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  Schweiz

Schweiz 1 EINLEITUNG Schweiz (französisch Suisse, italienisch Svizzera, rätoromanisch Svizzra, amtlich Schweizerische Eidgenossenschaft), Bundesstaat in Mitteleuropa mit einer Gesamtfläche von 41 285 Quadratkilometern. Das Staatsgebiet grenzt im Norden an Deutschland, im Osten an Österreich und Liechtenstein, im Süden an Italien und im Westen an Frankreich. Die größte Stadt des Landes ist Zürich, die Hauptstadt ist Bern. 2 LAND Die Schweiz ist im Wesentlichen ein Gebirgsland; die mittlere Höhe des Landes wird in Europa von keinem anderen Land übertroffen. Die Schweiz umfasst die Landschaften Jura, Mittelland und Alpen. Die Alpen nehmen den mittleren und südlichen Landesteil ein und bedecken etwa 60 Prozent der Landesfläche, rund 10 Prozent zählen zum Schweizer Jura im Nordwesten, circa 30 Prozent zum Mittelland.

2.1 Physische Geographie Die Schweizer Alpen erstrecken sich über eine Länge von etwa 300 Kilometern. Sie durchziehen das Land von Südwesten nach Nordosten und sind durch mehrere Längs- und Quertäler in einzelne Gebirgsketten gegliedert. Zwei Hauptlängsketten sind die nördliche und die südliche Zentralalpenkette. Die nördliche Zentralalpenkette setzt sich aus Berner Alpen und Glarner Alpen zusammen. Zu den höchsten Gipfeln der Berner Alpen gehören Finsteraarhorn, Aletschhorn und Jungfrau.

Die Grenze zur südlichen Zentralalpenkette markieren die Flusstäler von Rhein und Rhône. Die südliche Kette umfasst Walliser Alpen, Tessiner Alpen und Rätische Alpen. Der schweizerische Alpenanteil gehört mit Ausnahme des Engadin zu den Westalpen. Der höchste Berg der Schweiz ist die 4 634 Meter hohe Dufourspitze des Monte-Rosa-Massivs in den Walliser Alpen. Westlich davon, ebenfalls auf der Grenze zu Italien, befindet sich das Matterhorn. Zahlreiche Erhebungen weisen zum Teil ausgedehnte Gletscher auf.

Der Aletschgletscher ist mit Länge von etwa 24 Kilometern der längste Gletscher der Alpen. Der Jura durchzieht den Nordwesten der Schweiz in einem weiten Bogen. Dieses aus Kalkgestein aufgebaute Mittelgebirge mit einer maximalen Höhen von 1 718 Metern reicht auch auf französisches Staatsgebiet. Aufgrund der Löslichkeit des Kalkgesteins fließen die Wasserläufe häufig unterirdisch. Zwischen dem Jura und den Alpen liegt das etwa 50 Kilometer breite Schweizer Mittelland, das durchschnittlich etwa 400 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Es erstreckt sich vom Genfer See im äußersten Südwesten des Landes bis zum Bodensee und stellt den wirtschaftlichen Kernraum des Landes dar.

Die von zahlreichen Seen, Mulden und Hügeln geprägte Landschaft wurde durch eiszeitliche Gletscher geformt. 2.2 Flüsse und Seen Das Mittelland und die Alpen werden von zahlreichen Flusstälern durchzogen. Der Staubbachfall im Kanton Bern hat eine Fallhöhe von 300 Metern. Der bedeutendste Fluss ist der Rhein mit seinen zahlreichen Nebenflüssen. Der schweizerische Anteil des Rheins beträgt etwa 375 Kilometer.

Weitere große Flüsse sind Aare, Rhône, Ticino und Inn. Neben dem Genfer See und dem Bodensee sind der Luganer See und der Lago Maggiore, mit 194 Metern über dem Meeresspiegel tiefster Punkt der Schweiz, von Bedeutung. Die vier Seen erstrecken sich über die schweizerische Grenze hinaus. Neuenburger See, Vierwaldstätter See, Zürichsee, Brienzer See und Thuner See sind weitere größere Seen in der Schweiz. 2.3 Klima Die Alpen bilden die Klimascheide zwischen gemäßigtem und mediterranem Klima.

Im Mittelland und in den tiefer gelegenen Tälern der Schweiz herrscht ein gemäßigtes Klima mit einer mittleren Jahrestemperatur von etwa 10 °C. Mit steigender Höhe nimmt die Temperatur ab. Ebenso schwankt die Niederschlagsmenge je nach Höhenlage und Exposition. Die jährlichen Niederschläge im Mittelland und in den tiefer liegenden Tälern betragen etwa 800 Millimeter. In den höheren Lagen und vor allem an nordseitig exponierten Gebirgsflanken können bis zu 4 000 Millimeter fallen. Die niedrigsten Werte werden mit etwa 500 Millimetern im Jahr in den Tieflagen des Wallis erreicht.

Einige Gebiete im äußersten Süden der Schweiz, wie etwa die Region um Lugano, bilden ausgeprägte Wärmeinseln mit warmen Sommern und milden Wintern. Die Schneegrenze liegt auf der Nordseite der Alpen in einer Höhe von etwa 2 500 Metern, auf der Südseite bei circa 2 900 Metern. Die Bise, ein kalter Nordwind, tritt bei winterlichen Hochdrucklagen auf. Bei bestimmten Wetterlagen bildet sich Föhn, eine Luftströmung, die sich beim Absteigen an der Leeseite von Gebirgen stärker erwärmt als sie sich beim Aufstieg an der Luvseite der Berge abgekühlt hatte. 2.4 Flora und Fauna Weite Gebiete der Schweiz werden von Hoch- und Mittelgebirgen eingenommen.


Die Ausprägung der Pflanzenwelt folgt in großen Teilen des Landes einer typischen Höhengliederung. Bis in eine Höhe von etwa 600 Meter (im Süden bis circa 800 Meter) wachsen Laubmischwälder. Unter den mediterranen Klimabedingungen des Tessin gedeiht eine subtropische Vegetation mit Mandelbäumen, Zypressen und Lorbeerbäumen. Dem Berglaubwald mit Buchen, Eichen und Eschen als Hauptbaumarten folgt ab einer Höhe von etwa 1 200 bis 1 300 Metern Nadelwald mit Tannen, Fichten und Lärchen. Die Waldgrenze liegt in einer Höhe zwischen etwa 1 700 und 2 200 Metern. Oberhalb der Waldgrenze wachsen verbreitet Latschen (Bergkiefern); zu den bekannten Blütenpflanzen gehören Alpenrosen (Rhododendron), Edelweiß und Enzian.

Mit zunehmender Höhe schließen alpine Matten an. Insgesamt wird etwa ein Drittel der Landesfläche von Wald bedeckt, wovon jedoch nur ein geringer Teil ursprünglich ist. Die Tierwelt der Schweizer Alpen ist den Lebensbedingungen im Gebirge angepasst. Neben Gämsen, Rothirschen und Murmeltieren wurden die durch Überbejagung ausgerotteten Alpensteinböcke und Luchse wieder eingebürgert; gelegentlich wandern Wölfe ein. Charakteristische Vogelarten der Bergwelt sind Steinadler, Alpendohlen und Mauerläufer. Bemerkenswert ist ein Schweizer Brutvorkommen des vorwiegend mediterran verbreiteten Purpurreihers.

In den Fließgewässern sind Forellen weit verbreitet. In den Südalpen leben Reptilien wie Schlangen (Zornnatter, Schlingnatter) und Eidechsen. 3 BEVÖLKERUNG Die Einwohnerzahl der Schweiz beträgt etwa 7,32 Millionen (2003). Die Bevölkerungsdichte liegt bei 177 Einwohnern je Quadratkilometer (2003). Die Bevölkerung ist regional sehr unterschiedlich verteilt. Das Mittelland ist der am dichtesten besiedelte Großraum des Landes.

Weite Gebiete in den Schweizer Alpen sind dagegen unbewohnt. Ausländische Einwohner machen rund 15 Prozent der Bevölkerung aus. Die durchschnittliche Wachstumsrate der Bevölkerung beträgt 0,21 Prozent im Jahr (2003). Die mittlere Lebenserwartung liegt für Männer bei 77,1 Jahren und für Frauen bei 83 Jahren (2003). 3.1 Wichtige Städte Der Anteil der städtischen Bevölkerung beträgt 67 Prozent (2001).

