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  Japan - div. allgemeine informationen

Japan - big-scale versus small-scale   Kursarbeit   Die moderne japanische Stadt ist durch das Gegenüber von sehr großen und sehr kleinen Strukturen gekennzeichnet, das zu einem Patchwork von ganz unterschiedlichen Vierteln führt.   Einerseits gibt es die großen, technisch hochentwickelten Geschäfts-, Einkaufs- und Verwaltungsgegenden wie Shinjuku oder Ebisu in Tokio, die bewußt geplant und architektonisch gestaltet sind. Das moderne Japan mit seiner global agierenden Wirtschaft zeigt sich hier in breiten, baumbestandenen Straßen, weiten öffentlichen Plätzen, Fußgängerbrücken, gepflegten Grünflächen und städtischem Mobiliar. Die Entwicklung dieser Gegenden, die an die wichtigen Infrastrukturlinien und besonders Tokios Eisenbahnring, die "Yamanote"-Linie angeschlossen sind, ist seit langem ein Hauptanliegen von zentral geplanten Regierungsprogrammen, Stadtentwicklungsplänen und architektonischen Entwürfen. Ebenfalls an der "Yamanote"-Linie liegen die quirligen Einkaufsgegenden Shibuya und Ikebukuro, die aus dem Wettbewerb privater Investoren entstanden sind. Architektonische Vielfalt, das Gewirr von Reklameschildern und Bildschirmen sowie die Mischung von Gebäuden unterschiedlichster Dimensionen und Typologie lassen oft vergessen, daß es sich auch hier um überregionale Zentren mit großflächigem Grundbesitz handelt.

  Andererseits finden sich zwischen und neben diesen Zentren traditionelle Nachbarschaften: niedrige, oft hölzerne Einfamilienbauten oder kleine Mietshäuser mit winzigen Gärten reihen sich an engen, verschlungenen Wegen. Das Straßenbild wird durch Topfpflanzen und Blumen, überirdische elektrische Leitungen und Pfeiler bestimmt. Schulen und Kindergärten sind häufig zu Fuß oder Fahrrad zu erreichen. Im Mittelpunkt der kleinen Wohngebiete finden sich meist Einkaufsstraßen mit kleinen Läden und Restaurants sowie vereinzelten Werkstätten wie etwa Tatami- oder Tofu-Herstellern. Convenience stores ergänzen das Angebot. Lokale Polizeistationen, sogenannte koban, tragen zur öffentlichen Sicherheit bei, und die dort tätigen Beamten sind wichtige Helfer bei der Orientierung im Straßengewirr japanischer Städte.

Nicht so sehr die bauliche Gestaltung, sondern die traditionellen Nachbarschaftsorganisationen und das soziale Netzwerk prägen den Charakter dieser Gegenden.   Die offensichtliche Kluft zwischen diesen beiden Ausprägungen der Stadt hinsichtlich ihrer Modernisierung und ihres Standards ist das Ergebnis der Prioritäten, die von der japanischen Regierung über viele Jahrzehnte gesetzt wurden. Industrialisierung und wirtschaftliche Entwicklung, der Bau von nationalen Infrastrukturen und Geschäftszentren sowie die Gestaltung der Hauptstadt als politisches und wirtschaftliches Zentrum waren die wesentlichen Ziele der Regierung. Die städtebauliche und architektonische Gestaltung der traditionellen Nachbarschaften wurde lange Zeit vernachlässigt.     Zur Gestalt der japanischen Stadt   Die Struktur der japanischen Stadt unterscheidet sich wesentlich von Städten im Westen. Während die westliche Stadt auf einer linearen Struktur basiert, die in einem durchgehenden Straßennetz ihren Ausdruck findet, ist die japanische Stadt durch unabhängige Bereiche definiert, die sich wie ein Flickenteppich ergänzen.

