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  Talleyrand

Talleyrand wird als Sohn von Charles-Daniel Comte de Talleyrand-Périgord (1734-1788) und Alexandrine de Damas d'Antigny (1728-1809) geboren, die zwar beide dem französischen Uradel angehören, jedoch kein nennenswertes Vermögen besitzen. Da er von Geburt an einen Klumpfuß hat, bleibt ihm die militärische Laufbahn verschlossen, so dass allein eine standesgemäße Karriere in der Kirche möglich ist. Zeit seines Lebens wird er einen Unfall für seine Behinderung verantwortlich machen; seine Amme habe ihn fallen gelassen. Im Alter von acht Jahren tritt er in das Pariser Collège d'Harcourt ein. Seit 1770 besucht er das Seminar von Saint Sulpice in Paris, in dessen großer Bibliothek er sich mit dem zeitgenössischen Gedankengut der "Philosophes" vertraut macht. Talleyrands weltanschaulicher Skeptizismus fußt in dieser Lektüre.

Sein Lebenswandel entspricht nicht den Erwartungen, die man an einen zukünftigen Geistlichen stellt, zumal er noch während seines Aufenthalts im Seminar eine Beziehung zu einer Schauspielerin der Comédie Française unterhält. 1775 muss er das Seminar verlassen, empfängt aber dennoch im April desselben Jahres die niederen Weihen und wird sechs Monate später vom Ludwig XVI. (1754-1793) zum Abt von Saint-Denis in Reims ernannt. Nachdem er im März 1778 sein Theologiestudium an der Sorbonne beendet hat, wird er im Dezember 1779 zum Priester geweiht. Am folgenden Tag ernennt ihn sein Onkel Alexander (1736-1821), der mittlerweile Erzbischof von Reims geworden ist, zu seinem Generalvikar. Talleyrand entspricht zu diesem Zeitpunkt äußerlich dem Typus des mit dem Hof in enger Verbindung stehenden Klerikers, dem Mode und Zeitgeist näher sind als kirchliche Belange, verfolgt aber tatsächlich zielstrebig seine Karriere.

So übernimmt er 1780 dank der Fürsprache seines Onkels Alexander das einflussreiche Amt eines Generalagenten des französischen Klerus. Nominell bekleidet ein weiterer Geistlicher neben ihm das Amt, dessen Funktion die Vertretung der Interessen des Klerus gegenüber der Krone darstellt. Da sein Kollege aber einen schlechten Ruf genießt, vertritt Talleyrand im Zeitraum von 1780 bis 1785 faktisch den Klerus allein. Er setzt sich energisch für die Rechte der Geistlichkeit ein. Insbesondere verteidigt er die Steuerfreiheit des Klerus und versucht, die Lebensumstände des niederen Klerus zu verbessern. Er steht zu dieser Zeit in regelmäßigem Kontakt mit verschiedenen Ministern und erwirbt so politische Erfahrung.

Seine Teilnahme an den Versammlungen des Klerus bieten ihm die Möglichkeit, wichtige parlamentarische Erfahrungen zu sammeln. Von 1783 bis 1792 unterhält Talleyrand eine Beziehung mit Comtesse Adelaïde de Flahaut (1761-1834), aus der 1785 der Sohn Charles (1785-1870) hervorgeht. Den vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere erreicht er im Januar 1789, als er nach seiner Ernennung durch den König zum Bischof von Autun geweiht wird. Nachdem er in seinem Bischofssitz die erforderlichen drei Residenzwochen verbracht hat, wählt ihn der Klerus seiner Diözese zum Abgeordneten der Generalstände. Talleyrand, der sich von den Ideen der Revolution angetan zeigt und stets ein Verfechter der konstitutionellen Monarchie bleiben wird, gewinnt Mirabeau (1749-1791), Clavière Biron und La Fayette (1757-1834) als Freunde. Am 21.

Juni 1789 schließt sich Talleyrand dem 3. Stand an. Er beteiligt sich an der Ausarbeitung der Verfassung im dafür zuständigen Ausschuss, spielt eine wichtige Rolle bei der "Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte" und schlägt im Oktober 1789 zur Entschuldung des Staates die Verstaatlichung der Kirchengüter vor, was im deutlichen Gegensatz zu seiner Politik als Generalagent des französischen Klerus steht. Die Nationalversammlung, deren Vorsitz er ab dem 16. Februar 1790 für zwei Wochen innehaben wird, folgt seinem Antrag am 2. November 1789.