Die Einwohnerzahl der Hauptstadt Bern beträgt etwa 123 000 (2001). Weitere wichtige Städte sind Zürich (338 000), größte Stadt der Schweiz und internationales Finanzzentrum, Basel (166 000), ein wichtiges Handelszentrum für Textilien und Bekleidung, Genf (176 000), ein bedeutendes Finanz- und Handelszentrum, und Lausanne (115 000). 3.2 Sprache Die Amtssprachen der Schweiz sind Deutsch (65 Prozent der Bevölkerung), Französisch (18 Prozent) und Italienisch (10 Prozent). Seit der Volksabstimmung vom 10. März 1996 ist Rumantsch, das zu den rätoromanischen Sprachen zählt und von weniger als 1 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird, vierte Amtssprache.

Der mit 6 Prozent relativ hohe Anteil anderer Sprachen spiegelt den hohen Anteil ausländischer Bürger wider. Im deutschsprachigen Teil wird als Mundart Schwyzerdütsch (Schweizerdeutsch) gesprochen, ein alemannischer Dialekt. Tageszeitungen und Zeitschriften erscheinen in Hochdeutsch. In den Kantonen Freiburg (Fribourg), Jura, Waadt (Vaud), Wallis (Valais), Neuenburg (Neuchâtel) und Genf (Genève) ist Französisch dominierend. Das Tessin (Ticino) bildet den überwiegenden Teil des italienischen Sprachraumes. Bündnerromanisch wird in erster Linie im Kanton Graubünden (Grisons) gesprochen.

3.3 Religion Etwa 46 Prozent der schweizerischen Bevölkerung sind Katholiken, circa 40 Prozent sind Protestanten. Muslime, Juden und Angehörige anderer Religionen bilden jeweils kleinere Glaubensgemeinschaften. 1973 wurden durch eine Volksabstimmung mehrere Verfassungsartikel aufgehoben, die den Jesuitenorden sowie die Gründung von Klöstern verboten. Bedeutende Entwicklungen während der protestantischen Reformation des 16. Jahrhundert gingen von der Schweiz aus.

Johannes Calvin führte beispielsweise seine Reformen in Genf ein. 3.3.1 Feiertage Zu den gesetzlichen Feiertagen zählen u. a.: Neujahr (1.

 Januar), Ostern (Karfreitag bis Ostermontag), Christi Himmelfahrt, Pfingstsonntag und -montag, der Nationalfeiertag (1. August), das Erntedankfest im September sowie Weihnachten. In Teilen des Landes sind der Tag der Arbeit am 1. Mai und weitere Tage in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ebenfalls gesetzliche Feiertage. Weihnachten ist das wichtigste Fest im Jahr. In der Schweiz ist Himmelfahrt zugleich Banntag (Grenztag), an dem die Leute früher die Grenzpfähle ihrer Grundstücke überprüften und ihre Felder segnen ließen.

3.4 Soziales Die Schweiz zählt zu den wohlhabendsten Ländern der Erde; der überwiegende Teil der Bevölkerung verfügt über einen hohen Lebensstandard. Das Bundessozialversicherungsgesetz von 1911 regelt die Unfall- und Krankenversicherung. Die Unfallversicherung ist für die meisten Beamten und Angestellten Pflicht. Der Abschluss einer Renten- und Lebensversicherung, die auch Zuschüsse für den Fall der Erwerbsunfähigkeit einschließt, ist Pflicht und wird durch eine Lohnsummensteuer von Arbeitgebern und -nehmern finanziert. Die Arbeitslosenversicherung wurde 1976 zu einer gesetzlichen Pflichtversicherung.

Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist hervorragend. 4 BILDUNG UND KULTUR Zu den bekanntesten Hochschuleinrichtungen der Schweiz gehören die Universitäten in Basel (1460 gegründet), Lausanne (1537), Zürich (1833) und Genf (1599) sowie die Eidgenössische Technische Hochschule (1855) in Zürich. Der Unterricht, insbesondere der Religionsunterricht, wurde von dem französischen Theologen Johannes Calvin, der zeitweise in der Schweiz lebte, entscheidend geprägt. Ebenso beeinflusste der in Genf geborene Philosoph Jean-Jacques Rousseau die Vorstellungen von Bildung und Erziehung. Die Theorien von Johann Pestalozzi trugen weltweit zur Einführung des Schulwesens bei. In jüngster Zeit fanden Untersuchungen des schweizerischen Psychologen Jean Piaget über die Lernfähigkeiten und Lerngewohnheiten bei Kindern große Beachtung.

Nach der Verfassung von 1874 besteht eine 9-jährige Schulpflicht. Das Schulwesen ist in erster Linie Sache der Kantone und wird nicht von der Bundesregierung kontrolliert, so dass sich ein sehr heterogenes Bild der Schulsysteme ergibt. In den meisten Kantonen gibt es neben Sekundarschulen für Schüler zwischen 12 und 15 Jahren Gymnasien und Berufsschulen sowie verschiedene Einrichtungen für höhere Berufsbildungen in Form von Fachschulen und Universitäten. Der Alphabetisierungsgrad beträgt 99 Prozent (1995). 4.1 Kultureinrichtungen Bedeutende Schweizer Schauspielhäuser sind das Stadttheater Basel, das Stadttheater Bern, das Grand Théâtre de Genève, das Théâtre de la Comédie in Genf und das Théâtre Municipal de Lausanne.

Das Opernhaus von Zürich setzt im musikalischen Bereich Akzente. Die Bibliothek der Universität Basel ist mit über 2,6 Millionen Bänden die größte der Schweiz. Die Schweizerische Nationalbibliothek in Bern und die Bibliotheken der Vereinten Nationen gehören zu den wichtigsten Fachbibliotheken. Das Nationalmuseum in Zürich beherbergt die bedeutendste historische Sammlung der Schweiz. Zum Bestand der Kunsthäuser in Basel, Bern und Zürich gehören Werke aus dem 15. und 16.

 Jahrhundert, holländische und flämische Meister des 17. und 18. Jahrhunderts, Exponate der Moderne sowie zeitgenössische europäische Kunst. 4.2 Kunst und Musik Der Großteil der schweizerischen Literatur ist in deutscher Sprache verfasst. Sie nimmt ihren Anfang bei der Poesie der Minnesänger im Mittelalter und bei den volkstümlichen Balladen und Chroniken aus dem 14.

 Jahrhundert. Zu den berühmten deutschsprachigen Autoren der Schweiz gehören Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer, Carl Spitteler, Jeremias Gotthelf,Hermann Hesse, Robert Walser, Friedrich Glauser, Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt. Wichtige Theoretiker waren Johann Jacob Bodmer und Johann Jakob Breitinger sowie - für die Sprachwissenschaft - Ferdinand de Saussure. Zur neueren Generation Schweizer Autoren gehören Adolf Muschg, Ludwig Hohl, Hermann Burger, Hugo Loetscher, Peter Bichsel, Franz Hohler, Reto Hänny, Eugen Gomringer, Jürg Federspiel, Jürg Laederach und Franz Böni. Bekannteste französischsprachige Schriftsteller sind neben Rousseau Germaine de Staël, Rudolphe Toepffer, Blaise Cendrars und Robert Pinget, bekannteste italienischsprachige Elio Vittorini und Eugenio Montale. Die Erzählung Heidi (1880) von Johanna Spyri ist international bekannt und wurde oft verfilmt.

Ein bedeutender Schweizer Schauspieler ist Bruno Ganz. Zu den bedeutendsten Vertretern der Schweizer Kunst und Architektur gehören Conrad Witz, Heinrich Füssli, Arnold Böcklin, Ferdinand Hodler, Paul Klee, Alberto Giacometti, der Designer Max Bill sowie die Architekten Le Corbusier und Mario Botta. Der Dadaismus nahm im Zürcher Cabaret Voltaire seinen Anfang. In den späten siebziger und frühen achtziger Jahren wurde Harald Naegeli als "Sprayer von Zürich" bekannt. Die schweizerischen Komponisten Ludwig Senfl und Heinrich Loris, genannt Henricus Glareanus, lieferten wichtige Beiträge zur Renaissancemusik. Zu den bedeutenden zeitgenössischen schweizerischen Komponisten gehören Ernest Bloch, Arthur Honegger, Othmar Schoeck, Frank Martin, Ernst Levy, Conrad Beck und Roland Moser.

Der schweizerische Dirigent Ernest Ansermet erlangte als Dirigent des Orchestre de la Suisse Romande in Genf Weltruhm. Ein bedeutendes Jazzensemble ist das Vienna Art Orchestra. Zur traditionellen Schweizer Volksmusik vor allem im Alpengebiet gehört das Jodeln. Ein zentrales Instrument ist das Alphorn. 4.3 Medien Vor allem die 1997 aus den Schweizerischen Post-, Telefon- und Telegraphenbetriebe (P.

