Griechenland
Die
minoische und Die mykenische Kultur
I Die minoische Kultur
Das
Ursprungsgebiet der sog. minoischen Kultur ist die Insel Kreta.
Kreta ist die größte Mittelmeerinsel und wurde damals, wegen
ihrer vorteilhaften Lage und dem milden Klima,
auch
als Insel der Seligen bezeichnet. Kreta lag im Zentrum der
Seeverbindungen der verschiedensten Kulturen z.B. Ägypten,
Kleinasien, Griechenland und dem Westen, von
denen
es beeinflusst wurde, die es aber auch selbst beeinflussen konnte.
So das man vom
minoischen
Kreta behaupten kann, es vereinige die besten kulturellen
Eigenschaften der damals bekannten Zivilisationen. Oft wird Kreta
auch als das erste Glied in der Kette der europäischen
Zivilisationen bezeichnet.
Auf
den Oxforder Professor Sir Arthur Evans, geht die Einteilung der
Fundschichten in eine frühminoische Periode 3000 bis 2100, in
eine mittelminoische von 2100 bis 1580 und in eine spätminoische
1580 1200 zurück.
Für
die frühe Periode sind unbefestigte Siedlungen mit Hütten und
Handwerkszeug aus Stein und Knochen, den Kennzeichen des
Neolithikums noch vorherrschend. Die Bewohner Kretas sind mit den
karischen Bewohnern des frühen Griechenland und des westlichen
Kleinasien verwandt An
der Ost- und Nordküste entstanden aber bereits die ersten
Stadtanlagen mit rechteckigen, mehrräumigen, manchmal auch mehrstöckigen
Häusern aus Lehmziegeln auf Steinsockeln. Es werden bereits
polierte Keramiken hergestellt, die mit Ornamenten und spiralförmigen
Mustern verziert wurden.
Die Toten bestattete man in riesigen Särgen
aus Ton in Rundgräbern. Ein Beispiel für den Totenkult aus
dieser Epoche sind die Grabstätten von Messara,
die für einige hundert Menschen bestimmt waren und aus deren
Beschaffenheit einige Forscher eine Art von Clanverfassung für
diese Epoche erkennen wollen. Es sind bereits Anklänge an Ägyptisches
zu erkennen und die gewaltigen Kuppelbauten mögen afrikanische
Vorbilder haben, genau wie die Elfenbeinstücke in den Gräbern
auf einen Import aus jenem Erdteil hinweisen.
In
der mittelminoischen Epoche enstanden die großen Paläste in Knossos,
Phaistos, Hagia Triada usw. Sie gliederten sich um einen großen
Zentralhof mit einer verwirrenden Menge von Räumlichkeiten, die
aus Lichthöfen beleuchtet wurden und durch Treppen miteinander in
Verbindung standen, was dem ganzen einen unüberschaubaren
labyrinthähnlichen Charakter verlieh. Die Paläste sind
gleichzeitig Zentren der Wirtschaft: Olmühlen und Werkstätten
aller
Art
sind ihnen angegliedert.
Sie standen auf freiem Gelände ohne
Befestigung, beschützt nur durch die starke Flotte, ähnlich wie
im späteren Sparta, das ebenfalls nur durch seine Phalanx geschützt
wurde. Es beginnt eine aristokratisch Geprägte Epoche, die zugleich das
Ende der älteren vorwiegend bäuerlichen Kultur bezeichnet. Es
gab einen regen Handelsverkehr mit Ägypten und den Kykladen.
Thukydides
berichtet, daß Minos der erste König gewesen wäre der eine
Flotte besaß. Um ihn und Kreta geht es auch in der Sage um den
Minotaurus. Die von folgendem handelt:
Zeus entführt
in Gestalt eines Stieres die Europa, Tochter des Phoenikerkönigs
Agenor.
Auf Kreta zeugte er mit ihr Minos und Rhadamanthys. Der König
der Insel erzog die beiden Knaben und vererbte Minos sein Reich.
