Links wo das herz ist
Leben
Leonhard Frank wurde 1882 in Würzburg
geboren.
Seine erste literarische Veröffentlichung
1914, der Roman Die Räuberbande, wurde noch im selben Jahr mit dem Fontane-Preis
ausgezeichnet. Auch die anderen Werke Franks, die immer aus einen konkreten Anlaß heraus
geschrieben wurden und somit den Bezug zum Zeitgeschehen wahrten, genossen großes
Ansehen. Insbesondere Karl und Anna, ein in Paris uraufgeführtes Drama, erreichte
Weltruhm und wurde in viele Fremdsprachen übersetzt (sh. Anhang).
Ab 1933 begann für den Autor ein völlig
neuer Lebensabschnitt, die Emigration.
Von der französischen Internierungspolitik schon
früh erfaßt, gelangte er unter abenteuerlichen Umständen und mit Hilfe des Emergency
Recovery Committees", der amerikanischen Hilfsinstitution für Hitlerflüchtlinge,
neben anderen bedeutenden Exilanten wie Thomas und Heinrich Mann oder Franz Werfel in die
USA. Erst 1950 kehrte er in seine Heimat, die ihm im Exil fremd geworden ist, zurück.
Frank und seine Frau werden in München seßhaft, wo er 1961 stirbt.
In seinem Roman Links wo das Herz ist
gibt der Autor ein Bild seiner Zeit und seines Lebens. Seinen besonderen Reiz zieht der
Roman aus der allwissenden Erzählperspektive des Autors, mittels der er historische
Personen und Ereignisse dichterisch überhöht oder verschlüsselt ..
.". Durch
das Setzen von Schwerpunkten und die Bewertung politisch-geschichtlicher Vorgänge aus der
subjektiven Sicht Franks, bekommt der Leser einen relativ genauen Eindruck von seiner
Psyche.
Zur genaueren Beleuchtung seines Lebens
soll eine ausführliche Inhaltsangabe des autobiographischen Romans Links wo das Herz
ist dienen, mit dessen Hauptfigur Leonhard Frank weitgehend identisch ist.
Inhaltsangabe
Not und
Demütigungen während seiner Kindheit
Michael wird als viertes Kind einer armen
Arbeiterfamilie in Würzburg geboren. Bedingt durch die materiell schlechten Verhältnisse
seiner Familie, muß er viele Entbehrungen in Kauf nehmen.
Viel härter als das trifft ihn
jedoch die Konfrontation mit dem Schulalltag, den der Lehrer Dürr brutal und autoritär
gestaltet. Der Unterricht artet für Michael zum Psychoterror aus, der immense
Folgeschäden auf seine Persönlichkeitsentwicklung hat.
Selbstfindungsprozess
in München
Eines Tages, Michael hat inzwischen eine
Schlosserlehre angetreten, entdeckt er sein Talent zum Zeichnen. Die unverhoffte
Erkenntnis, etwas wirklich zu können, überwältigt Michael. Er beschließt, seine
Familie zu verlassen um in München Kunstmaler zu werden.
Michael wird in der Stadt auch tatsächlich
von einer renommierten Kunstschule angenommen und knüpft über seine Mitschülerin
Sophie, in die er heimlich verliebt ist, im Münchener Bohème-Cafe Stefanie"
erste Kontakte zur Künstler-Szene.
Sophie integriert Michael nach und nach in den ihr
nahestehenden Künstlerkreis um den egozentrischen Dr. Otto Kreuz, der, politisch extrem
links ausgerichtet, die neuartige Weltanschauung Siegmund Freuds verwirklicht.
So erobert Michael Sophie wohl eher durch
den Einfluß von Kreuz, als durch die Stimme ihres Herzens, was er aus Naivität nicht
erkennt.
...
er (Dr. Otto Kreuz) forderte
seine Anhänger durch Blicke auf, Sophie und Michael im kleinen Zimmer allein zu lassen.
Daß Sophie, die er besonders schätzte, noch unberührt war, erschien ihm gefährlich
komplexhaft und ihrer nicht würdig."
Michael verlebte einige glückliche Wochen
mit Sophie, die ihn neben seinen ersten sexuellen Erfahrungen auch mit Kunst und Kultur
vertraut machte. Doch das junge Glück währte nur kurz. Dr.
Kreuz, dem Sophie jetzt zur
praktischen Umsetzung von Freuds Theorien geeignet erscheint, bindet sie mittels Drogen
für Analysezwecke" an sich. Michael war für ihn nur Mittel zum Zweck.
In seinem Innersten verletzt, hegt Michael
in blinder Eifersucht sogar Mordgedanken gegen Kreuz, die allerdings Theorie bleiben. Er
kuriert seinen Liebeskummer durch stundenlanges Malen, doch obwohl er letztlich viel
Geschick im Umgang mit dem Pinsel entwickelt hat, was sich auch in finanziellem Erfolg
niederschlägt, resigniert er in der Erkenntnis, daß ...
