Besserungsstück“.
Die Geister greifen eben in Menschenleben ein und führen auf die Menschheit selbst zurückgehende Verwirrungen zu einem guten Ende, heilen also den Menschenfeind von seinem Argwohn. Das Zauberspiel mündet hier in die Tradition der Besserungsstücke ein. Seine Gesellschaftskritik ist aber hauptsächlich auf Psychologie bezogen.
Raimund kreidete das Neue nicht an, dazu war er viel zu konservativ und zu gefühlsbetont. Er sehnte sich nach einem „ Zurück“ in einen vorkapitalistischen Zustand. Er vertrat den romantischen, illusionistischen Standpunkt. Die Zauberwelt war Symbol für eine Welt, die sich Raimund so sehnlichst vorgestellt hatte.
Raimund war sowohl als Verzweifelter als auch als Zweifelnder bekannt. Seine Texte reflektieren den Schmerz, daß ihm die Welt nicht mehr „ aufgeht“, darin liege auch seine Modernität.
Phantasie, Märchen und Traum können durchaus mehr als Flucht in die Illusion sein und bewußte Distanzierung der bedrängten Wirklichkeit leisten. Auch das „ Böse“ ist in diesem Konzept aufgehoben, z.B. bietet Rappelkopf Einblicke in die frühkapitalistische Ausprägung der Gesellschaft und die Erkenntnis, daß Geld und Geschäfte die Welt zusammen halten. Raimunds Gesellschaftskritik entsprang weniger aus politischen Motiven als aus dem idealistischen Wunsch nach Gerechtigkeit ( siehe „ Hobellied“).
Er hat die Brücke der Gesellschaft zwischen Oben und Unten, Außenseitern, Aufsteigern und Etablierten gesehen, ferner daß sie ein durch Geld bestimmtes System ist, in dem sich von heute auf morgen die Verhältnisse umkehren können.
Dies ist im „ Bauer als Millionär“ sehr gut verdeutlicht. Raimund hat das aktuelle Problem bestens geschildert: Im Bauern Fortunatus Wurzel hat er ein Bild des alltäglichen Lebens in der damaligen Zeit geschaffen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ( Beginn des Industriezeitalters) hat sich in Wien einiges getan; aus den Folgen der industriellen Revolution kam es zu einer starken, gesellschaftlichen Umschichtung, bei welcher der „ Neureiche“ Gelegenheit hatte, sich in den Vordergrund zu rücken. Man wußte auch damals, daß solche Leute nicht wissen, wie man mit Geld umzugehen hat und im Endeffekt wieder alles verloren haben.
Wurzel ist über das Verhalten seiner Tochter zornig, er versteht nicht, warum sie mit all seinen Reichtümern nichts
anfangen kann.
WURZEL: Untersteh dich nicht, daß du ein Wort von ihr redst, ich will nichts wissen von der Wasserprinzessin. Ist das ein
Betragen für ein Haus wie das meinige? Statt daß sie ein vampirenes Kleid anleget und mit ihren Vater auf d‘
Promenad ging‘, bleibt’s das ganze Jahr zu Haus hocken und geht in einem spinatfarbenem Überrock herum.
LORENZ: Sie taugt halt nur aufs Land. Sie will halt eine niedrige Person sein.
WURZEL: Heut is Freitag, da freu ich mich wieder, da is Fischmarkt, da kommt der Bursch wieder vom Land herein. Und
wenn er seine Fische verkauft hat, ist er nicht zufrieden, da setzt er sich da drüben auf den Stein und hält
Maulaffen auch noch feil, schaut immer auf ihr Fenster herüber wie ein Aff – Mit der Wacht laß ich ihn noch
wegführen.
LORENZ: Das Sitzen kann man keinen Menschen verbieten.
WURZEL: So laßt ihn sitzen, auf d’ Letzt sitzt er doch zwischen zwei Stühl auf der Erde. Aber `s Madel wird mir ganz
verwirrt. Ich laß ihr Zeichnen lernen und Sticken, nutzt nichts. Statt daß sie schöne Blumen macht, Vasen und
solche Sachen, was zeichnet’s? Was stickt sie? Lauter Fisch. Zu meinen Namenstag stickt sie mir ein Polster –
was ist drauf? Ein großmächtiger Backfisch, aber ohne Kopf, - wie ich meine drauflege, ist der ganze fertig.
Sie
muß den reichen Juwelier heiraten.
LORENZ: Warum soll s‘ denn aber just ein Juwelier heiraten? Sie sind ja ein steinreicher Mann.
WURZEL: Eben. Damit ich das bleib, darf sie den Burschen nie nehmen.
Raimund faßt das alles ironisch auf. Diese Ironie ist bei ihm in seinen Couplets bemerkbar:
COUPLETS:
Es zeichnet sich in erster Linie durch Witz und einen auf das Allgemeine zielenden satirischen Grundzug aus.
Allen Couplets ist gemeinsam, daß eine Reihe merkwürdiger „ Fälle“ des Lebens, aber auch Reflexionen über aktuelle Vorgänge der Zeit und in der Welt, unter einer überraschenden Schlußpointe, dem Refrain,
zusammengefaßt werden. Sie enthalten des öfteren auch die Kritik der Tagesmisere – die aber erst kurz zuvor dazugeschrieben werden kann, eben weil sie so „ brennheiß“ ist.
In jeder einzelnen Strophe wird ein in sich geschlossenes Bild gezeichnet, das aber durch den Refrain für die anderen Strophen und das ganz Lied „ offen“ ist. Die Bilderkette der Strophen läßt sich endlos fortsetzen, sie ist – wie bereits erwähnt – für die Improvisation ( des Sängers) und das Hinzufügen aktueller Strophen jederzeit offen.
Der REFRAIN ist der Teil des Couplets, der die satirischen Gegenstände der einzelnen Strophen zusammenhält. Er wiederholt sich immer wieder, um den Zuhörern/ schauern die Unzulänglichkeiten der Welt auf ein neues
„ einzuhämmern“.
Die Welt wird also satirisch betrachtet; das Verkehrte wird fortwährend demonstriert.
Sobald ein Couplet gesungen wird, hat der/ die Vortragende sich vom eigentlichen Handlungsverlauf gelöst ( das Couplet unterbricht den Handlungsstrom des Stückes gänzlich – das Publikum ist in der Lage sich auf ein abgegrenztes Thema zu konzentrieren) und in eine andere Rolle gewechselt. Ein Gespräch mit dem Publikum wird auf diese Weise ermöglicht, weil es eben direkt angesprochen, in das Spiel mit einbezogen und später um seine Meinung gefragt wird ( natürlich kommt jeder für sich zu einer Ansicht !).
Es handelt sich hierbei also um eine kritische Darstellung der Welt. Der Zuschauer soll entweder zur Zustimmung oder – wenn dies doch ein wenig viel verlangt ist – wenigstens zur Prüfung des Vorgebrachten gebracht werden.
