Kolumbien
Kolumbien
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EINLEITUNG
Kolumbien, amtlich República de Colombia. Republik im Nordwesten Südamerikas, grenzt im Norden an Panamá und das Karibische Meer, im Osten an Venezuela und Brasilien, im Süden an Peru und Ecuador und im Westen an den Pazifischen Ozean. Kolumbien ist das einzige südamerikanische Land, das sowohl an das Karibische Meer als auch an den Pazifik grenzt. Die Gesamtfläche beträgt 1 141 748 Quadratkilometer. Hauptstadt und zugleich größte Stadt ist Bogotá (Santa Fe de Bogotá).
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LAND
Kolumbien erstreckt sich im nordwestlichen Teil Südamerikas und ist ein Andenstaat.
Dieses Hochgebirge erstreckt sich in den zentralen und westlichen Landesteilen in Nord-Süd-Richtung. Rund zwei Drittel des Landes werden jedoch von Tiefebenen eingenommen. Die Anden bestehen auf kolumbianischem Gebiet aus drei annähernd parallel zueinander verlaufenden Ketten: Ostkordillere (Cordillera Oriental), Zentralkordillere (Cordillera Central) und Westkordillere (Cordillera Occidental). An der karibischen Küste befindet sich das isolierte Gebirgsmassiv der Sierra Nevada de Santa Marta, das sich mit dem Pico Cristóbal Colón bis zu einer Höhe von 5 776 Metern über dem Meeresspiegel erhebt. Zur Zentralkordillere gehören die Vulkankegel Nevado del Huila (5 750 Meter) und Nevado del Tolima (5 616 Meter). Die Kordillerengipfel sind von ewigem Schnee bedeckt.
Zwischen den Kordilleren liegen Hochebenen und fruchtbare Täler, durch die die wichtigsten Flüsse des Landes verlaufen.
Östlich der Ostkordillere schließen sich tropisch heiße Tiefländer an. Im Süden ist diese ausgedehnte Region in den Selvas (Regenwälder) waldbedeckt und wird hier vom Caquetá und anderen Nebenflüssen des Amazonas entwässert. Im Norden und Osten hat die Tieflandregion Anteil an den als Llanos (Feuchtsavannen) bezeichneten Ebenen des Orinoco.
Der Hauptfluss Kolumbiens, der Río Magdalena, fließt zwischen der Ost- und der Zentralkordillere quer durch das ganze Land und mündet nach rund 1 540 Kilometern im Norden bei Barranquilla ins Karibische Meer. Der Río Cauca hat ebenfalls große Bedeutung als Verkehrsader; er verläuft zwischen der Zentral- und der Westkordillere nach Norden und vereint sich rund 320 Kilometer vor der Mündung in das Karibische Meer mit dem Río Magdalena.
Die Küste Kolumbiens verläuft 1 610 Kilometer entlang des Karibischen Meeres und 1 290 Kilometer entlang des Pazifiks. Flussmündungen sind zahlreich an der Küste, es fehlen jedoch gute natürliche Häfen.
2.1
Klima
Kolumbien liegt mit Ausnahme des Küstengebiets am Karibischen Meer in den inneren Tropen. Daher ist die Höhenlage entscheidend für die Ausprägung des Klimas verantwortlich. Bis etwa 1 000 Meter über dem Meeresspiegel liegen die Jahresmitteltemperaturen zwischen 22 und 27 °C, zwischen 1 000 und 2 000 Meter Höhe zwischen 16 und 22 °C, zwischen 2 000 und 3 000 Meter zwischen 10 und 16 °C.
Oberhalb von etwa 3 000 Metern herrscht kaltes Höhenklima. Die Durchschnittstemperaturen für die Monate Januar bzw. Juli liegen in Bogotá bei 14,4 bzw. 13,9 °C, in Barranquilla bei 26,7 und 27,8 °C.
Im Jahresverlauf wechseln in Kolumbien zwei ausgeprägte Regenzeiten mit zwei weniger intensiven Trockenzeiten. Die Pazifikküste und die Westabdachung der Anden sind niederschlagsreich, an exponierten Stellen werden Maximalwerte von mehr als 10 000 Millimetern erreicht.
Die Ostseiten der Anden und die Tieflandregion im Osten sind weniger feucht, erhalten aber reichlich Niederschläge. In Bogotá liegt der mittlere Jahresniederschlag bei 1 052 Millimetern, in Barranquilla bei 799 Millimetern.
2.2
Flora und Fauna
Die ursprüngliche Pflanzen- und Tierwelt Kolumbiens ist so vielfältig wie die Topographie des Landes. Die riesigen Regenwälder erstrecken sich über 51 Prozent der gesamten Landesfläche Kolumbiens und zählen weltweit zu den artenreichsten. In den Waldgebieten, die sich auf mittlerer Höhe über mehr als 51 Millionen Hektar ausdehnen, finden sich auch forstwirtschaftlich nutzbare Bäume wie Mahagonibäume, Guajakbäume, Eichen, Walnussbäume, Zedern, Kiefern und Balsabäume.
Aus tropischen Pflanzen werden Kautschuk, Chiclegummi, Chinarinde, Vanille, Sarsaparilleextrakt, Ingwer, Kopalharz, Brechwurzelextrakt, Tonkabohnen und Rizinusöl gewonnen. An der karibischen Küste wachsen Mangroven und Palmen. Allein zwischen 1990 und 1995 fielen etwa 1,3 Millionen Hektar der Entwaldung zum Opfer. In den wirtschaftlich genutzten Waldgebieten wird nur selten eine Wiederaufforstung durchgeführt.
Obwohl Kolumbien nur etwa ein Zehntel so groß ist wie sein Nachbarland Brasilien, beheimatet es fast ebenso viele bekannte Tierarten und zählt zu den zehn Ländern der Welt mit der größten Artenvielfalt. In der Tierwelt Kolumbiens finden sich größere südamerikanische Säugetiere wie Jaguare, Pumas, Tapire, Pekaris, Ameisenbären, Faultiere, Gürteltiere sowie verschiedene Affenarten und Hirsche.
Kaimane, die früher in großer Zahl die Flüsse bewohnten, sind durch intensive Bejagung selten geworden. In den tropischen Gebieten leben viele Schlangenarten, u. a. Korallenschlangen und Anakondas. Kolumbien hat mit 1 700 Vogelarten die artenreichste Avifauna. Zu den heimischen Vögeln zählen Kondore und andere Neuweltgeier, Tukane, Kakadus und andere Papageien, Kraniche, Störche und Kolibris.