T.T.) hervorgegangene Swisscom bietet ein umfassendes und modernes Kommunikationssystem. Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft sendet in deutscher, französischer und italienischer Sprache. Für die drei Sprachregionen gibt es je zwei öffentlich-rechtliche Fernsehsender (zudem die privaten Sender Tele 24 und TV 3) sowie je drei Hörfunksender (außerdem eine Reihe von regionalen Stationen). In der Schweiz gibt es 81 Tageszeitungen (1999), die auflagenstärksten sind der Tagesanzeiger (Zürich), die auch international renommierte Neue Zürcher Zeitung und Die Südostschweiz.

5 VERWALTUNG UND POLITIK Die Schweiz ist eine parlamentarische Bundesrepublik, die bis 1999 auf der Verfassung vom 29. Mai 1874 beruhte. Diese wurde mehrfach geändert, aber lange Zeit nicht ersetzt. Eine neue Verfassung wurde im April 1999 durch Volksentscheid angenommen. Bei den Bundeswahlen sind alle Bürger über 18 Jahren wahlberechtigt. Frauen erhielten 1971 durch ein Referendum (Volksabstimmung, Volksentscheid) das Stimm- und Wahlrecht auf Bundesebene.

Auf Kantonsebene wurde das Frauenwahlrecht erst 1990 endgültig verwirklicht. Die Wählerschaft wählt nicht nur ihre Abgeordneten, sondern kann auch über Bundesgesetze und Verfassungsänderungen abstimmen. Das Referendum ist ein wichtiger Bestandteil des schweizerischen Gesetzgebungsverfahrens. Verfassungsänderungen können auf dem Weg des Volksbegehrens von mindestens 100 000 stimmberechtigten Bürgern angeregt werden (Verfassungsinitiative). Die Verfassungsänderung muss im Anschluss daran durch einen Volksentscheid bestätigt werden. Bundesgesetze müssen ebenfalls einer Volksabstimmung unterbreitet werden.

5.1 Exekutive Das oberste Exekutivorgan der Schweiz ist der Bundesrat (Conseil Fédéral, Consiglio Federale). Er wird alle vier Jahre von der Bundesversammlung gewählt und besteht aus sieben Mitgliedern (Ministern). Der Bundesrat ist dem Parlament verantwortlich. Der Vorsitzende des Bundesrates, der Bundespräsident, wird von der Bundesversammlung für eine Amtszeit von einem Jahr gewählt. Nach der Verfassung ist die Wiederwahl des Bundespräsidenten für aufeinander folgende Amtsperioden ausdrücklich untersagt.

5.2 Legislative Gesetzgebendes Organ ist die Bundesversammlung (Assemblée Fédérale, Assemblea Federale), das schweizerische Parlament, das aus zwei Kammern, dem Ständerat (Conseil des Etats, Consiglio degli Stati) und dem Nationalrat (Conseil National, Consiglio Nazionale) besteht. Der Ständerat umfasst 46 Abgeordnete, die nach den jeweiligen Vorschriften der Kantone nach dem Mehrheitswahlrecht in der Regel für vier Jahre gewählt werden. Jeder Kanton hat zwei Mandate, jeder Halbkanton ein Mandat. Der Nationalrat wird aus 200 nach dem Verhältniswahlrecht für vier Jahre gewählten Abgeordneten gebildet. 5.

3 Judikative Höchste juristische Instanz ist das Bundesgericht in Lausanne; es besteht aus 30 Richtern, die von der Bundesversammlung für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt werden. Es bildet die letzte Instanz bei Verfahren zwischen Bund und Kantonen, Körperschaften und Privatpersonen und bei interkantonalen Streitfällen. Einen eigenen Zuständigkeitsbereich hat das Bundesgericht nur in Fragen des Verfassungsverstoßes. Jeder Kanton hat ein eigenes, unabhängiges Rechtssystem mit Zivil-, Straf- und Berufungsgerichten. Die Todesstrafe wurde 1942 abgeschafft. 5.

4 Kommunalverwaltung Die Schweiz ist ein Bundesstaat, der aus 20 Vollkantonen und sechs Halbkantonen besteht. Die Untergliederung in Halbkantone geschah aus verwaltungstechnischen Gründen. Die Kantone und Halbkantone sind: Aargau, Appenzell-Ausserrhoden (Halbkanton), Appenzell-Innerrhoden (Halbkanton), Basel-Landschaft (Halbkanton), Basel-Stadt (Halbkanton), Bern, Fribourg, Genf (Genève), Glarus, Graubünden (Grisons), Jura, Luzern (Lucerne), Neuchâtel, Nidwalden (Halbkanton), Obwalden (Halbkanton), Sankt Gallen, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn (Soleure), Thurgau, Tessin (Ticino), Uri, Wallis (Valais), Waadt (Vaud), Zug und Zürich. Alle von der schweizerischen Verfassung nicht an den Bund übertragenen Vollmachten liegen bei den Kantonen, wie z. B. der Erlass der Schulgesetze, der Prozessordnungen und der Vorschriften der Gerichtsverfassung.

Die staatliche Organisation der Kantone wird von diesen selbst bestimmt, muss jedoch demokratischen Prinzipien entsprechen. Jeder der 20 Kantone und der sechs Halbkantone hat ein vom Volk gewähltes Parlament (Kantonsrat) und als Exekutive einen Regierungsrat. In Appenzell, Glarus und Unterwalden gibt es neben dem Rat noch eine Landsgemeinde, eine Versammlung stimmberechtigter Bürger, bei der jeder Teilnehmer das Wort ergreifen darf; die zur Diskussion stehenden Angelegenheiten werden in Abstimmungen entschieden. In den meisten Kantonen ist jedoch der Kantonsrat eine repräsentative Körperschaft, die vom Volk gewählt wurde. Frauen erhielten das Wahlrecht für Kommunal- und Kantonswahlen in den meisten Gebieten während der siebziger Jahre. In Appenzell-Innerrhoden waren Frauen bis 1990 nicht stimm- und wahlberechtigt.

Die kleinsten Verwaltungseinheiten sind die über 3 000 Gemeinden der Schweiz. Sie können in vielen Verwaltungsangelegenheiten weitgehend autonom handeln. Mehrere Gemeinden werden zu einem Bezirk zusammengefasst, dem ein Landammann vorsitzt, der die Kantonsregierung vertritt. 5.5 Politik Die stärksten politischen Parteien der Schweiz sind die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS), die Schweizerische Volkspartei (SVP), die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) und die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP). Weitere wichtige Parteien sind u.

 a. die Grüne Partei (GP), die Liberale Partei (LP) und die Partei der Arbeit (PdA). Der Landesring der Unabhängigen (LdU) löste sich im Dezember 1999 auf. 5.6 Verteidigung Die Schweiz unterhält eine Milizarmee mit allgemeiner Wehrpflicht für alle Männer zwischen dem 20. und 42.

 Lebensjahr. Mit 400 000 Mann zählt diese Armee zu den größten in Westeuropa. Siehe auch Schweizer Armee 6 WIRTSCHAFT Trotz ihrer Binnenlage, des begrenzten Inlandsmarktes und der relativ geringen Ausstattung mit Rohstoffen zählt die Schweiz zu den wichtigsten Industrienationen der Welt. Wie bei vielen anderen Industriestaaten zu beobachten, nimmt auch in der Schweiz der Dienstleistungssektor eine bedeutende Rolle ein: dieses Segment erbringt mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (vor allem Banken). In Schweizer Dienstleistungsunternehmen sind 69 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt. Hierauf folgen die verarbeitende Industrie mit 25 Prozent, Energiewirtschaft, Bergbau und Bauwesen mit 10 Prozent sowie Land-, Forstwirtschaft und Fischerei mit 3 Prozent aller Erwerbstätigen.

Die Schweiz gehört zu den bedeutendsten Finanzzentren der Welt und ist außerdem ein überaus beliebtes Reiseziel. Das Land betreibt umfangreichen Außenhandel; die Handelsbilanz ist leicht positiv (1999-2001). 6.1 Landwirtschaft Rund 38 Prozent des Staatsgebiets werden agrarisch genutzt. Auch wenn die Schweiz ihren Eigenbedarf an Fleisch und Weizen trotz der relativ kleinen landwirtschaftlichen Nutzfläche decken kann, werden viele Nahrungsmittel eingeführt und die Landwirtschaft wie in anderen Industrieländern stark subventioniert. Die meisten landwirtschaftlichen Betriebe sind kleine bäuerliche Familienbetriebe.

Hauptanbauprodukte sind Zuckerrüben, Weizen, Kartoffeln, Äpfel und Weintrauben. In klimatisch begünstigten Gebieten, vor allem an südexponierten Hängen, wird Weinbau betrieben. Eine wichtige Rolle spielt die Milchwirtschaft; die Produktion von Milch und Käse ist traditionell ein wichtiger Wirtschaftszweig. Der Viehbestand setzt sich vor allem aus Rindern, Schweinen und Schafen zusammen. 6.2 Forstwirtschaft und Fischerei Ein großer Teil der Waldgebiete des Landes wird forstwirtschaftlich genutzt.