Einige Beispiele aus Raimunds bekanntesten Couplets:
So mancher steigt herum,
Der Hochmut bringt ihn um,
Trägt einen schönen Rock,
Ist dumm als wie ein Stock,
Von Stolz ganz aufgebläht,
O Freundchen, das ist öd!
Wie lang stehts denn noch an,
Bist auch ein Aschenmann!
Ein Aschen! Ein Aschen! ( Lied des Aschenmanns aus „ Bauer als Millionär“)
Ach, wenn ich nur kein Mädchen wär,
Das ist doch recht fatal,
So ging ich gleich zum Militär,
Und würde General.
Oh, ich wär gar ein tapfrer Mann,
Bedeckte mich mit Ruhm!
Doch ging‘ die Kanonade an,
So machte ich rechtsum. ( aus „ Alpenkönig und Menschenfeind“, wäre vor circa eineinhalb Jahren sogar noch bei uns aktuell gewesen)
Aber er hat mittels der Phantasie auch das über die befindliche wirkliche Welt Hinauswiesende sichtbar gemacht, daß die Gesellschaft eine Gesellschaft der Menschen ist, und daß das Soziale nur erreicht werden kann, wenn die Menschen sozial sind. Bei ihm tritt immer wieder dieser Dualismus zwischen Geister- und Feenwelt und der Menschenwelt auf.
Das ZAUBERSTÜCK:
Es steht in Interferenz mit anderen Unterhaltungsformen und ist durch den Stil der Entgrenzung des Wahrscheinlichen geprägt.
Die Verbindung von Possenkomik und Zeitkritik ermöglicht die „ mythologische Karikatur“ und das
„ Zauberspiel“. Die erstgenannte Form ist aber nur eine Überleitung vom Lokalstück zum Zauberspiel.
Sie entsteht durch die Konfrontation der Zauberoper mit der parodierten Gegenwart des wienerischen Alltags. Übrigens sind diese Kontraste zwischen Hoch- und Dialektsprache bewußt eingesetzte Gestaltungsmittel. Er verknüpft Motive des sozialen Alltags mit er theatralischen Bilderwelt und kleidet diese in eine Sprache, die das Volk versteht, was ihn klarerweise zu einem „ echten“ Volksdichter macht.
Auch die mythologische Karikatur konnte die Zensur bewußt umgehen: Die Zustände in Wien wurden kritisch auf die Götter- und Heldenwelt der Antike übertragen. Sie zeigen Ansätze zu Parodien, welche die Funktion hatten, Stoffe und Themen zu transportieren und zu popularisieren, zwischen hohem und niederem Stil zu vermitteln, das Volk auf jede erdenkliche Art und Weise zu bilden und bezüglich Politik kritisch zu erziehen.
Das Zauberspiel war bis in das Frühwerk Nestroys hinein die vorherrschende Gattung des Wiener Volkstheaters.
Das Publikum konnte von den phantastischen Dimensionen des Theaters gar nicht genug bekommen. Der Einfluß der Feenmärchen, Sagen und Ritterromane kam natürlich hinzu.
Die Geisterphantastik hatte mit der Romantik jedoch wenig zu tun: Der Begriff „ romantisch“ als Zusatz zur Gattungsbezeichnung „ Zauberspiel“ oder „ Volksmärchen“ meinte in der Regel die Eigenschaft der Stilmischung. Die Märchendramatik war also eine Gegenbewegung der Aufklärung, sie förderte aber trotzdem teilweise auch aufklärerische Ziele ( Phantasie steigert den Verstand).
Dominierende Gattung wurde nach 1818 das „ parodistische Zauberspiel“. Hierbei handelte es sich um ein Gemisch aus Zauber- und Singspiel,
Sittenstück,
lokaler Posse und
Parodie.
Die Darstellung der bei illusionsfreudigen Publikum beliebten Zauberwelten wurde mittels der Parodie der
„ irdischen“ Welt angeglichen. Geister, Feen und Allegorien ( literarische oder künstlerische bildhafte Veranschaulichung eines Begriffs oder Vorgangs, oft durch Personifizierung) sind wienerische Repräsentanten einer höheren Welt, die im „ Besserungsstück“ den unvernünftigen Erdenbürger zur Erkenntnis seiner selbst, der Welt und des Glücks in der Zufriedenheit erzielen. Das aufklärerische, volkserzieherische Element trat in den Vordergrund.
Raimunds Darstellungsstil – eine Einheit von Komik, gefühlsmäßigem Erleben und kontrastierendem Ernst – wirkte weniger auf die Lachmuskeln als auf das Gemüt der Zuschauer und sei für die Entstehung und Struktur seiner Dramen bedeutsam gewesen. Ihm war die Flucht aus dem „ Lachtheater“ gelungen. Einige Forscher beschäftigten sich mit der Metaphysik des Zauberspiels und nehmen an, daß das leichte Spielgefüge mit
„ tieferer“ Bedeutung aus weltanschaulicher Sicht gesehen werden sollte.
ER erscheint als Reformator barocker Dramatik, der dem Zauberstück mit Geisterapparat, zweigeteilter Welt, moralischem Lehrsatz und mythisch-allegorischer Darstellung den Ernst zurückgibt, der durch Parodie seiner Vorgänger verloren ging.
Der Dichter versuchte zumeist eine VERBINDUNG zwischen ERNST und KOMIK und bezog im Sinne einer biedermeierlichen Überformung das Rührende, Sentimentalische in die „ derberen“ Formen ein. Er experimentierte mit den traditionellen Gattungen ( verfeinerte dadurch seinen schauspielerischen Stil) und versuchte eine Erneuerung nicht über das Komische, sondern über die „ moralisch-metaphysische Dimension“, möglicherweise als Reflex der politisch-gesellschaftlichen Entwicklung. Er war also in jeder Hinsicht ein im politischen Bereich wirkender Dichter.
Raimund hatte auch mit der Zensur weniger Probleme als Nestroy. Er umging sie mittels Unterwerfung oder künstlerischer Herausforderung und war stolz darauf, daß seine Stücke beinahe so unverändert aus den Händen der Zensoren kamen wie sie hingekommen waren.
Man wollte seine Meinung über die derzeitige Situation loswerden, der Frust hatte sich schon lange Zeit aufgestaut. Das Theater bot sich geradezu dazu an, die Kritik mußte aber dennoch vorsichtig geäußert werden. Alles, was unter Zensur stand, war in irgendeiner Weise wertvoll, alles, was gebilligt wurde, galt als langweilig und wurde auch kaum gelesen.
Der Höhepunkt der politischen Diktatur bildete also gleichsam den Gipfel in der Entwicklung des Volkstheaters.
Raimund, der bereits im Jahre 1836 durch Selbstmord seinem Leben ein Ende setzte, galt als Vorbild für Nestroy. Er soll an ihm zugrunde gegangen sein, obwohl dieser im Vergleich zu Raimund von den Theaterforschern immer abgewertet wurde.
