Charakteristik - beschreibung der verhaltensweise
Charakteristik
Es ist wieder mal einer dieser Tage. Einer dieser Tage an dem jeder nur davon spricht. Wir bekommen eine Schularbeit zurück.
Von allen Seiten aus der Klasse hört man: "Was für eine Note, denkst du, hast du dieses Mal?". Und sie antwortet meist nur ganz knapp und meint, dass sie es nicht wisse oder, dass es sowieso ganz klar ein Nicht Genügend sei. Das habe sie im Gefühl.
Aber weil sie es schon ahnt, wäre es ihr vollkommen egal. Ja das sagt sie.
Und dann ist die besagte Stunde da. Sie sitzt auf ihrem Sessel, ganz ruhig und blickt nach vor zum Lehrertisch. Manchmal spricht sie auch noch ein kleines Wörtchen mit ihren Sitznachbarn. Aber immer darauf bedacht, dass ihr nicht entgeht, wer das Privileg hat, die Schularbeitshefte auszuteilen und ob dieser gerade auf sie zukommt.
Rund herum wird es jetzt etwas lauter und sie wird sichtlich etwas nervöser, als auch ihr direkter Sitznachbar sein Heft in den Händen hält und sich freut oder ärgert, je nach dem. Sie fragt artig nach was es denn für eine Note geworden sei und bei guten Noten freut sie sich gerne mit.
Bis dann ihr Heft am Tisch liegt und sie es öffnet. Sie blättert es immer ganz langsam durch und sieht sich alles genau an. Ist es eine gute Note so reagiert sie wie viele andere und erzählt es sofort den anderen und freut sich einfach.
Aber ist es eine schlechte Note hört man einen kleinen Seufzer mit den Worten: "Ja, ich hab es eh gewusst.
" Damit nicht genug. Sie sieht sich noch einmal das Heft ganz gründlich an, als wolle sie einen Grund finden um doch eine bessere Note zu erreichen. Ihr Blick ist nur eine Mischung aus traurig, betrübt und wütend. Irgendwann klappt sie das Heft wütend zu und sitzt einfach nur da. Nicht, dass sie zu weinen beginnen würde aber ihre Augen werden ganz glasig und man sieht ihr an, wie sehr sie sich ärgert. Aber sie ärgert sich nie über sich selbst.
Es ist immer etwas anderes schuld.
Wenn man dann nachfragt was für eine Note sie habe, wird sie schnell aufbrausend und teilt die Note in einem ziemlich rauen Ton jedem mit der sie noch nicht gehört hat. Manchmal gibt es auch jemanden, der wissen will weshalb sie sich jetzt so ärgert, wenn sie doch schon von Anfang an gemeint hat, dass es für eine gute Note nicht gereicht haben wird. Meistens bin derjenige ich.
Und daraufhin bekomme ich keine Antwort. Aber sie beginnt vom Durchfallen zu sprechen.
Sie meint, dass ihr die Schule schon den letzten Nerv raubt (unabhängig davon zu welchem Zeitpunk im Schuljahr wir uns befinden) und, dass sie keine Lust mehr darauf hat. Sie ist diejenige die Tag und Nacht lernt und dann trotzdem nur Schlechtes abbekommt. Auch wenn ich ihr gut zusprechen will, kommt sie mit immer neuen Argumenten, weshalb es keinen Sinn mehr habe noch zu lernen und, dass sie mit solchen Noten gar keine andere Wahl hat, als die Klasse zu wiederholen. Sie wird immer schlechter, sagt sie dann. Sie kann lernen so viel sie will und es kommt trotzdem keine gute Note dabei raus.
Das Gespräch kann von mir beliebig weitergeführt werden.
Sie wird keine Einsicht erlangen und sich den ganzen Tag darüber wahnsinnig viele Gedanken machen. Sie wird nicht mehr viel mit anderen reden. Aber sie wird versuchen sich abzulenken. Möglicherweise schon mit Gedanken über die nächste Schularbeit. Wie sie es schaffen könnte noch mehr zu lernen. Ich weiß es nicht genau was dann in ihrem Kopf vorgeht.
Denn reden will sie nicht mehr darüber.
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