Die Holzindustrie wird jedoch von umweltbedingten Waldschäden, die über 35 Prozent der Wälder des Landes beeinträchtigen, erheblich belastet. Der Großteil des Holzes wird für Schnittholz oder für die Papierherstellung verwendet. Die Fischerei ist nur von lokaler Bedeutung und beschränkt sich weitgehend auf Forellen, die in erster Linie im Genfer See, im Neuenburger See und im Bodensee sowie aus deren Zu- und Abflüssen gefangen werden. 6.3 Bergbau In der Schweiz gibt es kaum abbauwürdige Bodenschätze. Neben Salz wird u.

 a. Kalk als Grundstoff für die Zementherstellung abgebaut. Der Bedarf an Rohstoffen wird fast vollständig durch Importe gedeckt. 6.4 Industrie Etwa ein Viertel der Erwerbstätigen der Schweiz ist in der verarbeitenden Industrie beschäftigt. Kennzeichnend für das produzierende Gewerbe sind hohe Produktionskosten und starke Exportorientierung.

Die wichtigsten Industriezweige sind der Maschinenbau, die pharmazeutische Industrie sowie die feinmechanische und optische Industrie. Die Uhrenherstellung ist der am stärksten exportorientierte Industriezweig, die Schweiz führt im Schnitt mehr als 28 Millionen Uhren pro Jahr aus. Weitere Industrieerzeugnisse sind Textilien, Bekleidung, Schuhe, chemische Produkte, Metallwaren, Nahrungs- und Genussmittel (darunter Schokolade und Tabak), Holzprodukte und Papier. 6.5 Währung und Bankwesen Die Währungseinheit der Schweiz ist der Schweizer Franken (sfr), der 100 Rappen (Rp) bzw. Centimes (c) entspricht.

Die halbstaatliche Schweizerische Nationalbank ist die Zentralnotenbank, an der die Kantone, andere Banken und die Öffentlichkeit Anteile besitzen. Die Banken der Schweiz werden von internationalen Anlegern und Finanziers aufgrund der politischen und monetären Stabilität sowie der traditionellen Wahrung des Bankgeheimnisses bei Bankgeschäften geschätzt. Das private Bankwesen stellt eine der Haupteinnahmequellen des Landes dar. Zürich ist das wichtigste Bankenzentrum. 6.6 Außenhandel Importiert werden vor allem Maschinen, Fahrzeuge, chemische Erzeugnisse (u.

 a. Kunststoffe), Brennstoffe, Edelmetalle und Nahrungsmittel. Zu den Hauptexportgütern gehören z. B. Maschinen, pharmazeutische und chemische Produkte, Textilien und Uhren. Die Haupthandelspartner der Schweiz sind Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, die Vereinigten Staaten und Japan.

6.7 Verkehrswesen und Tourismus Die Gesamtlänge des vollständig elektrifizierten Eisenbahnnetzes der Schweiz beträgt etwa 5 200 Kilometer. 57 Prozent davon werden von den Schweizerischen Bundesbahnen betrieben. Aufgrund der zentralen Lage spielt die Schweiz als Transitland für den Verkehr zwischen Mittel-, West- und Südeuropa eine bedeutende Rolle. Das Straßennetz umfasst 71 011 Kilometer (2000), davon sind rund 1 500 Kilometer Autobahnen. Für den Transport von Gütern ist die Rheinschiffahrt wichtig.

Der nationale und internationale Luftverkehr wird von der nationalen Fluggesellschaft Swissair abgewickelt. Internationale Flughäfen sind Zürich-Kloten, Genf-Cointrin und auf französischem Staatsgebiet Basel-Mülhausen. Bei einer Volksabstimmung wurde im Februar 1994 ein umstrittenes Volksbegehren, das zum Schutz der Alpentäler eine vollständige Verlagerung des Transitverkehrs von der Straße auf die Schiene vorsieht, angenommen und dessen In-Kraft-Treten für das Jahr 2004 beschlossen. Der Fremdenverkehr ist eine der Hauptdevisenquellen und ein bedeutender Wirtschaftssektor der Schweiz. Sowohl für den Sommer- als auch für den Wintertourismus ist die entsprechende Infrastruktur gut ausgebaut. Zu den bevorzugten Reisezielen gehören die Alpen, die Seen im Schweizer Mittelland (vor allem Genfer See und Bodensee) und im Süden des Landes (Lago Maggiore und Luganer See) sowie die größeren Städte.

Touristen verbrachten im Jahr 2000 rund 34 Millionen Übernachtungen in der Schweiz (davon 20 Millionen von Besuchern aus dem Ausland), was einen Zuwachs von knapp 6 Prozent gegenüber 1999 bedeutet. 6.8 Energie Die Schweiz verfügt über ein großes Wasserkraftpotential. 59,54 Prozent der Elektrizität werden in Wasserkraftwerken erzeugt (2001). Mehr als 35 Prozent des benötigten Stromes gewinnen Kernkraftwerke (1997/98 waren fünf Kernkraftwerke in Betrieb). 7 GESCHICHTE In vorrömischer Zeit war das Gebiet der heutigen Schweiz im Westen von keltischen Helvetiern, die im späten 2.

 Jahrhundert v. Chr. von Süddeutschland her eingewandert waren, und im Osten von Rätern bewohnt. 58 v. Chr. besiegte Gaius Julius Caesar die Helveter; 15 v.

 Chr. wurde das Gebiet dem Römischen Reich angegliedert, der Westen als Teil der Provinz Gallien, der Osten als Teil der Provinz Rätien. 7.1 Frühes Mittelalter Im 5. Jahrhundert n. Chr.

wanderten Burgunder in den Westen und Alemannen in den Norden der heutigen Schweiz ein. Ab dem späten 5. Jahrhundert unterwarfen die Franken sukzessive Alemannen, Burgunder und Räter und gliederten sie in das Frankenreich ein. Parallel zur fränkischen Landnahme schritt die Christianisierung der Region voran; Klöster wurden gegründet, von denen einige - wie etwa Sankt Gallen und Reichenau - sich schnell zu bedeutenden Kulturzentren entwickelten. Als das Frankenreich im 9. Jahrhundert zerfiel, kam der Großteil des Gebiets der heutigen Schweiz als Teil des Herzogtums Schwaben zum werdenden Heiligen Römischen Reich, der Südwesten gehörte zum Königreich Burgund.

1033 fiel Burgund auf dem Erbweg an den Kaiser Konrad II. und wurde so mit dem Heiligen Römischen Reich verbunden. Wie nahezu überall im Reich bildeten sich auch im schweizerischen Gebiet zahlreiche kleinere weltliche und geistliche Herrschaften heraus, wie etwa die der Zähringer, die Bistümer Chur, Konstanz, Genf etc., die Klöster Sankt Gallen und Einsiedeln. 7.2 Die Formierung der Eidgenossenschaft 1218 starben die Zähringer in der Hauptlinie aus, 1268 die Herzöge von Schwaben, die Staufer, nachdem sie bereits in den Jahren zuvor einen Großteil ihrer Macht und ihres Einflusses im Südwesten des Reiches verloren hatten.

Im Westen der heutigen Schweiz etablierten sich nun die Habsburger als Vormacht, im Osten die Grafen von Savoyen; daneben existierte weiterhin eine Reihe kleinerer Territorialherrschaften, und es bildeten und verfestigten sich nun auch verschiedene Städte- und Tälerbündnisse - dies vor allem in Abwehr der von König Rudolf I. eingeleiteten Versuche der Habsburger, ihr Territorium in der Schweiz zu arrondieren und hier eine straffe Verwaltung zu schaffen. 1291 schlossen sich die drei Urkantone Uri, Schwyz - beide waren 1231 bzw. 1240 von Kaiser Friedrich II. mit der Reichsunmittelbarkeit ausgestattet worden, die Habsburger wollten diesen Status jedoch nicht anerkennen - und Unterwalden, die so genannten Waldstätte, zu einem "Ewigen Bund" zusammen und versicherten sich im (historisch zweifelhaften) Rütlischwur gegenseitiger Hilfe im Kampf gegen die Habsburger. 1315 besiegten die drei Waldstätte bei Morgarten ein habsburgisches Heer und erneuerten ihren "Ewigen Bund".