In Kolumbien sind 8,2 Prozent (2000) der gesamten Landesfläche als Nationalparks oder Naturschutzgebiete ausgewiesen. Die Durchführung von Kontrollen in einigen dieser Gegenden ist jedoch infolge des illegalen Drogenschmuggels schwierig.
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BEVÖLKERUNG
Die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung Kolumbiens ist heterogen. Etwa 58 Prozent sind Mestizen (Nachkommen weißer und indianischer Vorfahren), 20 Prozent sind Weiße, 14 Prozent sind Mulatten (Nachkommen schwarzer und weißer Vorfahren). Außerdem leben Schwarze, Indios und Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen in Kolumbien.
Die Bevölkerungszahl Kolumbiens liegt bei etwa 41,7 Millionen (2003), was einer Bevölkerungsdichte von 36 Einwohnern pro Quadratkilometer entspricht.
76 Prozent der Kolumbianer leben in den Städten. Am dichtesten besiedelt sind die Täler des Río Magdalena und des Río Cauca sowie die karibische Küste.
3.1
Wichtige Städte
Größte Stadt des Landes ist Bogotá mit etwa 6,42 Millionen (2000) Einwohnern. Weitere bedeutende Städte sind Cali (2,13 Millionen), Medellín (1,89 Millionen), Barranquilla (1,55 Millionen) und Cartagena (829 500).
3.
2
Sprache und Religion
Die Amtssprache in Kolumbien ist Spanisch. Darüber hinaus gibt es etwa 40 Indianersprachen (darunter Quechua und Chibcha), die von verschiedenen Indiogruppen gesprochen werden. Englisch wird von vielen Einwohnern der Großstädte gesprochen und ist in der Schule Pflichtfach. Rund 95 Prozent der Kolumbianer gehören der römisch-katholischen Kirche an. Daneben gibt es kleine protestantische und jüdische Minderheiten. Das Konkordat von 1973 gewährt der römisch-katholischen Kirche einen Sonderstatus.
3.2.1
Feiertage
Zu den Feiertagen Kolumbiens gehören Neujahr (1. Januar), der Dreikönigstag (6. Januar), der Josephstag (19. März), Ostern, der Tag der Arbeit (1.
Mai), der Festtag der Heiligen Peter und Paul (29. Juni), der Unabhängigkeitstag (20. Juli), der Gedenktag der Schlacht bei Boyacá (7. August), Mariä Himmelfahrt (15. August), Día de la Raza (12. Oktober), Allerheiligen (1.
November), der Gedenktag der Unabhängigkeit von Cartagena (11. November) und Weihnachten (25. Dezember).
3.3
Soziales
Die staatliche Gesundheitsfürsorge macht Fortschritte, allerdings herrscht immer noch Ärztemangel. Der Großteil der Ärzte praktiziert in den größeren Städten.
Kolumbien hat rund 750 Krankenhäuser und etwa 860 Zentren für medizinische Versorgung. Die Lebenserwartung liegt bei 67,3 Jahren für Männer und 75,1 Jahren für Frauen (2003). Malaria und Gelbfieber sind in einigen Teilen des Landes immer noch verbreitet. Die staatliche Sozialversicherung gewährt Beihilfen bei Mutterschaft und bei zahnärztlicher Behandlung. Die meisten Arbeitnehmer in der Industrie sind gegen Unfall und Invalidität versichert, Angehörige haben Anrecht auf Versorgung. Die Sozialversicherung wird durch Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und durch staatliche Zuwendungen finanziert.
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BILDUNG UND KULTUR
Das Erbe der spanischen Kolonialzeit ist in Kolumbien mehr als in jedem anderen südamerikanischen Land spürbar. In Kleidung und Familienleben sind die traditionellen Sitten und Gebräuche immer noch lebendig. Obwohl sich in Kolumbien viele Ethnien mischen, sind für seine kulturelle Vielfalt nicht die ethnische Zugehörigkeit, sondern die Regionen ausschlaggebend. Die einheimische Indiokultur wurde rasch von der neuen Kultur der spanischen Siedler assimiliert, mit dem Ergebnis, dass heute fast alle Kolumbianer Spanisch sprechen.
4.1
Bildung und Schulwesen
Es besteht eine Schulpflicht von 8 Jahren (2000), vom 7.
bis zum 11. Lebensjahr. Nach großen Bemühungen um die Verbesserung des Bildungssystems können heute 92,5 Prozent aller Kolumbianer über 15 Jahren lesen und schreiben (2003). In den größtenteils unter dem Einfluss der römisch-katholischen Kirche stehenden öffentlichen Schulen ist katholischer Religionsunterricht Pflicht. Einige Schulen werden von der protestantischen Kirche geführt, die sich vorwiegend in Bogotá befinden. In der Regel finanziert der Staat weiterführende Schulen und Universitäten und kommt auch für Grundschulen in Städten und Departamentos auf, die dies aus eigener Kraft nicht vermögen.
Insgesamt schließen etwas unter 60 Prozent der Schulpflichtigen die Grundschulausbildung ab, über ein Drittel davon besucht weiterführende Schulen, einschließlich Berufsschulen und pädagogischer Ausbildungsstätten. Kolumbien verfügt über mehr als 230 Hochschuleinrichtungen, die von mehr als 450 000 Studenten besucht werden. Zu den größten Universitäten des Landes gehören die Nationale Universität von Kolumbien in Bogotá (von der Teile bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen), die Universität Cartagena, die Antioquía-Universität in Medellín und die Nariño-Universität in Pasto.
4.2
Kultureinrichtungen
Die Nationalbibliothek in Bogotá (gegründet 1777) verfügt über einen Bestand von mehr als 680 000 Bänden; sie verwaltet auch Stadt- und Dorfbüchereien im ganzen übrigen Land.
Die wichtigsten Museen befinden sich in Bogotá. Das Nationalmuseum besitzt Gemäldesammlungen aus der Zeit der spanischen Eroberung und der Kolonialzeit. Das Nationale Archäologische Museum beherbergt vorzeitliche Gerätschaften, Steinskulpturen, Textilien, Goldschmiedearbeiten und andere Materialien aus Fundstätten im ganzen Land. Das berühmte Goldmuseum (Museo del Oro) verfügt über eine einzigartige Sammlung von Goldobjekten aus präkolumbianischer Zeit.
