Analyse, brigitte schwaiger, wie kommt das salz ins meer(nur seite 107-110)
Textanalyse
"Wie kommt das Salz ins Meer" (S 107- 110) von Brigitte Schwaiger
Bei dem Text, den ich analysiere handelt es um einen Extrakt aus B. Schwaiger´s Roman "Wie kommt das Salz ins Meer", der die Seiten 107 bis 110 enthält.
Dieser Erstlingsroman, der 1977 geschrieben wurde, hat eine junge Frau als Protagonistin, aus deren Sicht der Leser die Handlung erlebt. Im Verlauf des Buches, dessen Handlungszeitraum nur die Zeit zwischen Hochzeit und Scheidung ist, lernt der Leser durch viele Rückblenden auch die Vergangenheit der Frau kennen, vor allem die behütete Kindheit und Schulzeit wird dargestellt, in der Ulla von ihrer Aussenwelt je nach belieben geformt wurde, dass sie letztendlich keine feste und eigene Persönlichkeit aufbauen konnte. Sie ist immer den typischen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachgegangen, die ihr mehr oder weniger aufgezwungen wurden. Sie studierte beispielsweise nur, weil es die gesellschaftliche Stellung der Familie so verlangte, da der Vater ein in der Stadt angesehener Arzt war.
Die Handlung des Textausschnittes setzt ein, als Ulla gerade ein mit ihrem Geliebten Albert gezeugtes Kind abtreiben lässt. Sie ist nämlich unglücklich verheiratet mit dem besten Freund Alberts, Rolf, will die Beziehung nicht noch durch die Affäre belasten. Ihre sie unbefriedigende und ihn nervende Ehe ist kurz vor dem Zerbrechen, beide denken ersthaft über eine Scheidung nach, was damals gesellschaftlich weitaus schwerwiegender war als heute. Zuvor wird häufig die Oberflächlichkeit geschildert, mit welcher derart wichtige Entscheidungen, wie zum Beispiel die Hochzeit mit Rolf, für sie getroffen worden sind bzw. wie sie sich durch andere beeinflussen liess. Sie bekam von ihren Eltern zu hören : "Gutbürgerlich ist das wichtigste!" Auf die Eltern zu hören und immer das zu tun was die Gesellschaft in der man sich befindet erwartet, in ihrem Fall: Studieren, einen hochgestellten Beruf ergattern und dann einen ebenso erfolgreichen Mann heiraten.
Alles was von dieser Norm abweicht oder besonders ist, wird sofort zum Gerede des Dorfes und scharf kritisiert.
Ulla ist lange schon Alkohol- und Valiumabhängig und wird seit einiger Zeit von eigenartigen körperlichen Symptomen geplagt: Depression, das heisst Antriebslosigkeit und Verzweiflung tagsüber, Schlafbeschwerden und Todessehnsucht nachts. Dazu kommt möglicherweise eine neurovegetative Störung die sich durch Herzbeschwerden und ein unangenehmes Kribbeln unter der Kopfhaut äussert, das sich wie das von Käfern anfühlt. Sie besucht deshalb einen Psychiater, der ihr, wie sie es schon immer gewohnt ist, extrem oberflächlich eine neurovegetetive Störung diagnostiziert und bedenkenlos möglicherweise abhängig machende Psychopharmaka verschreibt, sie könnte in eine unkontrollierbare Drogensucht abgleiten, was den am Geld interessieren Doktor nicht kümmert. Ein erster Hinweis, dass die Autorin die Verlorenheit der Ulla zum Ausdruck bringen will, die Extreme Oberflächlichkeit in unserer Gesellschaft, der wir uns alle fügen.
Auf dem Weg zur Praxis des Psychiaters möchte sie einfach laut um Hilfe schreien, und denkt sich sie wäre nicht mehr in der Lage Türen zu öffnen, was eine Metapher für das Gefühl sein kann Hindernisse und Schwierigkeiten des Lebens nicht mehr bewältigen und verkraften zu können, totale Resignation der Persönlichkeit und des Willens könnte ebenso diesen Zustand beschreiben.