1332 schlossen sich Luzern, 1351 Zürich, 1352 Glarus und Zug und 1352 schließlich Bern dem Bund an; aus dem Bund der drei Urkantone war nun die Eidgenossenschaft der "Acht alten Orte" geworden. 1386 siegte der Bund in der Schlacht von Sempach erneut über die Habsburger und untermauerte damit seine Unabhängigkeit. 1415 schwächten die Eidgenossen die Position der Habsburger durch die Eroberung des Aargaus noch weiter, im Rahmen der Toggenburger Erbschaftskriege (1440-1450) behaupteten sie sich am Ende erneut gegen die Habsburger, und 1460 nahmen sie den habsburgischen Thurgau ein. Durch ihre Siege in den Burgunderkriegen (1474-1477) über Karl den Kühnen wehrten die Eidgenossen schließlich auch die burgundische Expansion ab und schufen sich zugleich einen Namen als Militärmacht; die Schweizergarden, eidgenössische Söldner, waren in der Folgezeit im Ausland hochbegehrt. 1481 traten Freiburg und Solothurn der Eidgenossenschaft bei. 1499 lösten die geplante Reichsreform Kaiser Maximilians I.

, die von den Eidgenossen den Verzicht auf einige ihrer alten Privilegien bedeutet hätte, sowie die habsburgische Territorialpolitik in Graubünden den Schwabenkrieg aus. Der Krieg endete nach eidgenössischen Erfolgen mit dem Frieden von Basel (22. September 1499) und dem faktischen Ausscheiden der Schweiz aus dem Reichsverband. Rechtsgültig fixiert wurde der Austritt der Eidgenossenschaft aus dem Reich allerdings erst 1648 im Westfälischen Frieden. 1501 traten Basel und Schaffhausen und 1513 Appenzell der Eidgenossenschaft bei, die damit zum Bund der "Dreizehn alten Orte" erweitert war. Der Bund der "Dreizehn alten Orte" war eine Föderation selbständiger Kantone, zum Teil Stadtrepubliken (Basel, Bern, Freiburg, Luzern, Schaffhausen, Solothurn und Zürich), zum Teil vergleichsweise demokratisch verfasste Länder (Appenzell, Glarus, Schwyz, Unterwalden, Uri und Zug); dazu kam eine Reihe "zugewandter Orte" (z.

 B. Stadt und Kloster Sankt Gallen, Mülhausen, Genf, das Bistum Basel), die mit den Dreizehn alten Orten unterschiedlich eng verbündet waren und in der Eidgenossenschaft über unterschiedliche (eingeschränkte) Rechte verfügten. In enger Verbindung zur Eidgenossenschaft standen auch die selbständigen Republiken Wallis und Graubünden. Für die gemeinsamen inneren Angelegenheiten der Dreizehn alten Orte war die Tagsatzung zuständig, die institutionalisierte, regelmäßige Versammlung der Gesandten der 13 Kantone; eine gemeinsame Außenpolitik fand hingegen kaum statt - ein Grund für die Neutralitätspolitik der Schweiz. Die 13 alten Kantone waren innerhalb ihrer Föderation souverän; Neuerwerbungen, die so genannten Untertanenländer, wie etwa der Thurgau, das Tessin und Teile des Aargaus und des Kantons Sankt Gallen, hingegen waren unselbständig und wurden von den 13 alten Kantonen gemeinsam verwaltet. Die Zusammensetzung des Bundes blieb bis 1798 unverändert.

Im frühen 16. Jahrhundert griffen die Schweizer als selbständige Macht auf der Seite der Heiligen Liga in die französisch-habsburgischen Auseinandersetzungen um Oberitalien ein. Nach anfänglichen Erfolgen der antifranzösischen Koalition erlitten die Schweizer 1515 bei Marignano ein schwere Niederlage, in deren Folge sie ihre Politik grundlegend änderten: 1516 schlossen sie Frieden und 1521 ein enges Bündnis mit Frankreich, und sie verzichteten weitgehend auf eine selbständige auswärtige Machtpolitik. Trotz der Niederlage konnte die Eidgenossenschaft jedoch territoriale Zugewinne für sich verbuchen: Sie gewann das Tessin, das verbündete Graubünden erhielt das Veltlin. 1536 eroberte Bern schließlich noch das savoyische Waadtland. 7.

3 Die Reformation Die Reformation traf in der Schweiz auf teilweise recht fruchtbaren Boden - die Eidgenossenschaft befand sich gerade in der Phase der außenpolitischen Neuorientierung, soziale Bewegungen waren im Entstehen begriffen - und fand in Ulrich Zwingli, seit 1519 Priester am Züricher Großmünster, und später, in den französischsprachigen Gebieten, in Johannes Calvin kompromisslose Verfechter. 1523 führte Zürich die Reformation ein, und der Großteil der Städte, darunter auch Bern und Basel, folgte bald dem Züricher Beispiel. Die drei Urkantone sowie Zug, Freiburg, Luzern und Solothurn dagegen blieben bei der katholischen Konfession. Die konfessionelle Spaltung der Schweiz entlud sich 1531 im Zweiten Kappeler Krieg, aus dem die katholischen Orte als Sieger hervorgingen. Der Kappeler Landfriede, den katholische und reformierte Kantone am 20. November 1531 am Ende des Krieges schlossen, stellte zwar die Entscheidung über die Konfession jeweils in das Ermessen der Kantone; zugleich aber wurde die katholische Konfession in den gemeinsam verwalteten Untertanenländern durchgesetzt und dadurch sowie durch die katholische Mehrheit in der Tagsatzung die Vormachtstellung der Katholischen verfestigt.

Infolge der Niederlage der Reformierten bei Kappel und des Todes Zwinglis stagnierte die Ausbreitung der Reformation in der deutschsprachigen Schweiz; im französischsprachigen Westen dagegen konnte sie sich weiter entfalten. 1536 führte Genf, seit 1526 "zugewandter Ort", unter der Ägide Calvins und Guillaume Farels die Reformation ein und entwickelte sich rasch zu einem Zentrum des Calvinismus mit bedeutender Fernwirkung. 1566 vereinten sich die beiden schweizerischen protestantischen Richtungen, die Zwinglianer und die Calvinisten, in der Confessio Helvetica posterior zu einer Glaubensgemeinschaft. Im Gegenzug intensivierte die katholische Seite ihre gegenreformatorischen Bemühungen, u. a. durch die Gründung neuer Klöster und die Berufung von Jesuiten.

1586 schlossen sich die sieben katholischen Kantone zur Verteidigung ihrer Konfession zum Goldenen Bund (1655 in Borromäischer Bund umbenannt) zusammen, und 1587 gingen sie zudem ein Bündnis mit dem katholischen Spanien ein. Die konfessionellen Gegensätze gefährdeten den Bestand des schweizerischen Bündnissystems zwar erheblich, wurden jedoch immer überlagert von dem Bestreben, die politische Einheit und damit die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft zu bewahren. Dies war einer der Gründe dafür, dass die Schweiz - mit Ausnahme Graubündens - kaum in den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) involviert wurde. Dennoch hatte der Krieg für die Schweiz nachhaltige Folgen: Im Zuge des Krieges verfestigte die Eidgenossenschaft ihr Prinzip der Neutralitätspolitik; 1668 führte sie mit dem Defensionale eine erste umfassende Heeresordnung ein, die ausdrücklich dem Schutz und der Aufrechterhaltung ihrer Neutralität dienen sollte. Des Weiteren erreichte die Schweiz im Westfälischen Frieden 1648 die Entlassung aus dem Reichsverband und die völkerrechtliche Anerkennung als souveräner Staat. 7.

4 Die Konsolidierung des souveränen Staates Das Fehlen einer zentralen Staatsgewalt in der sehr heterogen zusammengesetzten Eidgenossenschaft äußerte sich in anhaltenden konfessionellen und sozialen Spannungen. 1653 führte die Unzufriedenheit des Großbauerntums mit dem von den Städten ausgehenden Verwaltungszentralismus zum so genannten Schweizer Bauernkrieg, der zwar zugunsten der Städte ausging, die Städte aber für die Forderungen, Bedürfnisse und Traditionen des Bauerntums sensibilisierte. Die konfessionellen Spannungen entluden sich immer wieder in regional beschränkten Auseinandersetzungen, vor allem aber in den beiden gesamtschweizerischen Villmerger Kriegen (1656 und 1712) zwischen den beiden führenden reformierten Kantonen Zürich und Bern auf der einen und den katholischen Fünf Orten (Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern und Zug) auf der anderen Seite. Den ersten Krieg entschieden die katholischen Fünf Orte für sich, im zweiten waren die Reformierten siegreich, die nun die Katholischen als politische Vormacht in der Eidgenossenschaft ablösten. 7.4.