Raimund galt als „ Vollender“, Nestroy als „ Zerstörer“ des Wiener Volkstheaters. ER soll zu einer „ Veredelung“ des Volkstheaters geführt haben. Von ihm wurde großer Wert auf eine adäquate Inszenierung seiner Stücke gelegt. An Engagements hatte er sich nie gebunden, sondern immer als freischaffender Künstler gearbeitet. Raimunds Werk wies alle großen Stilströmungen, wie Barock, Romantik, Biedermeier und Realismus auf.
Raimund stellte mit seinem Idealismus Illusionen auf, Nestroy zerstörte sie mit seinem Wirklichkeitssinn.
Die beiden unterschieden sich grundlegend voneinander, da Nestroy immer den Drang zu neuen Dingen verspürte, während Raimund noch auf der Seite des Alten stand.
Nestroy war Raimund sicherlich voraus, er wird oft als „fortschrittlicher Geist seiner Zeit“ erwähnt.
Jedoch stellten die Werke beider den Endpunkt des Besserungsstückes dar. Jeder tat dies in seiner eigenen Art und Weise: Raimund versöhnt, Nestroy höhnt!
ZUR PERSON JOHANN NESTROY:
Nestroy (eigentlich Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy) wurde am 7. Dezember 1801 als Sohn eines Wiener Hof- und Gerichtsadvokaten, der seinem Sohn später auch eine Ausbildung an einem Gymnasium ermöglichte, geboren.
Zunächst war er als Opernsänger (dieses Können läßt er später auch bei Couplets und diversen Gesangseinlagen, die er in die Schauspiele integrierte, einfließen) tätig, ein wenig später auch in Sprechrollen.
Zwischen 1822 und 1831 reiste er als Schauspieler und Opernsänger durch Österreich, Deutschland und die Niederlande. Seine Laufbahn als Schauspieler begann im Jahre 1823 in Amsterdam. Im gleichen Jahr heiratete er auch seine erste Frau Wilhelmine Zwettlinger, die ihn aber schon nach vier Jahren wieder verließ.
Nach etlichen Engagements in Brünn, Graz und Preßburg kehrte er in seine Heimatstadt Wien zurück, wo er sich langsam dem Schreiben zuwandte. Anfangs glaubte Nestroy zum Tragiker berufen zu sein, wendete sich aber nicht viel später dem komischen Fach zu.
Kurz nach seiner Ankunft in Wien schloß er einen Vertrag mit dem Theaterdirektor Carl, von dem aber jeder wußte, daß er seine Angestellten nur ausbeutete, indem er sie schlecht bezahlte und ihnen überdies noch Zahl und Termine der abzuliefernden Stücke vorzuschreiben pflegte.
Im Jahre 1827 durfte sich Carl als stolzer Direktor aller drei großen Theater (Theater an der Wien, in der Josephstadt und in der Leopoldstadt) präsentieren. Nestroy war ihm aber sehr zugetan und trat nach dessen Tod 1854 seine Nachfolge an. Auch seine damalige Lebensgefährtin Marie Weiler, die eine „ gute“ Sängerin, aber reizlose Darstellerin war, wurde von Carl gewürdigt und Nestroy zuliebe in Kauf genommen. Nur sechs Jahre insgesamt hielt Nestroy das schwere Leben eines verantwortungsbeladenen Direktors aus und zog sich deshalb nach dieser Zeit in den Ruhestand zurück. Während dieser Zeit wirkte er hauptsächlich im Theater an der Wien, wo er beispielsweise mit der phantastischen Komödie „ Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt“ seinen ersten großen Erfolg verzeichnen durfte (Uraufführung - 1833).
Über 80 Werke (um genau zu sein: 83 !!)schrieb Nestroy, von denen selbst heute noch einige auf den Spielplänen der (guten) Theater zu finden sind.
Diese 83 Stücke entstanden unmittelbar aus den Bedürfnissen des Wiener Volkstheaters, aber sie wurden auch aus einer Vielzahl von Quellen abgeleitet, wie zum Beispiel aus zeitgenössischen französischen oder englischen Romanen. Er änderte die Originale so wie er sie gerade brauchte: Hier fügt er Couplets und Quodlibets ein, dort werden Handlungslinien und Motive ausgebaut. Seine eigentliche Leistung aber lag in der Umsetzung von Milieu, Charakteren und Sprache ins Wienerische und in der Ausgestaltung der komischen Rollen. Beim „ Talisman“ etwa handelt es sich um solch eine geschickte Bearbeitung einer rasch vergessenen französischen Komödie. Nestroy ist in seinem Werk der Vorlage weit überlegen. In den meisten Fällen konnte man die Vorlagen zu seinen Stücken problemlos bestimmen.
Nestroy erhob sich gewissermaßen auch auf Raimunds Schultern. Der „ Lumpazivagabundus“ aber geriet im Gegensatz zu Raimunds Werken ein wenig blaß und nüchtern, weil er zu diesem metaphysischen Schreibstil keine wirkliche Beziehung hatte und ihm dieser überhaupt nicht zusagte. Seine frühen Stücke standen aber noch deutlich in dessen Tradition. Er tendierte aber dann doch mehr zur realistsich-sozialkritisch gefärbten Werken, was sich mit Raimunds Stil überhaupt nicht mehr vertragen hatte.
Wahrscheinlich ist es auch seinem zweiten Beruf als Schauspieler zu verdanken, daß in seine Stücken wieder die SPRACHE selbst zum Thema wird. Häufig findet dies auf der Ebene des witzig- pointierten Wortspieles statt, er läßt zum Beispiel andere Sprachen in seine eigene einfließen:
„ Er trug ein schwarzes Halsband“ – „ Portate un nero cravatel“ oder
„ Ein ganz kleines Hunderl“ – „ Piccolo Viech mit quattro Haxn“ (Auszug aus „ Lumpazivagabundus“).
Nestroy ist der geborene Sprachkünstler, der es auch versteht sein Publikum zu erheitern und hellauf zu begeistern. Dieses Können verträgt sich natürlich auch vorzüglich mit seinem überlegenem Verstand. Seine Wortspiele sind meist von gedanklicher Schärfe und wuchernder Bildlichkeit geprägt.
Überdies ist er ein Meister der SPRACHKOMIK, die – wie so oft – vortrefflich mit der Situationskomik in seinen Stücken harmoniert.
Um wieder ein Beispiel aus dem „ Lumpazivagabundus“ anzugeben: Die Gestalten tragen das Handwerk, das sie ausüben, bereits in ihren Namen, etwa heißt der Tischler ganz einfach „ Leim“ und der Schneider „ Zwirn“. Natürlich kommen hierbei auch gesellschaftskritische Züge zum Vorschein – mittels dieser scheinbar harmlosen Kritik will er dem Publikum seinen Standpunkt nahebringen.
„ Harmlos“ bedeutet bei Nestroy Humor „pur“, der aber auch etwas wahres unter seinem witzigen Mantel versteckt hält.