Am 14. Juli 1790 feiert er während des Föderationsfestes die Messe auf dem Marsfeld und weiht die Fahnen der Nationalgarde. Bei dieser Gelegenheit soll er zu dem Abbé Louis gesagt haben: "Surtout ne me faites pas rire!". Am 28. Dezember 1790 schließt er sich den Bischöfen an, welche die Zivilverfassung des Klerus anerkennen, und weiht neue Bischöfe, darunter den Pariser Bischof Gobel. Anschließend resigniert Talleyrand, der zum Verwalter des Départements Paris gewählt worden ist, sein Amt als Bischof von Autun am 20.

Januar 1791. Ein Breve Papst Pius' VI. (1717-1799) vom 13. April 1791 exkommuniziert ihn. Im Januar 1792 übernimmt Talleyrand, dessen Verhandlungsgeschick bekannt ist, eine diplomatische Mission in London, um eine antifranzösische Koalition zwischen Österreich, Preußen und Großbritannien zu verhindern und die britische Regierung zur Neutralität zu bewegen. Erst während seines zweiten Aufenthaltes in London gelingt es ihm, von der britischen Regierung im Mai 1792 eine Neutralitätserklärung zu erlangen.

Der Sturm auf die Tuilerien am 20. Juni beendet seinen Aufenthalt in London. In Paris zieht er sich die Feindschaft der Sansculotten zu, als er die Absetzung des Bürgermeisters Pétion (1756-1794) fordert. Nachdem er seine Loyalität gegenüber der provisorischen Regierung bekundet hat, erhält er dank des Einsatzes Dantons (1759-1794) einen Pass und die offizielle Erlaubnis, nach London zurückzukehren, wo er bemüht ist, einen Kriegseintritt Großbritanniens zu verhindern. Talleyrand publiziert dort eine Denkschrift, in der er vor den Gefahren einer Eroberungspolitik warnt, zugleich aber für Frankreich natürliche Grenzen fordert. Als der Konvent am 5.


Dezember 1792 erfährt, dass Talleyrand Ludwig XVI. seine Dienste angeboten hat, wird er auf die Liste der Emigranten gesetzt. Ein Jahr später, zu Beginn des Jahres 1794, wird er von der britischen Regierung ausgewiesen und reist im März 1794 in die Vereinigten Staaten, wo er bis zum Sommer 1796 lebt und Börsenspekulationen tätigt. Nach dem Sturz Robespierres (1758-1794) im Juli 1794 und der Errichtung des Direktoriums bemüht sich Talleyrand um eine Streichung von der Emigrantenliste, die im September 1795 erfolgt. Im Dezember desselben Jahres wird er zum Mitglied des "Institut national des sciences et des arts", der Nachfolgerin der aufgelösten Akademien, gewählt und kehrt im September 1796 nach Frankreich zurück. Die Gründung des "Verfassungszirkels", die er mit Benjamin Constant (1767-1830) im Frühjahr 1797 laviert, dient der Unterstützung des Direktoriums gegen die Royalisten.

Im Juli 1797 trägt Talleyrand im "Institut" eine Denkschrift vor, in der er vorschlägt, auf eine Wiedereroberung der nordamerikanischen Kolonien zu verzichten und in Afrika Kolonien zu gründen. Den vorläufigen Höhepunkt seiner politischen Karriere erreicht er, als Barras (1755-1829) ihn im Juli 1797 zum Außenminister ernennen lässt. Um den Einfluss Englands im Mittelmeer zu schwächen, favorisiert Talleyrand Anfang 1798 den Ägyptenfeldzug Bonapartes (1769-1821), dessen militärische Erfolge im Krieg gegen Österreich die Voraussetzungen für den Frieden von Campo Formio im Oktober 1797 schaffen, den Talleyrand aushandelt. Da Talleyrand das Scheitern des Direktoriums kommen sieht, tritt er am 20. Juli 1799 von seinem Amt zurück. Indem er die Beilegung der Differenzen zwischen Sieyès (1748-1836) und Bonaparte vermittelt, bereitet er die Machtergreifung Napoleons am 18.

Brumaire (9./10.11.) 1799 nach dessen Rückkehr vom Ägyptenfeldzug im September 1799 vor. Bonaparte, der Talleyrands Mangel an "Moral" kritisiert, ernennt ihn dennoch am 22. November 1799 zum Außenminister.

