"der besuch der alten dame" von dürrenmatt
Gliederung
Friedrich Dürrenmatt - " Der Besuch der alten Dame"
A. Biographie und Werke des Schriftstellers
B. Analyse des Buches
I. Vorstellung der Personen
II. Inhaltsangabe
III. Entstehung des Werkes
IV.
Interpretation
C. Persönliche Beurteilung
Biographie
Friedrich Dürrenmatt gehört ebenso wie Hermann Hesse und Eduard Mörike in die Reihe der protestantischen Pfarrerssöhne, die es zur Schriftstellerei zieht. Am 5. Januar 1921 geboren, wächst er zusammen mit einer jüngeren Schwester in Kanolfingen auf, einem Dorf im schweizerischen Kanton Bern. Sein Vater erweckte Friedrichs Interesse für Geschichte, griechische Sagen und die Theologie. Die bibeltreue Frömmigkeit seiner Eltern lehnt Dürrenmatt später ab, aber religiöse Fragen beschäftigen ihn sein Leben lang.
Er schildert sein Elternhaus so:
"Meine Eltern waren geistliche Pfarrersleute, sie wiesen niemanden ab und ließen mitessen, wer mitessen wollte. So die Kinder eines Zirkusunternehmens, welches das Dorf jährlich besuchte."
Der 20-jährige Friedrich beginnt, in Bern Philosophie und Literatur zu studieren. Eigentlich will er Maler werden, aber einige Berufsmaler verkennen seine Begabung und raten ihm ab, diesen Weg weiterzuverfolgen. So widmet er sich dem Schreiben. Seiner Malleidenschaft bleibt Dürrenmatt aber sein Leben lang treu.
Sein Sinn für das Bildhafte und Sinnliche kommt seinen Theaterstücken sehr zugute.
Nach Abschluß des Studiums - erste Erzählungen sind bereits veröffentlicht - heiratet F. D. die Schauspielerin Lotti Geißler. Drei Kinder werden geboren, und die Dürrenmatts beziehen ein Haus am Rande von Neuchâtel. Um die Familie ernähren zu können, schreibt F.
D. Auftragsarbeiten, Hörspiele und Kriminalromane. Die Geldsorgen hören erst mit dem großen Erfolg von "Der Besuch der alten Dame" auf, 1955, zu einer Zeit, als Dürrenmatt längst bekannt und preisgekrönt war. 1983 stirbt seine Frau. Ein Jahr später heiratet F. D.
abermals: die Journalistin Charlotte Kerr. Am 14. Dezember 1990 stirbt er im Alter von 69 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes.
Hauptwerke Dürrenmatts
Dramen:
Romane und Erzählungen:
Romulus der Große
Die Ehe des Herrn Mississippi
Der Besuch der alten Dame
Die Physiker
Die Wiedertäufer
Der Meteor
König Johann
Play Strindberg
Der Mitmacher
1949
1951
1956
1962
1966
1967
1968
1968
1973
Die Stadt
Der Richter und sein Henker
Grieche sucht Griechin
Der Sturz
1952
1952
1955
1971
Die bekanntesten Autoren dieser Zeit
Heinrich Böll
Wolfgang Borchert
Günter Eich
Max Frisch
Siegfried Lenz
1917-1985
1921-1947
1907-1972
1911-1991
1926
Die verlorene Ehe der Katharina Blum
Draußen vor der Tür
Träume
Stiller
Die Deutschstunde
Analyse des Buches
Vorstellung der Personen
Schon im Personenverzeichnis, das dem Text vorangestellt ist, wird deutlich, dass zwei Hauptgruppen die Handlung des Stückes tragen. Der Autor nennt diese Gruppen "Die Besucher" und "Die Besuchten". Außerdem gibt es in dem Stück noch "Die Sonstigen" und "Die Lästigen".
