Eu-gipfel nizza - die entscheidungen - jan johannsen
EU-Gipfel Nizza – Die Entscheidungen - Jan Johannsen Es war der längste und am härtesten umfochtene EU-Gipfel aller Zeiten. Gerhard Schröder äußerte sich zufrieden, musste aber einräumen, dass sich Deutschland mehr gewünscht hätte.
Wegen der Neugewichtung der Stimmen im Ministerrat stand der Gipfel mehrmals am Rand des Scheiterns.
Nun die wichtigsten Entscheidungen des Gipfels:
Erweiterung: Die EU will ab 2002 neue Mitglieder aufnehmen, wenn diese vorbereitet sind. Mit den ersten Aufnahmen rechnet man in 3 Jahren, damit die neuen Mitgliedstaaten an den Wahlen zum Europaparlament im Jahre 2004 teilnehmen können. Konkrete Kandidaten nennt die EU nicht.
Mehrheitsentscheidungen im EU-Ministerrat: Bisher mussten Beschlüsse immer einstimmig entschieden werden. Künftig können 35 von 74 Artikeln mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen werden, dass heißt mit 245 von 346 Stimmen oder 71%. In zentralen Bereichen bleibt das Veto-Recht jedoch bestehen.
Stimmengewichtung:
Mitgliedsländer: Deutschland 29 Stimmen 82 Mil. Einw.
Großbritannien 29 Stimmen 59 Mil.
Einw.
Frankreich 29 Stimmen 59 Mil. Einw.
Italien 29 Stimmen 57 Mil. Einw.
Spanien 27 Stimmen 39 Mil.
Einw.
BeNeLux ges. 29 Stimmen 27 Mil. Einw.
Darunter NL: 13 St. Be: 12 St.
Lux: 4 St.
Unter anderen
Österreich 10 Stimmen 08 Mil. Einw.
Dänemark 07 Stimmen 05 Mil. Einw.
Beitrittskandidaten: z.
B.
Polen 27 Stimmen 38 Mil. Einw.
Tschechien 12 Stimmen 10 Mil. Einw.
EU-Kommission: Die großen Staaten verzichten auf ihren zweiten Kommissar, deshalb hat ab 2005 jedes Land nur noch einen Kommissar, und es wird kein Austauschsystem geben!
Weitere Beschlüsse:
Verstärkte Zusammenarbeit: Das Verfahren für eine stärkere Zusammenarbeit einer Gruppe von EU-Ländern wurde vereinfacht.
Ein solches Zusammenarbeiten ist z.B. die Währungsunion.
BSE: Zur Bekämpfung der Rinderseuche BSE wird die EU keine zusätzlichen Mittel bereitstellen und beruft sich auf ihren Haushaltsplan.
Grundrechtcharta: Diese nicht rechtsverbindliche Charta regelt die Grundrechte von EU-Bürgen und könnte ein Vorläufer einer europäischen Verfassung sein.
Militärpolitik: Der EU-Gipfel legte ein Fundament für eine eigene Militärpolitik, äußerte sich aber nicht zum Verhältnis zur NATO.
Geplant ist eine Kriseneingreiftruppe aus nationalen Kontingenten bis 2003.
Diese Beschlüsse, vor allen Dingen die Stimmengewichtung, bevorteilt ganz klar die kleinen Staaten. Deutschland wurde in der Stimmengewichtung benachteiligt. Zwar hat Deutschland über 20 Mil. Einwohner mehr als Frankreich, Großbritannien oder Italien, doch hat es die gleiche Gewichtung. Auf dieses bestand Frankreich, damit Deutschland keine Vormachtstellung in Europa erhält.
Eine Einigung wurde lange Zeit von Belgien blockiert, da die mit EU-Mit-Gründerstaaten Belgien, Niederlande und Luxemburg weniger Stimmen erhalten hätten, als ein großes Land. Dies wurde jedoch angeglichen (s.o.).
Noch enttäuschender als die Ergebnisse selbst, ist der Weg auf die sie zustande gekommen sind! Europäische Standpunkte kamen nicht zur Geltung, es wurde nur auf nationale Interessen geachtet. Die Regierungen, dabei besonders die französische Präsidentschaft, eröffnete einen Konflikt der großen Staaten gegenüber den Kleinen, aber auch die Mitgliedsstaaten gegen die Beitrittskandidaten.
Es wurde, anstatt nach Lösungswegen, nach Blockademöglichkeiten (Veto-Recht) gesucht und nationales Prestige war für etliche Entscheidungen verantwortlich. Sollte sich dieser Zustand erweitern, so ist die EU keine Intregrationsgemeinschft mehr.
Die Beschlüsse seinen aber noch nicht sicher! Dem Vertrag von Nizza, der den Weg für die EU-Erweiterung ebnen soll, muss noch in den Parlamenten aller 15 Mitgliedstaaten zugestimmt werden; sonst müsste neu verhandelt werden!
Die einflussreiche Europa-Union Deutschland, also EU- und Bundestagsabgeordnete aus SPD, CDU/CSU, FDP und Grünen hat das Europa-Parlament dazu aufgefordert, den Beschluss nicht zu unterstützen. Dimitrios Tsatsos, Vertreter des EU-Parlaments auf dem Gipfel in Nizza, glaubt, dass es eine Mehrheit gegen den Vertrag geben wird. Die Parlamente in Belgien und Italien wollen sich am Ergebnis des EU-Parlaments orientieren. Scheitert der Vertrag von Nizza?
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