Biographie
Günter Grass wurde am 16. Oktober 1927 als
Sohn eines kleinen Ladenbesitzers und seiner Frau Helene Grass, welche genauer gesagt
eigentlich selber den Laden, ein Kolonialwarengeschäft, führte, in der freien Stadt
Danzig geboren. Sein Vater hatte zuvor in einer Papierfabrik gearbeitet und war dort
arbeitslos geworden.
Günter Grass ist Sohn einer gemischt
nationalen Ehe. Sein Vater war Deutscher, seine Mutter Kaschubin. Bei den Kaschuben
handelt es sich um eine kleine slawische Volksgruppe, welche im Danziger Raum lebt und
alle Wanderungsbewegungen überstanden hat.
Diese neben den Deutschen und Polen dritte
Nationalität spielt eine große Rolle in Grass Werk, soweit es sich auf Danzig
bezieht. Grass sagte selbst einmal in einem Interview "diese beiden Elemente [also
die deutsche und die kaschubische Nationalität] rivalisieren in mir".
Günter Grass wuchs in relativ
kleinbürgerlichen Verhältnissen in dem Danziger Vorort Langfuhr auf. Dort besuchte
Günter Grass zunächst die Volksschule und dann das Gymnasium Conradium. Schon in seiner
Schulzeit war Grass Mitglied einer Buchgemeinschaft und ging es öfteren mit der Mutter
ins Theater. Mit 10 Jahren wurde Grass Mitglied des Jungvolkes, mit 14 wurde er in die
Hitlerjugend eingegliedert und mit 15 war er Luftwaffenhelfer.
Das Kriegsende erlebte
Günter Grass nicht mehr in Danzig. Denn noch 1944 zog man ihn, den 17 jährigen Jungen,
als Soldat, genauer gesagt als Panzerschütze, in den 2. Weltkrieg ein.
Günter Grass war zwar nie ein richtiger
Hitler - Anhänger oder ein fanatischer Nationalsozialist, doch so absolut dagegen schien
er allerdings seinerzeit auch noch nicht gewesen zu sein. Denn er machte seine
"Karriere" während der NS - Zeit nicht widerwillig und seine politische
Einsicht wuchs erst nach dem Krieg, wenn auch erste Ansätze schon vorher vorhanden
gewesen sein müssen. So laß er neben Ernst Jüngers "In Stahlgewittern"
während der Kriegsjahre auch Remarques streng verbotenes "Im Westen nichts
Neues", welches in einem Bücherschrank seines Onkels Verbot und Verbrennung
überlebt hatte.
Günter Grass wurde 1945 an der Ostfront bei Cottbus verwundet und
gelangte von dort in ein Lazarett nach Marienbad in Böhmen. Somit geriet er hier in
amerikanische Kriegsgefangenschaft. In einem bayerischen Gefangenenlager begann für
Günter Grass die Bewältigung der Vergangenheit.
Aus Bayern ließ sich Günter Grass 1946 in
ein britisches Gefangenenlager, das Munsterlager in der Lüneburger Heide, verlegen.
Aufgrund einer Schulterverletzung
wurde er vor einer längeren
Kriegsgefangenschaft als Bergarbeiter in Großbritannien bewahrt. Nach seiner Entlassung
ging er mit einem Mitgefangenen nach Köln zu dessen Mutter, da er von seinen Eltern noch
keine Nachricht erhalten hatte.
Dort stieg er erst einmal auf Vermittlung der Mutter
seines Mitgefangenen in kleinere Schwarzmarktgeschäfte ein. Er war seinerzeit
unentschlossen ob er wieder aufs Gymnasium gehen sollte um das
Abitur zu machen. An die von ihm angestrebte
Ausbildung als Bildhauer war in dieser Zeit, welche vom täglichen Kampf gegen den Hunger
bestimmt war, nicht zu denken. Nach einem kurzfristigen Aufenthalt im Saargebiet ging
Günter Grass nach Göttingen, wo er nun doch noch sein Abitur nachholen wollte. Doch er
fühlte sich dort nicht sehr wohl und verließ die Schule bald wieder. Er wurde dann
Bergarbeiter in einem Kalibergwerk bei Hannover.
Nachdem er dort schon fast ein knappes
Jahr gearbeitet hatte erhielt er endlich eine erste Nachricht von seinen Eltern.