Als Außenminister zeichnet Talleyrand verantwortlich für die Friedensschlüsse von Lunéville (1801) und Amiens (1802), die Europa nach sechs Jahren wieder für kurze Zeit den Frieden bringen und Frankreichs Vorherrschaft festschreiben. Eine wichtige Rolle spielt er auch beim Abschluss des Konkordats zwischen Frankreich und dem Heiligen Stuhl im Juli 1801. Dieser ermöglicht dem seit 1790 Exkommunizierten nach der Laisierung die Heirat seiner Mätresse, Madame Grand (1755-1842), der geschiedenen französischen Frau eines englischen Angestellten der East India Company. Um die Herrschaft Napoleons abzusichern und potentielle Thronanwärter abzuschrecken, wirkt Talleyrand 1804 nach der Inhaftierung Cadoudals (1771-1804), des Führers der royalistischen Chouans, an der Organisation der Entführung und Hinrichtung des Duc d'Enghien (1772-1804) mit, was er später zu verheimlichen suchen wird. Nach der Ausrufung des Empire ernennt Napoleon ihn am 11. Juli 1804 zum Grand Chambellan mit einem Einkommen von 500 000 Francs und 1806 zum Fürsten Benevent.

Die Bestechungsgelder, die Talleyrand als Außenminister erhalten hat, haben ihm zuvor ein erhebliches Vermögen eingebracht. Seit 1805 schwindet der Einfluss Talleyrands, der dafür plädiert, sich mit den Eroberungen zu begnügen, die der Friede von Amiens 1802 festgeschrieben hat. Nach dem Friedensvertrag von Tilsit (7.7.1807) demissioniert er im August 1807. Da Napoleon sich seinen Ratschlägen verschließt, verhandelt Talleyrand im September 1808 während des Kongresses von Erfurt heimlich mit dem russischen Zaren Alexander I.

(1777-1825) und kann diesen von der von Napoleon gewünschten, antiösterreichischen Allianz abhalten. Dies bleibt ohne Konsequenzen, da er hierbei die Unterstützung von Napoleons Polizeiminister Fouché (1759-1820) genießt. Talleyrands Ablehnung des spanisch-französischen Krieges verschärft die Spannungen zwischen Napoleon und Talleyrand noch weiter; der Kaiser zwingt ihn, drei bei Bayonne gefangene spanische Prinzen in seinem Schloss Valençay von 1808 bis 1814 in Gewahrsam zu halten. Zwei Jahre später vermittelt Talleyrand 1810 die Heirat zwischen Napoleon und Marie-Louise (1791-1847), der Tochter des österreichischen Kaisers Franz I. (1768-1835), ohne damit die Gunst des Empereur wiederzuerlangen. Als Napoleon Talleyrand 1813 erneut das Außenministerium anbietet, lehnt dieser zum Ärger des Kaisers ab.

Nach dem Einmarsch der Alliierten in Paris am 31. März 1814 lässt Talleyrand durch den Senat die Absetzung Napoleons und die Rückberufung der Bourbonen deklarieren; eine provisorische Regierung, deren Vorsitz Talleyrand übernimmt, wird mit der Leitung der Staatsgeschäfte beauftragt. Nachdem Ludwig XVIII. (1755-1824) ihn am 13. Mai zum Chef des Außenministeriums ernannt hat, unterzeichnet Talleyrand den 1. Vertrag von Paris, der Frankreich die Grenzen von 1792 garantiert.

Auf dem Wiener Kongress gelingt es ihm unter Berufung auf das Prinzip der Legitimität, eine Spaltung der Alliierten in der Frage der Teilung Sachsens und Polens herbeizuführen und die territoriale Integrität Frankreichs in den Grenzen von 1789 gegen preußische Ansprüche zu verteidigen. Nach der Restauration der Bourbonen muss er den Vorsitz der provisorischen Regierung aufgeben, da die "Ultras" ihn am 23. September 1815 zum Rücktritt zwingen. Während der Herrschaft Karl X. (1757-1836) ist Talleyrand, der weiterhin der Kammer der Pairs angehört, weitgehend zur politischen Bedeutungslosigkeit verurteilt und verfasst in dieser Zeit seine Memoiren. Der Bürgerkönig Louis-Philippe (1773-1850), dessen Thronbesteigung Talleyrand mit laviert hat, rehabilitiert Talleyrand, indem er ihn im September 1830 zum Botschafter in London ernennt.

Dieses Amt bekleidet er bis 1834. Unter anderem ist er maßgeblich in die Verhandlungen zwischen Frankreich und Großbritannien involviert, deren Ergebnis die Schaffung des Königreichs Belgien im Jahre 1831 darstellt. Die Quadrupelallianz zwischen Frankreich, Großbritannien, Spanien und Portugal vom 22. April 1834 setzt den Schlusspunkt seiner diplomatischen Karriere. Unmittelbar vor seinem Tod versöhnt er sich auch mit der Kirche, indem er eine Erklärung unterzeichnet, in der er seine Verfehlungen eingesteht. Am Sterbebett erscheint auch König Louis-Philippe mit seiner Schwester Adelaïde.

Der Leichnam Talleyrands wird am 5. September 1834 in Valençay beigesetzt.

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