Berühmt und gerade deswegen von der Obrigkeit gefürchtet war der Dichter und gleichzeitige Schauspieler aber aufgrund seines Talentes zu extemporieren (= zum spontanen oder planvollen Einsprechen nicht zum Stück gehöriger Texte; Improvisation oder einfach aus dem Stegreif). Auf diese Art und Weise gelangen ihm des öfteren Seitenhiebe auf aktuelle politische oder gesellschaftliche Ereignisse und Verhältnisse. Aber es kam auch öfters zu Schwierigkeiten aufgrund des Extemporierens (Extemporierverbot seit 1752 - unter Sonnenfels), zum Beispiel mit Zensoren: In dieser Zeit improvisierten die Schauspieler vielfach, um ihre gewollten Aussagen noch zynischer ans Volk zu bringen. Mit diesen Improvisationen konnte man die ZENSUR bewußt umgehen. Natürlich wurden immer wieder neue Bestimmungen erlassen, die etwa besagten, daß man verfaßte Werke immer doppelt auflegen lassen mußte, damit ein Exemplar für die Bühne verwendet werden konnte, während das andere der Zensor bearbeitete und von Kritiken und Beleidigungen dem Metternich’schen Systems gegenüber säuberte.
Das Theater sollte ein Mittel zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung und eine Institution der reinen Unterhaltung sein. Die genaue Rekonstruktion der sozialkritischen und politische Situation mancher Stücke aufgrund dieser Säuberungen war somit erschwert.
Etliche Textpartien wurde aus diesem Grund aufgespart, z.B. Couplets und Monologe. Sie wurden aber logischerweise zur selben Zeit verfaßt und in die dafür vorgesehenen Stellen kurz vorher wieder eingefügt.
Ausdrücke aus dem kirchliche, militärischen wie sexuellen Bereich mußten ebenso gemieden werden, wie die aus dem politischen. Diese Vorschriften galten ebenso für die non-verbale Darstellung, z.B. Kostüme, Requisiten, Bühnenbild,.. Oft aber kam es, daß Nestroy diese Texte, die weit über den zensurierten Text hinaus gingen, Schwierigkeiten mit der Polizei einbrachten.
Arrest – sowie Geldstrafen, die er deswegen einbüßen mußte, waren also keine Seltenheit mehr.
Das Theater wurde zwischen 1815 und 1848 als Ersatz für die politischen und öffentlichen Interessen des Bürgers gesehen. Außer dem Theater waren abendliche Treffen gänzlich verboten. Die Polizei versuchte sich somit die Bevölkerung nicht ganz zum Feind zu machen, hatte aber auch ein Auge darauf, was sich auf der Bühne abspielte (Grenzen des politisch Zulässigen durften nicht überschritten werden). Die Bevölkerung besuchte das Theater, um seinen doch stark eingeschränkten Unterhaltungssinn irgendwie ausleben zu können und die politische Situation zu vergessen. Die einzige Aufgabe, die der österreichische Bürger zu erfüllen hatte, war sich um seine eigenen Sachen zu kümmern und darauf zu achten, keinen Fehler zu begehen, der gegen das Regime gerichtet sein konnte.
Die „ politischen Spitzen“, die von den Schauspielern gegen Metternich und seinen Staat gerichtet waren, waren dennoch sehr beliebt.
Das Verbot sich öffentlich politisch zu engagieren, brachte einen Rückzug in häusliche Unterhaltung mit sich.
Metternich Klemens Wenzel, Fürst von: österreichischer Staatsmann. Im Jahre 1809, nach der Niederlage der Österreicher gegen die Franzosen bei Wagram wurde er zum Leiter der österreichischen Außenpolitik ernannt. Dieser versuchte nun mit allen Mitteln die Annäherung Österreichs an Frankreich zu erreichen, indem er u.a.
die Heirat der Kaisertochter Marie Louise mit Napoleon arrangierte und der französischen Armee auf ihrem Rußlandfeldzug Hilfstruppen zur Verfügung stellte. Zweck dieser Annäherung war in erster Linie, Österreich eine Ruhepause gegenüber Frankreich zu verschaffen, um neue Kräfte für den Krieg gegen dieses Land sammeln zu können. Parallel dazu verhandelte er mit Rußland über ein Bündnis gegen Napoleon.
Auf dem Wiener Kongreß 1814/15 zur Neuordnung Europas nach Napoleons Niederlage bemühte sich Metternich, der den Kongreß dominierte, um die Wiederherstellung des vorrevolutionären Zustands in Europa, um das europäische Gleichgewicht zu sichern.
Seit Mitte der Zwanziger Jahre ließ Metternichs Einfluß auf die europäische Politik zusehends nach – in der Wiener Märzrevolution im Jahre 1848 wurde er als die Symbolfigur der Reaktion gestürzt.
Das sogenannte Metternich’sche System bedeutet nichts anderes als Restauration und Aufrechterhaltung der alten, vorrevolutionären monarchischen Ordnung in Europa.
Die Ära Metternichs folgt als Reaktion auf die französische Revolution. In Österreich halten der Geist des Mittelalters und ein intolerantes Zensursystem Einzug. Österreich wird ein Polizeistaat – niemand ist unbeachtet. Das Zurückziehen ins eigene Heim ist die Folge davon.
Am Ende der Metternich’schen Ära 1848 wurde die Aufhebung der Zensur bewirkt. Nestroys Stück „ Freiheit in Krähwinkel“, das im selben Jahr noch seine Uraufführung hat, stellt die Entwicklung in Wien seit der Märzrevolution dar.
Das alte Regime (eben das Metternichs !!) wird in aller Öffentlichkeit zur Belustigung.
Theater wie Publikum wurden in eine innere Emigration getrieben, also spiegelt sich die politische Entwicklung auch im Theaterleben wider. Nestroy stellt in seinen Werken alle Mängel und Schwächen der Zeit mit schonungsloser Analyse des Menschlichen dar. Er hält seinen Zeitgenossen einen Spiegel vors Gesicht und läßt sie so (bewußt oder unbewußt) über ihre eigenen Schwächen lachen.
Mit erstaunlichem Tiefsinn und hinter beißender Satire beschreibt er Leben und Zeitgeist der Stadt Wien in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Alles, wie z.B. politische Absurditäten, Gemeinheit und Hinterhältigkeit wird mit harmlos klingender Ironie bloßgestellt. Sein Sarkasmus und sein alles vernichtender Hohn waren Ausdruck seines Zorns über die Welt.
Am besten ist dieses Denken wohl an seinen COUPLETS bemerkbar. Sie enthalten Faustschläge aber auch Pointen, die zum größten Teil doch auf das damalige politische System abzielen.
Dennoch sind sie sehr zeitlos und auch heute noch oft und gern ein „ Mittel zum Zweck“: In vielen Nestroy- Stücken werden sie aktualisiert, d.h. die Texte werden einfach an die heutigen Umstände angepaßt umgeschrieben und dem Publikum serviert. Die Gründe dies zu tun haben aber weniger mit Kritikübung - so wie damals - zu tun, sondern eher mit Spaß an der Sache berühmte Personen oder neueste Entwicklungen auf die Schaufel nehmen zu können.