Dieser strukturelle Unterschied spiegelt sich auch auf anderen Ebenen wider: beispielsweise in Schriftform, Texten und Kartierungen oder auch der Gestaltung von Zeitungen und Magazinen. Wie Barry Shelton in seinem Buch "Learning from the Japanese City" ausführt, bauen Schriften in der westlichen Kultur auf dem Alphabet auf, mit dem einzelne, für sich genommen bedeutungslose Buchstaben linear zu Wörtern und Sätzen zusammengesetzt werden. Die japanische Schrift hingegen setzt sich aus autonomen, ursprünglich aus dem Chinesischen stammenden Zeichen zusammen. Diese Zeichen, sogenannte kanji, haben für sich selbst stehend schon eine eigene Bedeutung und können mit den zwei anderen japanischen Schriften und auch westlichen Buchstaben in einer vergleichsweise freien Art kombiniert werden.   Die Verschiedenheit der japanischen und der westlichen Stadt fußt auch auf einem Unterschied der Religionen. Im japanischen Shinto-Glauben, der seit Jahrhunderten mit dem Buddhismus koexistiert, gibt es eine Vielzahl von Göttern und Orten religiöser Bedeutung.

Diese Struktur findet sich auch in der nicht-hierarchischen Organisation und patchworkartigen Anlage der japanischen Stadt wieder. Die westliche Stadt hingegen ist durch den monotheistischen Hintergrund der westlichen Religionen charakterisiert.     Modernisierung der japanischen Stadt   In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden die japanischen Bemühungen, es den westlichen Industrieländern gleichzutun, auch in architektonischen und städtebaulichen Formen Ausdruck. Die Einführung des Berufsfeldes Architekt und die Idee der modernen Stadt mußten erst einmal Eingang in das japanische Denken finden. Um westliche Ideen der Stadt zu beschreiben, wurde in der frühen Meiji-Zeit das Wort toshi (Stadt) geprägt.


Erst 1919 anläßlich seiner Verwendung im Stadtplanungsgesetz wurde der Begriff toshi offizieller Bestandteil der Verwaltungssprache. Gleichzeitig entwickelte sich toshi keikaku (Stadtplanung) zu einem Synonym für die zentral gesteuerte, großräumige Planung von Expertenhand, die sich in erster Linie auf die Gestaltung der Infrastruktur und der sogenannten städtischen "Hardware" konzentrierte.   Lebensumfeld und Referenz für die Bevölkerung ist jedoch weniger die Stadt als baulich definiertes Ensemble, sondern vielmehr die Nachbarschaft als soziale Einheit. Der Begriff machi (oder chô) besitzt - im Gegensatz zu toshi - eine lange Geschichte. Die Begriffe machi und chô wurden über die Jahrhunderte mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet: Sie stehen für eine spezialisierte Stadt - etwa eine Poststation oder eine Tempelstadt - ebenso wie für einen städtischen Bezirk oder eine Nachbarschaft. Diese Einheiten besaßen eine gewissen Autonomie.

Ihre Form hat sich über die Jahrhunderte gewandelt, vielfach bestanden sie jedoch aus zwei gegenüberliegenden Straßenfronten, die durch Tore begrenzt waren. Die dazwischenliegende Straße fungierte als nachbarschaftliches "Wohnzimmer". Im Unterschied zu europäischen oder amerikanischen Städten sind Straßen in Japan auch heute nur im Ausnahmefall Teil einer durchgehenden Infrastruktur.   Die Anlage der Stadt in großmaßstäbliche und kleinteilige Bereiche, wie sie in dem Begriffspaar für Stadt - toshi und machi - ausgedrückt wird, fand sich bereits in der Struktur von Edo, wie Tokio vor der Meiji-Restauration von 1868 hieß. Edo bestand aus unterschiedlichen Bezirken, zum einen aus den Bereichen für die Aristokratie der Militärkaste auf den hochgelegenen yamanote-Gebieten (Oberstadt) und zum anderen aus den kleinteilig parzellierten shitamachi-Wohnvierteln (Unterstadt) der Stadtbevölkerung in den tiefer gelegenen Bereichen. Diese städtische Gliederung bot nach der Meiji-Restauration den Ausgangspunkt für die Modernisierung Japans.