Malen für nicht das
Medium sei, sich auszudrücken."
Als Michael vom Kokaintod Sophies erfährt,
ist er erschüttert. Er war auf einer höheren Ebene so unklar über sich wie vor
fünf Jahren als Schlosser am Schraubstock."
Neubeginn als
Schriftsteller in Berlin
Er flieht nach Berlin, wo sich sein
Gefühlszustand trotz eines recht luxuriösen Lebensstils nicht bessert. So bringt er sein
in München verdientes Geld schnell durch und als ihn seine Vermieterin entläßt steht
Michael plötzlich vor dem Nichts. Kurzerhand übernachtet er auf einer Parkbank.
In
dieser Nacht vollzieht sich für Michael, der auf einem schmalen Grat zwischen völliger
Abkehr von der Welt und einem Neuanfang in ihr wandert, eine lebenswichtige
Weichenstellung.
Ein Alptraum, der in den schönsten Traum
seines Lebens umschlägt, verleiht ihm beim Erwachen trotz seiner eigentlich prikären
Situation, ein schier überirdisches Gefühl von ...grenzenlosem
Größenwahn..
.".
Er geht in sein Stammlokal, den
Künstlertreffpunkt Café des Westens" und verliebt sich in einen Gast. Ihm ist
sofort klar: Dort saß die Lebensgefährtin". Aus seinem Hochgefühl heraus
spricht er Lisa an und bereits vier Wochen später sind sie verheiratet.
Den tiefen Wunsch in sich tragend, doch
noch Künstler zu werden, entschließt sich Michael, einen Roman zu schreiben.
Fortan ist
er für nichts anderes als die Schreiberei zu motivieren, die ihm nach anfänglichen
Schwierigkeiten immer besser gelingt.
Im März 1914, nach über eineinhalb
Jahren, in denen das junge Ehepaar von der Hand in den Mund gelebt hat, ist sein Roman Die
Räuberbande fertig. Der Erfolg ist durchschlagend. Ein Verleger bietet Michael ein
stattliches Honorar und auch die Kritiker sind des Lobes voll. Michael verarbeitet in
diesem Buch, genauso wie im darauffolgenden Die Ursache, seine schlimmen
Kindheitserfahrungen mit dem Lehrer Dürr und hat sich dadurch ..
. freigeschrieben
von den psychischen Ungeheuern, die ihm von diesem Erzieher mitgegeben worden waren auf
den Weg ins Leben."
Erfahrungen mit
dem 1. Weltkrieg und der Weimarer Republik
Der Größenwahn, von dem er immer noch
zehrte findet mit dem Beginn des 1. Weltkriegs ein abruptes Ende. Michael und Lisa sind
entsetzt von der allgemeinen Kriegsbegeisterung in Berlin, die auch vor den
Intellektuellen nicht haltmacht.
Sie hielten den Kopf gesenkt und
sprachen nicht - unter Wahnsinnigen zwei Fremdkörper, die fürchteten, daß sie von den
Wahnsinnigen für wahnsinnig gehalten und zermalmt werden würden, wenn sie aussprächen,
was das Herz sagte."
Die Kriegsverachtung Michaels gipfelt in
einer handfesten Auseinandersetzung mit einem Fanatiker im Café des Westens".
In weiser Voraussicht verläßt Michael noch in der selben Nacht, der des 7.5.1915, das
Land gen der Schweiz, denn schon am nächsten Morgen liegt Haftbefehl gegen ihn vor.
Vor dem Hintergrund der Revolution in
Rußland schreibt er das Antikriegsbuch Der Mensch ist gut", das in ganz Europa
große Popularität erlangt, in Deutschland aber verboten wird.
Nach Kriegsende verlassen
Lisa und Michael die Schweiz. In Deutschland sehen sie die Nachkriegsrevolution scheitern,
die Inflation wüten und die Weimarer Republik aufsteigen
Das Jahr 1921 bringt für Michael zwei
schwere Schicksalsschläge mit sich. Zuerst stirbt im Frühjahr seine Mutter und wenig
später erliegt seine geliebte Ehefrau Lisa einer schweren Herzerkrankung, die sie schon
ihr ganzes Leben lang behindert hatte. Diesen Schock überwindet er lange nicht. Er
mußte erfahren, daß für den, der liebte, auf Erden nichts so unermeßlich furchtbar ist
wie das Irreparable des Todes." Erst nach 14 Monaten der Abkapselung findet Michael
ins Leben zurück, daß aber noch ungeordnet verläuft.
Er lebt planlos in den Tag hinein
und führt ein exzessives Nachtleben.
Mitte 1927 lernt Michael über einen
Bekannten eine neue Frau kennen. Ilona gibt sich ihm gegenüber verschlossen, aber Michael
glaubt, den Schlüssel zu ihr gefunden zu haben. Im Frühjahr 1928 heiraten beide. Michael
bringt zwei neue Bücher heraus, den Roman Ochsenfurter Männerquartett und das
Drama Karl und Anna, wobei vor allem letzteres ein großer Erfolg wird. Trotzdem
kommt es immer wieder zu Spannungen in seiner Ehe.
