Biographie
Jugendjahre
Am 17. Oktober 1813 wird Karl-Georg Büchner
als 1. Kind des großherzoglichen Landarztesarztes Dr. med. Ernst-Karl Büchner, Assessor
am großherzoglichen Medizinalkolleg, und dessen Frau Caroline Luise, in Goddelau bei
Darmstadt geboren.
1816 Übersiedlung der Familie in die
Residenzstadt Darmstadt, wohin der Vater als Bezirksarzt versetzt wurde und Karl-Georg
Büchner seine Kindheit und Schulzeit verlebte.
1821 Büchners Mutter erteilt Georg seinen
ersten Elementar-Unterricht.
1822 Eintritt Büchners in die Privatschule
des Dr. Carl
Weitershausen, einer angesehenen Privatschule in Darmstadt
26.3.1825: Eintritt in das humanistische
Gymnasium
Darmstadt's, das heutige Ludwig-Georg Gymnasium.
ab 1828 Zunehmendes Interesse an Politik,
Philosophie und
Literatur, sowie erste politisch-philosophische Schriften, die sich gegen die herrschenden
politischen Zustände richten; außerdem Kritik an der kirchlichen Sittenlehre
=> Selbstmord als Ausweg zur Freiheit
Studentenzeit
1831 Büchner verläßt zu Ostern das
Gymnasium, ohne das Abitur erreicht zu haben.
Interessen: Naturwissenschaften Abneigungen: Sprachen, besonders die der
Antike. Trotzdem bescheinigen ihm die Lehrer großen Fleiß. Auf Wunsch seines Vaters geht
Büchner nach Straßburg, wo er sich am 9. November für ein Medizinstudium an der
medizinischen Fakultät der Universität Straßburg immatrikuliert, um in diesem
"kleinen Paris" die gesellige Urbanität und empirische Wissenschaftsmethode der
Franzosen kennenzulernen. Dort lernt er August und Adolf Stöber kennen (bedeutende
Dichter ihrer Zeit). Beginn der politischen Denkensart.
Kontakt mit Studentenbewegung
"Eugenia"
1832 Am 31. Oktober mußte sich Büchner,
genötigt durch die hessisch-darmstädtischen Landesgesetze, an der Landes- universität
immatrikulieren, und setze sein Studium in Medizin und Philosophie in der von ihm als
beengt empfundenen Kleinstadt Gießen fort. Die Trennung von seiner Geliebten und die
Rückkehr in eine ihm verhaßte Umgebung führten zu Depressionen
- und in einem Anfall von Hirnhautentzündung und zur akuten Erkrankung. Seine zuvor
geschriebenen Briefe an die Eltern und an seine Geliebte sprechen von Krankheit,
Melancholie, einer zurückgezogenen Lebensweise, vom Studium der Philosophie und
Geschichte der Französischen Revolution.
1833 heimliche Verlobung mit Wilhelmine
(Minna) Jaegle; im Oktober Rückkehr nach Hessen; dort verpflichtet er sich auch, sein
Studiums an der Universität Gießen zu beenden.
1834 Büchner studiert nun auch Philosophie
und allgemeine
Naturwissenschaft.
Er pflegte Kontakte zu revolutionären Kreisen der Gießener
Studentenschaft.
März/April: Gründung der "Gesellschaft für Menschenrechte"
(politische und militärische Schulung der beteiligten Studenten und Handwerker) in
Gießen und Darmstadt; Weiterhin schloss er sich den hessischen Liberalen an, die mit dem
Bestreben einer Revolution den vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen
anhand von Flugschriften zur Aufwiegelung von Massen den Garaus machen wollten.
Ihm Rahmen dieses politischen Strebens
erscheint wohl Büchners revolutionärste Schrift, der "Hessische Landbote".
Er war nur acht Seiten lang und hatte auch keine größere Auflage als 1.000 Exemplare.
Doch warum musste Büchner wegen dieser kleinen, anonym gedruckten Flugschrift dennoch ins
Ausland flüchten? Deswegen werde ich nun den Anfang der Schrift vorlesen, die er zusammen
mit dem protestantischen Theologen Friedrich Weidig verfasst hat.
