Die zwei gesellen
Gedichtsinterpretation und Vergleich "Die Zwei Gesellen" Joseph von Eichendorff "Rückschau" Heinrich Heine 1. Interpretation "Die Zwei Gesellen" In dem Gedicht "Die Zwei Gesellen" (1818) von Joseph von Eichendorff geht es- wie der Titel schon sagt- um 2 junge Gesellen, die voller Erwartung und Ehrgeiz in die Welt hinausblicken um dort ihr Glück zu machen, jedoch beide scheitern. Das Gedicht besteht aus 6 Strophen. Jede Strophe ist 5- zeilig und das Werk könnte somit als Lied beschrieben werden. Das Reimschema lautet a- b- a- a- b, das gesamte Gedicht steht im Daktylus. Dieser Rhythmus ist leicht und unbeschwert, fast singend und tänzelnd.
Die ersten beiden Strophen beschreiben die zwei Gesellen (Z.1/2 "Es zogen zwei rüst' ge Gesellen, Zum ersten Mal von Haus zu Haus"), ihre Absichten (Z.6 "Die strebten nach hohen Dingen"), Hoffnungen (Z.8 "Was Rechts in der Welt vollbringen") und ihr Lebensgefühl (Z.3/4 "So jubelnden recht in die hellen, Klingenden, singenden Wellen"). Sie sind noch sehr unerfahren (Z.
2 "Zum ersten Mal von Haus zu Haus") und sehen ihrer Zukunft äußerst positiv und motiviert entgegen (Z.9/10 "Und wem sie vorübergingen, Dem lachten Sinnen und Herz"). Die 8. Zeile "Was Rechts in der Welt vollbringen", ihr Ziel, kann sehr unterschiedlich interpretiert werden. Allerdings denke ich, dass Eichendorff nichts Bestimmtes im Auge hatte. Vielmehr lässt diese vage Beschreibung alle Möglichkeiten offen, genau wie den beiden Gesellen die Welt offen steht.
Dieser Aufbruch in die weite Welt, die Sehnsucht und das Fernweh sind typische Motive in der Romantik. Unterstützt werden sie durch das Bild des Frühlings (Z.5 "Des vollen Frühlings hinaus."), der die Zeit des Aufbruchs und der neuen, unendlichen Möglichkeiten repräsentiert. Doch schon in der 3. Strophe endet diese Vorstellung abrupt: der erste der beiden Gesellen hat eine Frau gefunden (Z.
11 "Der Erste, der fand ein Liebchen"), ist sesshaft geworden (Z.12 "Der Schwieger kauft' Hof und Haus") und hat eine Familie gegründet (Z.13 "Der wiegte gar bald ein Bübchen"). Zwar würde man seine Existenz nicht als gescheitert beschreiben, doch die Sehnsucht und das Fernweh lebt immer noch in ihm (Z.14/15 "Und sah aus heimlichem Stübchen, Behaglich ins Feld hinaus")- trotz der Harmonie (Z.14) und dem neuen Sinn (Z.
13) in seinem Leben. Auch dem Zweiten Gesellen ist es nicht besser ergangen. Seine Träume und Hoffnung sind zerbrochen (Z.25 "Und über die Wasser weht' s kalt") und auch er lebt im "Stillstand" (Z.24 "So still war' s rings in der Runde"). Er hatte der Versuchung nachgegeben (Z.
17/18 "Die tausend Stimmen im Grund, verlockend' Sirenen") und ist der Lust (Z. 19 "Ihn in den buhlenden Wogen") und dem Sinnesrausch (Z.20 "Farbig klingend Schlund") verfallen. Die Wellen, die in der ersten Strophe die offenen Möglichkeiten widerspiegelten (Z.3/4 "So jubelnd recht in die hellen, Klingenden, singenden Wellen") sind nun bedrohlich und brechen über ihm zusammen (Z.19/20).
Als er aus diesem Sumpf wieder hervorkommt (Z.21 "Und wie er auftaucht' vom Schulde") ist er am Ende seiner Kräfte (Z.22 "Da war er müde und alt"). Er wurde von der Sünde in der neuen Welt, die sich ihm öffnete weggeschwemmt und ertrank (Z.23 "Sein Schifflein das lag im Grunde"). In der letzten Strophe spricht das lyrische Ich aus der Sicht des wissenden Betrachters (Z.