Immer wieder hört man überarbeitete Nestroy-Couplets in den diversen Theateraufführungen, die von den Zuschauern zumeist mit rasendem Applaus aufgenommen und mit großer Begeisterung weitergegeben werden. Das Publikum dürfte sich im Vergleich zum damaligen nur wenig verändert haben.
COUPLETS:
Auch im „ Talisman“ kommen Unmengen an Couplets vor, von denen ich einige Strophen als Beispiele angeben möchte:
1.)
Ah, das is a lieber Knab‘, artig und nett
Und schön und bescheiden und gar so adrett,
Er is still, bis man `n fragt, nacher antwort’t er drauf,
Wo man ´n hinnimmt, da hebt man a Ehr‘ mit ihm auf;
´s machen d‘ Herren und die Frauen mit dem Knab’n a Spektakl!
Nach zehn Jahren is der Knab a großmächtiger Lackl,
A Löllaps (?), der keck in alles dreinreden will –
Ja, die Zeit ändert viel.
A Schönheit hat dreizehn Partien ausg’schlagen,
Darunter waren achte mit Haus, Ross‘ und Wagen,
Zwa Anbeter hab’n sich an ihr’m Fenster aufg’henkt,
Und drei hab’n sich draußen beim Schanzel dertränkt,
Vier hab’n sich beim Dritten Kaffeehaus erschossen.
Seitdem sein a sieb’nzehn Jahrln verflossen,
Jetzt schaut’s keiner an, sie kann sich au’m Kopf stell’n wenn’s will -
Ja, die Zeit ändert viel.
2.)
A Madl hat ein‘ Burnus mit kirschrote Quasten;
Ich parier, sie hat battistene Wäsch‘ in ihr’m Kasten,
´s Kleid is von Asphalt, nach dem neuesten Schnitt;
Drau kommt s‘ zu ein‘ Lackerl, drüber macht s‘ einen Schritt,
Bei der G’leg`nheit geht ihr der Rock etwas vur –
Na, da hab ich schon g’nur, na, da hab ich schon g’nur!
„ Ich geh zum Theater!“ hat mir einer g’sagt.
„ Als was woll’n S´ denn ´s erstemal spiel’n?“ hab i g’fragt.
„ Ich spiel gleich den Hamlet, denn ich bin ein Genie.
Gib dann den Don Carlos als zweites Debut.
So wie ich hab’n sie kein‘ in der Burg, gar ka Spur!“ –
Na, da hab ich schon g’nur, na, da hab ich schon g’nur!
Nestroy arbeitete oftmals mit Komponisten zusammen, damit seine Couplets, nicht nur durch hervorragende Texte sondern auch durch gute Melodien, den Zusehern als Ohrwurm bleiben sollten.
Das Couplet kann also durchaus als Verbindung der Musik mit Dichtung verstanden werden.
Neben dem Couplet gibt es in der „ POSSE MIT GESANG“ natürlich auch „ musikalische Texte“, wie z.
B. das Auftrittslied, das Stimmungslied oder das Rollenlied, die etwa alle die Person, die es vorträgt, näher beschreiben oder seine Gefühle bzw. seinen Lebenswandel zum Ausdruck bringen und aufzeigen:
In Nestroys „ Der böse Geist Lumpazivagabundus“ etwa findet man ein solches Lied gleich zu Beginn:
Wir wollen in die Stadt marschieren
Und drinnen unser Glück probieren.
Der Weg wird uns zur Herberg führen,
In der Herberg nacher, da geht’s an.
Was uns´s Fechten g‘ winnt,
Durch die Gurgel rinnt,
Und is all’s vertan,
Liegt uns a nix dran;
Darum nicht lange spekulieren,
In der Herberg‘ zeigt sich, was man kann.
Diese können überdies die Aufgabe haben, eine Handlung abzuschließen, auf neue Handlungsabschnitte überzuleiten (hier der Fall !! Dazu kommt noch die allgemeine Vorstellung der drei Säufertypen, die sich um nichts scheren und ihr sowieso mangelhaft vorhandenes Geld für Alkohol beim Fenster rausschmeißen) oder einfach ein Resümee der Geschehnisse zu geben.
Auch bei Raimund lassen sich solche Lieder finden, z.B. im „ Bauer als Millionär“:
Ja, ich lob‘ mir die Stadt,
wo nur Freuden man hat....
...nachdem er vom armen Bauern zum reichen Nichtsnutz geworden ist.
Bei Nestroy haben die Possen bis 1841 durchschnittlich 10 Musiknummern, danach wird diese Zahl reduziert und man konzentriert sich fast ausschließlich auf das satirische Couplet. Eben dieses könnte deshalb als Vorlaufer der späteren Kabarett – Chansons angesehen werden (HADER !!).
Als eine weitere Mission Nestroys kann die DESILLUSIONIERUNG (= Enttäuschung) angesehen werden, die die Menschen weiters schockieren soll.
Nestroy will sie mit Hilfe dieses Mittels aufschrecken, ihnen klarmachen, daß man vor der politischen Wirklichkeit nicht fliehen und sich auf gar keinen Fall auf ein idyllisches Plätzchen zurückziehen darf, da es das sowieso nicht gibt. Hier wird schon der erste Widerspruch zu seinem Rivalen Raimund deutlich: Raimund war immer schon ein wenig dem Metaphysischem zugetan, während Nestroy mit Phantastereien, Traumwelten und Irrealitäten nicht viel anzufangen wußte. Raimunds Stücke sind im Gegensatz zu Nestroys also illusionistisch, während Nestroy sich mehr der Satire zugetan fühlt.
Aber das Zauberspiel entsprach dem Schaubedürfnis des Publikums, deshalb schrieb Nestroy anfangs nur Zauberstücke, obwohl er diesen im Grunde genommen abgeneigt war. Sein Frühwerk umfaßt insgesamt 26 Werke, die in der Zeit von 1827 – 1834 verfaßt wurden, wobei er sich erst ab 1832 mit seinen traditionellen Zauberstücken beschäftigt hat.
Sein eigentliches Interesse lag aber in der POSSE, dem eigentlichen Volksstück
(z.B. Lumpazivagabundus). Sie waren zwar weniger phantasiereich als Raimunds Zaubermärchen, enthielten dafür aber geistreichere Ideen.
Die Entstehung neuer Gattungen ist hauptsächlich im Zusammenhang mit der Erweiterung der Spielpläne zu sehen. Das alte Repertoire reichte nicht mehr aus, man experimentierte mit verschiedenen Formen.
Das
„ Lokalstück“ entstand (Gleich und Bäuerle beschäftigten sich schon damit), später wurde das Volksstück daraus.
Wiener Volksstück: Die Entwicklung desselbigen bzw. die des komischen Theaters setzte mit den Hanswurst-Stücken des 18. Jahrhunderts ein. Volksschauspieler wie Anton Hasenhut, Joseph Anton Stranitzky oder Gottfried Prehauser prägten dieses possenhafte Genre mit ihrem persönlichem Stil. Ende des 18.