4.3
Kunst und Musik
Auf dem Territorium des heutigen Kolumbien entwickelten die Chibcha und Tairona bereits früh Hochkulturen mit einem vielfältig ausgebildeten Staatswesen und großen Fertigkeiten auf dem Gebiet der Goldschmiedekunst.
Funde im Norden des Landes, im Cauca-Tal in Tierradentro und San Augustín belegen die Existenz von Keramikkulturen bereits im dritten vorchristlichen Jahrtausend. Siehe auch präkolumbische Kunst und Architektur
Im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen bildete sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine nationalkolumbianische Literatur heraus, zu deren herausragenden Vertretern Camilo Torres (1786-1816) mit seinem Memorial de Agravios (1809) gehörte. Weitere namhafte Vertreter der kolumbianischen Literatur sind die Lyriker José Asunción Silva (1865-1896), Guillermo Valencia (1873-1943) und Miguel Angel Osorio (1883-1942). Als Prosaschriftsteller traten José María Vargas Vila (1860-1930) und José Eustasio Rivera (1888-1928) hervor. Die namhaftesten kolumbianischen Autoren des 20.
Jahrhunderts sind der Dichter Germán Pardó García und vor allem der Romancier Gabriel García Márquez, der 1982 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde. Siehe auch lateinamerikanische Literatur
Erfolgreiche Repräsentanten des kolumbianischen Films sind Carlos Alvarez, Marta Rodríguez, Jorge Silva, Jorge Ali Triana und Sergio Cabrera.
Die kolumbianische Architektur wurde vom 16. bis zum 18. Jahrhundert vom spanischen Kolonialstil bestimmt, ehe sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts klassizistische Einflüsse bemerkbar machten und sich in der Folge wie in Europa historistische Stile durchsetzten.
Erst ab den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Stadtbild kolumbianischer Metropolen durch moderne Baustile geprägt.
Eine Erneuerung der kolumbianischen Malerei erfolgte zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter dem Eindruck der nationalen Bewegung durch den Forscher und Künstler José Celestino Mutis, dessen Schüler Francisco Javier Matís (1774-1851) und Salvador Rizo (1762-1816) sich als Porträtmaler einen Namen machten. In der kolumbianischen Malerei des 19. Jahrhunderts vermischen sich Elemente der Historienmalerei mit Zügen des Realismus und der Kunst der Kolonialzeit.
Kolumbianische Maler der Moderne sind A. Acuna, R. Gómez Campuzano, A. Ramirez Fajardo und P. Nel Gómez. Siehe auch lateinamerikanische Kunst und Architektur; lateinamerikanische Musik
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VERWALTUNG UND POLITIK
Nach der kolumbianischen Verfassung von 1991, die eine Charta aus dem Jahr 1886 ablöste, ist Kolumbien eine präsidiale Republik mit einer stark zentralisierten Staatsform.
Der Nationalfeiertag am 20. Juli erinnert an die Proklamation der Unabhängigkeit im Jahr 1810.
5.1
Exekutive
Die zentrale Machtbefugnis liegt beim Präsidenten, der direkt vom Volk für vier Jahre gewählt wird (keine Wiederwahl möglich). Es besteht allgemeines Wahlrecht für Männer und Frauen über 18 Jahren. Der Präsident ist gleichzeitig Regierungschef und ernennt die Mitglieder des Kabinetts, die vom Kongress bestätigt werden müssen.
Nach der Verfassung von 1991 werden auch die Gouverneure der Departamentos direkt gewählt.
5.2
Legislative
Die gesetzgebende Macht liegt in Kolumbien beim Kongress (Congreso), der aus dem Repräsentantenhaus mit 165 Sitzen (Cámara de Representantes) und dem Senat mit 102 Sitzen (Senado) besteht. Zwei Sitze im Senat und zwei Sitze im Abgeordnetenhaus sind den Vertretern der Indios vorbehalten. Die Mitglieder des Parlaments werden für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt.
5.
3
Judikative
Die 24 Mitglieder des Obersten Gerichtshofes werden auf Lebenszeit von Richtern gewählt, die bereits im Amt sind. Das Gerichtswesen entstand nach spanischen und französischen Vorbildern und umfasst insgesamt 61 höhere und niedere Bezirksgerichte sowie Land- und städtische Gerichte. Die Verfassung von 1991 verbietet die Auslieferung kolumbianischer Staatsbürger und garantiert eine unabhängige Strafverfolgung. Die Todesstrafe ist abgeschafft.
5.4
Kommunalverwaltung
Kolumbien ist in 32 Departamentos und den Hauptstadtdistrikt Bogotá eingeteilt, außerdem in vier Intendanturen und fünf Kommissariate.
Die Gouverneure der jeweiligen Distrikte werden direkt vom Volk gewählt (vor In-Kraft-Treten der neuen Verfassung wurden sie vom Präsidenten ernannt).
5.5
Politische Parteien
Die beiden traditionell wichtigsten Parteien sind der Partido Social Conservador (PSC, Konservative Partei), die für einen zentralistischen Staat und enge Beziehungen zur katholischen Kirche eintritt, und der Partido Liberal (PL, Liberale Partei), die sich für eine Stärkung der Regionen und für die Trennung von Kirche und Staat einsetzt. Neben diesen beiden politischen Gruppen sind auch der aus einer Guerillabewegung hervorgegangene Movimiento 19 de Abril (M-19) - die spätere Alianza Democrática (ADM-19) - und die kommunistische Unión Patriótica von Bedeutung.
5.6
Verteidigung
Alle männlichen Staatsbürger über 18 Jahren sind in Kolumbien zum ein- bis zweijährigen Wehrdienst verpflichtet.
Die Gesamtstärke der Armee beträgt etwa 65 000 Soldaten (Heer: 52 000, Marine: 9 000, Luftwaffe: 4 000).
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WIRTSCHAFT
Das Bruttoinlandsprodukt beträgt 82 411 Millionen US-Dollar (2001). Die Gesamtzahl der Beschäftigten in Kolumbien beträgt etwa 18,9 Millionen; 1 Prozent sind in der Land- und Forstwirtschaft und in der Fischerei tätig, 26 Prozent arbeiten in Industrie und Bergbau und 73 Prozent im Dienstleistungssektor. Der Drogenhandel hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Nach Angaben von US-Behörden gehört Kolumbien zu den weltweit größten Herstellern von Kokain und ist ein wichtiger Lieferant für Marihuana und Heroin. Ein Großteil der zur Produktion benötigten Ausgangsstoffe soll verschiedenen Quellen zufolge aus Peru und Bolivien stammen.