Sie
musste auf die
Fürsten wie eine Ohrfeige gewirkt haben:
FRIEDE DEN HÜTTEN! KRIEG DEN PALÄSTEN!
IM JAHR 1834 SIEHET ES AUS, ALS WÜRDE DIE
BIBEL LÜGEN GESTRAFT. ES SIEHT AUS, ALS HÄTTE GOTT DIE BAUERN UND HANDWERKER AM 5TEN
TAGE, UND DIE FÜRSTEN UND VORNEHMEN AM 6TEN GEMACHT, UND ALS
HÄTTE DER HERR ZU DIESEN GESAGT: HERRSCHET ÜBER ALLES GETIER, DAS AUF ERDEN KRIECHT, UND
HÄTTE DIE BAUERN UND BÜRGER ZUM GEWÜRM GEZÄHLT. DAS LEBEN DER VORNEHMEN IST EIN LANGER
SONNTAG, SIE WOHNEN IN SCHÖNEN HÄUSERN, SIE TRAGEN ZIERLICHE KLEIDER, SIE HABEN FEISTE
GESICHTER UND REDEN EINE EIGNE SPRACHE; DAS VOLK, ABER LIEGT VOR IHNEN WIE DÜNGER AUF DEM
ACKER. DER BAUER GEHT HINTER DEM PFLUG, DER VORNEHME ABER GEHT HINTER IHM UND DEM PFLUG
UND TREIBT IHN MIT DEN OCHSEN AM PFLUG, ER NIMMT DAS KORN UND LÄßT IHM DIE STOPPELN.
Der einstige Kampfruf der französischen
Revolutionsheere "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" wird von Büchner
und Weidig gezielt zum Kampf der hessischen Bauern gegen ihre Fürsten und Beamten
eingesetzt. Auch die von den Fürsten gelenkte Justiz wird scharf angegriffen:
DIE GERECHTIGKEIT IST NUR EIN MITTEL,
EUCH IN ORDNUNG ZU HALTEN, DAMIT MAN EUCH BEQUEMER SCHINDE.
(...) DIE MEISTEN RICHTER SIND
DER REGIERUNG MIT HAUT UND HAAR VERKAUFT. (..
.) DIE JUSTIZ IST IN DEUTSCHLAND DIE HURE DER
FÜRSTEN."
Die Obrigkeit reagierte in Deutschland
entsprechend. In mehreren Prozessen wurde der "Landbote" als
"hochverräterische, revolutionäre Flugschrift" bezeichnet, die einen
"ganz besonders rücksichtslosen und gemeinen Ton" aufweise, ein "Produkt
des frechsten, zügellosesten Republikanismus" sei und "geradezu zum Umsturz des
Bestehenden auffordere". Im April 1835 wurde Weidig auf Grund einer Denunziation im
Großherzogtum Hessen verhaftet und zusammen mit anderen Oppositionellen ins Zuchthaus
gesteckt. Büchner konnte sich kurz vorher ins französische Straßburg absetzen, denn die
Gefahr der Verhaftung Büchners wuchs natürlich auch.
Somit nimmt der erst 21-jährige Büchner innerhalb kürzester Zeit eine weichenstellende
Position in der politischen Oppositionsbewegung ein.
Doch im September beordert der Vater Karl-Georg Büchner nach Darmstadt zurück.
1835 in nur drei Tagen, vom 2. bis 5.
Februar: Überarbeitung des Dramas "DANTONS TOD" Doch schon am 27. Februar
erhält er eine Vorladung in das Arresthaus in Darmstadt.
Dort wird Büchner von seinem
fiktiven Bruder "Wilhelm" vertreten, um die Justiz im Glauben zu lassen, dass er
noch immer in Strassburg ist; der Plan scheitert jedoch, da der Richter ein Patient des
Vaters ist. Deswegen muss er am 1. März ins Exil nach Straßburg fliehen. Am 13. Juni
wird ein Steckbrief gegen ihn erlassen. In diesem heißt es:
Der hierunter signalisierte Georg
Büchner,
Student der Medizin aus Darmstadt, hat
sich
der gerichtlichen Untersuchung seiner
indicirten
Theilnahme an staatsverrätherischen
Handlungen
durch die Entfernung aus dem Vaterlande
ent-
zogen.
