Eine reise durch ägypten
EINE REISE DURCH ÄGYPTEN
Die Maschine von Egypt Air trägt als Zeichen den Falkenkopf des Gottes Horus. Sie bringt unsere 34köpfige Reisegruppe in 6stündigem, strikt alkoholfreien Flug nach Kairo, wo wir mit Polizeieskorte sowie Wachmann in Zivil in unser Standquartier für die ersten fünf Tage gebracht werden.
Das Marriott-Hotel liegt auf der baumbestandenen Nilinsel Gesira fern vom staubigen Häusermeer der 16-Millionenstadt. Hier, im alten Palast des
Khedivan Ismail wurden 1869 Napoleon III. und seine Gemahlin Eugenie anläßlich ihres Besuches der Eröffnung des Suezkanals beherbergt.
Prunkräume im Altbau erinnern an diese Zeit.
Im Ägyptischen Museum
Zur Einstimmung auf unsere Reise zu den Tempeln und Gräbern der Pharaonen besuchen wir zuerst das 1857 von dem französischen Archäologen Auguste Mariette gegründete Ägyptische Museum. Das Mausoleum des Gründers steht im Museumspark. Der Museumsvorplatz ist abgesperrt und wird von der bewaffneten Touristenpolizei scharf bewacht. Taschenkontrolle ist für alle Besucher Pflicht.
Im Museum überwältigt die Fülle der Skulpturen, Sarkophage, Reliefs und der so vielfältigen Grabbeigaben. 120.
000 Exponate werden auf zwei Etagen eng gedrängt präsentiert. Hunderte kleiner Kostbarkeiten sollen jedes Jahr im Besuchergedränge verschwinden. Weil wir mit zu den Ersten gehören, die sich nach den Terroranschlägen von 1997 wieder nach Ägypten wagen, können wir in
Ruhe alles betrachten, was normalerweise von fast undurchdringlichen Touristenscharen umlagert ist.
Beim Anblick der Standbilder der wichtigen Repräsentanten der Dynastien zieht die lange ägyptische Geschichte an uns vorüber. Ein ganzer Raum ist Echnaton gewidmet, dem "Ketzerkönig", der den Kult um die über zweihundert
Götter, Dämonen und heiligen Tiere abschaffen wollte zugunsten des einen Sonnengottes Aton. Nach seinem Tode wurden sie wieder angebetet, die Göttinnen Isis und Hathor mit ihren Sonnenscheiben und Kuhhörnern auf den
Köpfen, die Himmelsgöttin Nut, die ihren langen Körper wie eine Brücke über die Erde spannt, der löwenköpfige Amun mit der Federkrone, der hundeköpfige
Anubis, der krokodilköpfige Sobek, der falkenköpfige Horus mit der Doppelkrone von Unter- und Oberägypten und die heiligen Apis-Stiere, um nur einige zu nennen.
"King Tut" hatte gerade diese Restauration erlebt, als er
18jährig starb. Seine Grabausstattung ist komplett nach Ägypten zurückgekehrt, und neben den - wie seinerzeit in Hildesheim - im Halbdunkel gezeigten Kostbarkeiten beeindruckt hier der vergoldete zimmergroße
Schrein, wie ihn Howard Carter 1922 in der Grabkammer im Tal der Könige fand, bewacht von zwei lebensgroßen Ebenholzfiguren des jungen Königs im kurzen, winkelig abstehenden Kultschurz.
Im Mumiensaal liegen die Mumien von elf Pharaonen und Königinnen in gläsernen Särgen bei 18° C und 55% relativer Luftfeuchtigkeit. Die Gesichter der Pharaonen sind schmal und edel geformt; die der Königinnen eher rund mit breiten Backenknochen und Resten schwarzen Haares, zu
Rastazöpfen geflochten. Man betrachtet die bis auf die Köpfe verhüllten Gestalten mit dem Schauder des Eindringlings. Es ist sicherlich gut, daß sie bald wieder bestattet werden sollen.