Schätzungen zufolge werden in Kolumbien pro Jahr 7 500 Tonnen Marihuana, rund 800 Tonnen Kokain und etwa fünf Tonnen Heroin produziert. Die Erlöse liegen schätzungsweise zwischen vier und fünf Milliarden US-Dollar. Zwar gelangen den kolumbianischen Sicherheitskräften 1997 und 1998 entscheidende Schläge gegen die Drogenkartelle im Land, aber es sollen sich bereits wieder neue kriminelle Strukturen gebildet haben.
6.1
Landwirtschaft
Rund 44 Prozent der Landesfläche unterliegen landwirtschaftlicher Nutzung. Kaffee ist die Hauptanbaufrucht Kolumbiens.
Brasilien hat zwar eine höhere jährliche Kaffeeproduktion, Kolumbien ist aber der führende Produzent milder Kaffeesorten. Die Kaffeesträucher werden vornehmlich an Berghängen auf einer Höhe zwischen 1 000 und 1 900 Metern über dem Meeresspiegel angebaut, vor allem in den Departamentos Caldas, Antioquía, Cundinamarca, Norte de Santander, Tolima und Santander. Mehr als 150 000 meist kleine Kaffeeplantagen bedecken über eine Million Hektar Land. Die Kaffeeproduktion erreichte Anfang der neunziger Jahre eine Million Tonnen jährlich, wovon das meiste in die Vereinigten Staaten exportiert wurde. Andere wichtige Anbaufrüchte sind Zuckerrohr, Reis, Bananen, Tabak und Baumwolle. An dritter Stelle stehen Kartoffeln, Getreide, Gemüse und eine große Vielfalt an tropischen und subtropischen Früchten und Schnittblumen.
Auch Pflanzenfasern wie Sisal (siehe Agave) und Hanf, aus denen man Seile und grobes Sackleinen fertigt, werden produziert. Der übermäßige Einsatz von Pestiziden hat die Bodenqualität beeinträchtigt, die Verwendung von Düngemitteln ist von 1994 bis 1997 um 3 Prozent gestiegen. Traditionelle landwirtschaftliche Bearbeitungsmethoden haben in Verbindung mit der Entwaldung zu einer qualitativen Verschlechterung des Bodens geführt. Der wirtschaftlich relevante Tierbestand umfasst vor allem Rinder, Schweine, Schafe und Pferde.
6.2
Forstwirtschaft und Fischerei
Ein großer Teil der Waldgebiete Kolumbiens ist wegen der schlechten Verkehrsanbindungen nicht nutzbar.
Holz wird in erster Linie als Brennstoff verwendet. Die Küstengewässer und viele Flüsse und Seen Kolumbiens sind fischreich, gefangen werden u. a. Thunfische, Fächerfische und Forellen; die Hälfte der Fangmenge betrifft Süßwasserfische.
6.3
Bergbau
Kolumbien besitzt umfangreiche und vielfältige Bodenschätze.
Neben bedeutenden Vorkommen an Erdöl, Erdgas und Steinkohle, sind außerdem Lagerstätten an Gold, Silber und Platin sowie Smaragden zu nennen. Mit einem Anteil von 90 Prozent der Weltförderung von Smaragden ist Kolumbien der größte Lieferant dieses Edelsteins. Weitere Rohstoffe sind Eisenerz, Stein- und Meersalz, Kupfer, Nickel und Uran. Die Erdölförderung liegt in der Hand des Staates sowie privater Gesellschaften. Sie konzentriert sich u. a.
auf das Tal des Río Magdalena und auf das Gebiet zwischen der Ostkordillere und Venezuela. Ein Großteil des kolumbianischen Rohöles wird zur Weiterverarbeitung nach Curaçao transportiert.
Gold wurde in Kolumbien schon in vorkolumbianischer Zeit abgebaut. Die größten Lagerstätten befinden sich im Departamento Antioquía, weniger bedeutend sind die Vorkommen in den Departamentos Cauca, Caldas, Nariño, Tolima und Chocó. Kolumbien ist der führende Goldproduzent in Südamerika. Platin wurde in Kolumbien erstmals 1735 entdeckt.
Das Land verfügt über die größten Platinvorkommen der Welt. Dieses Edelmetall wird vor allem aus dem goldhaltigen Sand der Niederungen des Río San Juan und des Río Atrato gewonnen. Die bedeutendsten Zentren des Smaragdbergbaues sind die Muzo- und Chiverminen.
6.4
Industrie
Abgesehen von den Bergbaubetrieben gehören zu den bedeutenden Industriezweigen Kolumbiens neben Textil-, Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie der chemischen Industrie z. B.
der Maschinen- und Fahrzeugbau, die Gummi- und Papierindustrie sowie die Petrochemie und Elektrotechnik. Die meisten Industriestandorte sind in den Ballungszentren in den Kordilleren (z. B. Cali, Medellín, Bogotá) sowie an der Nordküste in Cartagena, Santa Marta und Barranquilla angesiedelt.
6.5
Währung und Bankwesen
Die kolumbianische Währung ist der Peso (ein Peso entspricht 100 Centavos).
Die Staatsbank gibt die Banknoten aus und übt das Münzrecht sowie das Salz- und Smaragdmonopol für die Regierung aus. Außerdem spielt sie im währungspolitischen Ausschuss eine maßgebliche Rolle bei der Gestaltung der Geldpolitik. Über 25 Geschäftsbanken, die staatliche Entwicklungsbank und weitere amtliche und halbamtliche Finanzinstitute sind in Kolumbien tätig. Bogotá, Medellín und Cali sind Börsenplätze.
6.6
Außenhandel
Mit über einem Drittel des jährlichen Exportertrags ist Kaffee der Hauptexportartikel Kolumbiens.
Erdöl, Baumwollprodukte, Schnittblumen, Bananen, Chemikalien, Zucker, Steinkohle, Gold, Smaragde und Vieh sind weitere wichtige Exportwaren. Eingeführt werden vor allem Maschinen und Transportausrüstungen, chemische Erzeugnisse, Metalle und Metallerzeugnisse sowie Nahrungsmittel. Die Vereinigten Staaten und Kanada sind Kolumbiens wichtigste Handelspartner. Kolumbien hält außerdem Handelsbeziehungen zu Ländern der Europäischen Union, Puerto Rico, Argentinien, Brasilien, Chile, Mexiko, Venezuela sowie Japan. Die Kosten für Importe übersteigen wertmäßig die Erlöse aus dem Exportgeschäft. Die Auslandsverschuldung ist mit fast 29 Milliarden US-Dollar (1996) als hoch zu bezeichnen.