Minos, von seinem Vater Zeus beraten, gab Kreta weise Gesetze und
dehnte seine Herrschaft weit über die Inseln des Ägäischen
Meeres aus. Eines Tages bat Minos Poseidon, er möge ihm sein
Thronrecht durch ein Geschenk bestätigen, und wirklich sandte ihm
der Meeresbe-
herrscher
einen wundervollen Stier; aber statt das Tier, wie ihm befohlen
war, dem Gotte zu opfern, führte Minos ein anderes, schlechteres
zum Altar. Zur Strafe für diesen Betrug wurde die Ehefrau des
Minos von wilder Liebesleidenschaft zu dem Stier ergriffen. Sie
ließ sich von Daedalos, einem vielgewandten attischen Künstler,
der in Minos Diensten stand, das bronzerne Abbild einer Kuh
anfertigen, verbarg sich darin und zeugte so mit dem Stier das
menschenfressende Ungeheuer Minotaurus:
einen
Bastard von menschlicher Gestalt mit einem Stierkopf.
Er hauste in
einem Labyrinth unter dem Palast, einem Wunderbau mit tausend Irrgärten,
den Daedalus geschaffen hatte. Aus Rache, weil Daedalus Theseus
geholfen hatte den Minotaurus zu töten, ließ Minos Daedalos und
seinen Sohn Ikarus in diesem Labyrinth einkerkern. Daedalus baute
für sich und Ikarus Flügel aus Federn und Wachs. Doch da Ikarus
nicht auf die Warnungen seines Vaters hörte und zu nah an die
Sonne flog, schmolz das Wachs und er stürzte in die See die von
da an seinen Namen trug.
Es
ist jedoch unerwiesen, ob sich der Name Minos auf eine überragende
Herrscherpersön-
lichkeit
Kretas bezieht oder nur einen Titel bezeichnet wie Pharao oder
Caesar. Die Unübersichtlichkeit des Palastes von Knossos scheint
den Namen Labyrinth zu recht-
fertigen,
was man ja durchaus als Hinweis auf den wahren Kern der alten Sage
deuten könnte.
Um
das Jahr 1700 kommt es
zur gleichzeitigen Zerstörung der Paläste von Malia, Phaistos und Knossos.
Man kann nicht ausschließen, daß es sich dabei um ein
Naturereignis, wie z.B. ein Erdbeben, handeln könnte und daß die
Plünderung der Schlößer eine Folge der durch die von der
Katastrophe ausgelösten Wirren sein könnte. Aber immerhin bleibt
ein Angriff von außen möglich, durch einen über See gekommenen,
die unbefestigten Paläste leicht erobernden Feind. Ägypten wurde
zu jener Zeit gerade von den Hyksos heimgesucht und so könnte man
sie als Angreifer vermuten; nur sind uns diese sonst nie als
Seefahrer bezeugt, und daß ein Gefäßdeckel mit dem Namen des
Hyksosfürsten Chian auf Kreta gefunden ist, kann nichts besagen.
Wer aber auch immer der Angreifer war, sofern es überhaupt einen
solchen gab, Spuren hat er nicht hinterlassen, sein Wirken kann
nur zerstörend und von kurzer Dauer gewesen sein, denn schon kurz
darauf entstanden auf den Ruinen der alten Paläste, wie der Phönix
aus der Asche neue Paläste.
Doch
diese neuen Paläste sind prunkvoller und feiner, so greift nun
allgemein eine zivilisatorische Verfeinerung um sich. Man ersetzte
z.B. die bisher gebräuchlichen Bilder-
schrift
durch ein lineares Schriftsystem. Und aus dem lebensseligen Glück
der früheren Kreter
wurde
jetzt eine raffinierte Genuß- und Gefallsucht.