Alt-Kairo
Aus dem europäisch geprägten Zentrum fahren wir nun, wie immer mit Polizei und Wachmann, nach Alt-Kairo im Süden der Stadt. Zwischen den vielen Autos
im Straßenbetrieb, der chaotisch anmutet ("bei Grün muß man fahren, bei Rot darf man fahren, man fährt nicht rechts, nicht links, am besten in der Mitte"), sieht man nun auch Eselskarren und Pferdefuhrwerke, und der Dieselmief mischt sich in der staubigen Luft mit dem Geruch der
Tierexkremente. Von den Minaretten der vielen kleinen und großen Moscheen (400 soll es in der Stadt geben) rufen die Muezzins per Lautsprecher zum Gebet. Der Islam prägt Land und Menschen mit Selbstverständlichkeit. So
beginnt unser Reiseleiter jeden Morgen die Fahrt im Namen Allahs, und der freundliche Fahrer hat auf der Stirn eine deutlich sichtbare, münzgroße braune Keratose, die Gebetsschwiele.
Von den ca.
60 Millionen Ägyptern sind
etwa 90% Muslime. Der Rest sind koptische Christen. Die Kopten werden von der islamischen Mehrheit toleriert, und unter Präsident Mubarak gibt es einige koptische Minister.
Das Koptische Museum bei der U-Bahn-Station St. Georg befindet sich in einem arabischen Haus mit kunstvoll gearbeiteten Veranden (Mashrabie) und in den Boden eingelassenen Brunnen. Das Museum soll den weltweit besten Überblick zum Verständnis koptischer Kunst geben.
Es ist mit Originalteilen aus alten koptischen Kirchen und Häusern geschmückt und zeigt auch schöne Ikonen.
In der Nähe befindet sich die größte koptische Kirche Kairos, el-Moallaka, die "Hängende Kirche", auf den Resten einer römischen Festung erbaut, mit schönen Stuckarbeiten und Spitzbogenarkaden auf antiken Säulen.
Von den großen Kairoer Moscheen ist u.a. die Alabastermoschee des Mohamed Ali von 1830 außerhalb der Gebetszeiten für Touristen geöffnet. Sie imponiert vor allem durch ihre Lage auf dem Berg von Saladins Zitadelle
hoch über der Stadt.
Die Zitadelle wurde 1824 durch eine Pulverexplosion zerstört und nicht wieder aufgebaut. Freitags ist der Platz vor der Moschee bunt belebt mit kinderreichen Familien im Feiertagsstaat und mit vielen
Schülern und Schülerinnen auf Klassenausflug, die uns Fremde unbefangen auf Englisch befragen.
Die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Ägypter begleiten uns auf der ganzen Reise. Selten haben wir so viele Kinder und auch Erwachsene gesehen,
die dem Bus zuwinkten. Die verbreitete Armut hat die Menschen offenbar nicht mißmutig gemacht.
Es soll viele Obdachlose geben, und selbst die
Totenhäuser auf den Friedhöfen werden von Lebenden bewohnt.
Die meisten Wohnhäuser wirken wenig komfortabel. Viele Häuser bestehen aus Betongerippen, die mit unverputzten Lehmziegeln ausgefüllt sind Offenbar
wird "auf Zuwachs" gebaut, d.h., auf den Dächern spießen die Moniereisen nach oben für die nächste Etage - solange, bis Geld zum Weiterbauen vorhanden ist.
Es besteht jedoch Grund zur Hoffnung; denn das Land erlebt zur Zeit ein kleines "Wirtschaftswunder" und damit einen Bauboom.
"Mensch, Meier!"
Auffällig war, daß nirgendwo Bettler zu sehen sind.
Bei den
Sehenswürdigkeiten gibt es natürlich die Händler, die recht penetrant die zahllosen Kopien von Altertümern etc. anbieten oder etwas "verschenken", was Bakschisch einbringen soll. So bekamen wir bei den Pyramiden von Gizeh unversehens drei Amulette "geschenkt", für die die dann doch geforderte Summe wieder heruntergehandelt werden mußte.