Mit der Entmachtung der Militärkaste gingen große Teile ihres Landbesitzes in den Besitz der Meiji-Regierung über. Diese ausgedehnten Flächen boten Platz für neue Funktionen und Großbauten, die mit der Modernisierung des Landes notwendig wurden, für Ministerien und andere Verwaltungen ebenso wie für neue Industrien und Infrastrukturen.   Trotz großflächiger Zerstörungen durch das Kanto-Erdbeben von 1923 und den Zweiten Weltkrieg blieb die grundlegende Struktur von Tokio erhalten. Visionen für großräumige Umstrukturierungen bestanden zwar, konnten aber nicht durchgesetzt werden. Obwohl 1945 die hölzernen Bauten weitgehend abgebrannt waren und nur noch die Schlote der öffentlichen Bäder und die Umgrenzungsmauern der Grundstücke standen, folgte der Wiederaufbau in der alten Kleinteiligkeit. Ursachen dafür waren sowohl der Wohnungsmangel und die Notwendigkeit eines schnellen Wiederaufbaus, als auch der extrem kleinteilige Grundbesitz und die Vielzahl von Landrechten, die oft an eine Parzelle gebunden waren und eine Enteignung erschwerten.

  Als zentrales Instrument der Stadtplanung entwickelte sich daher die japanische Form der Landumlegung (kukakuseiri). Die Parzellen in einem Gebiet werden dabei so verschoben und geformt, daß durch Landabgaben Straßen und öffentliche Flächen sowie Baugrundstücke von angemessenem Zuschnitt geschaffen werden. Dieses Verfahren verzichtet auf kostspielige, großflächige Enteignungen und ist daher für die japanische Kultur des privaten Grundbesitzes besonders geeignet. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem japanischen Vorgehen und den Stadtumgestaltungen nach dem Haussmann'schen Vorbild liegt in der Gestaltung der an die Straße grenzenden Grundstücke. Im Unterschied zu den Pariser Boulevards wurden die Straßenrandparzellen in Tokio selten zusammengelegt, und anstelle von Appartementhäusern entstanden am Rand der neuen Tokioter Boulevards die sogenannten "Pencil Buildings", zeitgemäße hohe Gebäude auf schmalen Grundstücken. Nach der Aufhebung der Bauhöhenbegrenzung von 31 Metern im Jahre 1963 sind viele dieser Bauten weiter gewachsen: Wenn die Geschoßflächenzahl es erlaubt, recken sich 10- bis 15-geschossige Gebäude in den Himmel, deren Fassaden oft nicht breiter als die obligatorischen Feuertreppen sind.

  Der Wirtschaftsboom der sechziger Jahre verstärkte die Verstädterung und Verdichtung in Tokio und anderen japanischen Städten. Neue Flächen mußten für den Bau großer Infrastrukturmaßnahmen, wie z.B. für die Stadtautobahnen, gefunden werden. Da Enteignungen meist zu kostspielig und langwierig waren, wurden die Autobahnen über die Kanäle der ehemals wasserreichen Stadt Tokio gebaut: Die neuen Stadtautobahnen ersetzten somit die alten Wasserwege durch neue Verkehrsstraßen, ohne aber grundlegend in den Grundriß der Stadt einzugreifen.   Auch die Ausbreitung der Stadt jenseits der yamanote-Gebiete führte nicht zu großflächigen Projekten.