28 "Und seh ich so kecke Gesellen"). Dieser beobachtet jedes Frühjahr die Gesellen, die auf' s neue in die Welt ziehen (Z.26/27 "Es singen und klingen die Wellen, Des Frühlings wohl über mir"), sowohl als auch ihr Scheitern (Z.29 "Die Tränen im Auge mir schwellen"). In der letzten Zeile wendet sich das lyrische Ich an Gott: "Ach Gott, führ uns liebreich zu dir!" (Z.30).
Hier zeigt Eichendorff seine Überzeugung, dass man nur mit Gottes Hilfe und Beistand seine Ziele erreichen kann. Joseph von Eichendorff möchte mit seinem Gedicht "Die zwei Gesellen" zeigen, dass man seine Ziele nicht zu hoch stecken und sich selbst nicht überschätzen soll. Er möchte die Menschen dazu aufrufen auf Gott und seine Fügung zu vertrauen und sich damit zufrieden zeigen, was man von ihm bekommt. 2. Interpretation "Rückschau" In Heinrich Heines Gedicht "Rückschau" (1851) geht es um die vermeintlich beeindruckende Vergangenheit einer Person, die sich aber eingestehen muss, dass dies nur eine Illusion ist und die Realität alles Andere als beeindruckend ist. Das Gedicht ist nicht in Strophen unterteilt, es besteht aus einem einzigen Teil mit 36 Zeilen.
Ein durchgehender Paarreim zieht sich das Stück und bestätigt den fließenden Charakter. Der Trochäus, der auch regelmäßig durch das Werk verläuft, unterstützt diese Gleichmäßigkeit noch. In den ersten vier Zeilen beschreibt Heine im allgemeinen die Erfahrung des lyrischen Ichs in der weiten Welt (Z.1/2 "Ich habe gerochen alle Gerüche In dieser holden Erdenküche") und wie gut es ihm dort ging (Z.3/4 "Was man genießen kann in dieser Welt, Das hab ich genossen wie je ein Held!"). Daraufhin folgen Beschreibungen der Befriedigung der körperlichen Begierden (Z.
5-11 "Hab Kaffee getrunken, hab Kuchen gegessen [...] Trug seidene Westen, den feinsten Frack, Mir klingelten auch Dukaten im Sack [...
] Ich hatte ein Haus, ich hatte ein Schloss"). Hier kommt auch der leicht überheblich Charakter (Z.9 "Wie Gellert ritt ich auf hohen Ross") und eine abwertende Haltung gegenüber Frauen (Z.6 "Hab mansche schöne Puppen besessen") des lyrischen Ichs zum Vorschein. Des weiteren wird gezeigt, dass es auch an geistigem Wohlbefinden nicht mangelte (Z.15/16 "Träume von Rosen und ewigem Mai- es ward mir so selig zu Sinne dabei").
Der Ausdruck "ewiger Mai" (Z.15) beschreibt die Gefühle des Frühlings- Freude, Liebe und Wohlergehen. Das lyrische Ich erzählt von der "Wiese des Glücks" (Z.11), auf der es sich befindet und von dem "Lorbeer [der] umschloss die Stirn" (Z.13), das Symbol für den Sieger. Es vegetiert fast nur vor sich hin (Z.
16/17 "Es ward mir so selig zu Sinne dabei, So dämmersüchtig, so sterbefaul") und die Beschreibungen weiten sich ins Phantastische aus (Z.18 "Mir flogen gebratne Tauben ins Maul"). Die "Englein kamen, und aus den Taschen, Sie zogen hervor Champagnerflaschen" (Z.19/20), das lyrische Ich fühlt sich wie im Himmel. Doch auf die eben noch so herrlichen Ausführungen folgt ein unerwarteter Bruch: der Leser erfährt, dass all das nur Träume (Z.21 "Das waren Visionen, Seifenblasen") waren, die nun der bitteren Realität weichen müssen (Z.
22 "Sie platzen"). Aus "der grünen Wiese des Glücks" (Z.11) wird ein "feuchter Rasen"(z.22) und aus dem seligen Dämmerzustand (Z.14 "Er duftete Träume mir ins Gehirn") wird eine tiefe Schwermütigkeit (Z.24 "Und meine Seele ist tief beschämt").
