Haiti
Wirtschaft allgemein: Die Wirtschaft der
Republik Haiti ist stark durch die naturraeumlichen Gegebenheiten im westli- chen Drittel
der Karibikinsel Hispaniola gepraegt. Erschuettert durch die politischen Instabilitaeten
und eine wirtschaftliche Stagnation ist das gebirgige Land, gemessen am BIP pro Kopf
(1990: 370 US$ / 1994: -6 % Wachstum des BIP, Veraenderung zum Vorjahr), das aermste Land
Lateinameri- kas. Seine Wirtschaft ist weitgehend agrarisch gepraegt. 1990 arbeiteten etwa
57 % der erwerbs- taetigen Bevoelkerung im agrarischen Bereich, im Bereich von Handel und
Gastgewerbe ungefaehr 13 % und in der Industrie gerade noch 6.5 %. IMF berichtet fuer die
Jahre 1989 bis 1992 von zunehmenden realen Wachstumsverlusten, die im Jahre 1992 einen
Wert von -12 % erreicht haben sollen.
Die inflationaere Entwicklung haelt sich, verglichen
mit anderen lateinamerikanischen Staaten, eher in Grenzen; der ,IMF" nennt fuer das
Jahr 1992 einen Wert von 30 %, der ,Cepal" fuer das Jahr 1994 einen Wert von ca. 50
%. Angesichts des Niedergangs der gesamtwirtschaftlichen Entwick- lung kann von keinem
grossen Inflationspotential ausgegangen werden. Die gemaessigte Entwick- lung der
Quasi-Geldmenge (1988: 1.678 Mio. G/1990: 2.
248 Mio. G) unterstreicht dieses noch. Ein
Problem der Wirtschaft ist weiterhin die Blockadepolitik der Organisation of American
States (OAS) sowie die zeitweise Aussetzung der nicht-humanitaeren Hilfe durch die USA.
Haiti ist auf- grund der ruinoesen wirtschaftlichen Ausbeutung und der Machtpolitik der
Herrschenden nicht in der Lage, ohne Hilfe von aussen einen selbsttragenden
Wirtschaftsprozess einzuleiten. Als Ent- wicklungshemmnis kommt hinzu, dass im Land eine
extreme Ungleichverteilung sowohl beim Einkommen als auch beim Vermoegen gegeben ist.
Zudem hat das Land eine hohe Bevoelkerungs- dichte und eine so hohe Arbeitslosigkeit, dass
viele Haitianer auf der Suche nach Einkommen und Arbeit emigrieren.
Die Oeffentlichen Auslandsschulden haben sich
in den 80er Jahren staendig erhoeht. Sie lagen 1991 bei 609 Mio.$ (IMF); das Dt.
Statistische Bundesamt gibt eine Gesamtschuldenhoehe von 745 Mio. US$ an
(Auslandsstatistik 1/1993). Entwicklung: 1986: 715,4 / 1987: 761,1 / 1988: 768,8 (in US$).
Wirtschaftsstruktur: Haiti zaehlt zu den
aermsten Laendern der Welt (s.o.). Die Grundlage der Wirtschaft bildet die Landwirtschaft,
deren Ertraege jedoch wetterbedingt - tropisch heisses Klima, starke Unterschiede der
durchschnittlichen jaehrlichen Niederschlaege, Duerregefaehrdung durch die den
Wasserhaushalt stoerende Abholzung des Waldes - quantitativ und qualitativ unterschiedlich
ausfallen. Mitte 1990 waren von den insgesamt rund 2,7 Mio. Erwerbstaetigen 1,5 Mio.
(1971:
1.428 Mio.) in der Land- und Forstwirtschaft und Fischerei beschaeftigt, nur 7,7 % dagegen
im produzierenden Gewerbe. Der Anteil der Landwirtschaft am BIP betraegt 1987 32 %, der
der Industrie 21 %, der des Handels 17 und der des Staates 4 %. Sowohl die Agrar- als auch
die Industrieproduktion waren 1989/90 ruecklaeufig. Auch die volkswirtschaftliche
Infrastruktur befindet sich in einem desolaten Zustand.
So hat sich seit 1990 die
Elektrizitaetsversorgung verschlechtert (1989: 588,5 / 1991: 398,9 Mio. kWh). Aehnliches
gilt fuer die oeffentliche Verwaltung, die nach mehr als 3 Jahrzehnten Diktatur und
buergerkriegsaehnlichen Zustaenden weitgehend lahmgelegt ist.