Die
Feinheit der minoischen Kultur scheint Kreta, bei aller
Verbundenheit z.B. in der Religion, aus dem karischen Kulturkreis
herausgehoben zu haben. Die Kreter hatten eine besonders innige
Beziehung zur Natur, so sahen sie das Göttliche gern in Bäumen
und Tieren, menschengestaltig nur sehr selten in Epiphanien.
Von
diesem griechischen Wort leitet sich auch Epiphanias
her, Das Fest der Erscheinung des Herrn, es wird seit dem 3.
Jh.
am 6. Jan. gefeiert. Ursprünglich nur als Geburtsfest Christi
gefeiert, wird es heute im Volk als Fest der Hl. Drei Könige
bezeichnet. Bei dem Sternsinger, als die Hl.
Drei Könige
verkleidet, alle Häuser in der Gemeinde segnen.
Von
den menschengestaltigen Göttern ist wohl der Kult um die Große
Mutter der bedeutendste. Bei den meisten Kulthandlungen hatten
Frauen das Priesteramt inne.
Es
gibt hierzu viele Abbildungen, die Frauen bei heiligen Zeremonien
oder als Zuschauer von religiösen Spielen und Wettkämpfen
zeigen.
Unter
den Kultsymbolen nehmen Hörner und Doppeläxte einen
hervorragenden Platz ein. Die Herkunft der <horns of
consecration> ist ungewiß; die Doppelaxt findet sich in
Kleinasien, bei den Hethitern sowie im oberen Mesopotamien als
Attribut des hurritischen Gewittergottes Teschub wieder, als
Symbol des Juppiter Dolichenus hat die Doppelaxt das ganze
Altertum überdauert.
Das
äußere Bild der kretischen Religion wird durch die Existenz
zahlreicher Dämonen und Mischwesen, ähnlich denen der Hethiter,
sowie durch den Säulen- und Baumkult ergänzt.
Inhalt
und Wesen der kretischen Religion blieben uns jedoch bis heute
noch in vielen Punkten verschlossen.
Nur
durch die tiefe Verbundenheit mit dem Wesen der karischen Bevölkerung
ist die starke Wirkung, die die minoische Kultur auf das Festland
der mykenischen Epoche hatte zu erklären. Denn politischer Druck
stand allem Anschein nach nicht dahinter. Das Vorhandensein einer
starken staatl. Macht auf Kreta ist auch für diese Zeit weder
bezeugt noch bei der Eigenart des minoischen Wesens
wahrscheinlich.
Es
gibt nur zwei Fälle in denen man von einer Beeinflussung durch
die Kreter genau berichten kann, denn nach glaubwürdiger Überlieferung
setzten sich Teile der minoischen Bevölkerung, die späteren Lykier,
sich an der Südküste Kleinasiens fest, während andere, die
Philister, sich nach längerem Umherschweifen an der syrischen Küste
eine neue Heimat suchten. Aber diese Bewegungen gehören nicht
mehr der Blütezeit Kretas an, sie sind Folgeerscheinungen einer
furchtbaren Katastrophe, die um 1400 über die Insel hereinbrach.
Damals
wurden die Paläste von Knossos, Phaistos, Hagia Triada gewaltsam zerstört und die überreifte
Kultur der Kreter sank kraftlos dahin. Von da an findet man die
Kreter nicht mehr in ägyptischen Darstellungen oder Urkunden. Die
neuen Herren der griechischen Halbinsel sind gekommen, haben
geraubt, geplündert, verbrannt und sich schließlich in Teilen
der Schlossruinen dauerhaft festgesetzt. Ihre Barttracht sehen wir
von nun an an den Männern, ihre Bauten im Megarontyp erheben sich
zwischen den Palasttrümmern, sie führen die mykenische Keramik
des Festlandes ein.
In den Städten des Ostens dauert das
minoische Leben wohl noch einige Zeit an, aber es gibt keine neuen
Impulse und Schöpfungen mehr. Die kulturelle und politische Führung
geht an die griechischen Eindringlinge über, die sich schon längst
in Hellas zu gewaltigen Leistungen aufgeschwungen haben.