Es ist amüsant, die Kameltreiber zu erleben, die einen ruck-zuck auf ihre Tiere heben, "Mensch, Meier" und "Hans, gib Gas" rufen, wenn sie Deutsche erkennen.
Offensichtlich ist die Freude über die Touristen, die sich nach der großen Flaute wieder ins Land gewagt haben. Da ist auch Schlitzohrigkeit verzeihlich, wenn z.
B. in Sakkara eine Busladung mit Trara in Kutschen, auf
Eseln und Kamelen zum Serapeum der Heiligen Stiere transportiert wird, das
- wie den Herren Dragomanen sicherlich bekannt - seit einiger Zeit geschlossen ist, oder wie bei einer Anubis-Figur, die sich ein Tourist mit goldenen Ohren wünscht, diese flugs vom "Bruder" nebenan mit Goldbronze
angemalt werden, die dann - leider - nicht schnell genug getrocknet ist und dem potentiellen Käufer dieser "Antiquität" an den Fingern klebt.
Bei den Pyramiden
Die 70 Pyramiden des alten Totenreichs am Westufer des Nils am Rande der Wüste liegen alle an einer Strecke von etwa 100 Kilometern, die meisten südlich von Kairo. Bei Sakkara, der alten Hauptstadt Memphis, ließ König
Djoser (um 2600 v.Chr.) als Erster auf einer Grundfläche von 121 x 109 m große, leicht nach innen geneigte Steinblöcke 62 m hoch als "Stufenpyramide" über seiner und den Grabkammern seiner Familie aufschichten.
Man kann das Innere der Pyramide nach Aufstieg von außen und
Abstieg im Inneren besichtigen, wenn man keine Neigung zur Klaustrophobie hat. Eindrucksvoller ist der Blick von oben auf 13 Pyramiden im Umkreis.
Auch jetzt, Ende Oktober, brennt die Sonne noch unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel, und man tut gut daran, sich wie die Beduinen mit einem Tuch gegen UV-Strahlung und Wüstensand zu schützen. Interessanter als das
Innere der Pyramide ist in Sakkara das aus Kalkstein erbaute Grab des Oberpriesters Ptah Hotep mit sehr gut erhaltenen Hochreliefs.
Außerordentlich lebendig wird das Leben des Grabherren und seines Gesindes dargestellt, Essen und Trinken, Musik und Tanz, das Leben auf dem Lande mit Haustieren, Vogelfang, Fischerei etc., etc.
Im etwas weiter südlich gelegenen Dashur ist ehemaliges militärisches Sperrgebiet (wovon es in Ägypten viele gibt) jetzt freigegeben, und man kann wieder die Knickpyramide des Snofru (um 2500 v.Chr.) und seine Rote Pyramide besuchen, deren Oberfläche noch weitgehend mit glattgeschliffenen Kalksteinen beschichtet ist, wie es ursprünglich bei allen Pyramiden war.
Der Knick der ersten Pyramide kam vermutlich durch
Konstruktionsschwierigkeiten zustande, und der Herrscher baute in den 24 Jahren seiner Regierung wahrscheinlich die zweite Grabstätte, um in einem perfekten Bauwerk bestattet zu werden.
Die bekannten Pyramiden von Gizeh oder Gisa und der Sphinx liegen nahe am Stadtrand von Kairo unweit des Flughafens. Hier gibt es schon wieder zahlreiche Touristenbusse, die immer noch viel zu nah an das Pyramidenfeld heranfahren, Bild- und Ton-Schau und regelmäßig Aida-Aufführungen vor dem Sphinx.