Jahrhunderts wurde das Wiener Volksstück um Singspiele erweitert und bereichert, am bedeutendsten wohl an Schikaneders „ Zauberflöte“. Seinen literarischen Höhepunkt erfuhr es jedoch erst in den Dramenpossen von Ferdinand Raimund und Johann Nestroy. Volksstück meint im weitesten Sinne alle „ Produktionen des Volkstheaters“. Es kann ein Stück VOM, ÜBERS und FÜR DAS Volk sein, das Probleme des Volkes erfaßt und/oder belehrend sowie unterhaltend auf das Volk wirkt.
Die POSSE:
Eine Posse ist ein volkstümliches Theaterstück mit derber Situations- und Charakterkomik. Sie weist eine einfache Handlungsstruktur auf, im Mittelpunkt des oft lokal gebundenen Geschehens (LOKALPOSSE) steht oft eine
„ lustige“ Person.
Bei Nestroys Stücken spielte der Dichter diese Figur zumeist selbst (er hatte sich die Hauptrollen quasi immer auf den Leib geschrieben). Die Hauptperson wird meist sehr dümmlich dargestellt, die aber die Fähigkeit besitzt gerecht zu handeln und Gleichgewicht zwischen Kritik und Einverständnis zu halten. Einerseits verkörpert sie emotionale, intellektuelle oder soziale Unterdrückung, die gegen sie selbst und somit gegen alle niederen Volksschichten gerichtet ist, dar, andererseits „ positive“ verbürgerlichte Gestalten, die einmal Glück in ihrem Leben haben und zum Aufsteiger werden.
Etliche Theaterkritiker sahen die Posse als seichte Vorführung an. Nestroy wurde vorgeworfen seine Witze in Bierkneipen aufzulesen und seine Figuren nur den untersten Klassen zu entnehmen. Viele aber waren auf seiner Seite und schilderten ihn als „ kleine Blume auf einem großem Misthaufen“.
Die Zentralfigur war aber nicht nur Träger der Handlung, sie zeigte auch diverse Mißstände auf: Ihre Komik wirkt als Ventil, sie stellt die Ängste und Leiden der Bürger, aber auch Möglichkeiten der Befreiung aus dieser Unterdrückung, dar: Im „ Talisman“ etwa gleicht Titus seine Sprache an Situation und Bildungsgrad seiner Gesprächspartner an. Interessant ist seine Sprache in dem Augenblick als sie vom Gespräch zu Salome zunehmend künstlicher und gehobener wird, sobald er sich mit der Frau von Cypressenburg unterhält.
Die Sprache wird von Titus Feuerfuchs als Tausch- und Täuschungsmittel eingesetzt, sie wird von ihm gleich der Perücke benutzt, um sich an die Gesellschaft „ heranmachen“ zu können. Das hängt natürlich auch mit der Karriere zusammen, die er machen will, bei der es ihm egal ist, ob er andere Leute in den Abgrund stürzt, um sich so eigene Vorteile zu schaffen.
Titus: Ich stehe jetzt einer Schriftstellerin gegenüber, da tun’s die Alletagsworte nicht, da heißt’s jeder Red‘ ein Feiertagsg’wandel anzieheh.
.
.....
Frau von Cypressenburg: Und welche literarische Bildung hat er (der Vater nämlich) ihm gegeben?
Titus: Eine Art Mille-fleurs-Bildung.
Ich besitze einen Anflug von Geographie, einen Schimmer von Geschichte, eine Ahndung
von Philosophie, einen Schein von Jurisprudenz, einen Anstrich von Chirurgie und einen Vorgeschmack von Medizin.
Die Posse selbst steht nicht nur für Unterhaltung, sondern auch für Kritikübung. Sie gilt als Form niederer Komik mit mangelnder Tiefe, fehlendem Problemhorizont und derben Motiven.
Historische Ausprägungen sind das Fastnachtspiel, die Commedia dell‘ artte, die Spiele der Wanderbühnen und später das Volkstheater. Auch das Vaudeville-Theater (satirische und populäre Liedeinlagen in der Comedia dell‘ Arte italienischer Komödianten in Paris) und die Burleske (Darstellungsform derber Verspottung und karikierender Verzerrung; verwendetes Stilmittel ist die Satire) bildeten die Grundlage zum Possenspiel. Wegen ihrer anscheinenden Problemlosigkeit wurde die Posse oft abgewertet; man sprach ihr die Fähigkeit ab, das bürgerliche Leben wiederzuspieglen, erzieherisch zu wirken und gewisse Ideale darzustellen – wie es vom Volksstück gefordert wurde.
Nestroys Posse wird als „ kritisch-realistische“ Posse bezeichnet.
Unter dem Begriff „ Lokalposse“ ist nur zu verstehen, daß das Stück an einen bestimmten Ort gebunden ist, was man schon beinahe als Patriotismus bezeichnen könnte. Die Lokalposse wird durch Zeit, nämlich die eigene Gegenwart (Anspielung auf zeitgenössische Vorkommnisse), durch Schauplatz (private und öffentliche Lokalitäten) und natürlich durch die Sprache (ortsgebundene Dialekte) verdeutlicht. Unter der „ Verwienerung“ versteht man also die Lokalisierung, dem sogenannten Heimischmachen internationaler Theatererfolge (die Entwicklung des Volkstheaters hängt gewissermaßen mit einem Trend zusammen, der besagt, daß alles, was anderswo gefällt, auch hier zu Geld gemacht werden sollte), was ja mit der Lokalposse eng verbunden ist.
Diese Gattung ließ also Personen direkt aus dem Volk sprechen. Sie hatte die Aufgabe mit Hilfe von Ernst und gleichzeitig Komik ein Bild des wirklichen Lebens in der damaligen Zeit zu zeichnen.
Gerade Nestroy war in der Lage mit seiner Posse in die Bereiche der Politik vorzustoßen, die dem „ eigentlichen“ Volksstück ja verwehrt waren. Sie hat nicht die Absicht „ reale“ Handlungen darzustellen, trotzdem macht sie Realität erfahrbar und stellt gesellschaftliche Vorurteile in Frage. Vorwiegend dient sie natürlich dem Amüsement der Zuschauer:
überzeichnete Charaktere
Verwicklungen
Zugespitzte und unwahrscheinliche Situationen
Schnelle Umkehrungen
Überraschende Wendungen
Die Figuren sind Repräsentanten verschiedenster Bereiche:
bäuerliche Unterschicht
reiches Großbürgertum
bildungsbeflissener Adel
Titus etwa kommt aus einer dieser untersten Klassen, ihm aber traut Nestroy zu die Gesellschaft zu kritisieren und zu entlarven. Er wird als sozial Unterlegener, aber keineswegs als geistig Unterlegener dargestellt. Auf der einen Seite wirkt er bemitleidenswert, auf der andere Seite ist er der skrupellose Karrierist.