Die
Kultur Griechenlands seit dem 17. Jahrhundert, die wir durch die
Ausgrabungen Schliemanns und Dörpfelds kennengelernt haben und
die unter dem Namen mykenische Periode zusammengefasst wird, zeigt
einen starken kretischen Einfluss.
Jedoch
vermochte dieser kulturelle Einfluß das gänzlich andere Wesen
der Griechen nicht zu verändern. Die Griechen übernahmen viele
kretische Techniken oder versuchten sie nachzuahmen, jedoch
sollten sie nie an die Feinheit der Originale herankommen.
Sie
haben immer ihre kriegerischen Traditionen gepflegt, was besonders
beeindruckend in ihren monumentalen Festungsbauten zum Ausdruck
kommt.
Wie
in Kreta ursprünglich ein nichtindogermanisches Volk saß, so war
auch Griechenland in der Urzeit von Nichtgriechen besiedelt. Um
die Wende des 3. Jahrtausend zogen griechische Stämme zunächst
als dünne Herrenschicht in die Halbinsel und unterwarfen sich die
Urbevölkerung. An dieser ersten Welle dürften zwei große Stämme
beteiligt gewesen sein, die Jonier,
die sich im Golf von Ägina festsetzten, und die Achaier
und Aeolier,
untereinander stammesverwandt, die den von den Joniern besetzten
Raum umklammerten.
Die
Griechen haben in den neuen Gebieten ihre Eroberung gefestigt und
Staaten geschaffen, die sie durch mächtige Zwingburgen sicherten.
Die
großen Völkerwanderungen, die von 3000 an den Ägäisraum in ständiger
Gärung hielten, scheinen zu Beginn der mykenischen Kulturperiode
etwas zum Stillstand gekommen zu sein.
Die
mykenische Kulturperiode setzt auf dem Festland entscheidend um 1600
ein. Sie hat ihren Namen nach der Stadt Mykenä
in der Landschaft Argolis.
Diese
Festung lag auf einem steilen Hügel in einer öden,
vegetationsarmen Ebene, die Homer das durstige, rossenährende
Argos nennt, 25 km vom Meer entfernt, Mykenä, der Sage nach eine
Gründung des Zeussohnes Perseus, war später Sitz der Pelopiden,
unter denen Agamemnon als König besonders hervorstrahlt, weil er
als erster die Griechenstämme zum Kampf gegen Troja (oder auch
Ilios, das hieße die sechste), einte.
In
diesem Zusammenhang werden auch wieder die von Kreta
ausgewanderten Lykier erwähnt,
die auffallende Stellung, welche Homer ihnen aufseiten der
Trojaner gibt, könnte ein Reflex von Kämpfen zwischen ihnen und
den Achaiern sein. Diese drangen an die Küsten Kleinasiens auf
der Suche nach Lebensraum.
Weiter
im Süden, zum Argolischen Meerbusen hinausgeschoben, stand Tiryns,
die wehrhafte Stadt der Heraklesahnen. Ihre Burg ist bis heute die
besterhaltene aller alten Stadtfestungen. Da die Anlagen in
mykenischer Zeit so ziemlich überall die gleichen waren, ist sie
ein charakteristisches Beispiel auch für andere Burgen.
Gleich
rechts am Eingang der Burg von Tiryns stand der Zeusaltar mit
einer Opfergrube davor. Dieser Altar ist die einzige Weihestätte
der Festungsanlage. Nirgends, weder hier noch in anderen Palästen,
konnten ebenso wie auf Kreta Grundmauern eines Tempels aufgedeckt
werden.
Der bildlose Kult kannte keine Gotteshäuser, nur Altäre
im Freien oder höchstens Kapellen innerhalb der Wohnbauten.