Das lyrische Ich ist schwer krank (Z.23 "Die Glieder sind mir rheumatisch gelähmt") und zeigt nun seine wahre Vergangenheit. All die schönen Zeiten, die es einst erlebte fordern nun Tribut (Z.25/26 "Ach, jede Lust, ach, jeden Genuss Hab ich erkauft durch herben Verdruss") in Form von Krankheit (Z.27 "Ich ward getränkt von Bitternissen") und Depressionen (Z.29 "Ich ward bedrängt von schwarzen Sorgen").
Die Beschreibung der "Wanzen [von denen es] grausam gebissen" (Z.28) erinnert an eine Leiche, die schon von Würmern durchfressen wird. Dieses Bild der Bewegungslosigkeit und der Hilflosigkeit ist mit dem Rheumatismus zu assoziieren. Ihm wird bewusst, wie schlecht es ihm ging (Z.30/31 "Ich musste lügen, ich musste borgen Bei reichen Buben und bei alten Vetteln") und wie sehr seine Existenz bedroht war (Z.32 "Ich glaube sogar, ich musste betteln").
Die letzten vier Zielen handeln von der jetzigen Lage in der sich das lyrische Ich befindet (Z.33 "Jetzt bin ich müd vom Rennen und Laufen") und von seiner Zukunft- dem Tod (Z.34 "Jetzt will ich mich im Grabe verschnaufen"), wobei nicht geklärt ist, ob sein Leben ein natürliches Ende findet oder es den Freitod wählt. In den Zeilen 35 und 36 bezieht sich das lyrische Ich in bitter- süßer Ironie auf die Religion und auf die Zeit nach seinem Tod. All die Menschen, die vermeintlichen Christen, die während seiner Lebzeit auf es hinunter geblickt haben (Z.35 "Lebt wohl! Dort oben, ihr christlichen Brüder") wird er im Himmel vor Gottes Gericht wiedertreffen (Z.
36 "Ja, das versteht sich, dort sehen wir uns wieder"). Diese Vorstellung legt nahe, dass es sich um Selbstmord handelt, da Selbstmörder nicht in den Himmel kommen, das lyrische Ich davon aber ausgeht. Heinrich Heine zeigt mit seinem Gedicht "Rückschau" wie man sich in schlechten Zeiten in Phantasien flüchten kann, jedoch erklärt er auch, dass dies nicht die Richtige Möglichkeit ist, da man dafür bitter bezahlen muss. 3. Vergleich Die Gedichte "Die zwei Gesellen" von Joseph von Eichendorff und "Rückschau" von Heinrich Heine wirken äußerlich völlig verschieden. Während Eichendorffs Lied in Strophen unterteilt ist, bleibt Heines Werk ein einziger, langer Text.
Auch bei dem Reimschema findet man gravierende Unterschiede: zwar sind die Reime immer durchgehend regelmäßig und rein, doch verwendet H. Heine den Paarreim, J. v. Eichendorff' s Reimschema lautet a- b- a- a- b. In der "Rückschau" wird alles aus der Perspektive des lyrischen Ichs erzählt, während dieses bei Eichendorff erst in der letzten Strophe zum Vorschein kommt. Die Beiden Autoren verwenden ähnlichen Bilder (z.
B. der Frühling), jedoch mit unterschiedlichen Bedeutungen. Bezüglich ihres Aufbaus kann man die beiden Gedichte sehr gut vergleichen. Beide beginnen mit den schönen Seiten des Lebens, die jedoch unerwartet ins negative Umschlagen. Am Ende wenden sich beide Autoren kurz Gott und der Religion zu. Doch auch hier finden sich grundlegende Unterschiede.
Während Eichendorff von der Sehnsucht und dem Fernweh spricht, durchzeiht die "Rückschau" ein eher passives Gefühl. Die negative Wendung in "Die zwei Gesellen" ist selbstverschuldet, das lyrische Ich bei Heine kann jedoch nichts für seine Krankheit und die Depressionen. Auch bezüglich der Religion haben die beiden Autoren eine unterschiedliche Haltung: Joseph von Eichendorff, ein gläubiger Christ, schickt zum Schluss ein ernstgemeintes Stossgebet zum Himmel, Heinrich Heine betrachtet die Vorstellung von Himmel und dem letzten Gericht eher kritisch- amüsiert. Abschließend kann man sagen, dass sich Eichendorff in keinem der Schicksale seiner Gesellen wiederfinden kann, während zwischen dem lyrischen Ich und Heines Lebensgeschichte doch erhebliche Parallelen auftreten.
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