Die 137 m hohe Cheops-Pyramide (zwischen 2551 und 2528 v.Chr. aus
rd. 6 Millionen Tonnen behauener Steinblöcke erbaut) wird gerade mit neuer Klimatisierung ausgestattet, damit der Bau die feuchte Atemluft der Touristen in Zukunft besser "verkraften" kann. Es gibt jedoch Bestrebungen
der ägyptischen Regierung, den Besuch des Pyramideninneren als Simulation zu gestalten und die Besucher auf dieses Erlebnis zu beschränken, damit die
Bauwerke selbst besser für kommende Generationen erhalten bleiben.
Außer der fast gleich hohen Chefren-Pyramide und der kleineren Mykerinos-Pyramide stehen in der felsigen Wüstenlandschaft von Gizeh die kleinen Pyramiden der
Königinnen.
Recht gut erhalten sind die Tempel, die dem Opferdienst für die Seelen der verstorbenen Könige dienten, und man kann noch über den in den Felsen geschlagenen Weg schreiten, auf dem der Sarkophag vom tiefer
gelegenen Einbalsamierungstempel in den Opfertempel gebracht wurde.
Durch den 1971 fertiggestellten neuen Assuan-Staudamm ist der Pyramidenbezirk von Gizeh, besonders der Sphinx, durch steigendes Grundwasser gefährdet. Der Bau eines Umgehungskanals ist geplant, um Abhilfe zu schaffen.
Ein Boot für das Jenseits
Neben der Cheops-Pyramide ist in einem extra hierfür errichteten Bau eine archäologische Sensation ausgestellt. In den 50er Jahren wurden an der Südseite der Pyramide in einer länglichen, in den Felsen gehauenen Grube,
mit Quadersteinen bedeckt, sämtliche Teile eines aus libanesischem Zedernholz gefertigten Bootes gefunden, alle Planken gelocht, gekennzeichnet und nach dem Baukastensystem mit Tauen zusammensetzbar. Das
nun in der Halle aufgestellte Schiff ist 42 m lang und hat 10 Ruderplätze.
Es wurde nie benutzt, sondern sollte dem verstorbenen Herrscher die Fahrt über den Himmel ermöglichen.
Der Nil als natürliche Hauptverkehrsader Ägyptens hat die gewaltigen technischen Leistungen ermöglicht, deren Zeugnisse wir heute nach mehr als 4000 Jahren bestaunen. Bis hin zu großen seegängigen kombinierten Segel-
und Ruderschiffen gab es alle Arten von Wasserfahrzeugen zum Transport von Menschen und Waren.
Per Schiff zu den geretteten nubischen Tempeln
Nach einstündigem Flug nach Assuan und Fahrt über den 6 km breiten Staudamm führte auch uns der Nil in Gestalt des ca. 500 km langen und zwischen 5 und 35 km breiten Nasser-Stausees in viertägiger Fahrt nach Abu Simbel im
nubischen Süden Ägyptens. Das schmucke Hotelschiff "Kasr Ibrim" für 130 Passagiere hatte wohl nach langer Zeit wieder die erste größere Reisegruppe an Bord, und 60 Mann Besatzung waren für 40 Personen zu Diensten.
Das
Schiff führt zwei Motorboote mit, die uns bequem (und wieder mit Polizeischutz) zu den nubischen Tempeln brachten, die durch Umsetzen vor der Flutung des Stausees gerettet wurden.
Der von den Ptolemäern und Kaiser Augustus erbaute Kalabscha-Tempel wurde im Auftrag der deutschen Bundesregierung abgetragen, in 16 000 Steinblöcke
zerlegt und ca. 38 km nördlich von seinem ursprünglichen Standtort wieder aufgebaut. Als Dank erhielt Deutschland ein Tempeltor, das im Berliner Ägyptischen Museum zu besichtigen ist. Wie bei allen Tempeln, die wir noch
sehen werden, betritt man durch das Tor des kompakten, zweitürmigen Pylons die Säulenhalle, hier mit besonders schönen Kapitellen. Auf die Vorhalle folgen drei hintereinanderliegende Räume des Sanktuars, an dessen Rückwand Kaiser Augustus als Pharao dargestellt ist, der Göttin Isis und ihrem Sohn Horus opfernd.