Während
sich die kretische Gesellschaft und ihre Bauten dem Reiz des
Augenblicks hinzugeben scheinen, errichten die Hellen ihre Bauten
für die Ewigkeit: gewaltige Steinmauern mit polygonalem Mauerwerk
türmen sich zu Bergen, sorgfältig geschützte Toranlagen, durch
Mauervorsprünge gedeckt, zeugen von dem wehrhaften Geist der
Herrengeschlechter. Im Mittelpunkt der Burg erhebt sich der Palast
mit der großen repräsentativen Halle, für deren Rechteckform
das Hauptgemach, das Megaron mit dem wärmenden Herd im
Mittelpunkt, bestimmend ist. Im Megaron hält der Burgherr mit
seinen Vasallen das gemeinsame Mahl. Diese Rechteckform hatten die
Griechen aus ihrer nördlichen Heimat mitgebracht und an die
Stelle des früheren vorindogermanischen Rundbaues gesetzt.
Dieser
Grundriß wurde typisch für alle späteren Haus- und Tempelbauten
Griechenlands.
Im
Anklang an ihr Wort megas = groß, nannten sie diese Großräume
Megaron. Die Wände des Megarons waren wie in Kreta mit Fresken
verziert. Besonders bekannt ist ein Stuckgemälde, das ein Mädchen
im Sprung über einen Stier darstellt.
Die
Burgen zeigen den Bauwillen einer sich aus dem Zwang steter
Kampfbereitschaft rasch entwickelnder Befestigungskunst, die die Fürstengeschlechter
vor fremden Angriffen und vor aufständischen Vasallen schützen
sollten. Doch die Riesenmauern weisen auf ein hartes Los der sich
schutzsuchend um die Burg kauernden Untertanen hin, die als
Frondienst und in steter persönlicher Unsicherheit die gewaltigen
Bauarbeiten zu leisten hatten.
Von
der gleichen monumentalen Wirkung wie die Festungen sind die Gräber
der mykenischen Herrscher.
Am besten sind diese in Mykenä
erhalten, wo man auch das berühmte Löwentor und das
Schatzhaus des Atreus, das wohl schönste Kuppelgrab, findet. Die Bezeichnung des Kuppelgrabes als Schatzhaus
stammt aus späterer griech. Zeit in der man von der ursprünglichen Bedeutung keine Kenntnis
mehr hatte. In den Gräbern wurde eine geradezu märchenhafte Fülle
von Beigaben, von goldenem Schmuck und prachtvollen Waffen
gefunden. Einige der Toten trugen goldene Gesichtsmasken, was man
heute als den ersten Porträtversuch auf europäischen Boden
ansehen könnte.
Die
Frage nach dem staatlichen Aufbau Griechenlands in mykenischer
Zeit ist oft gestellt und sehr verschieden beantwortet worden.
Sicher ist wohl nur soviel, daß es zum Zusammenschluß größerer
Gebiete allein in der Argolis und in Böotien gekommen sein kann.
In der Argolis scheint Mykene, dessen Stellung zu Tiryns freilich
ein Rätsel aufgibt, zeitenlang eine Hegemoniestellung innegehabt
zu haben, während in Böotien die Herren der riesigen Burg von
Gha (Gla) im späteren Kopaissee eine führende Rolle gespielt
haben. Die Ritter der umliegenden Burgen mögen als Vasallen die
Oberhoheit dieser Fürsten anerkannt haben. Die Einigung von
Teilen der Argolis und der böotischen Landschaft ist wohl nur
durch bitteren Zwang möglich gewesen. Die Auswirkung zeigt sich
in der Schaffung eines ausgedehnten Straßensystems in der Argolis
sowie in der Entwässerung des Kopaisgebiets durch die sog.
<Deichbauten der Minyer>.
Diese Werke konnte nur eine
straffe Zentralgewalt planen und durchführen. Man brauchte für
die Bauten eine große Zahl ausländischer Sklaven, die man auf
Kriegs- und Raubzügen aus der Fremde holte, und nicht minder
zahlreiche einheimische Fronarbeiter. Diese Leistungen können
sich den großen Schöpfungen des Alten Orients, den Pyramiden und
Zikkuraten, ebenbürtig an die Seite stellen.