Die Besucher sind schrill, außerhalb der gängigen Form, furchterregend und werden dennoch sehnsüchtig erwartet. Die Besuchten sind schlicht, bieder und bettelarm, sie wollen aus dem Elend herauskommen.
Ø Claire Zachanassian, geb. Wäscher, Multimillionärin, alt, hat Prothesen, ist sehr arrogant, hat schwarzen Humor
Ø Das Gefolge der Milliardärin ( Ihre Gatten, der Butler, Toby&Roby und Koby&Loby)
Ø Ill, Besitzer eines Ladens
Ø Der Arzt
Ø Der Pfarrer
Ø Der Bürgermeister
Ø Und andere Güllener, die nach ihrer sozialen Funktion genannt werden
Inhaltsangabe
In der Kleinstadt Güllen, nahe der deutsch-schweizerischen Grenze, erwartet man den Besuch einer reichen alten Dame, der Multimillionärin Claire Zachanassian, die als Klara Wäscher in Güllen geboren und aufgewachsen ist. Ihr Vermögen, das sie von ihrem ersten Mann geerbt hat, ist unübersehbar, auch die Zahl der Ehemänner kann sich sehen lassen. Zur Zeit ist sie mit ihrem siebten Ehemann unterwegs.
Der Bürgermeister und die Güllener des einst wohlhabenden, nun aber völlig verarmten und heruntergekommenen Städtchens versammeln sich vor dem verwahrlosten Bahnhof, um Claire Zachanassian einen großen Empfang in der Heimat zu bereiten. Sie hoffen natürlich darauf, dass sie eine ansehnliche Stiftung machen wird, die die Finanzen des kleinen Städtchens verbessern und den Lebensstandard der Bürger heben könnte.
Währenddessen erzählt der Kaufmann Ill, ein Mann Mitte Sechzig, was die Kläri Wäscher für ein bildhübsches, wildes und leidenschaftliches Mädchen gewesen sei und dass leider das Leben sie nach einer stürmischen Liebe von ihm getrennt habe. Noch ehe er damit zu Ende ist, erscheint Frau Zachanassian mit ihrem Gatten und ihrem Gefolge, zwei kaugummikauenden ehemaligen Gängstern und zwei blinden Eunuchen.
Die Schleimereien unterbricht sie kurz und bündig mit der Ankündigung, sie werde der Stadt die Summe von einer Milliarde stiften, fünfhunderttausend für die Stadt und fünfhunderttausend aufgeteilt auf alle Bürger, aber nur unter einer Bedingung, dass sie sich dafür "Gerechtigkeit" kaufen könne.
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Sie will, dass jemand sich bereit erklärt, Ill zu töten.
Der Bürgermeister lehnt das Angebot ab.
Nun geht eine seltsame Veränderung in Güllen vor. Obwohl sich der Bürgermeister natürlich weigerte, die Milliardenstiftung unter diesen Bedingungen anzunehmen, fangen auf einmal alle Einwohner an, auf großen Fuß zu leben, Anschaffungen zu machen, besser zu essen und zu trinken. Sie lassen überall anschreiben, und die Kaufleute gewähren ihnen ebenso sorglos Kredit, wie jene ihn in Anspruch nehmen.
Ill wird es unbehaglich. Zwar gewährt er auch seinen Kunden jeden Kredit, aber er fühlt, dass sich etwas gegen ihn zusammenbraut.
Claire Zachanassian aber sitzt ruhig im Hotel "Zum Goldenen Apostel" und beobachtet die Entwicklung der Dinge. Er will die aufblühende Stadt verlassen, ist aber innerlich bereits so im Netz seiner Angst verstrickt, dass er es nicht mehr vermag. Er findet sich eines Tages bereit, sich dem Gericht seiner Mitbürger zu stellen. Ill fährt zur Versammlung wo er getötet wird. Der Atzt stellt "Herzschlag" fest, sie legen ihn in den Sarg und der Bürgermeister erhält den Scheck über eine Milliarde.