Diese waren aus Danzig geflüchtet, hatten
sich dann kurze Zeit in der sowjetischen Besatzungszone aufgehalten und waren dann bei
einem Bauern im Rheinland untergekommen. Günter Grass zog zu seinen Eltern und seiner 16
jährigen Schwester ins Rheinland. In den Jahren 1946 bis 1949 machte er eine Steinmetz-
und Steinbildhauerlehre.
Ab dem Wintersemester 1949 studierte Grass an
der Kunstakademie in Düsseldorf und lebte dort bescheiden in einem Caritasheim. 1951
unternahm Grass eine Reise nach Italien und 1952 gelangt er das erste Mal nach Paris.
Diesen Reisen sollten dann in den darauffolgenden Jahren viele, meist beruflich
begründete, in alle Teile der Welt folgen. So unternahm Grass beispielsweise 1955 eine
Reise nach Spanien, 1957 und 1959 reiste er nach Polen und in den Jahren 1961 und 1962 zu
Vorträgen nach Skandinavien und England. Im Jahre 1952 verlegte Günter Grass seinen
Wohnsitz aus dem "Wirtschaftswunder - Düsseldorf" nach Berlin (West), wo die
Auswirkungen des Krieges deutlicher sichtbar blieben, und wurde dort Schüler des
Bildhauers Karl Hartung. 1954 starb Grass Mutter im Alter von 56 Jahren. Im selben
Jahr heiratete Günter Grass seine erste Frau Anna Margaretha Schwarz, welcher der Roman
"Die Blechtrommel" gewidmet ist.
Erste Anerkennung als Schriftsteller erhielt
Günter Grass bei einem Lyrikerwettbewerb des Stuttgarter Rundfunks bei welchem er im
Jahre 1955 den Hauptpreis für das Gedicht "Lilien aus dem Schlaf" gewann.
Sein
erster Lyrikband "Die Vorzüge der Windhühner" erschien 1955 / 1956.
Dramatische Werke, welche in den Jahren entstanden als Günter Grass durch ein Stipendium
eines Verlages über Wasser gehalten wurde, fanden zwar teilweise gute Kritiken jedoch
keinen Intendanten. Von 1956 lebte Günter Grass mit seiner Familie in Paris. Hier
begann er mit seiner Arbeit an der Blechtrommel.
Als Günter Grass 1958 auf einer Tagung der
"Gruppe 47", einer Vereinigung deutscher Schriftsteller, Teile seines derzeit
noch unfertigen Romans "Die Blechtrommel" vorlas wurde ihm der mit 3000 DM
dotierte Literaturpreis verliehen. Das Manuskript des Romans beendete Günter Grass im
Frühjahr 1959.
Der Roman wurde noch im Herbst des selben Jahres veröffentlicht. Er wurde
zu einem großen Welterfolg, der Günter Grass auch von materiellen Sorgen befreite.
Im Jahre 1960 brachte Günter Grass einen
neuen Gedichtband mit dem Namen "Gleisdreick" heraus. Im gleichen Jahr erhielt
Grass den Literaturpreis des Verbandes deutscher Kritiker. 1961 folgte dann Grass
nächstes größeres und bedeutendes Werk, die Novelle "Katz und Maus". Ein Jahr
darauf wurde Grass ein französischer Literaturpreis verliehen.
Nach dem weltweiten Erfolg
der "Blechtrommel" war der Weg auch für Grass dramatische Arbeiten
geebnet. Nach kleineren Stücken, wie "Hochwasser" (Uraufführung 1957 in
Frankfurt / M.), "Onkel, Onkel" (Uraufführung 1958 in Köln), "Noch zehn
Minuten bis Buffalo" (Uraufführung 1959 in Bochum) und
"Goldmäulchen" wurden 1961 "Die bösen Köche" als ein
abendfüllendes Stück im Werkstatt - Theater des Schillertheaters Berlin aufgeführt.
Im Jahre 1963 veröffentlichte Grass
dann den Roman "Hundejahre", welcher seinerzeit in der Kritik auch für
erhebliche Diskussionen sorgte. Gemeinsam mit der "Blechtrommel" und der Novelle
"Katz und Maus" bilden die "Hundejahre" Grass sogenannte
"Danziger Trilogie". In Berlin, wo Grass Mitarbeiter des "Spandauer
Volksblatts" war, versuchte er gemeinsam mit Wolfgang Neuss und Uwe Johnson einen
Durchbruch durch die Uniformität der Berliner Presse zu erkämpfen.