6.7
Gewerkschaften
Mehr als 1,6 Millionen Beschäftigte sind in Gewerkschaften organisiert, hauptsächlich in der Unión de Trabajadores de Colombia (UTC, Nationale Gewerkschaft der Arbeiter) mit 1,2 Millionen Mitgliedern und in der Confederación de Trabajadores de Colombia (CTC, Kolumbianischer Verband der Arbeiter) mit 400 000 Mitgliedern. Das Streikrecht steht laut Verfassung jedem zu, der nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt ist.
6.8
Verkehrswesen
Das starke Relief des Landes macht den Bau von Straßen und Eisenbahnlinien sehr kostspielig. Kolumbien hat ein 3 154 Kilometer langes Eisenbahnnetz (1997), das 1962 verstaatlicht wurde.
Die meisten Linien sind Zubringerstrecken zum Río Magdalena, der Hauptverkehrsader des Landes. Der Fluss ist ausgehend von seiner Mündung auf rund 1 500 Kilometer schiffbar. Das Straßennetz ist 112 988 Kilometer lang (1999), einschließlich eines Teiles der Simón-Bolívar-Fernstraße, die Bogotá und andere kolumbianische Städte mit Caracas in Venezuela und Quito in Ecuador verbindet. Der Luftverkehr begann in Kolumbien 1919. Heute betreiben kolumbianische und internationale Fluggesellschaften Linien im Land. Nationale Fluggesellschaft ist die 1919 gegründete AVIANCA; sie ist das zweitälteste Flugunternehmen der Welt.
1946 einigten sich Kolumbien, Venezuela und Ecuador auf die Schaffung einer gemeinsamen Handelsmarine; 1953 zog sich Venezuela jedoch wieder zurück. Wichtige Seehäfen sind Buenaventura, Tumaco, Santa Marta, Barranquilla und Cartagena.
6.9
Energie
Mit seinen Kohle-, Erdgas- und Erdölvorkommen ist Kolumbien Selbstversorger. Das Land verfügt über mehrere Wasserkraftwerke, die 72,7 Prozent der Elektrizität des Landes erzeugen.
7
GESCHICHTE
Archäologische Funde in Kolumbien lassen darauf schließen, dass das Land bereits um 3000 v.
Chr. besiedelt war. Überreste einer der faszinierendsten Kulturen der westlichen Welt sind in San Augustín nahe der Quelle des Río Magdalena in den kolumbianischen Anden gefunden worden. Bisher ist nur wenig bekannt über die Schöpfer dieser steinernen Statuen und Reliefs, Grabmäler und Kapellen. Auch über die Datierung ihrer Blütezeit sind sich die Historiker noch nicht schlüssig. Nach heutigen Schätzungen lagen die Anfänge von San Augustín in den letzten fünf Jahrhunderten v.
Chr.
Die Fundorte (in Höhlen und auf Hügeln) weisen auf rituelle Bedeutung hin. Besonders auffällig ist die Statue eines Vogels, der eine Schlange im Schnabel hält - offenbar ein Fruchtbarkeitssymbol - und Ähnlichkeit mit dem Emblem der Azteken aufweist.
7.1
Spanische Eroberung
Vor der Ankunft der Spanier waren weite Teile Kolumbiens am Oberlauf des Río Magdalena von den Muisca (Chibcha) besiedelt (um 1200 bis 1540). Sie waren geschickte Ackerbauern, ihre Kultur hatte Ähnlichkeit mit derjenigen der Inka.
Die nordkolumbianische Küste wurde 1499 durch Amerigo Vespucci und Alonso de Ojeda entdeckt. Auf seiner letzten Reise in die Neue Welt im Jahr 1502 erkundete Christoph Kolumbus einen Teil der karibischen Küste des Reiches der Muisca, die nun die Nordküste Kolumbiens bildet. Nach ihm kamen spanische Konquistadoren, die die Muisca unterwarfen und 1510 in Darién die erste feste europäische Siedlung auf dem amerikanischen Festland gründeten; 1525 folgte die Siedlung Santa Marta. Mit der Gründung von Villa de la Santa Fé de Bogotá im Jahr 1538 war die Eroberung Kolumbiens durch den Spanier Gonzalo Jiménez de Quesada abgeschlossen. 1549 wurde das frühere Reich der Muisca dem Generalkapitanat Neugranada unterstellt. Zwischen 1717 und 1739 wurden das Generalkapitanat Neugranada und die Gebiete, aus denen später Ecuador, Venezuela und Panamá hervorgingen, zum Vizekönigreich Neugranada zusammengefasst.
Die stagnierende wirtschaftliche Entwicklung und die Diskriminierung der in Neugranada geborenen Bürger führten zum Widerstand gegen die spanische Herrschaft. Nach dem Vorbild der erfolgreichen Revolutionen in Frankreich und in den Vereinigten Staaten im späten 18. Jahrhundert schloss sich die Bevölkerung von Neugranada der Unabhängigkeitsbewegung an, die Anfang des 19. Jahrhunderts das spanische Kolonialreich im Westen aus den Angeln hob.
7.2
Unabhängigkeit von Spanien
Die Bildung einer Junta von Revolutionären mit Camilo Torres an der Spitze führte am 20.
Juli 1810 zur Proklamation der Unabhängigkeit, die jedoch erst nach langjährigen Kämpfen verwirklicht werden konnte. In diesem Unabhängigkeitskrieg erwies sich Simón Bolívar als herausragender Anführer und Feldherr. Nach seinem entscheidenden Sieg über die spanischen Royalisten in der Schlacht am Río Boyacá am 7. August 1819 gelang die Befreiung des ehemaligen Generalkapitanats Neugranada. Der Kongress von Angostura, der sich am 17. Dezember 1819 konstituierte, proklamierte den Staat Groß-Kolumbien, der das ehemalige Generalkapitanat Neugranada, das heutige Panamá sowie Venezuela und Ecuador umfasste.
Der Kongress von Cúcuta verabschiedete am 30. August 1821 eine Verfassung für Groß-Kolumbien, die eine republikanische Staatsform für das Land vorsah. Bolívar wurde zum ersten Präsidenten gewählt. Innen- und außenpolitische Konflikte führten 1830 zum Zerfall von Groß-Kolumbien in Kolumbien, Venezuela und Ecuador.