Entstehung des Werkes
"Eine tragische Komödie".
Entstanden 1955. Uraufführung am 29. 1. 1956 im Züricher Schauspielhaus, Regie: Oskar Wälterlin. Die Buchausgabe folgte im gleichen Jahr. Der dem Stück zugrunde liegende Einfall beruht auf einer unvollendeten Novelle mit dem Titel "Mondfinsternis.
Hier ist es ein Mann, ausgewandert nach Amerika, der in sein heimatliches Bergdorf zurückkehrt und sich an einem ehemaligen Rivalen seiner Jugendliebe rächen will. Der Rivale soll von den Einheimischen gegen eine große Summe getötet werden, anders als im "Besuch der alten Dame" wehren sich jedoch die Einheimischen und der Mann kommt durch ein Unglück zu Tode.
Interpretation
"Der Besuch der alten Dame" ist ein Drama, daher praktisch wie ein Drehbuch geschrieben: verschiedene Personen führen Dialoge, Monologe etc. Das Buch wird in drei Akte geteilt, die zum Höhepunkt hinführen.
Was einem gleich an diesem Buch auffällt , das sind die Wiederholungen des Gesagten. Z.
B.: Die Frauen bestätigen Ill, wie fest man zu ihm stehe: "Felsenfest, Herr Ill, felsenfest... Todsicher, Herr Ill, todsicher" Gleich drei Güllener wiederholen, dass der Postbeamte ein "Ehrenmann" ist. Was die Sätze betrifft, so hat man hier von allem etwas.
lakonisch (kurz und treffend) z.B.: "Ruiniert. Die Wagnerwerke zusammengekracht. Bockmann bankrott..
. Leben? Vegetieren. Krepieren" Pathetisch (mit großer innerer Anteilnahme): Der Pfarrer: "Flieh! Wir sind schwach, Christen und Heiden. Flieh, die Glocke dröhnt in Güllen, die Glocke des Verrats." Lyrisch: Alle Szenen, in denen sich Klara und Alfred ihrer Liebe erinnern und Ills Schilderung der Güllener Umgebung: "Ein schönes Land, überschwemmt vom Abendlicht."
Vieles im Buch ist symbolisch gemeint.
Zum Beispiel der schwarze Sarg wird als psychologisches Druckmittel auf die Güllener benutzt. Er macht den Tod und den Mord an Alfred Ill greifbar. Der Sarg als Zeichen des Todes befindet sich nun - im Hotel - mitten im Dorf. Damit befindet sich auch der Tod unmittelbar bei den Einwohnern von Güllen. Durch das tägliche Bringen von neuen Kränzen für den Sarg wird den Güllern alltäglich deutlich gemacht, dass Claire Zachanassian es ernst meint und dass Alfred Ill - zumindest gedanklich - schon tot ist.
Auch die Namen der Charaktere werden von symbolischen Bedeutungen bestimmt.
Klara bedeutet die Berühmte, Helle und Reine;
Wäscher betont die kleinbürgerliche Herkunft der Milliardärin.
Ihr jetziger Vorname Claire bedeutet rein waschen, reinigen oder säubern; also Unrecht korrigieren und Gerechtigkeit wiederherstellen.
Der jetzige Familienname Zachanassian wird nach Dürrenmatt aus Namen verschiedener Wirtschaftsführern zusammengesetzt.
Ill bedeutet krank auf Englisch; also das krankhafte Unrecht. Ironischerweise ist Ill der einzige Güllener, der einen individuellen Namen hat.
Die anderen Güllener bleiben anonym; sie werden nur nach ihrer sozialen Funktion genannt.
Der Name des Städtchen Güllen deutet Gülle oder Jauche an. Das Städtchen soll nach der Hochkonjunktur in Gülden, also Goldene, verändert werden.
