Wo warst du, adam?
Heinrich Böll, geboren in Köln, am 21.
Dezember, diente nach seiner Buchhändlerlehre im zweiten Weltkrieg sechs Jahre als
Soldat. Dieser Lebensabschnitt hatte natürlich großen Einfluß auf seine Werke. Nach dem
Krieg studierte er Germanistik und war ab 1950 als freier Schriftsteller tätig. Er
veröffentlichte ab 1947 zahlreiche Erzählungen, Romane, Hör- und Fernsehspiele,
Theaterstücke und war als Übersetzer tätig.
In seinen ersten Werken setzte er sich mit
dem Krieg auseinander.
Er beschäftigte sich mit seinen Folgen und seinen Auswirkungen,
schrieb über Heimkehrer, vereinsamte Frauen, vaterlose Kinder.
In Bölls späteren Werken sprach er sich
gegen eine Restauration in der Nachkriegszeit aus. Er klagte die Menschen an, die
vergessen wollen, oberflächlich und scheinheilig sind. Später betrachtete er kritisch
gesellschaftliche und politische Gegebenheiten.
Zu seinen Werken Zählen "Wanderer,
kommst du nach Spa..
." (1950), "Wo warst du, Adam?" (1951), "Und sagte
kein einziges Wort" (1953), "Billard um halb zehn" (1959) und
"Ansichten eines Clowns" (1963).
Böll erhielt 1967 den Georg Büchner Preis
und 1972 den Nobelpreis für Literatur.
Heinrich Böll verstarb am 16. Juli 1985 in
Langenbroich/Eichel.
Kurze Einleitung
"Wo warst du, Adam?" gilt als
erster richtiger Roman Bölls.
Eigentlich besteht er aus neun von einander unabhängigen
Kurzgeschichten. Manche dieser Kurzgeschichten hat Böll auch einzeln veröffentlicht. Der
einzige Faden der sich durch die Handlung zieht sind die Figuren, die in manchen Kapiteln
wiederkehren oder nur erwähnt werden. Die Figur, die am häufigsten vorkommt, ist die des
Leutnant Feinhals´. Sie kann als eine Art Leitfigur betrachtet werden. Da in diesem Buch
die Beschreibung von Figuren eine sehr große Rolle spielen, wird dieses Element in die
Wiedergabe der Handlung eingeschlossen.
Wiedergabe der Handlung
Der Ort des Geschehens ist die östliche
Front in den letzten Jahren des zweiten Weltkriegs.
Das erste Kapitel fängt mit der
Beschreibung der Stimmung der Soldaten, die eine Schlacht austragen sollen, an. Dabei wird
Feinhals und seine Stimmung während des Marschierens besonders ausführlich beschrieben.
Die Schlacht geht verloren und die
Überlebenden finden sich im Lazarett wieder. Der Oberst ist verletzt und ruft nur.
"Sekt - kühlen Sekt" oder "eine Frau - eine kleine Frau".
Das zweite Kapitel fängt dort an, wo das
Erste endete: auf der Krankenstation. Es wird aber aus der Sicht des verletzten Oberst
erzählt, dessen Name jetzt genannt wird: Oberst Bressen. Der Leser erfährt jetzt weshalb
er, wie im letzten Kapitel, von kühlen Sekt und kleinen Frauen geredet hat: er erinnert
sich an sein Leben, wie er mit einem Freund Sekt trank oder Zigarren rauchte. Dabei
betrachtet er die Bilder, die an den Wänden hängen.
Das dritte Kapitel ist eines der längsten
im Buch. Die zentralen Figuren sind der Feldwebel Alois Schneider und der Hauptmann Bauer,
der schon im ersten Kapitel vorkam.
Bei der Darstellung Alois Schneiders wird in erster
Linie die tägliche Routine im Lazarett beschrieben. Zum Beispiel das regelmäßige
Auftauchen der Ungarin Szarka, die Gemüse und Obst für das Lager bringt. Eine wichtige
Figur ist der Hauptmann Bauer, dessen Leben nach einem sinnlosen Motorradunfall, auf ein
alle 50 Sekunden auftauchendes "Bjeljogorsche" beschränkt ist (er wiederholt
dieses Wort alle 50 Sekunden). Sinnlos ist auch, daß ein Kriegsverfahren wegen
Selbstverstümmelung gegen ihn läuft, weil er beim Fahren seinen Helm nicht aufhatte.
Das Lazarett, in dem sich alle befinden
wird auf Befehl geräumt, weil der Feind sich rapide nähert. Als die Russen vor dem
Lazarett mit ihren Panzern stehenbleiben, hebt Feldwebel Alois Schneider eine weiße Fahne
mit dem roten Kreuz hoch und nähert sich langsam den Panzern.
Dabei tritt er
versehentlich auf einen Blindgänger, der schon länger da lag. Die Russen halten die
Explosion für einen Schuß und schießen das Lazarett nieder. "Erst später merkten
sie, daß von der anderen Seite kein einziger Schuß fiel".
Im vierten Kapitel geht es ausschließlich
um die Figur des Grecks. Seine Ängste und Gedanken werden bis ins kleinste Detail
peinlich genau beschrieben. Greck ist auf dem gleichen Lazarett stationiert wie
Feinhals.
(Zwischen den Kapiteln drei und vier wurde das Lazarett gewechselt). Nun hat
Greck Urlaub und hält sich in einer naheliegenden Stadt auf. Er hat sein Hose an einen
Juden verkauft, und hat panische Angst davor deswegen erwischt zu werden. Er kehrt in das
Lager zurück.