Er will sich von Ilona trennen, aber
ihre Schwangerschaft bewahrt ihn zunächst vor diesem Schritt. Als nach der Geburt eines
Sohnes kein friedliches Zusammenleben mit Ilona möglich ist muß Michael resigniert
einsehen: Den Schlüssel zu der Festung gibt es nicht." Innerlich ausgelaugt
konzentriert er sich wieder auf das Schreiben.
Eines Tages begegnet Michael im Café einem
jungen Mädchen, daß ihn so sehr an die Hanna aus dem Ochsenfurter Männerquartett
erinnert, daß er hellauf begeistert sofort unsterblich in sie verliebt ist. Aber bevor er
sie ansprechen kann, ist Charlotte, ihren Namen konnte er ausfindig machen, auch schon
wieder verschwunden. Weitere Nachforschungen über sie verlaufen im Sande.
Erfahrungen im
Exil
Durch die Weltwirtschaftskrise der frühen
30er Jahre gewinnen die Nationalsozialisten in Deutschland immer mehr an Boden. Michael
sieht diese Entwicklung mit Entsetzen und flüchtet, nachdem der Reichstag brennt über
München in die Schweiz. Bald darauf werden seine Schriften in Deutschland verboten und er
selbst wird ausgebürgert. Von einer inneren Leere getrieben, reist Michael nach Paris, wo
er bald festgenommen und in ein Konzentrationslager gesteckt wird. Obwohl an den höheren
Schulen Frankreichs nach seinen Romanen Deutsch gelehrt wurde, muß er wie Tausende andere
Emigranten auch, die entwürdigenden Umstände in der Gefangenschaft erdulden. Nach einer
zwischenzeitlichen Freilassung wird Michael später wieder verhaftet und in einem Lager in
der Bretagne festgehalten.
Sogar als die Nazis Frankreich besetzen, werden die Insassen
nicht freigelassen. Um dem sicheren Tod durch die Deutschen zu entgehen wagt Michael mit
zwei anderen Gefangenen die Flucht aus dem Lager, die schließlich auch gelingt. Da der
Seeweg nach England blockiert ist, nehmen die drei eine abenteuerliche Wanderung von der
Atlantikküste bis zum Mittelmeer, quer durch deutsche Linien, in Kauf. Als sie total
entkräftet endlich in Marseille ankommen, wird ihnen von den französischen Behörden die
Ausreise verweigert. Aber Michael schafft es dann doch, über Spanien ins rettende Amerika
zu gelangen.
Zunächst verschlägt es ihn nach
Hollywood, wo er Bekanntschaft mit Thomas Mann macht.
Ansonsten fühlt er sich fremd und
nutzlos in dieser Stadt und zieht ins europaähnliche New York. Von hier aus verfolgt
Michael das Kriegsende. Die Berichte vom zerstörten Deutschland nimmt er zum Anlaß,
mehrere Kurzgeschichten über die Nachkriegszeit zu schreiben. Aber außer seinem Sohn,
der 1941 mit der Mutter nach Amerika kam und ihn gelegentlich besucht, hat Michael wenig
Kontaktpersonen in New York. Er konzentriert sich daher wieder mehr aufs Schreiben und
Bringt einen neuen Roman und diverse Kurzgeschichten zu Papier.
Begegnung mit seiner Traumfrau
Als er auf einer Urlaubsfarm einige Zeit
ausspannen will, verändert sich sein Leben grundlegend.
Er begegnet Charlott, dem ...
lebend aus dem Ochsenfurter Männerquartett herausgestiegenen Idealbild seiner
Manneswünsche...
". Michael kommt mit ihr ins Gespräch und erfährt, daß sie seine
Romane, auch das Ochsenfurter Männerquartett, kennt und schätzt. Einen aus
mangelnder Selbstbeherrschung unternommenen Annäherungsversuch von ihm wehrt sie
allerdings erschrocken ab. Sichtlich unsicher verbringen beide einige Tage kontaktlos
nebeneinander, bis es schließlich zur Aussöhnung kommt. Die Liebe ist so groß, daß sie
beschließen zu heiraten. Während Charlott die Scheidungsformalitäten mit ihrem Mann
regelt, beginnt Michael seine Lebensgeschichte in dem Roman Links wo das Herz ist
niederzuschreiben.
Rückkehr nach Deutschland
Er geht mit Charlott nach 17 Jahren
Emigration zurück nach Deutschland, wo er aber eher sachlich nüchtern empfangen wird.
Seine Bücher sind zum Großteil in Vergessenheit geraten; Über Michael hatte
Hitler gesiegt". Er läßt sich schließlich mit Charlott in München nieder, wo er
im Mai 1952 Links wo das Herz ist vollendet.
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