Landwirtschaft: Da die landwirtschaftliche
Produktion zur Bedarfsdeckung nicht ausreicht, wird die Steigerung der Agrarproduktion als
wichtiges Entwicklungsziel angesehen, wobei auch eine Abkehr vom Anbau exportfaehiger
Produkte (z.B. Kaffee 1989: 83 t /1991: 37 t) hin zu Produkten wie Mais und Reis geplant
ist.
Probleme ergeben sich (s.o.) durch die zunehmende Erosion der Boeden, durch eine
Zersplitterung der Anbauflaechen in Minifundien und durch die klimatischen Bedin- gungen
(Trockenperioden, Wirbelstuerme). Einsatz von Technik ist bedingt durch den Kapital-
mangel kaum moeglich.
Exportprodukte: Kaffee, Kakao, Sisal, Zucker
und Bananen
Die Viehwirtschaft, deren Schwerpunkt auf der
Schweine- und Rinderhaltung liegt, ist ueberwie- gend auf die Deckung des inlaendischen
Bedarfs ausgerichtet.
Rohstoffe: Bei Metallen war bisher(trotz der
vielfaeltigen Mineralvorkommen) nur der Abbau und Export von Bauxit von Bedeutung (1983
eingestellt).
Wirtschaftlich von Bedeutung ist nur noch der Abbau von Steinen und Erden
(Kalksandstein).
Industrie: Waehrend die industrielle
Produktion fuer den Binnenmarkt aus meist kleinen, handwerksartigen Betrieben stammt und
stagniert (Prod. von Speiseoel, Schuhen, Textilien usw.), sind sog.
,Lohnveredlungsindustrien", die Halbfertigwaren aus den USA importieren und in Haiti
weiter- verarbeiten (z.B.
Elektroindustrie), schnell expandiert. Die Loehne sind weltweit
mit Abstand die niedrigsten (1986: 3US$ pro Tag).
Aussenhandel: Die Handelsbilanz ist
defizitaer. Seit 1989 ist wegen der Preiseinbrueche beim Kaffee, Kakao (s.o.) ein
Anwachsen des Aussenhandelsdefizits zu beobachten.
Hinzu kommen die Rueckwirkungen der
desolaten Wirtschaftslage des Landes. Importe kommen aus den USA(1989: 46,9%), Japan,
Kanada, Italien und Frankreich. Hauptimportgueter waren Fertigwaren, Lebensmittel,
Maschinenbau-und Transporteinrichtungen sowie mineralische Brennstoffe.
Bevoelkerung: Die Bevoelkerung setzt sich aus
etwa 90% Schwarzen und 10 % Mulatten (Ober-und Mittel- schicht)zusammen. Ca. 70 % der
Bevoelkerung lebten 1990 auf dem Lande.
Das Bevoelkerungs- wachstum betrug zwischen 1980
und 1988 1,8 % .Wesentlicher Faktor ist hierbei Emigration ins Ausland. Gruende der
Abwanderungsbewegung waren bisher politische Verfolgung und wirt- schaftliche Not, die
u.a. durch den Bevoelkerungsdruck auf die kleiner werdende landwirtschaftli- che
Nutzflaeche zunimmt. Die Lebenserwartung ist wegen mangelhafter med.
Versorgung und der
schlechten Ernaehrungsla- ge relativ gering.
Infrastruktur: Die Bedeutung des Ausbaus des
Verkehrsnetzes und der Entwicklung des Transportwesens im Rahmen neuerer
Entwicklungsprojekte hat wenig an der Rueckstaendigkeit geaendert; der gebirgige Charakter
der Insel stellt eine zusaetzliche Erschwernis fuer die Verkehrserschliessung dar. Hemmend
auf die Erschliessung des Hinterlandes wirkt sich besonders die unzureichende Quanti- taet
und mangelnde Qualitaet der Einrichtungen des Nachrichtenwesens aus. 1987 gab es ca. 40000
Fernsprechanschluesse, wovon sich allerdings neun Zehntel in Port-au-Prince befinden.
Quellen:
Wirtschaftswoche,Cepal,IMF,FAO,Munzinger-Archiv, ,Raeume und Strukturen"
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