Zwischen
diesen beiden großen Volkskomplexen liegt in eigenartiger
Unbestimmtheit Attkika samt Euboia, das Isthmosgebiet und die später
Achaia genannte Nordlandschaft der Peloponnes. Es ist der Bezirk
des i o n i s c h e n Stammes. In seinem Bereich finden sich zwar ebenfalls
Kuppelgräber und mykenische Burgen, vor allem diejenige auf der
Akropolis von Athen, deren Megaron noch zu ahnen, deren
Umfassungsmauer, das Pelargikon, großenteils noch sichtbar ist,
aber das Fehlen von einzelnen Stammesnammen in dem von der Natur
durchaus nicht einheitlichen Gebiet auf das Vorhandensein einer
geschlossenen Einheit deutet.
Diese seltsame Isoliertheit der
Ioner mag in die Zeit der Einwanderung oder noch weiter zurückreichen,
denn auch die ältesten Gemeinschaftsformen, die Geschlechtsverbände
der Phylen, scheinen, mindestens in der Vierzahl, unter den
mykenischen Griechen nur ihnen eigen gewesen zu sein.
Die
Überlegenheit der mykenischen Griechen über ihre Gegner beruhte
auf der Existenz eines Standes adliger Einzelkämpfer, die auf dem
Streitwagen in den Kampf zogen. Gedeckt von einem riesigem
Turmschild, bewaffnet mit Speer und Kurzschwert, trat der Recke zu
Fuß dem Feind entgegen. Dem Kämpfer zur Seite standen die
<Gefährten>, die Gefolgsleute, die sich auch zu dem
gemeinsamen Mahle im Hause des Lehnsherren versammelten, der seine
Ehre dareinsetzte, sie zu bewirten und ihnen den gebührenden
Anteil an der Beute zu geben. In großen Fehden verbanden sich
mehrere Fürsten, indem sie einen der ihren als Hegemon
anerkannten und sich ihm auf Grund feierlicher Eide zur
Gefolgschaft verpflichteten. War die Fehde zu Ende, so zerfiel die
Waffengemeinschaft, wie sie entstanden war.
Während
der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr. beherrschten die
Minoer unbestritten die See, die Ägäis und das ganze östliche
Mittelmeer. Minoische Stützpunkte finden sich auf zahlreichen
Inseln (auf Ägina, Thera, Melos, vielleicht auch auf Samos). Mit dem Auftreten der mykenischen Griechen auf dem
Meere verändert sich allmählich das Bild.
Von dem Erfolg ihrer
Raubzüge auf See zeugen die reichen Schätze der Schacht- und
Kuppelgräber. Den Höhepunkt erreicht die mykenische
Seeherrschaft jedoch erst nach dem Feldzug gegen Kreta der um 1400
v.Chr. mit der Vernichtung der bedeutendsten kretischen Städte
endet, doch sie ist nur von kurzer Dauer gewesen: denn durch die
Auswirkungen der großen Ägäischen Wanderung ist im 12.
Jahrhundert v.Chr.
eine völlig neue Mächtegruppierung
entstanden.
Um
das 14. und 13. Jahrhundert beginnt die entscheidende Ausbreitung
der Mykenäer. Die Aioler
und die Achaier stoßen
im Süden durch die Ägäis nach Kleinasien vor, wobei Kreta und
die Kykladen eine Art natürliche Brücke für sie bilden. Zuerst
setzte sie sich auf den Inseln, wie z.
B. Rhodos und Zypern, fest.
Während die Aioler und Achaier
weit nach Osten ausgriffen, so stand der Zwischenstamm der Ioner
ihnen an kolonisatorischer Kraft in nichts nach. Über die
mittleren und nördlichen Kykladen, die wohl früh von ihnen
besiedelt worden waren, zogen seine Kolonistenscharen an die Mitte
der kleinasiatischen Westküste. Sie brachten ihre Götter
(Poseidon, Zeus, Apollon..