1 Helvetische Republik und Mediationsakte Nach Ausbruch der Französischen Revolution 1789 fanden deren Ideen auch in der Schweiz rasch Anhänger. In den Koalitionskriegen behauptete die Eidgenossenschaft ihre Neutralität, obwohl sie, d. h. die Kantonsregierungen, deutlich der antifranzösischen, gegenrevolutionären Koalition zuneigte. Aufgrund dieser koalitionsfreundlichen Haltung der Schweiz, aber auch auf Betreiben schweizerischer Revolutionäre, die die Umwandlung der Eidgenossenschaft in ein zentralisiertes, freiheitliches Staatswesen anstrebten, griff Frankreich Anfang 1798 in der Schweiz ein, brachte die Eidgenossenschaft nach kurzer militärischer Auseinandersetzung im März 1798 zur Kapitulation und besetzte das ganze Land. De jure weiterhin ein selbständiges Staatswesen, wurde die Eidgenossenschaft nun in die Helvetische Republik umgewandelt und als "Schwesterrepublik" eng an die französische Republik angebunden.

Die neue, von dem Basler Peter Ochs ausgearbeitete Verfassung der Helvetischen Republik löste die bisherige föderale Verfassung zugunsten eines Einheitsstaates ab, die Kantone wurden zu Verwaltungseinheiten degradiert. Der Widerstand, auf den die neue Verfassung beim überwiegenden Teil der Schweizer stieß, wie auch scharfe Kontroversen innerhalb der helvetischen Regierung führten 1802 zu Aufständen und schließlich zum Bürgerkrieg. Frankreich, d. h. Napoleon griff erneut ein und erließ am 19. Februar 1803 eine neue, auf die alte föderale Ordnung zurückgreifende Verfassung, die Mediationsakte.

Die 13 alten Kantone wurden als selbständige Kantone mit ihren alten Verfassungen wieder hergestellt, sechs neue, aus Untertanengebieten bzw. zugewandten Orten entstandene Kantone kamen hinzu: Sankt Gallen, Aargau, Thurgau, Tessin, Waadt und Graubünden. Die nun 19 Kantone firmierten als "Schweizerische Eidgenossenschaft". 7.4.2 Restauration und Reform Im 1.

 Pariser Frieden, geschlossen nach der ersten Abdankung Napoleons 1814, erhielt die Eidgenossenschaft die nach der französischen Besetzung abgetretenen Gebiete zurück: Genf, Wallis und Neuenburg, die nun zu eigenständigen Kantonen wurden, sowie das säkularisierte Bistum Basel, das als Berner Jura dem Kanton Bern zugeschlagen wurde. (Neuenburg blieb zugleich noch bis 1857 Fürstentum des preußischen Königs.) Lediglich das Veltlin, das der Zisalpinischen Republik angegliedert worden war, verblieb bei Österreich. Der Wiener Kongress bestätigte 1815 den territorialen Bestand der Schweiz und anerkannte die Schweiz als souveränen Staat mit immerwährender Neutralität. Im August 1815 gab sich die Schweiz mit dem so genannten Bundesvertrag eine neue Verfassung, die besonders die Unabhängigkeit der Kantone betonte und so der Restauration, d. h.

der Rückkehr der alten patrizischen Schicht in die Regierungen in Städten und Landsgemeinden, Vorschub leistete. Wie nahezu überall in Europa entwickelte sich in den Jahren nach dem Wiener Kongress auch in der Schweiz eine starke liberale Bewegung, die eine Reform der Verfassung und die Ablösung der alten Machteliten anstrebte. Vor allem durch die französische Julirevolution von 1830 erhielten die Liberalen starken Auftrieb, übernahmen 1830/31 in der Mehrheit der Kantone die Führung und führten hier eine Reihe liberaler Reformen durch. Verbunden waren diese liberalen Umgestaltungen, die vor allem der Wirtschaft zugute kommen sollten, mit der Forderung nach einer Vereinheitlichung des Staatswesens, dessen kantonale Zersplitterung in zahlreichen, für die Wirtschaft relevanten Bereichen einer Weiterentwicklung entgegenstand. Gegen die liberalen Reformen und die Zentralisierungsbestrebungen leisteten die konservativen, katholischen Kantone erbitterten Widerstand; die Eidgenossenschaft war nunmehr gekennzeichnet durch die innenpolitische Polarisierung zwischen den konservativen, katholisch-klerikalen Kantonen und den liberalen, die die Mehrheit stellten. 1845 schlossen sich die konservativen Kantone zum Sonderbund zusammen.

Die liberal dominierte Tagsatzung betrachtete die Bildung des Sonderbundes als Verstoß gegen den Bundesvertrag und forderte seine Auflösung. Als der Bund dies ablehnte, kam es 1847 zum so genannten Sonderbundskrieg, einem Bürgerkrieg zwischen Sonderbund und Bundesarmee. Der Sonderbund unterlag und löste sich auf; die Liberalen konnten nun eine Reform der Bundesverfassung einleiten. 7.5 Der Bundesstaat Am 12. September 1848 gab sich die Schweiz eine neue Verfassung, die im Wesentlichen noch heute in Kraft ist.

Die Schweiz wurde in einen Bundesstaat mit der Hauptstadt Bern umgewandelt; als Legislative wurde die aus den beiden gleichberechtigten Kammern Nationalrat und Ständerat bestehende Bundesversammlung eingesetzt, die Exekutive wurde dem Bundesrat, einem siebenköpfigen, von der Bundesversammlung gewählten Kollegialorgan, übertragen. Und es wurde ein allgemeines und gleiches Wahlrecht eingeführt, jedoch nur für Männer. In der Folgezeit, bis ins 20. Jahrhundert hinein, dominierten die liberal-demokratischen, zentralistischen und antiklerikalen Freisinnigen (siehe Freisinnig-Demokratische Partei) die schweizerische Politik; ihre Vorstellungen flossen auch in die revidierte Verfassung vom 29. Mai 1874 ein, die die Kompetenzen der Zentralgewalt erweiterte und zugleich die demokratischen Elemente auf Bundes- und Kantonsebene (u. a.

durch die Einführung des Volksentscheids) stärkte. Den nach wie vor vorhandenen politisch-konfessionellen Spannungen zwischen Katholisch-Konservativen und Protestantisch-Liberalen und dem sich verschärfenden Kulturkampf suchte die neue Verfassung durch verschiedene antiklerikale Artikel zu begegnen. Nach der Errichtung des Bundesstaates und der damit verbundenen Zentralisierungen in verschiedenen Bereichen schritt unter den Bedingungen des Freihandels die Industrialisierung der Schweiz, auch des Großteils der bislang agrarisch geprägten Regionen, rasch voran. Mit der Industrialisierung nahmen jedoch auch die sozialen Probleme (soziale Frage) rapide zu, u. a. bedingt durch das starke Bevölkerungswachstum und die Landflucht von den Alpenregionen in die Industriezentren im Mittelland.

Es entstanden verschiedene Arbeiterorganisationen, und 1880 konstituierte sich die erste gesamtschweizerische Gewerkschaft. Trotz ihres soliden wirtschaftlichen Aufschwungs blieb auch die Schweiz in den frühen achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts von der weltweiten Depression nicht verschont, ging von ihrer Freihandelspolitik ab und führte 1884 Schutzzölle ein. Neben den industriellen Wirtschaftszweigen - Textil-, Uhren-, Maschinen-, Nahrungsmittel- und chemische Industrie - entwickelte sich im späten 19. Jahrhundert der Tourismus allmählich zu einem weiteren bedeutenden Wirtschaftsfaktor, und um die Wende zum 20. Jahrhundert hatte sich die Schweiz auch als einer der führenden Finanzplätze der Welt etabliert.

7.5.1 Der neutrale Staat und die Weltkriege Während des 1. Weltkrieges bewahrte die Schweiz, von Krieg führenden Staaten umgeben, ihre Neutralität. Die wirtschaftliche Situation der Schweiz gestaltete sich allerdings zunehmend kritisch: Was Rohstoffe und zum Teil auch Nahrungsmittel anbelangte, war sie stark vom Ausland abhängig; der Rückgang und die Verteuerung der Importe konnte durch die Steigerung der eigenen Produktion, vor allem der Nahrungsmittelproduktion, nur zum Teil aufgefangen werden. Der daraus resultierende Anstieg der Lebenshaltungskosten hatte wiederum zunehmende soziale Spannungen zur Folge, die sich im November 1918 in einem landesweiten Generalstreik entluden.