Die Geschichte des Landes ist seither von dem oft blutigen Kampf zwischen liberalen und konservativen Kräften um die Ausübung der politischen Macht gekennzeichnet. Bei der Auseinandersetzung um politische und soziale Fragen ging es oft auch um das Vermögen, den rechtlichen Status und die Privilegien der katholischen Kirche.
7.3
Verfassungsänderungen
Die Sklaverei wurde 1851 bis 1852 abgeschafft. Eine neue, 1853 verabschiedete Verfassung garantierte ein Gerichtsverfahren vor unabhängigen Geschworenengerichten, Pressefreiheit und andere bürgerliche Rechte. 1853 kam es zur Trennung von Kirche und Staat. Fünf Jahre später wurden die Provinzen in Bundesstaaten umgewandelt, die bisherige Republik Neugranada wurde zur Granadinischen Konföderation. Im Jahr 1861 kam es zum Bürgerkrieg zwischen den Liberalen, die mehr Souveränität für die Bundesstaaten forderten, und den Konservativen, die für eine stärkere Zentralregierung eintraten.
Nach dem Sieg der Liberalen wurde 1863 erneut die Verfassung geändert, die aus dem Land einen losen Bund von neuen souveränen Staaten mit dem Namen Vereinigte Staaten von Kolumbien machte.
Von 1876 bis 1930 bestimmten die Konservativen die kolumbianische Politik. Ein Aufstand der Liberalen wurde 1885 niedergeschlagen. Mit einer neuen, 1886 proklamierten Verfassung wurden die souveränen Staaten, wie sie die Verfassung von 1863 ins Leben gerufen hatte, wieder abgeschafft und die Strukturen für das heutige Kolumbien gelegt. Auch der Name Republik Kolumbien ist seither offizieller Staatsname. Die katholische Kirche wurde zur Staatskirche erklärt.
Erneut aufflammende Konflikte zwischen konservativen und liberalen Kräften mündeten in einen Bürgerkrieg (1899-1901), der als "Krieg der tausend Tage" bezeichnet wird und bei dem zwischen 60 000 und 130 000 Bürger ums Leben kamen.
7.4
Verlust von Panamá
1903 weigerte sich der kolumbianische Senat, den Hay-Herrán-Vertrag zu unterzeichnen, der vorsah, den USA einen Streifen des Staatsgebiets zum Bau eines Kanals durch den Isthmus von Panamá zu überlassen. In der Region Panamá brach daraufhin eine Revolte aus. US-Truppen griffen in den Konflikt ein und hinderten die kolumbianische Armee, die Erhebung niederzuschlagen. Die amerikanische Regierung erkannte Panamá als unabhängigen Staat an.
Die angespannten Beziehungen, die in der Folge zwischen Kolumbien und den USA herrschten, fanden erst mit dem 1921 ratifizierten Thomson-Urrutia-Vertrag eine Lösung, demgemäß die Vereinigten Staaten 25 Millionen US-Dollar an die kolumbianische Regierung zu zahlen hatte. Das Geld wurde zur Förderung der Wirtschaft genutzt.
Ein Machtwechsel, der im Zuge der Weltwirtschaftskrise den Liberalen in den Wahlen des Jahres 1930 zum Sieg verhalf, führte 1936 zu einer Reihe von Verfassungsänderungen. Der Regierung sollte künftig erlaubt sein, im nationalen Interesse Privateigentum zu verstaatlichen; Arbeiter bekamen ein gesetzlich geregeltes Streikrecht; die katholische Kirche verlor den Status einer Staatskirche; das öffentliche Schulwesen wurde laizistisch. Eine neue Arbeits- und Sozialgesetzgebung, die 1944 in Kraft trat, führte Tariflöhne, bezahlten Urlaub, Unfall- und Krankengeld sowie das Recht zu gewerkschaftlicher Betätigung ein.
7.
5
2. Weltkrieg und Nachkriegsära
Während des 2. Weltkrieges (1939-1945) brach Kolumbien 1941 die diplomatischen Beziehungen zu Japan, Deutschland und Italien und 1942 zum französischen Vichy-Regime ab, 1943 erklärte Kolumbien dem Deutschen Reich den Krieg. Nach dem Krieg gehörte Kolumbien zu den 51 Gründungsmitgliedern, die im Juni 1945 die Charta der Vereinten Nationen unterzeichneten.
In der Nachkriegsära wurde Kolumbien von einer schweren politischen Krise gezeichnet, eine direkte Folge des sich verstärkenden Antagonismus zwischen dem liberalen und dem konservativen Lager. Die Spaltung der Liberalen führte 1946 zum Wahlsieg des konservativen Präsidenten M.
Ospina Pérez. Nach der Ermordung des Vorsitzenden der Liberalen Partei, Jorge Eliécer Gaitán, am 9. April 1948 in Bogotá, kam es im ganzen Land zu Erhebungen gegen die konservative Regierung; bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen kamen 1 500 Menschen ums Leben, mehr als 20 000 wurden verletzt. Wegen der Unruhen musste die IX. Interamerikanische Konferenz, die damals in Bogotá tagte, abgebrochen werden. Dennoch gelang es den Konferenzteilnehmern, den Entwurf zu einer Charta der Organisation der Amerikanischen Staaten fertig zu stellen, die auch von Kolumbien am 30.
April 1950 unterzeichnet wurde. Die Regierung konnte mit Hilfe der loyalen Armee die Erhebung niederschlagen, bildete aber dann das Kabinett so um, dass die Ministerposten zur Hälfte mit Liberalen und Konservativen besetzt wurden. Dennoch stiegen die Spannungen auch in den darauf folgenden Monaten. Die Minister der Liberalen verließen die Regierung, als per Verordnung politische Versammlungen und Paraden verboten wurden. Die Liberale Partei zog auch ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen von 1949 zurück und klagte die Regierung der Verletzung der Wahlrechtsgesetze an. Daraufhin gewann der konservative Kandidat Laureano Gómez Castro ohne Gegenkandidat die Novemberwahlen.
Er trat im August 1950 sein Amt an.
7.6
Eine Ära der Gewalt
Zwischen Gómez' Wahl und Amtseinführung hatte eine neue Phase in der politischen Auseinandersetzung begonnen. Bewaffnete Guerillaeinheiten waren in vielen abgelegenen Landesteilen aktiv. Die Regierung erklärte daraufhin den Notstand und suspendierte die Sitzungsperiode des Kongresses für 1950. Kurz nach Gómez' Amtseinführung kam ein Parteitag der Liberalen zustande, auf dem die Legitimität der Regierung bestritten wurde.