Dieser
gesellschaftspolitischen Aktion folgten sowohl Proteste gegen die Unterdrückung der
Freiheit in der DDR als auch Proteste gegen die Politik der Bundesrepublik. In diese Linie
paßt sein Theaterstück "Die Plebejer proben den Aufstand", welches das
Verhalten Brechts während des Berliner Aufstandes am 17.06.1953 behandelt. Von 1964 bis
zuletzt März 1970 reiste Grass jährlich in die USA um aus seinen Arbeiten zu lesen. Im
Jahre 1965 wurde Günter Grass der Georg - Büchner - Preis verliehen.
Es folgten 1968 der
Fontane- und der Theodor-Heuss-Preis. In den Jahren 1967 - 1969 erschienen Grass
dritter Lyrikband "Ausgefragt" (1967), ein Band von Reden, Aufsätzen offenen
Briefen und Kommentaren welcher "Über das Selbstverständliche" (1968) betitelt
wurde, das Buch "Über meinen Lehrer Döblin und andere Vorträge"(1968) und
schließlich sein dritter großer Roman "Örtlich betäubt"(1969).
Dieser, welcher vor allem in den USA zu einem
Riesenerfolg wurde und ein Protest gegen den Vietnamkrieg ist gehört zu den Büchern in
welchen Grass sowohl soziale als auch politische Themen behandelt. Dies ist typisch
für seine Bücher ab dem Ende der 60er Jahre. Weitere Bücher dieser Art sind "Der
Butt" (1977) , eine Interpretation der Beziehungen der Geschlechter während der
Geschichte, "Die Rätin". (1986) , eine Vision über das Ende der Menschheit,
welches Grass Angst vor dem nuklearen oder einem Umweltdesaster widerspiegelt bzw.
ausdrückt, und Unkenrufe (1992), ein Buch welches die deutsch - polnischen Beziehungen
behandelt. Im Frühjahr des Jahres 1970 schrieb Grass das Libretto zu einem neuen Ballett
Aribert Reimanns. 1973 unternahm Grass eine Reise nach Israel. Im Jahre 1976 wurde Grass
Ehrendoktor der Harvard - University in den USA. Desweiteren ist er auch Ehrendoktor
der Kenyon - Universität in Ohio. 1978 erschien, wie oben schon erwähnt, Grass
umfangreicher Roman "Der Butt".
Es folgten 1979 "Das Treffen in
Telgte" und Jahr darauf "Kopfgeburten". 1982 wurde Günter Grass für seine
Arbeit in Rom der Feltrinelli - Preis verliehen. Im Jahre 1986 veröffentlichte Grass dann
den Roman "Die Rätin". Von 1986 bis 1987 lebte Günter Grass für einige Monate
in den Vororten von Calcutta in Indien. Schon 1975 hatte er eine erste Reise in dieses
Land unternommen. Aus Indien brachte Günter Grass 1987 sein Tagebuch "Zunge
zeigen" mit, in welchem
er die abendländische Mitschuld am Elend der
indischen Bevölkerung darstellt.
Günter Grass bisher letztes bedeutendes Werk war
"Ein weites Feld", welches 1995 erschienen ist und von der Kritik sehr
gemischten Gefühlen aufgefaßt wurde. Das Thema dieses Buches ist die Deutsche
Wiedervereinigung, welche anhand der Person des Treuhand - Mitarbeiters Wuttke dargestellt
wird.
Am 19. April erhielt Günter Grass in
Kopenhagen den mit etwa 130000 Mark dotierten Sonning - Preis.* Seine bisher letzte Ehrung
wurde Herrn Grass mit der Vergabe des Thomas Mann Preises der Stadt Lübeck am 05. Mai
1996 in Lübeck zuteil.
Günter Grass, welcher auch heute noch in Berlin lebt, ist einer
der großen literarischen Vertreter der Nachkriegsliteratur.
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* Diese Aussage bezieht sich auf den
Beschluß der Kopenhagener Universität vom Dezember 1995 und ist nur zutreffend falls
keine Änderung der Entscheidung, wie bei Grass z.B 1959 in Bremen, vorgenommen
worden ist.
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