So wußte sich der fremde Herrscher seinen Untertanen im fernen Nubien in ägyptisierender Manier darzustellen.
Nur 100 m entfernt wurde der ältere kleine Felsentempel von Bet-el-Wadi ebenfalls wiederaufgebaut. Pharao Ramses II., der seit 1290 v.Chr. 66 Jahre lang regierte, läßt sich hier in farblich gut erhaltenen Reliefs als Sieger über Nubier und Asiaten darstellen, die Feinde gleich bündelweise am Schopf packend - eine oft an seinen zahlreichen Bauwerken gezeigte Szene.
Auch unsere nächste Bootsfahrt geht zu einem Ramses-Tempel, dem von Abu Sebu mit
seiner Sphingen-Allee. Hier, im tiefen Nubien, wagte es der Pharao, sich als Gott darstellen zu lassen, was die mächtige Priesterschaft in der Hauptstadt nicht geduldet hätte.
Die gewaltigste Demonstration seiner Macht in Nubien ließ Ramses II. in Abu Simbel errichten. Die weltberühmten Fassaden des kleinen Hathor-Tempels für seine Lieblingsgemahlin Nefertari ("Schönste der Schönen") und des großen Amun-Heiligtums mit den vier sitzenden Kolossalstatuen des Königs in vier Lebensaltern wurden in einer 40 Millionen US$-Aktion der UNESCO um 64 m
höher und 180 m weiter ins Landesinnere versetzt. Die Sanktuare der beiden Tempel wurden in eine von der Essener Firma Hoch-Tief errichtete Betonhalle gesetzt.
Am ursprünglichen Standort erreichten die Strahlen der Sonne am 20. Februar und am 20. Oktober die Kultbilder der Hauptgötter Amun-Re, Re-Hachte und des als Gott dargestellten Ramses. Im nun höher gelegenen Tempel treffen die Sonnenstrahlen die Götterbilder einen Tag später in der Tiefe des Tempels.
Unser Schiff legte bei hohem Wasserstand des Stausees
vor dem Tempel an, der bis auf Tempelwächter und Fremdenpolizei einsam dalag. In der lauen Novembernacht die in warmen Gelb angestrahlten Fassaden zu sehen und dabei Musik von Orff und Verdi zu hören, das war fast schon die Reise wert.
Von Assuan nilabwärts
Vom kleinen Feldflughafen Abu Simbel ging es zurück nach Assuan, die Stadt der großen Granitsteinbrüche der alten Reiche. Ein Obelisk, der bei der Bearbeitung einen Riß bekam, liegt noch dort. Assuan, am 1. Nilkatarakt gelegen, ist am schönsten auf der Terrasse des Palastes der Könige Fouad und Faruk, jetzt Old Cataract Hotel, mit Blick auf die Nilinsel Elephantine, die Gräber der Gaufürsten und das Mausoleum von Aga Khan. Das neue Nubische Museum ist auch einen Besuch wert. Die frühere Privatinsel Lord Kitcheners - mit einer Feluka zu erreichen - bietet schattige
Spazierwege unter prächtigen Königspalmen in einem hauptsächlich der Baumflora gewidmeten Botanischen Garten.
Auf die Nilinsel Agilkia wurde das Tempelensemble der Insel Philae mgesetzt. Zwei Pylone begrenzen den imposanten Säulenhof des ptolemäischen Isisheiligtums, das später als koptische Kirche genutzt wurde, wobei viele
Reliefs dem Meißel zum Opfer fielen. Zwischen den Hieroglyphen finden sich nun, tief in den Sandstein eingegraben, die koptischen Kreuze.
Am Kai der Nilpromenade von Assuan liegen die Nilschiffe zu Fünfen neben einander, und man tut gut daran, sich das erste Schiff der Fünferreihe zu merken, die man passieren muß, um zur eigenen "Bleibe" zu gelangen.
