Der expressionismus
(ca. von 1910 bis 1925)
Allgemeines
Expressionismus bedeutet Ausdruckskunst,
d.h. innerlich gesehene Wahrheiten und Erlebnisse werden dargestellt.
Gegen Autorität, Industrialisierung,
Enthumanisierung, Selbstzufriedenheit und Imperialismus. Keine Rücksicht auf Ethik und
Moral.
Visionen vom Weltende entbrennen. Alle Brücken zur Vergangenheit sollen
abgebrochen werden. Der soll sich selbst wieder finden.
Vorbilder der Künstler sind die
französischen Symbolisten Baudelaire und Rimbaud sowie der Philosoph Friedrich Nietzsche
mit seiner Forderung nach dem neuen Menschen, dem "Übermenschen".
Historischer Hintergrund
Der erste Weltkrieg (1914 - 1918)
Bündnisse: Dreierbund, Entente
Anlaß: Ermordung der österreichischen
Thronfolger-Ehepaares
Friedensverträge: St. Germain
(Österreich), Versailles (Deutschland)
Österreich von 1918 bis 1925
Die Monarchie Österreich/Ungern zerfällt.
Ausrufung der Republik Österreich, Klärung von Gebietsansprüchen, Einführung der
Schillingwährung
Diverse Länder
In Deutschland Weimarer Republik (1919 -
1934) und Putschversuch der NSDAP (1923) mit Frankreich besteht eine Spannung
(Marokkokrise) und in China kommt es zu einer Revolution (Abdankung der
Mandschu-Dynastie). In Italien entsteht der Faschismus (Mussolini) und in Deutschland der
Nationalsozialismus. Kampf um die Unabhängigkeit Indiens (Ghandi).
Philosophischer Hintergrund
Der Einfluß des naturwissenschaftlichen
Denkens wird auf die Geisteswissenschaften gelenkt. Von besonderen Einfluß wird die
Philosophie des Franzosen Henri Bergson (1859 - 1941), der zu beweisen versucht, daß nur
die Intuition, d.h.
die innere Anschauung, und nicht der zergliederte Verstand das
Wesentliche unmittelbar erfassen können. In Deutschland und Österreich findet er
Nachfolger, wie z.B. Oswald Spengler (1880 - 1936) mit seinem "Untergang des
Abendlandes".
Musik
Die Musik im Expressionismus verzichtet auf
Wohlklang und Melodie, so wie es in der romantischen Tonsprache vorkommt. Vielmehr wird
der kalte Ton und die reine harmonische Struktur verwendet.
Schönbergs Prinzip der
Atonalität widerspricht der bisher geltenden Harmonie.
Claude Achille Debussy
Igor Fjodorowitsch Strawinsky
Béla Bartók
Arnold Schönberg
Paul Hindemith
Malerei
Es ist nicht wichtig schöne Formen und
wirklichkeitsnahe Bilder zu erstellen, sondern mit diesen etwas auszudrücken. Man schaut
sich nicht das "Häßliche" als Motiv zu nehmen, im Gegenteil man geht dem
"Schönen" sogar aus dem Weg.
Künstlervereinigungen: Die Brücke, Der
Blaue Ritter
Emil Nolde
Ernst Ludwig Kirchner
August Macke
Franz Marc
Paul Klee
Vertreter der Literatur
Unter den Expressionisten herrscht ein
großes Zusammengehörigkeitsgefühl, so daß sie Vereinigungen bilden, die Zeitschriften
wie "Der Sturm", "Der Brenner", "Die Aktion", "Das neue
Pathos" werden herausgeben. (politische Thesen, sozialistische Forderungen, Frieden,
Weltverbrüderung, ..
.)
Else Lasker-Schüler: Styx
Georg Heym: Der ewige Tag, Umbra Vitea
Georg Trakl: Der Aufbruch, Sebastian im
Traum
Gottfried Benn: Morgue
Ernst Stadler: Der Aufbruch
August Stramm: Erwachen, Dein Lächeln
weint
Carl Einstein: Bebuquin
Franz Kafka: Der Prozeß, Das Schloß
Georg Kaiser: Die Bürger von Calais, Der
Soldat Tanaka, Das Floß der Medusa
Erst Barlach: Der tote Tag, Der arme
Vetter, Die Sintflut
Frank Wedekind Frühlings Erwachen,
Erdgeist, Die Büchse der Pandora
Alfred Döblin Die drei Sprünge des
Wang-lun, Wallenstein,. Berlin Alexanderplatz, Hamlet
Dadaismus
Gegen die Vernunft, die es so herrlich weit
gebracht hat, daß die Völker sich im Krieg vernichten. Man verlangt die Rückkehr der
kindlichen Naivität und verzichtet auf jede Logik.