Der Streik war von dem sozialrevolutionären "Oltener Aktionskomitee" und dessen Begründer Robert Grimm organisiert worden. Sein eigentliches Ziel, eine radikale gesellschaftliche Umwälzung zu erzwingen, verfehlte der Streik zwar; aber in Reaktion auf den Streik wurden Nationalratswahlen nach dem neu eingeführten Verhältniswahlrecht für 1919 ausgeschrieben, die 48-Stunden-Woche sowie verschiedene andere Verbesserungen für Arbeiter und Angestellte eingeführt. Bei den Nationalratswahlen 1919 verlor die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) ihre absolute Mehrheit und schloss sich daraufhin im "Bürgerblock" mit der Katholisch-Konservativen Volkspartei (siehe Christlichdemokratische Volkspartei, CVP) und den Gruppierungen der späteren Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB, siehe Schweizerische Volkspartei, SVP) gegen die Sozialdemokratische Partei (SPS) zusammen. 1935 ging die SPS als stärkste Partei aus den Nationalratswahlen hervor; ein Sitz im Bundesrat blieb ihr jedoch weiterhin verwehrt. Die Schweiz als neutraler, liberaler Staat war bereits im 19. Jahrhundert Schauplatz verschiedener internationaler Konferenzen, und in der Schweiz siedelte sich auch eine Reihe internationaler Organisationen an: So errichtete z.

 B. 1863 das Internationale Rote Kreuz hier ebenso seinen Hauptsitz wie der nach dem Ende des 1. Weltkrieges gegründete Völkerbund. 1920 trat die Schweiz dem Völkerbund bei und gab dafür ihre "integrale", d. h. grundsätzliche Neutralität zugunsten einer "differentiellen" auf, die ihr die Beteiligung an nichtmilitärischen Aktionen des Völkerbundes erlaubte.

Vor dem Hintergrund der Bedrohung durch die Nachbarländer Deutschland und Italien, durch Nationalsozialismus und Faschismus, und auch in Reaktion auf den völligen Misserfolg der Völkerbundssanktionen gegen Italien kehrte die Schweiz jedoch 1938 wieder zum Prinzip der "integralen" Neutralität zurück. Innenpolitisch bewirkte die deutsch-italienische Bedrohung ein breites Bündnis nahezu des gesamten politischen Spektrums zur "geistigen Landesverteidigung". Auch während des 2. Weltkrieges wahrte die Schweiz ihre Neutralität und Unabhängigkeit - allerdings um den Preis einer vorsichtigen Anlehnung an das Deutsche Reich und nicht zuletzt dank ihrer Funktion als Finanzplatz für das nationalsozialistische Deutschland. Die Geschäfte der Schweizer Banken, besonders auch der Nationalbank, mit den Goldlieferungen aus dem Deutschen Reich, darunter auch große Mengen des von den Nationalsozialisten vor allem in den besetzten Gebieten beschlagnahmten "Raubgoldes" - erst 50 Jahre nach Kriegsende weitgehend aufgedeckt und an die Öffentlichkeit gebracht - ließen doch erhebliche Zweifel an der moralischen Integrität und der Neutralität der Schweiz während des 2. Weltkrieges laut werden.

Auch die Tatsache, dass die Schweiz Tausende jüdische Flüchtlinge an ihren Grenzen zurückwies, stieß national und international auf heftige Kritik. Während des 2. Weltkrieges hatte die Schweiz mit ähnlichen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen wie schon im 1. Weltkrieg. Um zumindest die Nahrungsmittelversorgung einigermaßen sicherzustellen, wurden nach Plänen des Sozialdemokraten Friedrich Traugott Wahlen die Anbauflächen in der Schweiz erheblich erweitert; andere notwendige Güter wurden unter erschwerten Bedingungen importiert, sowohl aus den Ländern der Alliierten wie auch denen der Achsenmächte. Innenpolitisch kam es, trotz der breiten "geistigen Landesverteidigung", über Fragen wie Asylgewährung für Flüchtlinge aus dem nationalsozialistischen Deutschland oder dem Kurs gegenüber dem Deutschen Reich zu schweren Kontroversen.

1943 wurde mit Ernst Nobs erstmals ein Sozialdemokrat in den Bundesrat gewählt. 7.5.2 Die Außenpolitik nach dem 2. Weltkrieg Nach Kriegsende setzte die Schweiz ihren Kurs der integralen Neutralität konsequent fort, zunächst unter der langjährigen (1945-1961) Führung des freisinnigen Leiters des Politischen Departements Max Petitpierre. Unbedingte Neutralität bedeutete nun, dass sich die Schweiz im beginnenden Ost-West-Konflikt einer Parteinahme strikt enthielt, dass sie sich keinem politischen oder militärischen Block anschloss und dass sie auch eine Mitgliedschaft in supranationalen Organisationen, aus der ihr politische, ihrer Neutralität widersprechende Verpflichtungen erwachsen könnten, ablehnte.

Den Vereinten Nationen (UN) etwa, die 1946 ihren europäischen Sitz in Genf nahmen, trat die Schweiz nicht bei, wohl aber einigen humanitären und kulturellen Sonderorganisationen wie z. B. der UNESCO und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO). 1948 begründete die Schweiz die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (OEEC), die spätere Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit; 1958 trat sie als assoziiertes Mitglied dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) bei; 1960 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), und 1963 wurde sie in den (rein beratenden) Europarat aufgenommen. Einen Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), deren wirtschaftliche Zielsetzungen eng mit politischen verbunden waren, lehnte die Schweiz jedoch ab. 7.

5.3 Innenpolitische Entwicklung Innenpolitisch erlebte die Schweiz in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg die Entwicklung hin zu einer "Konkordanzdemokratie", die 1959 in der Etablierung einer "großen Koalition" aus Freisinnig-Demokratischer Partei (FDP), Katholisch-Konservativer Partei (seit 1970 Christlichdemokratische Volkspartei, CVP), Sozialdemokratischer Partei (SPS) und der BGB (seit 1971 Schweizerische Volkspartei, SVP) mündete. Die sieben Bundesratssitze wurden seither nach der so genannten "Zauberformel" 2:2:2:1 unter den vier Parteien entsprechend etwa ihrer Sitzverteilung im Nationalrat verteilt: je zwei Sitze für FDP, CVP und SPS, ein Sitz für die SVP. Ab 1959 führten die Kantone nach und nach das Frauenstimmrecht ein; den Anfang machten 1959 die Kantone Waadt und Neuenburg, als letzter gestand 1990 der Halbkanton Appenzell-Innerrhoden den Frauen das Wahlrecht zu. Auf bundesstaatlicher Ebene erhielten die Frauen (durch eine Volksabstimmung) 1971 das aktive und passive Wahlrecht.

1984 kam mit Elisabeth Kopp (FDP) erstmals eine Frau in den Bundesrat; 1999 übte Ruth Dreifuss als erste Frau das Amt des Bundespräsidenten aus. 1981 sprachen sich die Schweizer in einer Volksabstimmung für die verfassungsmäßige Verankerung der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau aus. In weiteren wichtigen Volksabstimmungen entschieden sich die Schweizer in den achtziger Jahren für die Beibehaltung der Wehrpflicht (1984); gegen die Fristenlösung bei Schwangerschaftsabbruch (1985); gegen den Beitritt der Schweiz zu den Vereinten Nationen (1986), obwohl sich der Bundesrat unterdessen klar für einen Beitritt ausgesprochen hatte; für die Verschärfung der Bedingungen bei der Immigration und der Gewährung von politischem Asyl (1987); gegen eine Initiative zur Abschaffung der schweizerischen Armee (1989); und gegen den Bau neuer Kernkraftwerke innerhalb der folgenden zehn Jahre (1990). Im Mai 1992 trat die Schweiz - nach einer entsprechenden Volksabstimmung - der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bei. Noch im selben Monat reichte die Schweiz offiziell ihr Beitrittsgesuch zur Europäischen Gemeinschaft (EG) ein und erklärte sich zugleich bereit, zugunsten einer supranationalen Organisation auf Teile ihrer Souveränität zu verzichten. Im Dezember 1992 allerdings sprachen sich die Schweizer mit knapper Mehrheit gegen den vom Nationalrat bereits gebilligten Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum aus; das EG-Beitrittsgesuch ruht seit dieser Ablehnung.

Nichtsdestotrotz führte die Schweiz in der Folgezeit kontinuierlich Verhandlungen mit der EG bzw. der Europäischen Union (EU) über eine sektionelle Zusammenarbeit; als problematisch erwiesen sich dabei insbesondere die Bereiche Alpentransit für Lastkraftwagen und Freizügigkeit für Personen. Im November 1993 stimmten die Schweizer für die Einführung einer Mehrwertsteuer (zum 1. Januar 1995), die sie seit 1977 in entsprechenden Volksabstimmungen regelmäßig abgelehnt hatten. Im Februar 1994 bestätigten die Schweizer die Verkehrsvorlage, die die vollständige Verlagerung des Gütertransitverkehrs bis zum Jahr 2004 von der Straße auf die Schiene vorsah. Im Dezember 1994 sprachen sich die Schweizer mit deutlicher Mehrheit für eine Gesetzesvorlage zur drastischen Verschärfung des Ausländerrechts aus.