Wirtschaftsaufschwung und Wohlstand sind wichtige Motive in diesem Stück. Ganz am Anfang des Stückes sieht man, dass das kleine Städtchen sehr arm ist. Die vorbeirasenden Züge sind ein Symbol dafür. Die Milliardärin ist zwar keine Repräsentantin des Wohlstandes, sondern vielmehr ein Symbol des Luxus; sie ist jedoch ein Schlüssel, diesen verpassten Wirtschaftsaufschwung und Wohlstand wieder zurückzugewinnen.
Deshalb sagt der Bürgermeister, dass sie die einzige Hoffnung der Stadt sei. Die Handlung des Stückes läuft also deutlich auf das Aufholen dieses vermissten Wirtschaftsaufschwungs hin. Das bessere Essen und Trinken, der Genuss der teureren Zigarren, das Tragen neuer gelber Schuhe, gepflegterer Kleidung und goldener Zähne, die Anschaffung neuer Autos, die Sanierung der Kulturstadt, und Ausgaben für Literaturstudium und Tennis sind alle Symbole, die auf den endlichen wiedergewonnenen Wohlstand des Städtchens hinweisen.
Eine tragische Komödie nennt Dürrenmatt das Stück Der Besuch der alten Dame. Es gibt tatsächlich viele komische Momente. Das synchrone und wiederholte Sprechen der beiden blinden Männer wirkt vor allem komisch.
Komisch ist auch, dass Claire ständig neue Ehen schließt, die sie jedoch sehr bald wieder aufhebt. Sie versteht sich, sich charmant aufzuführen. Zugleich verhält sich grausam und kaltschnäuzig. Obwohl sie körperlich und geistig so unnatürlich und erledig ist, wird sie komischerweise doch wie eine Göttin angesehen. Am Ende des dritten Aktes nimmt der Ill sein Schicksal an, lehnt jedoch entschieden den Selbstmordvorschlag des Bürgermeisters ab. Aus all diesen Erscheinungen ist eine Verbindung des Komisch-Unheimlichen mit dem Tragischkomischen ersichtlich.
Indem Claire mittels ihrer Milliarde ihre Terrorherschaft über Ill durchsetzt, beruft sie sich doch auf lächerliche, absurde und komische Weise auf die Gerechtigkeit.
Das Groteske ist auch ganz wichtig an diesem Stück. Viele Dinge, die im Alltag unwahrscheinlich oder nur im extremen Fall möglich sind, tauchen in diesem Stück auf. Dürrenmatts Einfälle sind vom Grotesken bestimmt. Die Ankunft der Milliardärin durch Notbremse ist grotesk, d.h.
zugleich überraschend und einmalig. Dass sie einen schwarzen Panther und einen Sarg mit sich bringt, ist mehr als schockierend, kein Wunder, dass der Lehrer sein Gefühl so ausdrückt: "...doch was Gruseln heißt..
.weiß ich erst seit einer Stunde. Schauerlich....
" Dass sie zusätzlich fast wie aus Prothesen montiert ist, ist kaum vorstellbar. Das Groteske gipfelt schließlich in die Milliardenspende als die Waffe eines angestifteten Mordes. Solche Fälle können kaum noch als Zufälle bezeichnet werden, wenn sie auf einmal das kleine Städtchen überfallen. Das Unheimliche bedeutet jedoch nicht Zerstörung, es bringt den unmittelbaren Wohlstand, der allen Güllenern teilhaft ist. Die individuelle Rache wird durch Gemeinnutz gerechtfertigt. Damit ist das Allerhöchste erreicht: Das Groteske, das aus der Verbindung des einmaligen, unerhörten, unfaßbaren, bodenlosen und monströsen Schrecklichen mit der möglichen Bewunderung und Überraschung entsteht.
Das Gefolge der Milliardärin ist auch voll von grotesken Einfällen: Eingeblendete Kastraten mit ihrem synchronen wiederholten Sprechen, die vorübergehenden Gatten der Milliardärin.
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