Als sie den kleinen Psychiater mit seiner runden Brille hinter seinem grossen Tisch stehen sieht gibt die Autorin dem Leser einen weiteren Einblick in die verzweifelten Gedanken der Ulla : "Was wird der helfen können?". Sie trägt ihm ihr Anliegen emotionslos, nüchtern und schnell vor, wie sie es in ihrer Kindheit, als ihr Vater ihr Arzt war gelernt hat, benutzt die korrekten Fachtermini Transpiration und Sekretion.
Nach dem Besuch beim Psychiater schreitet die Handlung weiter voran, denn Ulla kommt aus der fremden Stadt mit dem Zug zurück in ihren Heimatort gefahren, wo sie von Rolf am Bahnhof abgeholt wird. Im Zug denkt sie darüber nach, dass man in seiner persönlichen Freiheit sehr durch Reglements und Gesetze eingeschränkt wird, sosehr dass es einem aufgrund der Enge unangenehm wird, dass man diese negativen Gefühle irgendwie kompensieren muss, sie im Moment gerne jemandem wehtäte. Sie realisiert, dass sie unter Depressionen leidet und sieht dann in der Zeitung das schlimmste mögliche Beispiel für den Ausgang einer Depression, "Mutter zerbeisst Sprengkapsel", zieht sie möglicherweise für sich auch Selbstmord als letzte Lösung in Erwägung? Rolf meint Ulla habe gar kein ernstes psychisches Problem, es liege alles nur an fehlender Willensstärke, sie liesse sich zu sehr gehen. Dieses Verhalten ist typisch für die meissten Charaktere des Romans, die Ulla einengen und nicht im Geringsten auf sie eingehen.
Sogar Rolf, ihr eigener Ehemann gehört zu diesen kalten und bedenkenlosen, geradezu dummen ,wie Schafe oder Kühe der Herde folgenden Wesen. Kühe erblickt sie auch auf der Zugfahrt :"Kühe wird es immer geben...".
Auf dem Heimweg vom Bahnhof, der den letzten Abschnitt des Textes bildet, sagt Ulla Rolf sie müssten am zwei Tage darauf folgenden Sonntag ihre Mutter besuchen.
Sonntags, so ist die Sitte, geht man mit der Familie spazieren, und am Gang erkenne man die Persönlichkeit eines Menschen, denkt Ulla, auch dass sie die Füsse nicht hebe, laut Rolf, was wiederum ihre Kraftlosigkeit und fehlende Lebensfreude ausdrückt. Dass Rolf mit langen Schritten geht, wird auch erwähnt, es verrät uns viel über seine Persönlichkeit: Er kämpft sich kraftvoll und energisch durchs Leben, ist ein echter Erfolgsmensch, im Gegensatz zu Albert, der immer mit geducktem Kopf geht. Er ist vorsichtiger, einfühlsamer als Rolf, wie man oftmals mitgeteilt bekommt, geht nicht so forsch auf Menschen zu, was auch der Grund war, dass Ulla den offensiveren Rolf heitatete und nicht den ihr eigentlich lieberen Albert, mit dem sie die allerdings die gemeinsame Affäre geniesst. Ulla träumt vor sich hin und denkt daran, dass nun die "erste Ohrfeige vom Leben" einstecken muss, dass sie "aufs Maul gefallen" ist und wird vom klar einen Fehler am Wagen diagnostizierenden Rolf in die Realität zurückgeholt. Er sagt der Wagen habe einen Fehler, es entstünde Lärm an den Scheibenwischern, Übertragen auf Menschliche Beziehungen könnte diese Aussage bedeuten, dass wenn bei eingegangenen Beziehungen, Bindungen, wie zwischen Wischer und Auto, wenn ein Teil zu laut wird, die Harmonie stört, ein Fehler vorliegt, der durch Austausch behoben werden kann. In der Beziehung Rolf - Ulla wird Ulla, Rolf´s Anhängsel zu unbequem, umständlich und teuer, durch Arztbesuche usw.
, also wird sie entfernt, damit die Harmonie des immer energisch voranschreitenden "Wagen" Rolf erhalten bleibt und er weiter seinen Erfolgskurs fahren kann.
Insgesamt wird in diesem Text klar, dass die Ehe der beiden verloren ist, und Ulla sich vom Rest der Welt nicht beachtet fühlt. Sie hat ein riesiges Problem zu dem die Sucht und die Depressionen, durch den ständigen Druck der Gesellschaft, gehören.
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