.) und ihre Einteilung in die
Geschlechterverbände der vier Phylen mit. Außerdem gaben sie den
Städten und Ländereien Namen aus ihrer alten Heimat, wie z.B.
auf Rhodos der Name der Burg von Ialysos, Achaia, an die Zeit der
achäischen Expansion erinnert. Denn Achäer
ist sicher ein Gesamtname für die Griechen der mykenischen Zeit.
Doch standen in diesem Gebiet die mykenischen Griechen starken
heimischen Kräften gegenüber. Aus dem Neben- und Durcheinander
ist, da das griechische Element nicht die Oberhand gewann, eine
unfruchtbare, in ihren künstlerischen Erzeugnissen fast abstoßende
Mischkultur entstanden.
Im
Gegensatz zu Kreta bedeutet die Frau in Mykene im öffentlichen
Leben nichts, wenn auch der den Frauen ins Grab mitgegebene
Schmuck wahrscheinlich macht, daß sie Anteil an der fürstlichen
Repräsentation hatten.
Der
Unterschied zwischen kretischer und mykenischer Kunst tritt am stärksten
in der Architektur hervor. Hat der Kreter im freien Schweifen und
üppigen Schwärmen um einen Binnenhof eine labyrinthische
Vielheit systemlos aneinandergefügter, leicht gebauter Räume
herumgelegt, so zwingt den Achaier die enge der Hügelkuppe und
die Forderung zur Wehrhaftigkeit zu planvollen, zyklopischen
Bauen. Als klar erkennbarer Mittelpunkt der mykenischen Bauten
hebt sich das Megaron heraus und ordnet die übrigen Gebäude in
logischer Tektonik um sich.
Man vermutet das kretische Künstler
auch auf dem Festland gebaut haben, aber sie hatten dabei die
griechischen Eigenarten zu berücksichtigen.
Unsere
Kenntnis von den Grundzügen des staatlichen und
gesellschaftlichen Lebens der mykenischen Zeit beruht, abgesehen
von den Monumenten, in erster Linie auf der unter Homers Namen überlieferten
Ilias und auf der Odyssee. M. P. Nilsson (Homer and Mycenae 1933)
ist es unter anderem geglückt nachzuweisen, daß die griechische
Heldensage ihre Wurzeln in der mykenischen Epoche hat, ebenso ist
eine Anzahl von Elementen bei Homer mykenisch, wenn diese auch in
der Dichtung vielfach mit jüngerem Gut zu einer inneren Einheit
verschmolzen sind.
Die
mykenische Religion ist die Mutter der griechischen Religion,
gleichwie das mykenische Volk der Vorvater der geschichtlichen
Griechen ist(Nilsson).
Ab
dem 12. Jahrhundert scheint sich ein dichter Schleier über
Griechenland zu legen. Kein Fund zeugt von dem was in Hellas
zwischen 1200 und 1000 geschah. Außer das zu Beginn des 12.
Jahrhunderts neue hellenische Stämme aus der Gegend von Epirus
aufbrachen. Die Dorische Wanderung hatte begonnen.
Die Burgen
gerieten in Vergessenheit, es finden sich an ihnen jedoch keine
Spuren einer gewaltsamen Zerstörung aus jenem schweigenden
Zeitabschnitt. Schweigend ist diese Epoche vor allem deshalb, weil
aus ihr auch keine Funde von schriftlichen Aufzeichnungen gibt.
Völker
verrauchen, Namen verklingen, finst`re Vergessenheit breitet die
dunkelnachtenden Schwingen über ganzen Geschlechtern aus.
Quellen:
HELLAS Land und Volk der alten Griechen von Emil Nack
Wilhelm
Wägner: Griechische
Geschichte von Helmut Berve
Götter
und Helden der Griechen von
Eckart Peterich
Kultur
Geschichte Europas Westermann
Verlag
Anmerkungen: |
| impressum | datenschutz
© Copyright Artikelpedia.com