Die heilige johanna der schlachthöfe
Stück in elf Bildern entstanden 1929/30
Uraufführung: 30. April 1959 in Hamburg
Inhaltsangabe
Mauler, Chicagos Fleischkönig, verkauft
sein Geschäft an seinen Kompagnon, da seine New Yorker Börsenfreunde ihm zu diesem
Schritt geraten haben. Joch knüpft er mit dem Verkauf die Bedingung, daß damit sein
größter Konkurrent bankrott geht. Die "Schwarzen Strohhüte" der Heilsarmee
unter dem Kommando von Leutnant Johanna Dark können das immer größer werdende Elend der
Arbeitslosen nicht mehr mit Suppe, Musik und netten Worten aufhalten. Daher bittet Johanna
Mauler um Hilfe für die Armen. Mauler möchte Johanna beweisen daß die Arbeiter
"schlecht" sind und daher ihre hoffnungslose Lage selbst verschulden.
Doch
Johanna erkennt auf Maulers Schlachthof auch den Grund für die sogenannte
"Schlechtigkeit": die Armut. Sie zieht mit ihren "Schwarzen
Strohhüten" in die Viehbörse um dort für Ordnung zu schaffen. Scheinbar gelingt
ihr das, aber Mauler hat den Markt nur gerettet, weil ihm seine Börsenfreunde wieder zum
Fleischkauf geraten haben. Johanna, wegen ihrer erfolgreichen Vermittlungen überall
bekannt und geliebt, begreift zu spät, daß Maulers erneute Monopolstellung die Not sehr
schnell wieder vergrößern wird. Nun bietet sie den Arbeitern ihre volle Unterstützung
an. Doch als zum Generalstreik aufgerufen wird, verrät sie ihre Verbündeten, da sie
falsche Informationen zugespielt bekommen hat.
Der Streik wird niedergeschlagen und Mauler
siegt. Unter der Last ihrer Schuld bricht Johanna zusammen. Um die Verbreitung ihrer
Erfahrungen und Ansichten zu verhindern, beschließen die Fleischhändler sie heilig zu
sprechen als Märtyrerin der Mildtätigkeit. Ihre Ausrufe gehen sogleich in einem Wirrwarr
von Lobreden, Gesang und Musik unter.
Interpretation
Dieses erste der drei Johanna-Stücke
Brechts zeigt den notwendigen Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung, aber noch
deutlicher ist es eine umfassende Darstellung der Praxis des Klassenkampfes, weil die
Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, den Hintergrund dieses Stückes abgeben. In diesem
Politisch kompromißlosen Stück steht nicht die Religion und auch nicht die Existenz
Gottes zur Diskussion, sonder das Verhalten des religiösen Menschen.
Es zeigt Brechts
Konzeption vom Theater als Vermittler politischer Einsichten und als antreibende Kraft zur
Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse. "Die heilige Johanna der
Schlachthöfe" hat das Ziel, "eine tiefgreifende und zum Handeln ausreichende
Erkenntnis der großen gesellschaftlichen Prozesse unserer Zeit zu vermitteln". Damit
wollte Brecht den Zuschauer dazu bringen die neuen revolutionären Erkenntnisse
anzuwenden, jedoch nicht durch Identifikation mit dem Stück. Der Zuschauer sollte die
Erkenntnis aus der paradigmatischen (beispielgebenden) Handlung selbst herausfinden. Diese
Absicht konnte Brecht jedoch nicht verwirklichen, da bereits 1931 kein Theater der
Weimarer Republik bereit war, dieses an Zündstoff reiche Stück, das Herbert Jhering noch
Ende 1932 mutig als das bedeutsamste Drama des Jahrzehnts bezeichnete, aufzuführen.
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