Die vormals landwirtschaftlich genutzten, großen Flächen wurden von privaten Investoren aus Spekulationsgründen so kleinteilig wie möglich unterteilt. Schmale Wege, oft nur 2,50 Meter breit, erschlossen die Blockinnenbereiche, auf denen einfache Holzbauten erstellt wurden. Die Modernisierung der japanischen Stadt konzentrierte sich auf Gebiete, die für Industrialisierung und wirtschaftliche Entwicklung von Bedeutung waren. Großflächige Umgestaltungen zum Bau überregionaler Infrastrukturen, von Bahnhofsplätzen, Geschäfts- oder Einkaufszentren fanden daher nur an gesamtstädtisch bedeutenden Stellen statt. Die Erneuerung der traditionellen Nachbarschaften mit ihren winzigen Häusern wurde dabei zurückgestellt. Dennoch bildet die Nachbarschaft nach wie vor den Hintergrund für das Wohnen in der japanischen Stadt, deren unendliches Häusermeer sich als weltgrößte urbane Agglomeration von Tokio über Osaka bis Kobe nahtlos ausdehnt.

    Kobe - Wiederaufbau einer japanischen Stadt   Anhand der Planungen für den Wiederaufbau von Kobe läßt sich das Nebeneinander von großmaßstäblichen und kleinteiligen Planungen beobachten. 1995 zerstörte das Hanshin-Awaji Erdbeben große Teile der Stadt. Die umgestürzten Autobahnen und beschädigten Hochhäuser erregten zwar starkes öffentliches Interesse. Es waren jedoch besonders alte Holzhäuser in den Mischgebieten, die dem Erdbeben und dem darauf folgenden Feuer zum Opfer gefallen waren. Die Stadt reagierte auf diese Zerstörungen zunächst einmal mit großangelegten Interventionen. In sechs besonders betroffenen Gebieten, insgesamt 233 Hektar, wurde der Wiederaufbau für zwei Monate untersagt, um großflächige Landumlegungs- und Stadterneuerungsprojekte vorzubereiten.

In den vergangenen Jahrzehnten zeichnete sich Stadtplanung in der Hafenstadt Kobe sowohl durch gigantische Landgewinnungs- und Stadtneugründungsprojekte als auch durch kleinteilige Initiativen zur Nachbarschaftsgestaltung aus. Die beiden konträren Herangehensweisen bestimmten den Wiederaufbau.   In Anlehnung an den im Januar 1995, nur Tage vor dem Erdbeben, fertiggestellten Masterplan wurden zwei neue Subzentren ausgewiesen. Nach dem Erdbeben wurde in Shin-Nagata, einem der neuen Subzentren, ein Gebiet von 20,1 Hektar für großmaßstäbliche Stadterneuerung ausgewiesen. Das gesamte ausgewählte Gebiet wurde aufgekauft oder enteignet und nach Prinzipien von Funktionalität und Sicherheit neu geplant. Diese konzentrierte Nutzung des Raumes erlaubt den Bau von Hochhäusern und neuen Straßen und regelt die Anlage von Parks und öffentlichen Einrichtungen.

Die früheren Besitzer erhalten im Gegenzug ein Vorkaufs- oder Vormietrecht. Reserveflächen werden geschaffen, durch deren Verkauf das Projekt finanziert wird. Das Erscheinungsbild sowie die soziale Struktur in diesem Gebiet werden dabei stark verändert.    Re-orientierung zum Straßenraum   In direkter Nähe zu den großmaßstäblichen Eingriffen in die Stadtstruktur finden sich Projekte, die um die Erhaltung der traditionellen Nachbarschaft und ihrer Sozialstruktur bemüht sind. Private Initiativen zur Erhaltung der kleinteiligen Struktur hat es bereits seit den sechziger Jahren gegeben. Auch von seiten der stadtplanerischen Gesetzgebung hat die Nachbarschaftsgestaltung (machizukuri) Unterstützung erhalten: In den achtziger Jahren wurden Distriktpläne eingeführt, die eine Stadtplanung auf der Mikroebene erlauben und sich besonders zur Steuerung des machizukuri anbieten.