Nestroy stellt daher das letzte Glied in der Traditionskette der Alt-Wiener-Volkskomödie dar als auch den Vorläufer moderner Dramatik (Dürrenmatt und Brecht berufen sich beide auf ihn in unterschiedlicher Art und Weise).
Sein Stil ist einerseits an Tradition des Wiener Volkstheaters unter Einfluß von Barock, Josefinismus, Biedermeier und Realimus, andererseits an die beginnende Moderne gehalten. Er war den Menschen gegenüber immer tief pessimistisch eingestellt, was man an seinen Zitaten bemerken kann:
„ Zum Leben gehört sich, billig gerechnet, eine Million, und das ist nicht genug, auch ein geist’ger Aufschwung g’hört dazu; aber das find’t man höchst selten beisammen“ oder „ Der Mensch ist gut, aber die Leut‘ san a G’sindl“.
Nestroy war ein genauer Kenner und Beobachter des Menschen, vor allem des Wieners.
Echte Karikatur übertreibt immer, sie soll satirisch wirken und den Menschen die Wahrheit verstärkt beibringen. Erst in den späteren Jahren mäßigt sich seine übertriebene Satire, büßt aber seine Schlagkraft nicht ein.
Nestroy starb am 25.
Mai 1862 in Graz.
Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt
Personen:
Fortuna, Beherrscherin des Glücks, mächtige Fee
Brillantine, ihre Tochter
Amorosa, Beschützerin der wahren Liebe, ebenso eine mächtige Fee
Hilaris, Sohn des Zauberers Mystifax
Lumpazivagabundus, böser Geist
Leim & Zwirn & Knieriem, Handwerksburschen
Peppi, Tochter eines Tischlermeisters aus Wien, Geliebte von Leim
Der böse Geist Lumpazivagabundus hat durch seine teuflischen Künste den Zauberersohn Hilaris erst zu einem leichtsinnigen Verschwender und dann zu einem armen Schlucker gemacht. Die Glücksgöttin Fortuna schenkt ihm zwar ein neues Vermögen, aber Hilaris meint, daß nur die Liebe ihn bessern könne. Um den Beweis zu erbringen, bittet er Fortuna um die Hand ihrer Tochter Brillantine und wird in seinem Vorhaben sogar von Amorosa, der Beschützerin der Liebe, unterstützt. Fortuna geht jedoch nicht darauf ein und schlägt statt desssen Amorosa eine Wette vor. Drei Landstreichern soll mit ihrer Hilfe das Glück des Reichtums beschert werden.
Sollten auch nur zwei von ihnen das Geld klug verwenden, so soll Amorosa gewonnen haben; andernfalls wird Hilaris niemals Brillantine heimführen.- So geschieht es dann also, daß sich der bierselige Knieriem, der lebenslustige Zwirn und der um sein Liebchen betrogene Leim zu einem liederlichen Kleeblatt zusammenfinden und ihre Landstraßentippelei gemeinsam fortsetzen. Eines Tages läßt Fortuna sie die gleiche Glücksnummer in ihren Träumen sehen, worauf die Drei am nächsten Tag das betreffende Los erstehen und bald darauf hunderttausend Taler gewinnen. Damit beginnt die Probe aufs Exempel. Sie trennen sich und verabreden ein Wiedersehen übers Jahr bei Leim, der dann sicher mit seiner Peppi eine glückliche Familie gegründet haben wird. Zwirn führt indes in Prag das Leben eines Prassers, während Knieriem sich weiterhin dem stillen Suff ergibt, weil die Welt ohnehin demnächst untergehen wird.
Ein Jahr später treffen sie sich bei Leim, dem es jedoch nicht gelingt, die beiden Freunde zu einem geordneten Leben zu überreden. Knieriem und Zwirn ziehen weiter – und Fortuna muß die Wette als verloren ansehen. Hilaris darf also Brillantine zur Frau nehmen. Am Ende aber gelingt es Amorosa auch die beiden Abtrünnigen zu bekehren.
Der Talisman oder Die Schicksalsperücken
Personen:
Titus Feuerfuchs, Barbiergeselle
Frau von Cypressenburg, reiche Witwe
Constantia, ihre Kammerfrau, ebenfalls Witwe
Flora Baumscheer, Gärtnerin, auch im Dienst der Frau von Cypressenburg, auch Witwe
Monsieur Marquis, Friseur
Spund, Bierversilberer
Salome Pockerl, arme Gänsemagd
Der Barbiergeselle Titus Feuerfuchs leidet sichtlich unter der Tatsache, daß sein Haarschopf rot ist. Eines Tages gelingt es ihm das durchgegangene Pferd des Friseurs Marquis aufzuhalten und ein drohendes Unheil abzuwenden.
Zum Dank schenkt der Haarkünstler ihm eine schwarze Perücke, die Titus‘ Leben in völlig neue Bahnen lenkt. Er wird bei der Witwe Baumscheer, deren Gefallen er erregt hat, als Gärtner angestellt und ihr von der Kammerfrau Constantia, gleichfalls Witwe, weggeschnappt, die bei Titus Obst fürs Schloß bestellt hat. Titus rückt weiter auf zum Jägermeister, aber der Marquis, der eine Schwäche für Constantia hat und in Titus einen Rivalen erblickt, beraubt diesen gemeinerweise seiner dunklen Lockenpracht. Als Titus zur Frau von Cypressenburg, der Herrin Constantias, bestellt wird, bekommt er versehentlich die blonde Perücke in die Hände, macht aber mit ihr soviel Furore, daß er als Sekretär der Frau von Cypressenburg die nächste Stufe des Erfolges erklimmt. Dann aber wird er bei einer Soiree von den empörten Witwen als Perückendieb entlarvt und davongejagt. Inzwischen hat Titus‘ Onkel Spund, der wohlhabende Bierversilberer, seine abweisende Haltung gegen den rothaarigen Neffen bereut und kommt nun in die Stadt, um ihm zu einem Barbiersalon zu verhalfen.
Im Schloß macht der reiche Onkel solchen Eindruck, daß man Titus in Gnaden wieder aufnehmen will. Dort erscheint er diesmal mit grauen Haaren, die er vorgibt, aus Kummer über seinen bösen Onkel bekommen zu haben. Gerührt will Spund ihn zum Universalerben machen, aber Titus wird ein zweites Mal als Träger einer falschen Perücke überführt. Jetzt verzichtet er auf die Erbschaft und begnügt sich mit dem Barbiersalon. Heiraten aber wird er keine der süßsauren Witwen, die ihm längst verziehen haben, sondern Salome Pockerl, die rothaarige Gänsemagd, seine Schicksalsgenossin, die schon immer ein verstehendes Herz für ihn hatte.