Man warf ihr vor, die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu unterdrücken. Der Parteitag endete mit dem Beschluss, die Wahlen weiter zu boykottieren. Im Februar 1953 legte die Konservative Partei einen neuen Verfassungsentwurf vor, der Kolumbien ein totalitäres Regime nach dem Muster Spaniens unter General Francisco Franco oktroyiert hätte. Liberale und gemäßigte Konservative bekämpften die neue Verfassung aufs schärfste, und als 1953 die Regierung Gómez von einer Militärjunta gestürzt wurde, billigten beide Parteien den Staatsstreich. General Gustavo Rojas Pinilla wurde provisorisch zum Präsidenten ernannt. Im August 1954 wählte ihn die verfassunggebende Versammlung für eine vierjährige Amtsperiode.
Die Versammlung trat erst im Oktober 1956 wieder zusammen; in der Zwischenzeit regierte die Regierung per Dekret. Bei der Eröffnungssitzung kritisierten einige Delegierte offen die repressive Politik des Präsidenten Rojas Pinilla. Eine Welle gewalttätigen Protests gegen die Regierung folgte. Dennoch wurde Rojas Pinilla im Mai 1957 vom Kongress wieder gewählt. Die Öffentlichkeit reagierte mit Empörung, und wenige Tage später wurde der Präsident durch einen Militärputsch entmachtet. Die Liberale und die Konservative Partei einigten sich darauf, alle Regierungsposten für die Dauer von zwölf Jahren zu gleichen Teilen zu besetzen.
Dieser Plan erhielt bei dem Referendum vom 1. Dezember 1957 die Billigung des Volkes, worauf er 1958 auf 16 Jahre ausgedehnt wurde. Der Bürgerkrieg zwischen den Anhängern der Liberalen und der Konservativen forderte in den Jahren von 1948 bis 1958 insgesamt über 200 000 Menschenleben.
7.7
Bildung der Nationalen Front
1958 wurde der Kandidat der Liberalen, Alberto Lleras Camargo, ein zweites Mal in dieses Amt gewählt. Die 1957 gebildete liberal-konservative Koalition, die sich Nationale Front (Frente de Transformación Nacional) nannte, sorgte in den sechziger Jahren für politische Stabilität in Kolumbien.
Die Koalition hatte zwar die Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat, konnte aber nur selten die Zweidrittelmehrheit auf sich vereinen, die in beiden Häusern für die Verabschiedung von Gesetzentwürfen erforderlich war. Die Regierung sah sich deswegen häufig zu beinahe vollständiger Handlungsunfähigkeit verurteilt. Präsident Guillermo León Valencia, der Kandidat der Konservativen, der 1964 in das höchste Amt gewählt wurde, rief im Jahr darauf den Notstand aus, um auf diese Weise das politische Patt zu überwinden. Auch sein Nachfolger, Präsident Carlos Lleras Restrepo, der für die Liberalen kandidierte und Valencia 1966 ablöste, regierte per Notverordnung. Aus den Wahlen des Jahres 1970 ging wieder die Nationale Front mit ihrem Kandidaten Misael Pastrana Borrero als Sieger hervor und wies den Herausforderer, den ehemaligen Diktator Rojas Pinilla, in die Schranken.
7.
8
Guerillakrieg und Drogenkartell
Als die Koalition der Nationalen Front 1974 auseinanderbrach, wurde der Liberale Alfonso López Michelsen in freien Wahlen zum Präsidenten gewählt. Die Konservativen erhielten einige Kabinettsposten. Das Land verzeichnete weiterhin hohe Arbeitslosenzahlen; es kam zu Arbeitskämpfen und Studentenunruhen und verschiedentlich zu Guerillaaktivitäten. Bei den Wahlen von 1978, die durch geringe Wahlbeteiligung gekennzeichnet waren, gelangte ein weiterer Liberaler, Julio Turbay Ayala, mit knapper Mehrheit ins Präsidentenamt; er berief später fünf konservative Politiker in sein Kabinett.
Linksgerichtete Guerillakämpfer traten 1979 mit spektakulären Aktionen immer selbstbewusster auf. 1980 besetzte ein Guerillakommando 61 Tage lang die Botschaft der Dominikanischen Republik in Bogotá und hielt viele ausländische Diplomaten als Geiseln fest.
Bei den Präsidentschaftswahlen von 1982 siegte der Kandidat der Konservativen, Belisario Betancur Cuartas. Der neugewählte Präsident erließ eine Amnestie, die 400 Guerillas die Freiheit bescherte; im Mai 1984 wurde ein Waffenstillstand zwischen der Regierung und den Rebellen vereinbart. Im gleichen Jahr ging Betancur massiv gegen den grassierenden Drogenhandel im Land vor, doch schon 1985 setzten die Guerillas ihre Aktivitäten verstärkt fort. Auch der Kampf gegen den Drogenhandel verlor an Durchschlagskraft, da Drogenhändler und Rebellen in manchen Teilen des Landes zusammenarbeiteten. Im November lieferten sich rechtsgerichtete Todesschwadronen und Rebellen heftige Kämpfe, nachdem die Guerillas in den Justizpalast in Bogotá eingedrungen und Dutzende Geiseln genommen hatten. Die Belagerung endete mit dem Sieg der Armee, aber mehr als 100 Todesopfer waren zu beklagen, darunter der Vorsitzende des Obersten Gerichts und zehn weitere Richter.
Ebenfalls im November 1985 ging nach dem Ausbruch des Vulkans Nevado del Ruiz in der Zentralkordillere eine verheerende Schlammflut über einen großen Teil der Region westlich von Bogotá nieder. Die Zahl der Toten und Vermissten belief sich auf 25 000.
1986 gewannen die Liberalen die Wahlen, ihr Führer Virgilio Barco Vargas übernahm am 7. August das Präsidentenamt. Als Antwort auf eine Reihe von Mordanschlägen, in welche die kolumbianische Drogenmafia verwickelt war, verhaftete die Regierung im August 1989 mehr als 10 000 Personen und beschlagnahmte den Besitz von verdächtigen Drogenhändlern. Nach einem Wahlkampf, in dessen Verlauf drei Präsidentschaftskandidaten ermordet wurden, gelang dem von der Liberalen Partei nominierten César Gaviria Trujillo im Mai 1990 der Sprung ins Präsidentenamt.