  Ein Beispiel für Nachbarschaftsgestaltung in einem erdbebengeschädigten Gebiet in Kobe, in dem staatliche Förderprogramme auf freiwilliger Basis zur Anwendung kommen, ist das Viertel Noda-Hokubu. Ein wesentliches Thema der Pläne ist der Versuch, fließende Übergänge zwischen öffentlicher und privater Nutzung zu schaffen, mit dem Ziel, einen halb-öffentlichen Raum zurückzugewinnen, den es traditionell in Japan gab. Im Japan der Edo-Zeit waren Straßenerweiterungen durch Freihaltung von Teilen privater Grundstücke üblich. Tokios Ginza zum Beispiel besaß Sonnenblenden, die 90 Zentimeter in den öffentlichen Raum vorspringen durften, wenn das Gebäude selbst um die gleiche Zahl zurückgesetzt war. Im Gebiet von Osaka war es eine traditionelle Regel, die üblichen Reihenhäuser mit einem Rücksprung von 50 Zentimetern auf dem privaten Gelände zu errichten und somit die Straße praktisch zu verbreitern.   In den zerstörten Gebieten von Kobe ist ein Wiederaufbau nur möglich, wenn die bestehenden Straßen erweitert werden, da nach dem japanischen Baugesetz neue Häuser nur an Straßen mit einer Mindestbreite von vier Metern errichtet werden können.

Straßenerweiterung bedeutet jedoch meist eine Verkleinerung der Grundstücke, was dazu führt, daß die Umgebungsmauern oft nur 50 Zentimeter von der Gebäudewand entfernt sind. Der dazwischen liegende Raum ist kaum nutzbar. Die Erdgeschoßräume sind dunkel, und von der Straße einsehbare Fenster sind oft den ganzen Tag durch Fensterläden verschlossen. Viele Neubauten der letzten Zeit reagieren auf diese Einschränkungen mit einer neuen Funktionsverteilung: die Schlafräume sind im dunklen Erdgeschoß untergebracht, die Küche und die Wohnräume im ersten Geschoß. Für die Belebung des Straßenraums ist dadurch wenig erreicht. Um dies zu vermeiden, schlagen Kritiker seit langem andere städtebauliche Verfahren vor.

  So werden etwa das Zurücksetzen bzw. Einreißen der Gartenmauer oder eine Begrünung des Vorgartens finanziell gefördert. Der Verzicht auf Mauern oder Tore in einem 50 Zentimeter breiten Streifen auf privatem Land entlang der Straße kann mit einer Erhöhung der Flächennutzungszahl belohnt werden. Auch können die Gebäude ab einer Höhe von 2,50 Meter auskragen und so mehr Fläche gewinnen. Verschönerung der Stadt bedeutet hier zunächst einmal die Verbindung von privatem und öffentlichem Raum und betrifft nicht das Erscheinungsbild des Gebäudes.   Interesse an diesem Programm haben vorwiegend Bauherren, die auf eine Erhöhung der Flächennutzungszahl angewiesen sind.

Diese Zahl ist jedoch relativ gering, bis 1998 waren es gerade einmal 28 Maßnahmen im Noda-Hokubu Gebiet. Die Initiatoren versprechen sich jedoch eine werbende Wirkung von diesen Unternehmungen. Straßenerweiterung soll erreicht werden, ohne nachbarschaftliche Zusammenhänge zu zerstören und ohne das horizontale Stadtbild aufzugeben.   Der Wiederaufbau von Kobe ist durch ein Patchwork von unterschiedlichen Planungskonzepten charakterisiert. Großflächige Stadterneuerungs- oder Landumlegungsprojekte grenzen übergangslos an Gebiete, in denen die kleinteilige horizontale Struktur durch individuell gestaltete Distriktpläne geformt wird. Einen übergreifenden Plan, der diese verschiedenen Ansätze zusammenhält, gibt es nicht.