Der Bauer als Millionär oder Das Mädchen aus der Feenwelt
Personen:
Lakrimosa, eine mächtige Fee, verbannt auf ihr Wolkenschloß; Mutter von Lottchen
Ajaxerle, Lakrimosens Vetter, Magier
einige allegorische Personen (werden als Geister gehandelt), unter anderem der Morgen, die Nacht, der Blödsinn, die Zufriedenheit, die Jugend, das hohe Alter, der Neid, der Hass ( als Hilfsmittel in der Allegorie wird die Personifikation angewandt, zumeist in der bildenden Kunst bemerkbar zB Tod als Sensenmann, Raimund verwendet aber auch diese Personifikation (vielleicht als genauere Beschreibung der Allegorie anzusehen), weil er die Menschen mittels dieser Allegorie eines Besseren belehren will)
Fortunatus Wurzel, ehemals armer Bauer, jetzt Millionär
Lottchen, seine Ziehtochter
Lorenz, ehemals Kuhhirt bei Wurzel, jetzt erster Kammerdiener
Karl Schilf, ein armer Fischer
Lakrimosa bittet alle Geister, Magier, Feen und Zauberer zu sich, weil sie ihr in einer bedrängten Lage Beistand leisten sollen.
Um diese von ihrem Problem in Kenntnis zu setzen erzählt sie ihnen die ganze Geschichte von Anfang an:
Vor 18 Jahren hat sie der Erde einen Besuch abgestattet, gleich bei ihrer Ankunft einen jungen Mann getroffen und sich sofort in ihn verliebt. Sie heiratet ihn und sie bekommen gemeinsam ein Kind, was von den anderen Feen und Geistern als Fehltritt gewertet wird. Die Königin der Geister empfindet es außerdem als Frechheit und entzieht ihr kurzerhand die Feenmacht auf der Erde ( tiefe Trauer seitens Lakrimosa, will auch ihre Tochter vor einem Unglück bewahren und sagt, sie dürfe niemanden sonst als den Königssohn heiraten). Ein Bann wird ihr auferlegt: Nur die Tugend ihrer Tochter könne ihr wieder alle Kräfte, die ihr entzogen waren, zurückgeben, dh. Der Bann ist erst gelöst, wenn Lottchen einen armen Burschen noch vor ihrem 18. Geburtstag zum Mann nimmt, in Bescheidenheit lebt und alle Reichtümer verdammt.
Lakrimosa bittet Fortunatus in der Erscheinung eines Bettelweibes ihre Tochter großzuziehen. Es würde ja sofort ein Happy-end geben, hätte da nicht der Neid auch noch seine Finger im Spiel. Der hat sich nämlich vor längerer Zeit in Lakrimosa verliebt, hat aber leider eine Abfuhr bekommen und will jetzt alles aus Rache daran setzen, daß Lakrimosa nie wieder ihre Mächte zurück erlangt. Deshalb läßt er dem armen Bauern Wurzel einen Goldschatz zukommen, eigentlich nur um das Mädchen mit allen Reichtümern zu verderben. Nur hängt ihr Herz vollends am einfachen Leben und überhaupt am Fischerkarl. Fortunatus will sie aber zur besseren Schicht zählen und verbietet ihr kurzerhand den Umgang mit ihm (Fortunatus lädt jeden Abend Freunde zu sich um ein Saufgelage zu veranstalten)
Der Geburtstag kommt also immer näher, und die Situation für Lottchens Mutter wird immer trister.
Alle ihre Freunde, die sie um Hilfe gerufen hat, stehen ihr jedoch bei und schmieden ihre Pläne. Der erste, der in Aktion tritt ist der Ajaxerle. Er gibt sich als guter Freund des Fischerkarl aus und versucht mit Wurzel über seine Einstellung zu verhandeln, weil er ja will, daß Karl das Lottchen zur Frau kriegt. Also tut er einen Schwur, worauf die Jugend ihm einen Besuch abstattet und ihm gleichzeitig ihren Abschied ankünigt, um dem hohen Alter Platz zu schaffen ( Das bekannte Duett „Brüderlein Fein“ kommt hier vor; hier merkt man auch wie wunderbar das Zusammenspiel aller Geister ist)
Wurzel verflucht den Neid, weil er jetzt plötzlich so alt geworden ist und es tut ihm wahnsinnig leid, daß er seiner Tochter nicht glauben wollte, als sie sagte, der Schatz bringe nur Unglück.
Der Fischerkarl ist nun auch anderer Meinung. Er glaubt sein Lottchen nur zu bekommen, wenn er reich ist (Fortunatus wollte ja das Lottchen reich verheiraten).
Der Hass ist ihm dabei behilflich (Karl muß nur vorher einen Ring erlangen, den er nur kriegt, wenn er alle neune umkegelt, ansonsten müßte er sterben)
Dieses Hin und Her geht dann noch ein bißl weiter, aber im Endeffekt bringt die Zufriedenheit, die in der Zwischenzeit immer ein Auge auf das Lottchen gehabt hat, alle zur Einsicht (sie überzeugt Karl und auch Fortunatus, daß Geld nie wirklich glücklich macht) und sie besiegt auch den Neid und den Hass. Karl und Lottchen heiraten, Lakrimosa kann ihre Tochter in die Arme schließen und bekommt gleichzeitig alle ihre Mächte zurück und alle sind HAPPY!
Der Alpenkönig und der Menschenfeind
Personen:
Astragalus, der Alpenkönig
Herr von Rappelkopf, reicher Gutsbesitzer
Sophie, seine Frau
Malchen, seine Tochter
August Dorn, junger Maler, Geliebter Malchens
Habakuk, Bedienter bei Rappelkopf
Der begüterte Rappelkopf, zum vierten Mal verheiratet, ist zum Menschenfeind geworden. Nicht nur, daß er seiner Familie mit Mißtrauen begegnet und seine Frau eines Mordanschlags verdächtigt, er will auch die Verbindung seiner Tochter Malchen mit dem Maler Dorn verhindern. Schließlich verläßt er Haus und Hof und läßt sich in einer Köhlerhütte als verbitterter Einsiedler nieder. Inzwischen hat seine Frau ihren Bruder Silberkern in Venedig benachrichtigt und um sein Eingreifen gebeten. Das aber bleibt dem guten Alpenkönig vorbehalten, der gelobt, den alten Rappelkopf zur Vernunft zu bringen und die Ehe zwischen Malchen und Dorn zu ermöglichen.
Er schickt ein solches Unwetter über die Köhlerhütte, daß Rappelkopf sich zu bessern verspricht. Der Alpenkönig verzaubert nun den Menschenfeind in den Schwager Silberkern, als der er im Hause aufgenommen wird und sich von der Liebe seiner Familie überzeugen kann. Schon beginnt Rappelkopf sein früheres Benehmen für falsch zu halten, als der Alpenkönig in der Maske Rappelkopfs erscheint und ihm demonstriert, wie tyrannisch und mißtrauisch er sich als Familienvater benommen hat. Der gütige Geist treibt es soweit, daß Rappelkopf schließlich Mitleid mit den Seinen empfindet. Aus dem Menschenfeind wird ein Menschenfreund, der geläutert das junge Paar zusammenführt.
Anmerkungen: |
| impressum | datenschutz
© Copyright Artikelpedia.com