7.5.4 Schatten des 2. Weltkrieges Anlässlich des 50. Jahrestages des Endes des 2. Weltkrieges gestand die Schweizer Bundesregierung in Person des Bundespräsidenten Kaspar Villiger im Mai 1995 erstmals offiziell ein, dass auch die Schweiz im 2.

 Weltkrieg Schuld auf sich geladen habe, drückte ihr Bedauern aus und entschuldigte sich für ihr Verhalten. Als sie während des Krieges ihre Grenzen für Juden geschlossen und dadurch Tausende Juden in den sicheren Tod geschickt habe, habe sich die Schweiz zu sehr von ihrer Angst vor Deutschland und vor einer "Überfremdung" des eigenen Landes leiten lassen anstatt von humanitären Grundsätzen. 1996 setzte der Bundesrat auf der Grundlage eines Nationalrats-Beschlusses eine unabhängige Expertenkommission ein, die so genannte Bergier-Kommission, die dem Schicksal und dem Umfang von Vermögenswerten nachspüren sollten, die Opfer des nationalsozialistischen Regimes in der Schweiz deponiert hatten und die das nationalsozialistische Deutsche Reich größtenteils in Form von Gold in die Schweiz transferiert hatte. Zugleich wurde das schweizerische Bankgeheimnis suspendiert, soweit es für die entsprechenden Untersuchungen erforderlich war. Mit ihrer Bereitschaft zu rückhaltloser Aufklärung über ihre Rolle als Finanzplatz für das Dritte Reich und des Schicksals der nachrichtenlosen Konten von NS-Opfern beugte sich die Schweiz zunehmender Kritik und zunehmendem Druck aus dem Ausland, insbesondere aus den USA, und sie suchte ihr durch die Vorwürfe der Kooperation mit dem NS-Regime schwer angeschlagenes internationales Ansehen wiederherzustellen. Im März 1997 richtete die Schweizer Regierung einen Spezialfonds zugunsten bedürftiger Opfer des Holocaust ein, den vier Schweizer Großbanken, darunter die Schweizer Nationalbank, sowie weitere Wirtschaftsunternehmen mit 265 Millionen Schweizer Franken ausstatteten.

Im Juli 1997 erfolgte eine erste Zahlung aus dem Fonds an bedürftige Holocaust-Überlebende bzw. ihre Nachkommen. Ebenfalls im Juli 1997 veröffentlichten die Schweizer Banken eine Liste mit etwa 1 800 Namen von Inhabern seit 1945 nachrichtenloser Konten; bei den Kontoinhabern handelte es sich vermutlich um Opfer des NS-Regimes. Der im Mai 1997 veröffentlichte Bericht einer amerikanischen Untersuchungskommission, der Eizenstat-Bericht, kam zu dem Ergebnis, dass die Schweiz der "Hauptbankier des Nazi-Regimes" gewesen sei - ein Ergebnis, das auch von dem ersten Zwischenbericht der Bergier-Kommission untermauert wurde. Laut der Bergier-Kommission wickelte die Reichsbank fast 80 Prozent ihrer Goldlieferungen (einschließlich großer Mengen Raubgoldes) ins Ausland über die Schweiz ab. Der Vorwurf, die Schweiz habe das nationalsozialistische Regime wirtschaftlich aktiv unterstützt, konnte jedoch entkräftet werden.

Die Untersuchungsergebnisse, die die bislang totgeschwiegene Rolle der Schweiz zur Zeit des Dritten Reiches grell beleuchteten und alle Vermutungen über den Umfang der Schweizer Verstrickungen um ein Vielfaches übertrafen, entfachten in der Schweiz neben großer Betroffenheit heftige Diskussionen über Schuld und Verantwortung der Schweiz und stellten ihr Prinzip der Neutralität in Frage. Angesichts der Stimmung im eigenen Land, vor allem aber angesichts der sich häufenden Forderungen und Klagen jüdischer Organisationen und Einzelpersonen erklärten sich die Schweizer Großbanken im August 1998 schließlich bereit, eine Gesamtabfindung in Höhe von 1,25 Milliarden US-Dollar zu zahlen, mit der alle jüdischen Ansprüche an Schweizer Banken und Unternehmen und an den Schweizer Staat pauschal abgegolten werden sollten. 7.5.5 Jüngste Entwicklungen Im Dezember 1996 trat die Schweiz nach langwierigen Verhandlungen dem NATO-Programm Partnerschaft für den Frieden bei, ohne dabei ihr Neutralitätsprinzip aufzugeben. Ein Beitritt zur NATO selbst kam und kommt für die Schweiz nicht in Frage.

Im Juni 1998 verabschiedete der Bundesrat ein weiteres, nochmals verschärftes Asylgesetz. Im November 1998 wurde das größte Investitionsvorhaben in der Geschichte der Schweiz verabschiedet: Während der nächsten beiden Jahrzehnte sollen etwa 30,5 Milliarden Franken in Ausbau und Modernisierung der Bahn investiert werden, um die Infrastruktur für die angestrebte Verlagerung des Gütertransitverkehrs auf die Schiene zu schaffen. Die Pläne sehen den Bau von zwei neuen Eisenbahntunnels durch die Alpen sowie Anschlüsse an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz vor. Im April 1999 wurde eine neue Bundesverfassung durch Volksentscheid angenommen; sie trat am 1. Januar 2000 in Kraft. Die Neuerungen beschränkten sich im Wesentlichen auf formale Anpassungen der über 150 Jahre alten Verfassung an die Erfordernisse der Gegenwart; auf tiefer gehende Revisionen der politischen Strukturen verzichtete die neue Verfassung.

Ebenfalls durch eine Volksabstimmung billigten die Schweizer im Mai 2000 ein Paket von sieben bilateralen Verträgen mit der EU, die vor allem die Bereiche Verkehr, Wirtschaft, Handel und Arbeitsmarkt betreffen und generell den Zugang der Schweiz zum europäischen Binnenmarkt und umgekehrt der EU zum Schweizer Markt erleichtern sollen. Die Verträge waren im Juni 1999 von der Schweiz und den EU-Staaten unterzeichnet, im Oktober 1999 von der Schweizer Bundesversammlung und im Mai 2000 vom Europäischen Parlament ratifiziert worden; in Kraft treten sie nach der Ratifizierung durch die 15 EU-Staaten. Aus den Nationalratswahlen im Oktober 1999 ging die SPS mit 51 der insgesamt 200 Mandate erneut als stärkste Kraft hervor. Als zweitstärkste Kraft mit 44 Sitzen konnte sich überraschend die nationalkonservative SVP etablieren, die seit Einführung der Zauberformel 1959 im Kreis der vier Regierungsparteien regelmäßig mit teils großem Abstand den vierten Platz eingenommen hatte. Ihren Erfolg verdankte die SVP vor allem dem Vorsitzenden der Züricher SVP, Christoph Blocher, dessen rechtspopulistischer Wahlkampf (gegen EU und UN, für ein restriktiveres Ausländerrecht etc.) offensichtlich großen Anklang fand.

Der nachdrücklichen Forderung der SVP nach einer Revision der Zauberformel gemäß der neuen Machtverteilung im Nationalrat, d. h. nach einem zweiten Sitz im Bundesrat, erteilte die Bundesversammlung bei der Wahl der Bundesräte im Dezember 1999 jedoch ein klare Absage. In einer Volksabstimmung am 4. März 2001 lehnten die Schweizer mit 76,7 Prozent der Stimmen die Initiative "Ja zu Europa!" klar ab und stimmten damit gegen die sofortige Aufnahme von Verhandlungen über einen Beitritt der Schweiz zur Europäischen Union (EU). Zum zweiten Mal nach 1989 stimmten die Schweizer in einem Referendum am 2.

 Dezember 2001 gegen die Abschaffung ihrer Armee. Mit 78,1 Prozent der Stimmen lehnten sie den Antrag der "Gruppe für eine Schweiz ohne Armee" (GSoA) ab, die Schweizer Milizarmee innerhalb von zehn Jahren abzuschaffen und stattdessen "Friedensfachkräfte" für den Einsatz in Konfliktgebieten auszubilden. Am 3. März 2002 stimmten die Schweizer mit knapper Mehrheit einem Beitritt ihres Landes zu den Vereinten Nationen zu. 54,6 Prozent der Wähler und zwölf Kantone befürworteten eine entsprechende Vorlage, elf Kantone waren dagegen. Für die Zustimmung war sowohl eine Mehrheit der Wähler als auch eine Mehrheit der Kantone (Ständemehr) nötig.

Am 10. September 2002 trat die Schweiz als 190. Mitgliedsstaat den Vereinten Nationen bei.

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