Mit MS "Giselle", deren Motoren bis in die Kabinen hinein laut dröhnten, fuhren wir zunächst bis Kom Ombo. Der große Doppeltempel für den falkenköpfigen Gott Horus und den krokodilköpfigen Gott Sobek liegt auf der Höhe über einem weitgeschwungenen Nilbogen.
Die heiligen Krokodile kamen durch einen Kanal bis zu einem tiefen, rundgemauerten Becken, wo sie bis zu ihrem Tod bleiben mußten. Drei Krokdilmumien werden im Tempel gezeigt.
Interessant ist an der Tempelrückwand ein Relief mit der Darstellung damals verwendeter chirurgischer Instrumente.
Am nächsten Morgen stehen wir beim Dorf Edfu früh um fünf auf und fahren mit sehr klapprigen Kaleschen zwischen Pferdeäpfeln und Ziegenkötteln durch die staubigen Straßen des Dorfes, das - von wenigen Details abgesehen -
auch vor 200 Jahren so hätte aussehen können. Der riesige Horustempel aus dem Jahr 237 v.Chr.
lag bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Sand und Schutt unter der Siedlung, und auf seinen Pylonen wurden Häuser gebaut.
Jetzt steht die majestätische Anlage mit ihren langen, reliefverzierten Wänden - von einer dicken Mauer aus Nilschlammziegeln umgeben - in einer großen Grube unterhalb der ärmlichen Behausungen des heutigen Edfu. Im weiten, säulenumstandenen Hof wacht eine wunderbar erhaltene Horusskulptur vor den mächtigen Eingangstoren des Tempels.
Weiter geht die Schiffspassage durch die friedliche Nillandschaft auf dem schmalen Streifen fruchtbaren Landes, wo die Fellachen in weißen Galabheas
mit Wasserbüffeln wie in Urzeiten ihre Felder bestellen, im Hintergrund die kahlen Hügel der Wüste.
Am Ende unserer Nilfahrt erwartet uns der Höhepunkt der Reise: Luxor, das alte Theben, das um 1560 v.
Chr. anstelle von Memphis Hauptstadt von Unter- und Oberägypten wurde. Die saubere und elegante Stadt hat heute 160 000
Einwohner.
Theben umfaßte ein riesiges Gebiet von 25 qkm. Die Fülle der Tempel und Gräber, die hier bis heute überdauert haben, wäre allein eine Reise wert.
Mitten im bunten Treiben der heutigen Stadt steht der Luxor-Tempel.
Er ist besonders eindrucksvoll bei Nacht. Vor dem gewaltigen Pylon, den man sich flaggengeschmückt vorstellen muß, steht der 25 m hohe Obelisk aus rotem Granit, dessen Pendant seit 1836 die Place de la Concorde in Paris ziert.
Zwei imposante Säulenhöfe mit besonders schönen Papyrus- und Lotus-Säulen verbinden einen Säulengang mit bunten Szenen eines Opferfestes. Vom Luxor-Tempel aus ging eine 3 km lange Allee von Widdersphingen, von der im
Tempelbereich ein Teil erhalten ist, als Prozessionsweg zu der riesigen Tempelanlage von Karnak. Allein der große Säulensaal, der im Altertum zu den sieben Weltwundern gezählt wurde, nimmt mit einer Grundfläche von 5356
qm fast die Fläche des Kölner Doms ein. 134 Sandsteinsäulen in 16 Reihen haben das Dach aus Steingitterplatten getragen.
Die mittleren Säulen sind
24 m hoch! Man wandert durch elf Tempel, zwischen gewaltigen Säulen und über und über reliefverzierten Wänden, vorbei an Obelisken, Widdersphingen
und zahlreichen Statuen bis zum Heiligen See. Es ist aussichtslos, diese Eindrücke mit einem Fotoapparat adäquat festhalten zu wollen.
