Manufacturing belt
Erklären Sie den gegenwärtigen Bedeutungsverlust des Manufacturing Belt und ziehen Sie Vergleiche zum Ruhrgebiet. Betrachtet man Statistiken über die Anzahl der Industriearbeitskräfte im Manufacturing Belt, so fällt auf, dass die Anzahl der Arbeitsplätze gerade im Bereich östlich der Großen Seen im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte stark abgenommen hat. Vor dem Hintergrund, dass der sogenannte Manufacturing Belt das größte Industriegebiet der Welt ist und seine Ursprünge schon mehr als 100 Jahre zurückliegen sieht das ein bisschen seltsam aus. Wie kann es also zu diesem plötzlichen Umschwung gekommen sein?
Dazu möchte ich zunächst auf die Formen der Industrie im Manufacturing Belt eingehen.
Angesichts der Tatsache, dass sich in den nahegelegenen Appalachen sehr große Kohlevorkommen befinden, war der Standort westlich des Gebirges ideal für die Ansiedlung von Industrie geschaffen. Weiterhin gab es dort viele Arbeitskräfte, eine gute Infrastruktur und das Gelände am Fuße der Berge war gut für eine Industrieansiedlung geeignet.
Im Zentrum dieses prosperierenden Wirtschaftsraumes lag die Stadt Pittsburgh, die das zu verarbeitende Eisenerz vor allem aus Gebieten nordwestlich der Großen Seen bezog.
Heute findet man in der Stadt Pittsburgh kaum noch stahlerzeugende Industrien. Betrachtet man dazu die Karte über Bodenschatzvorkommen, so fällt auf, dass sowohl Kohle als auch das Eisenerz in Minnesota nach wie vor reichlich vorhanden sind. Also kann der Wegzug der Industrie nicht mit der Rohstoffsituation zusammenhängen. Auch die Infrastruktur bestehend aus Wasser- und Schienenwegen sowie Straßen hat sich nicht verändert.
Was sich jedoch im Laufe der Zeit verändert hat ist der Markt und die Konsumgewohnheiten der Menschen.
Außerdem haben sich auch die Produktionsverfahren an sich geändert. Auf diesem Gebiet ist also nach der Ursache zu suchen.
Früher war es so, dass man 3 t Kohle benötigte, um aus 1 t Eisenerz 1 t Stahl zu erzeugen. Daher wurden die Stahlstandorte "auf der Kohle" angelegt. Dies änderte sich jedoch durch bessere Maschinen und Produktionsverfahren, sodass man jetzt nicht einmal mehr eine Tonne Kohle benötigt, um 1 t Stahl zu erzeugen. Deshalb kann man jetzt die Industriestandorte zum Eisenerz hin verlagern.
So geschehen auch im Manufacturing Belt. Der Standort Pittsburgh verlor an Bedeutung, weil die Schwerindustrie direkt an die Großen Seen oder nach Minnesota, wo das Eisenerz gewonnen wird, verlagert wurden. Dabei spielt außerdem noch eine Rolle, dass sich im Bereich der Großen Seen (Detroit, Chicago) die größten Autohersteller der Welt angesiedelt haben und daher dort eine erhebliche Nachfrage an Stahl besteht. Es hat sich also auch die Nachfrage des Marktes von den früheren Standorten wegbewegt.
Dazu kommt noch, dass auch an ganz anderen Stellen wie z. B.
Wyoming oder Utah Rohstoffe gefunden wurden, die als Grundlage für die Schwerindustrie dienen. Also entstanden dort, außerhalb des Manufacturing Belt, neue Standorte.
Ein anderer wichtiger Grund dafür, dass sich die Bedeutung des Manufacturing Belt verringert hat ist auch, dass die Stahlindustrie an sich gegen andere Industriezweige an Bedeutung verloren hat. Dabei wären vor allem die Elektroindustrie und Computerindustrie zu nennen, die Californien ein starkes Wirtschaftswachstum beschert haben. Aber auch bei der Luft- und Raumfahrttechnik läßt sich ein überdurchschnittliches Wachstum feststellen. Dies kurbelte vor allem die Wirtschaft von Texas an.
Auch im Ruhrgebiet läßt sich ein starker Verlust an Wirtschaftskraft im Zweig der Schwerindustrie feststellen. Dieser hat jedoch im wesentlichen andere Gründe als der im Manufacturing Belt.
Es läßt sich zwar auch für das Ruhrgebiet sagen, dass sich die Hauptwirtschaftsleistung in andere Bereiche verlagert hat (besonders Elektroindustrie). Andererseits ist aber der deutsche Stahl so teuer geworden, dass man bereits Schwierigkeiten hat, die Erzeugnisse abzusetzen.
Weiterhin hat sich im Ruhrgebiet die Rohstoffsituation zum Ungunsten verändert. Früher konnte man im Süden die Kohle teilweise sogar in großen Menge und einfach im Tagebau abbauen.
Dies war sehr einfach und kostengünstig. Bald waren diese Lagerstätten jedoch erschöpft. Man musste Lager weiter im Norden ausbeuten. Diese waren jedoch tiefer gelegen und nicht mehr so ergiebig. So wanderte der Kohleabbau im Laufe der Jahre immer weiter nordwärts und verteuerte sich dabei. Das Problem des Ruhrgebiets heute ist also, dass nur noch sehr wenig Rohstoffe zur Verfügung stehen, und das die Produktion zu teuer geworden ist, um prosperieren zu können.
Andere Länder können den Stahl viel günstiger auf den Weltmarkt bringen.
© Lars Gerhardts
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