Der Flickenteppich der japanischen Stadt wird also auch in den jüngsten Konzepten fortgesetzt. Dies ist Resultat einer stadtplanerischen Vorgehensweise, bei der die Art des Wiederaufbaus von Gebieten bestimmt wurde, bevor ein zusammenhängender Plan festlag. Die großflächige Stadtplanung und die kleinräumige Nachbarschaftsgestaltung werden nur durch funktionale Kriterien zusammengehalten. Dieses Vorgehen ist ein Charakteristikum der japanischen Stadt und Kultur, die sich auf Elemente und nicht deren Verbindung konzentriert.   Carola Hein ist Architektur-und Stadthistorikerin. Sie forschte an der Tokyo Metropolitan University und an der Kogakuin University (1995-1999).

Derzeit ist sie Assistant Professor im "Growth and Structure of Cities Program" am Bryn Mawr College (USA).                 Hier ist ein schneller Führer für den Besucher der riesigen, verwirrenden Metropole Tokio. Man könnte sagen, dass alle Straßen nach Nihonbashi führen, da alle Entfernungen von und nach Tokio von hier aus gemessen werden. Die Nihonbashi (wörtlich übersetzt "Japan Brücke") ist Jahrhunderte alt, wobei die momentane Konstruktion im westlichen Stil aus der Meiji Periode (1868-1912) stammt und früher ein auffälliges Wahrzeichen war. Heute verkümmert sie im Schatten der Gebäude, die sie umzingeln, und einer über ihr verlaufenden Autobahn. Mitsukoshi (Japans ältestes Kaufhaus, noch immer an seinem ursprünglichen Platz) und Takashimaya, eine weitere ehrwürdige Einkaufsinstitution, lohnen einen Besuch.

Marunouchi-Otemachi ist Tokios Hauptgeschäftszentrum. Wenn man aber nicht gerade zum Bahnhof Tokio (ebenfalls aus der Meiji Periode) oder, zur Erneuerung des Visas, zum Einwanderungszentrum, oder zur Börse von Tokio möchte, gibt es hier für Besucher wenig zu sehen. Statt dessen sollte man zur Ginza fahren. Hier gibt es Kaufhäuser, Boutiquen, Buchhandlungen und Lokale für jeden Geschmack und Geldbeutel. Die Ginza ist das Paradestück der Nation, vergleichbar mit der Fifth Avenue in New York und der Oxford Street in London.Die Preise sind in den Kaufhäusern Japans überall gleich, es ist also überflüssig auf die Suche nach Sonderangeboten zu gehen.

Wichtig ist nur, sich nicht in ein schickes Restaurant zu begeben, wo die hohen Preise schockierend sind! Wenn man die Harumi-dori (eine der wenigen Straßen mit einem Namen in Tokio) von der Ginza aus heruntergeht, kommt man nach Yurakucho-Hibiya. Viele Fluggesellschaften haben hier ihre Büros. Die merkwürdigen yakitori (gegrilltes Huhn) Stände unter den Schienenwegen sind einen Blick wert. Schön sind auch die Blumenbeete im Hibiya Park. Zum Imperial Hotel, auf imperialen Erlass entlang des Parkes gebaut, gehörte ein von Frank Lloyd Wright entworfenes Gebäude. Man kann auch mit den Joggern auf der 5 Kilometer langen Peripherie des Imperial Palace -Geländes mitlaufen, oder einen netten Spaziergang im Palace East Garden machen.

Weitere Sehenswürdigkeiten, die man zu Fuß erreichen kann, sind Budokan, einer der Veranstaltungsorte der Olympischen Spiele in Tokio 1964; Chidorigafuchi, ein von Bäumen gesäumter Steinweg, dessen Bäume im Frühling wunderschöne sakura Kirschblüten tragen; Yasukuni Shrine, das kontroverse Denkmal für die japanischen Kriegsopfer; und das beeindruckende Diet (Parlaments) Gebäude. Nach einer kurzen U-Bahn Fahrt erreicht man Roppongi, weltberühmt für sein Nachtleben. Früher ein verschlafenes Dorf, ist Roppongi heute das Zentrum der Szene von Diskos, Clubs, Bars, Pubs und Restaurants. Dazu gehören solche modischen Orte, das Hard Rock Café. Der Tokyo Tower, nach dem Eifelturm modelliert, aber höher, ist von hier aus zu sehen und einfach zu erreichen. Der Fahrstuhl bringt den Besucher zum Observatorium - wo man vielleicht einen Blick auf Mt.