Das Tal der Könige
Mit einer Fahrt über den Nil und den Strom entlang befinden wir uns auf den Spuren der Prozessionen, die die verstorbenen Pharaonen und Würdenträger auf ihrer Reise in das Reich der Toten zum Westufer des Flusses begleiteten. In der absolut kahlen Bergwüste liegt das Tal der Könige am Ende eines langen Trockenwadis. Man betritt es heute zwischen Wachtürmen, deren Posten - wie vielerorts - Kalaschnikows mit aufgepflanzten Bajonetten
tragen.
In viereinhalb Jahrhunderten sind 65 Pharaonen hier in verborgenen Felsengräbern bestattet worden.
Wir besuchten das Grab von Ramses IX. Über eine lange, nach unten führende Treppe zwischen getünchten, reich bemalten
Wänden gelangt man in die geräumige Grabkammer. Über dem Granitsarkophag wölbt sich an der blau gemalten, sternübersäten Decke die Gestalt der Himmelsgöttin Nut, die am Abend die Sonne verschluckt und am Morgen wieder
gebiert.
Auf der anderen Bergseite liegt die eigenwilligste Tempelanlage Ägyptens, der Totentempel der Königin Hatschepsut, die um 1490 bis 1470 v.Chr. für ihren unmündigen Stiefsohn Thutmosis III.
erfolgreich das Land regierte.
Breite Säulenhallen stehen in zwei Etagen vor dem Sanktuar, das in den Felsen gehauen wurde. Die weichen Züge der Pharaonin, mit Götterbart als Osiris dargestellt, zieren die Pfeiler der Gebetshalle. Hatschepsut wurde
wahrscheinlich durch ihren Stiefsohn ermordet. Wir Heutigen erinnern uns an dieser Stelle an die Ermordung von 68 Menschen durch moslemische Fundamentalisten im November 1997.
Wir verlassen das Totenreich Theben - West bei seinen beiden Wächtern, den ehemals 21 m hohen Memnonskolossen.
Noch eine letzte Fotopause, dann geht
es mit dem blauen Misr-Travel-Bus zum Flughafen Luxor in die Maschine nach Kairo - mit der Möglichkeit des Heimflugs am nächsten Morgen oder der Teilnahme an einer Sieben-Stunden-Busfahrt durch die Bergwüste der
Halbinsel Sinai zum griechisch-orthodoxen Katharinenkloster am Berg Horeb.
Sankt Katharinen
Das Katharinenkloster wurde der Sage nach über dem Platz erbaut, wo Moses am brennenden Dornbusch von Gott die Zehn Gebote empfing. Das Kloster ist das kleinste Erzbistum der Welt und birgt in seinen hohen Mauern auch eine Moschee. Die mit wunderschönen Ikonen ausgestattete Kirche wird heute von 20 Mönchen und fünf Novizen betreut. Sie lassen Touristen nach Gutdünken
ein oder nicht ein. Im vom Klosterhof aus betretbaren Beinhaus neben einem üppig grünenden "Ableger" des Dornbuschs (eine der Himbeere ähnelnde Rosaceae) liegen Hunderte von Schädeln und Gebeinen aus langen Zeiten
mönchischen Lebens in dieser entlegenen Felsenschlucht, bewacht vom stehenden, talarbekleideten Skelett eines Abtes.
Tapfere Reiseteilnehmer stehen am nächsten Morgen um 2.00 Uhr auf und besteigen in der Dunkelheit zu Fuß oder den ersten Teil der Strecke auf einem Kamel reitend den "Berg Moses", um dort den Sonnenaufgang zu erleben.
Alle erholen sich zum Schluß an den langen Sandstränden beim Taucherparadies Sharm-el-Sheikh und genießen das überaus klare, auch im November noch warme Wasser des Roten Meeres und die Sonne am täglich wolkenlosen, blaßblauen Himmel.
+: Lebendig geschriebener Bericht über eine Reise, zahlreiche Eindrücke über Ägypten vermittelnd.
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