"Jammer brüllen. Affen heulen.
Gluten
klammen; Klammen Klauben; Bimmel Baumel; Bummel Bummel; in die Nacht. Wanda wende Wanda
Wanda ..."
Arbeiterdichtung
Aus dem Erleben der Arbeit selbst.
"Nichts als Mauern, Ohne Gras und Glas
zieht die Straße den gescheckten Gurt der Fassaden.
Keine Bahnspur surrt. Immer glänzt
das Pflaster wassernaß. Streift ein Mensch dich, trifft sein Blick dich kalt bis ins
Mark; die harten Schritte haun Feuer aus dem turmhoch steilen Zaun, noch sein kurzes Atmen
wolkt geballt ..."
Kennzeichen der Literatur
Epik
Die erzählende Dichtung tritt im
Expressionismus etwas in den Hintergrund, da sie nicht so häufig angewendet wird.
Die
Dichter lehnen die Psychologie und Kausalität zur Erklärung von Mensch und Welt ab.
Dabei tendieren sie zur Kürze, zu Wucht und Prägnanz des Ausdrucks.
Parataxe, Ellipse und syntaktische
Sprachverzerrung überwiegen im Sprachlich-Stilistischen. Kürze und Prägnanz sollen
durch Vereinfachung zur Steigerung führen. Da die epischen Werke kurz gehalten sind,
erhalten sie beinahe novellistischen Charakter, der aber nicht dem Inhalt entspricht.
Lyrik
Das Wesen des Expressionismus verwirklichte
sich in der Lyrik am besten.
Gottfried Benn beschreibt ihn als
"Wirklichkeitszertrümmerung, als rücksichtsloses
An-die-Wurzel-der-Dinge-Gehen".
Moralischer Pathos, visionärer Sturm,
Intensität und Verkündigung sollen aus Formzwängen hinaus, zu freiem Bekennertum
führen. Mit der Sprache wird bewußt gespielt, wobei das Wort im Vordergrund steht, das
als Zeichen, als Chiffre oder für neue Wortkombinationen verwendet wird. Die Lyrik
beinhaltet außerdem die Reflexion in langen Monologen, scharfe Ironie sowie die schamlose
Darstellung des Peinlichen und Häßlichen. Die Inhalte sind relativ nebensächlich.
Dramaturgie
Im Drama konnten expressionistische Dichter
ihre Ideen der Wandlung und Steigerung wirkungsvoll demonstrieren.
Daher übernahm es
neben der Lyrik eine beherrschende Rolle. Auf der Bühne wird die Geburt des neuen,
gewandelten Menschen - hervorgerufen durch Abstraktion und Einfühlung - dargestellt.
Unterstützt wird das Drama durch Musik,
Tanz, Pantomime, Bühnenbild und Lichteffekte. Die Personen werden nicht als individuelle
Wesen, sondern typisiert dargestellt ("Mann", "Frau",
"Tochter" ...
). Die Charaktere werden oft übersteigert oder grotesk verzerrt,
um die Seele aufzudecken.
Im eigentlichen Dramentyp des
Expressionismus wird das Stück von einem Wortführer (Protagonist) beherrscht. Auf
allegorisch-symbolische Demonstration der Verwirklichung ethischer Werte ausgerichtet,
führt es am Menschen, begriffen als Mitte der Welt, Erlösung durch Wandlung vor. Auf der
Bühne erscheint ein Einzelmensch, um (oft namenlos mit Maske) das Allgemeingültige
vorzutragen.
Stilmittel
Schrei und Telegrammstil
Verkürzung von Sätzen (weglassen von
Artikeln und Vorwörtern)
Verbalstil ("Entsubstantivierung
der Welt", Schaffung neuer Verben: tieren, blumen, .
..)
Metaphorik (sprachliches Bild)
Allegorie
Personifikation (Ideen, Phantasien und
leblose Dinge werden als Wesen dargestellt)
Synästhesie (Erregung eines
Sinnesorgans durch einen nicht spezifischen Reiz)
Symbole und Farbchiffren
Wortballungen, Worthäufungen
Anmerkungen: |
| impressum | datenschutz
© Copyright Artikelpedia.com