Fuji's perfekten Kegel werfen kann. Im nahegelegenen Azabu-Hiroo befinden sich viele Botschaften. Hier wohnen auch einige Ausländer (die Glücklichen, die sich die wahnsinnig hohen Mieten leisten können). In Akasaka-mitsuke (manchmal "Little Seoul" genannt) gibt es noch mehr Nachtleben, allerdings hauptsächlich für reiche Einheimische.Junge Leute versammeln sich an drei Orten: Shibuya, Harajuku und Shinjuku. Shibuya und Shinjuku sind große Zentren mit der üblichen Mischung aus Kaufhäusern, Geschäften und Lokalen.

An der Shibuya Station würdigt ein einmaliges Denkmal - Hachiko - die Treue eines Hundes zu seinem Herren. Für fast alle Tokioer ist es ein bekannter Treffpunkt. Shibuya beinhaltet Aoyama, eine modische Gegend mit Designer-Geschäften und Cafés im Pariser Stil. 4 000 000 Pendler nutzen täglich die Shinjuku Station, man sollte sich von dem Gedränge aber nicht einschüchtern lassen. Kleinere Verbrechen gibt es hier kaum. Tatsächlich ist ganz Tokio sicher, und die Menschen sind allgemein hilfreich und ehrlich.

Shinjuku ist bei Tag und Nacht ein lebhafter, Neon-beleuchteter Ort mit einer Atmosphäre, die ein wenig der von New Yorks Greenwich Village gleicht. Ein verräucherter Jazz-Club? Gibt es, zusammen mit ramen (Nudel) Läden, pachinko (die japanische Antwort auf Münzspielautomaten) Salons, und solch globaler Markengeschäfte wie Virgin Records, Tiffany und Gucci. Es gibt sogar Barnys, ein komplett aus New York verschifftes Kaufhaus. Außerdem findet man hier noch zwei neue Wahrzeichen: Das Tokyo Metropolitan Government Office, mit seinen futuristischen 48-stöckigen Zwillingstürmen, und den riesigen Takashimaya Times Square. Harajuku wird am Wochenende lebendig, wenn die Jungen und Schönen hier sehen und gesehen werden wollen. Beim Bahnhof um die Ecke gibt es das Nationale Gymnasium, den Meiji Shrine und den Yoyogi Park, alles Wahrzeichen von Tokio.

Schon zu Edo Zeiten (1603-1867) geschäftige Zentren, gehören Asakusa und Ueno zu dem, was Tokioer shitamachi nennen (meint "Innenstadt"). In Asakusa ist ein Besuch des Senso-ji, Tokios ältestem Tempel, ein Muss. Der Weg dorthin ist mit Geschäften gepflastert, die traditionelle, bunte Handarbeiten anbieten. Bei Ameyoko in Ueno kann man ungewöhnliche Sonderangebote ergattern, von getrocknetem Tintenfisch bis zu gefälschten Designer-Hemden. Kulturliebhaber sollten in das Tokyo National Museum und das National Museum of Western Art im Ueno Park gehen.Vier weitere Gegenden sind eine Erwähnung wert: Akihabara, das Einkaufsparadies für alles, was elektrisch oder elektronisch ist; Ikebukuro, meistens wegen des umwerfenden Blicks von der Spitze der Sunshine City besucht; es war einer der ersten Wolkenkratzer im für Erdbeben anfälligen Tokio; Korakuen, ein Gelände mit einem Vergnügungspark und dem Tokyo Dome, eine moderne Sportarena (hauptsächlich Baseball), die bis zu 56 000 Besucher aufnimmt; und Odaiba, ein laufendes Bauprojekt an der Küste, das von der Einschienenbahn angefahren wird und wie der Stadtkern aus der Zukunft aussieht.

                           

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