Im fünften Kapitel geht es wieder um
Feinhals. Er verliebt sich in die jüdische Lehrerin Ilona.
Sie können aber nicht
zusammenbleiben, weil Feinhals einen Marschbefehl erhält und Ilona um jeden Preis ihre
Familie im Ghetto wiedersehen will. Sie trennen sich, ohne die Adressen zu tauschen.
Feinhals wird von einem roten Möbelwagen abgeholt, der ihn und andere Soldaten zur Front
bringen soll.
Im sechsten Kapitel setzt der rote
Möbelwagen Feinhals, Greck, Finck und die anderen Soldaten in einem Dorf ab, um dort eine
Schlacht auszutragen. Finck stirbt einen sinnlosen Tod, weil er einen Koffer voller
Weinflaschen mit sich schleppte. Dr.
Greck erleidet schreckliche Schmerzen aufgrund seiner
Magenkrankheit, die schon im vierten Kapitel erwähnt wurde. Er wird aber von seinem
Leiden erlöst, als eine durch ein Geschoß getroffene und einstürzende
Scheunenüberdachung ihn begräbt.
Das siebte Kapitel zählt zu den längsten
und wichtigsten Kapitel des Buches. Ilona wird zusammen mit anderen Juden in einem grünen
Möbelwagen in ein Konzentrationslager gebracht. Dort hat der Obersturmführer Filskeit
das Kommando. Dieser ist auch eine der Figuren, die im Buch am genauesten beschrieben
werden.
Filskeit ist ein überzeugter Rassist. Er schwärmt für zwei Dinge: den
Rassengedanken und den gemischten Chor. Dabei sieht er gar nicht "arisch" aus:
er hat dunkle Haare und Augen. In seinem Lager kommen die Juden, die gut singen können in
den Chor, die anderen in das Krematorium. Nun muß Ilona vorsingen. Sie fängt an ein
katholisches Lied - und das noch in Latein zu singen.
Filskeit dreht durch: Er kann den
Gedanken nicht ertragen, daß eine Jüdin katholisch sein konnte, so gut singen konnte und
noch dazu dem arischen Aussehen entsprach. " Er schoß sein ganzes Magazin auf die
Frau, die am Boden lag und unter Qualen ihre Angst erbrach...". Filskeit gibt den
Befehl alle Juden im Lager zu töten, und "draußen fing die Metzelei an".
Im achten Kapitel wird die Sinnlosigkeit
des Krieges am eindeutigsten dargestellt. Feinhals wird in polnisches Gebirge versetzt um
dort als Architekt dem Bau einer Brücke zu helfen, die früher von Partisanen gesprengt
wurde. Es wird hier aus der Sicht Frau Susans erzählt, der eine Gaststätte in der Nähe
der Brücke gehört. Sie beobachtet die Soldaten und merkt, daß diese den ganzen Tag lang
nichts Konstruktives tun und dafür auch noch ein Vermögen bekommen. Die Brücke wird mit
großer Mühe und in kürzester Zeit wieder aufgebaut, und unmittelbar nach ihrer
Fertigstellung wieder gesprengt, weil die Russen näher rücken.
Durch dieses Beispiel läßt Böll den
Krieg am eindeutigsten sinnlos und lächerlich erscheinen.
Um ganz sicher zu gehen, daß
der Leser nicht doch einen Sinn in Wiederaufbau und Sprengung der Brücke entdeckt, wird
nicht aus der Sicht eines Soldaten, sondern aus der einer Außenstehenden erzählt, die
die Dinge ohne jegliche Verzerrung so sieht, wie sie sind.
Im letzten Kapitel kehrt Feinhals wieder in
sein Heimatstadt zurück. Diese wird bei seiner Ankunft von den Amerikanern beschossen. Er
hält bei "Finck Weinstuben und Hotel" an. Er sieht den General, den er im
ersten Kapitel begegnete. Er ist jetzt von den Amerikanern gefangengenommen worden.
Feinhals merkt das er jetzt viel fröhlicher und lebendiger wirkt als vorher. Schließlich
stirbt Feinhals "auf der Schwelle seines Hauses", wo die weiße Fahne seines
Elternhauses ihn bedeckt.
Heinrich Bölls "Wo warst du,
Adam" ist in seiner Aussage unmißverständlich. Die Beispiele für die Sinnlosigkeit
des Krieges übertreffen sich selbst: Ein Kriegsverfahren läuft gegen einen Hauptmann,
der praktisch im Koma liegt, ein Lazarett wird aufgrund eines Mißverständnisses
zerstört, eine Brücke wird gebaut, um sie danach zu sprengen.
Bemerkenswert ist die Art, auf die erzählt
wird. Anstatt die Handlungsabläufe und Umstände direkt zu beschreiben, konzentriert
Böll sich auf die Charaktere.
Er beschreibt ihre Vergangenheit, ihre Stimmung, ihre
Ansichten. Dies schafft eine einmalige Atmosphäre. Sein Charakter- beschreibungen und
seine Unmißverständlichkeit machen Bölls Roman einzigartig.
Böll macht niemanden für den Krieg
verantwortlich. "Der Krieg ist eine Krankheit. Wie der Typhus.
" ( Bölls
einleitendes Zitat von Saint-Exupéry ).
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