Er machte sich für eine neue Verfassung stark, die im Juli 1991 in Kraft trat und neben anderen Regelungen das Verbot der Auslieferung kolumbianischer Staatsbürger vorsah. Gaviria hob auch den Notstand auf und bot den Drogenhändlern, die sich freiwillig stellten, eine Amnestie an. Teilweise hatte er damit Erfolg, doch der Kokainhandel blieb neben dem Guerillakrieg auch weiterhin Ursache ständiger Unruhe.
Terroraktivitäten der Guerilla und Gewalt im Zusammenhang mit Drogenhandel setzten sich auch 1992 in hoher Intensität fort und zwangen die Regierung, erneut den Notstand auszurufen. 1993 wurde Pablo Escobar, der Chef des Kokainkartells von Medellín, bei einem Feuergefecht mit staatlichen Sicherheitskräften getötet, als er sich seiner Verhaftung entziehen wollte. Bei den Wahlen im März 1994 konnten die Liberalen ihre Mehrheit verteidigen.
Im Juni wurde Ernesto Samper Pizano von der Liberalen Partei zum Präsidenten gewählt (Stichwahl). Im selben Monat ereignete sich im Südwesten Kolumbiens ein Erdbeben der Stärke 6,8 nach der Richterskala, durch Schlammlawinen und Flutwellen kamen Hunderte ums Leben.
Im Juli 1996 protestierten Tausende von Landwirten gegen die Vernichtung ihrer Kokaplantagen durch staatliche Ordnungskräfte. In einigen Provinzen des Landes sagte die Regierung den Bauern daraufhin höhere Entschädigungen bei der Umstellung auf andere Produkte zu.
Im Februar 1998 unterzeichnete die Regierung nach geheimen Verhandlungen in Madrid einen Friedens-Vorvertrag mit der zweitgrößten Guerillaorganisation in Kolumbien, dem marxistischen Nationalen Befreiungsheer (Ejército de Liberación Nacional; ELN), in dem u. a.
vereinbart wurde, im Juni 1998 die eigentlichen Friedensgespräche zur Erarbeitung eines langfristigen Friedensplanes aufzunehmen. Die größte Guerillabewegung, die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia; FARC), zeigte sich allerdings nach wie vor nicht verhandlungsbereit; sie lehnte Gespräche mit Samper, dem sie vorwarf, seinen Präsidentschaftswahlkampf mit Drogengeldern finanziert zu haben, ab.
Da bei den Präsidentschaftswahlen vom 9. März 1998 keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichen konnte, musste in einer Stichwahl am 21. Juni 1998 über den zukünftigen Präsidenten entschieden werden. Als Sieger ging der frühere Bürgermeister von Bogotá, Andrés Pastrana Arango, hervor.
Er erreichte 50,4 Prozent der Stimmen. Sein Gegenkandidat, der Liberale Horacio Serpa, erreichte 46,5 Prozent. Der Wahlkampf und die Wahlen waren von zahlreichen Gewalttaten der Guerilla überschattet; die FARC hatten zum Wahlboykott aufgerufen.
Bei dreitägigen Verhandlungen in der Nähe von Würzburg vereinbarten Vertreter des kolumbianischen Friedensrates und Rebellen der ELN im Juni 1998 erste Friedensschritte für ihr Land. Die Rebellen verpflichteten sich, keine Kinder, alten Menschen und schwangeren Frauen mehr zu entführen. Im Oktober 1998 wurden bei der Explosion einer Erdölpipeline in der Nähe von Segovia rund 600 Kilometer nordwestlich von Bogotá 45 Menschen getötet und mindestens 80 verletzt.
Zu diesem Anschlag bekannte sich die ELN, die ihrerseits die Regierung für die Opfer verantwortlich machte.
Im Januar 1999 fanden Friedensverhandlungen zwischen Rebellen und Regierung statt. Als Zeichen des guten Willens hatte die Guerillaorganisation ELN zuvor einen Anfang Dezember 1998 entführten Deutschen freigelassen. Rechtsextreme Todesschwadronen töteten ungeachtet der Friedensbemühungen im Norden Kolumbiens mindestens 28 Menschen, da diese angeblich mit den Rebellen zusammengearbeitet hätten.
Bei einem Erdbeben im Januar 1999 wurden über 250 000 Menschen obdachlos, mindestens 1 000 kamen ums Leben. Das Beben erreichte eine Stärke von 6,0 Punkten auf der Richterskala.
Am stärksten betroffen war die Stadt Armenia.
Im Dezember 1999 entwickelte die kolumbianische Regierung den so genannten Plan Colombia. Er zielt mit Hilfe ausländischer Investoren auf Fortschritte bei der Beendigung des Guerillakrieges sowie im Kampf gegen die Drogenkriminalität. Am 11. Juli 2000 bildete Präsident Andrés Pastrana Arango eine Regierung der "Nationalen Einheit", nachdem am Tag zuvor alle 16 Kabinettsmitglieder auf Wunsch des kolumbianischen Präsidenten und Regierungschefs zurückgetreten waren. Neun der 16 Minister behielten ihre Ämter, daneben wurden sieben Politiker neu ins Kabinett aufgenommen.
Der bewaffnete Konflikt zwischen Regierungstruppen und linksgerichteten Guerilla-Organisationen sowie die gegen Rebellen gerichteten gewalttätigen Aktivitäten rechtsgerichteter paramilitärischer Gruppen hielten das südamerikanische Land weiter in Atem. Zu Beginn des Jahres 2001 bezifferten die Vereinten Nationen die Gesamtzahl der kriegsvertriebenen Kolumbianer auf insgesamt 1,5 Millionen.
Auf Vermittlung der Vereinten Nationen zustande gekommene Friedensgespräche zwischen Vertretern der Regierung und der Guerilla-Organisation FARC scheiterten im Februar 2002. Bei den Parlamentswahlen vom 10. März wurde der Partido Liberal (PL) in beiden Kammern erneut stärkste politische Kraft. Der als Unabhängiger angetretene Liberale Álvaro Uribe Vélez sicherte sich bei den Präsidentschaftswahlen vom 26.
Mai bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Die Feierlichkeiten anlässlich seines Amtsantritts am 7. August 2002 wurden von einer Serie von Anschlägen der FARC überschattet, die sich vor allem auch gegen einzelne Politiker richteten. Das neue Staatsoberhaupt reagierte darauf mit Verhängung des Notstandes für 90 Tage sowie personeller Aufstockung von Polizei und Militär.
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