Man ersucht deshalb die
öffentlichen Be-
hörden des In- und Auslandes, denselben
im Be-
tretungsfalle festnehmen und wohlverwahrt
an
die unterzeichnete Stelle abliefern zu
fassen.
Man erfährt in diesem Steckbrief auch etwas
über sein aussehen:
P e r s o n a l - B e s c h r e i b u n g
Alter: 21 Jahre,
Größe: 6 Schuh, 9 Zoll neuen Hessischen
Maases,
Haare: blond,
Stirne: sehr gewölbt,
Augenbraunen: blond,
Augen: grau,
Nase: stark,
Mund: klein,
Bart: blond,
Kinn: rund,
Angesicht: oval,
Gesichtsfarbe: frisch,
Statur: kräftig, schlank,
Besondere Kennzeichen: Kurzsichtigkeit
Doch vom 9. März - 17. Oktober, also in der
Zeit, als er unter besonderen äußeren Druck litt, war schöpferisch die wichtigste Zeit
Büchners. Deswegen können die Jahre 1835 bis 37 auch als literarische Phase
in Büchners Leben bezeichnet werden.
Es entstanden wissenschaftliche und dichterische Arbeiten, sowie Übersetzungen.
Teile der
Arbeiten wurden jedoch verboten.
1836 Übersiedlung nach Zürich am 18.
Oktober. Grund: Die Universität Zürich hatte die Schrift "Über das Nervensystem
der Barben" als Promotions- u. Habilitationsschaft angenommen. Büchner wird dort
Privatdozent für Physiologie und Anatomie an der Universität.
Wintermonate 1836/1837 Büchners intensivste
Arbeit an den WOYZECK-FRAGMENTEN.
1837 2. Februar: Beginn der tödlichen
Krankheit (Typhus)
19. Februar: Büchner stirbt im Alter von 23 Jahren um 14.30 Uhr in Zürich.
21.
Februar: Begräbnis in Zürich. Auf
seinem Grabstein stehen die Worte von Georg Herwegh: "EIN UNVOLLENDET LIED SINKT ER
INS GRAB DER VERSE SCHÖNSTEN NIMMT ER MIT HINAB"
42 Jahre nach Büchners Tod: Textverfassung
von Karl-Emil Franzos
1913 76 Jahre später, am 8. November: Erste
Aufführung von "WOYZECK"im Münchener Residenztheater.
1933-45: Unter der NS-Diktatur vermied man
Werke Büchners
1950: "Deutsche Akademie für Sprache
und Dichtung" stiftet den "Georg Büchner - Literaturpreis"
1947: Verfilmungen: Deutschland 1947 (Regie:
G.C. Klaren).
Deutschland 1978 (Regie: W. Herzog). Seine Werke: "Der hessische
Landbote", "Dantons Tod", "Leonce und Lena", "Lenz",
"Woyzeck",
Zusatzdaten
Georg Büchner hat von seinen Eltern nur die
Tugenden geerbt.
Büchner gilt als Deutscher und Revolutionär.
Vom Vater hat er die Nüchternheit, die
Energie und den Hang zum exakten Wissen.
Von der Mutter hat er die Empfindungstiefe,
die Vorstellungskraft und den Sinn für die Kunst.
Büchners Zeit, in der er lebte, bot ihm ein
Bild des Übergangs, der Zerstörung alter Verhältnisse, Einrichtungen und Dogmen, die
man für unerschütterlich gehalten hatte.
mangelnde Festigkeit und Sicherheit
keine gesellschaftliche Stabilität,
Lebensangst und Langeweile
Unsicherheit vor der Zukunft, Gefühl der
Haltlosigkeit
Er stellte sich die Frage: WOHIN UND WOZU
LEBEN WIR?
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